Inhaltsverzeichnis Aufsätze - PRuF
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Rezensionen MIP 2010 16. Jahrgang<br />
Gleichheit der parlamentarischen Willensbildung<br />
diene. Damit kommt die Arbeit zu einer der zentralen<br />
Auslegungsfragen, nämlich der Rechtsinhaberschaft<br />
bezüglich der Immunität. Die gründliche<br />
Beantwortung bezieht rechtsvergleichende<br />
Betrachtungen ebenso ein wie die üblichen Methoden<br />
der Jurisprudenz und gelangt zu dem Ergebnis,<br />
die Inhaberschaft liege beim Bundestag<br />
als Organ, nicht aber bei den einzelnen Abgeordneten.<br />
Es schließt sich ein Kapitel an, das auf die<br />
vielfältigen Fragen des Immunitätsverfahrens<br />
und die einzelnen Schutzgehalte von Art. 46 GG<br />
eingeht. Auch die verfassungsprozessuale<br />
Durchsetzbarkeit des Immunitätsrechts wird eingehend<br />
behandelt.<br />
Insgesamt bietet die Arbeit neben einer akribischen<br />
Behandlung von materiell-rechtlichen,<br />
prozessualen und prozeduralen Problemen eine<br />
innovative Einordnung des Immunitätsrechts in<br />
größere rechtliche und politische Zusammenhänge.<br />
Felix Terlinden<br />
A. Malycha/P. J. Winters: Die SED. Geschichte<br />
einer deutschen Partei, C.H. Beck, München<br />
2009, 480 Seiten, 16,95 €, ISBN<br />
978-3-406-59231-7<br />
Andreas Malycha und Jochen Winters kommt<br />
das große Verdienst zu, die erste Organisationsgeschichte<br />
einer der wichtigsten deutschen Parteien<br />
geschrieben zu haben, nämlich die Geschichte<br />
der SED. Beide Autoren haben einen in<br />
Bezug auf das Thema interessanten Hintergrund:<br />
Winters ist ein ehemaliger Redakteur der FAZ<br />
und schrieb seine Dissertation zu Althusius6 ,<br />
also den Anfangsgründen der politischen Wissenschaften,<br />
Malycha konnte als Wissenschaftler<br />
am Institut für Marxismus-Leninismus beim<br />
Zentralkomitee der SED in Berlin eigene Anschauung<br />
des Forschungsgegenstandes gewinnen.<br />
6 Winters, Jochen: Die "Politik" des Johannes Althusius<br />
und ihre zeitgenössischen Quellen. Zur Grundlegung<br />
der politischen Wissenschaft im 16. und im beginnenden<br />
17. Jahrhundert (1963).<br />
146<br />
Die beiden Autoren behandeln die Geschichte<br />
der SED von ihrer Gründung bis zu den ersten<br />
freien Volkskammerwahlen. Es schließen sich in<br />
einer Art Ausblick Ausführungen zum Umgang<br />
der PDS und der Linken mit dem vielfältigen –<br />
materiellen, personellen und ideologischen –<br />
Erbe der SED an. In einem Anhang werden Daten<br />
zur Mitgliederentwicklung von 1946-1989<br />
geboten.<br />
Die Geschichte der SED teilen die Autoren untereinander<br />
chronologisch auf: Malycha übernimmt<br />
die Zeit von der Gründungsphase bis<br />
1971, also die Ära Ulbricht, Winters die Periode<br />
bis 1989, also im wesentlichen die Zeit der Partei-<br />
und Staatsführung durch Honecker. Diese<br />
Aufgabenteilung bot sich an, da Malycha wohl<br />
als besonderer Kenner der Frühgeschichte der<br />
SED gelten darf7 . Die Unterschiede zwischen<br />
beiden Autoren werden – ohne dass es allerdings<br />
zu störenden Brüchen käme – auch im Stil sichtbar.<br />
Gravierender ist der Verzicht auf eine Synthese<br />
von ost- wie westdeutscher Perspektive auf<br />
die gesamte Geschichte der SED. Der chronologische<br />
Aufbau des Buches betont die Entwicklungsdynamik<br />
mit ihren Schüben und Ritardandi.<br />
Interessant wäre es aber auch gewesen, wichtige<br />
Themenkomplexe in entsprechenden Kapiteln<br />
zusammenzufassen: Wer sich etwa über die<br />
ideologische Entwicklung der SED oder ihr bekanntermaßen<br />
spannungsreiches Verhältnis zu<br />
den Kulturschaffenden informieren möchte, ist<br />
auf die Lektüre vieler einzelner Textstellen verwiesen.<br />
Dieser Umstand wird durch das Fehlen<br />
eines Sachregisters verschärft, die Erschließung<br />
über das Personenregister ist mühsam und setzt<br />
auch intime Kenntnisse der Hintergründe voraus.<br />
Liest man aber das Werk schlicht von Beginn bis<br />
Ende, so wird man konfrontiert mit einer beeindruckenden<br />
Detail- und Materialfülle. In dieser<br />
Hinsicht ist das Werk von Malycha und Winters<br />
alternativlos.<br />
Sebastian Roßner, M.A.<br />
7 Siehe Malycha, Andreas: Die SED. Geschichte ihrer<br />
Stalinisierung 1946 – 1953 (2000); ders.: Partei von<br />
Stalins Gnaden? Die Entwicklung der SED zur Partei<br />
neuen Typs in den Jahren 1946 bis 1950 (1996).