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Inhaltsverzeichnis Aufsätze - PRuF

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<strong>Aufsätze</strong> Sophie Charlotte Lenski – Die abgestufte Chancengleichheit der Parteien im Internet MIP 2010 16. Jahrgang<br />

grammgestaltung ihrerseits auf den grundrechtlichen<br />

Schutz der Rundfunkfreiheit aus Art. 5 Abs.<br />

1 S. 2 GG berufen können, 43 fehlt ein entsprechender<br />

Schutz für nicht rundfunkbezogene Angebote<br />

im Internet. Eine grundrechtliche Kollisionslage<br />

besteht daher nicht. Der zwingende<br />

Grund für eine Rechtfertigung der Ungleichbehandlung<br />

muss also an anderer Stelle gesucht<br />

werden. Damit sind auch die spezifisch auf die<br />

durch die Rundfunkfreiheit geschützte Programmfreiheit<br />

zugeschnittenen Ausgleichsmaßstäbe<br />

nicht anwendbar.<br />

2. Aufmerksamkeit als knappe Ressource<br />

Wenn eine Ungleichbehandlung der Parteien bei<br />

redaktionellen Angeboten im Internet verfassungsrechtlich<br />

gerechtfertigt werden kann, dann<br />

also nur durch andere zwingende Gründe, die im<br />

Medium selbst angelegt sind. Als ein solcher<br />

dem Medium immanenter Grund muss die<br />

Knappheit der Aufmerksamkeit der Nutzer betrachtet<br />

werden, die gerade angesichts der mit<br />

der Nicht-Linearität des Mediums und der fehlenden<br />

Frequenzknappheit verbundenen fehlenden<br />

Zeitknappheit für das Internet prägend ist.<br />

Gerade in diesem Medium wird die Aufmerksamkeit<br />

selbst zum knappen Gut, zur Ressource,<br />

um die auf dem Meinungsmarkt konkurriert<br />

wird. 44 Ein Zuviel an Informationen kann insofern<br />

zu einem Weniger an Informativität führen,<br />

wie beispielhaft von den Betreibern des „Wahl-<br />

O-Mat“ angeführt wurde: Würde lediglich die<br />

Anzahl der beteiligten Parteien am „Wahl-O-<br />

Mat“ erhöht ohne die Anzahl der Fragen anzupassen,<br />

würden die Ergebnisse aufgrund abnehmender<br />

Unterscheidbarkeit der Positionen an<br />

Aussagekraft deutlich verlieren. Würde jedoch<br />

die Anzahl der Fragen entsprechend angepasst –<br />

43 BVerfGE 31, 314 (321 f.); 59, 231 (254 f.); 74, 297<br />

(317 f.); 95, 220 (234); 97, 298 (310).<br />

44 Vgl. dazu Lenski, in:<br />

Towfigh/Schmolke/Petersen/Bachmann/Lange/Grefrath<br />

(Hrsg.), Recht und Markt, 2009, S. 97 (98); G. Franck,<br />

Ökonomie der Aufmerksamkeit, 1998, 49 ff., der Aufmerksamkeit<br />

als „die neue Währung“ bezeichnet. Ausführlich<br />

dazu die Beiträge in K. Hickethier/J. K. Bleicher<br />

(Hg.), Aufmerksamkeit, Medien und Ökonomie,<br />

2002. Vorsichtig in diese Richtung bereits G. Schulze,<br />

Die Erlebnisgesellschaft, 1992, S. 423.<br />

14<br />

der Betreiber spricht insofern von einer notwendigen<br />

Fragenanzahl von 100, so dass die Nutzung<br />

des Programms nicht mehr wie bisher 15,<br />

sondern 60 Minuten in Anspruch nehmen würde45<br />

–, so bliebe zwar die Unterscheidbarkeit der<br />

Ergebnisse erhalten, die Informativität des Programms<br />

würde aber dennoch erheblich sinken,<br />

da aufgrund des hohen Maßes an Zeit und Aufmerksamkeit,<br />

die ein derart erweitertes Programm<br />

erforderte, die Nutzung an Attraktivität<br />

verlöre.<br />

Vor diesem Hintergrund scheint das Lösungskonzept,<br />

das die Bundeszentrale für politische<br />

Bildung gewählt hat, vielversprechend und über<br />

den Einzelfall hinaus wegweisend. Sie hat den<br />

Teilnehmerkreis der Parteien erweitert, ohne den<br />

Aufmerksamkeitsbedarf für den Nutzer zu erhöhen<br />

oder die Abgrenzungsschärfe des Programms<br />

einzuschränken, indem sie dem Nutzer<br />

selbst die Auswahlentscheidung über seine knappe<br />

Ressource, die Aufmerksamkeit, übertragen<br />

hat. Die Abstufung in der Aufmerksamkeit wird<br />

also durch den Nutzer selbst, nicht durch den öffentlichen<br />

Leistungserbringer vorgenommen.<br />

Die geringe Aufmerksamkeitssteigerung zugunsten<br />

der im zu wählenden Parlament bereits vertretenen<br />

Parteien durch optische Hervorhebung<br />

scheint dabei in entsprechender Anwendung des<br />

Rechtsgedankens des § 5 Abs. 1 S. 2-4 PartG uneingeschränkt<br />

hinnehmbar.<br />

VI. Zusammenfassung und Ausblick<br />

Wie so viele Rechtsgebiete wird auch das Parteienrecht<br />

durch die technischen Entwicklungen im<br />

Bereich der neuen Medien, insbesondere durch<br />

das Internet, vor neue Fragen und Herausforderungen<br />

gestellt, die sich insbesondere in Bezug<br />

auf das Prinzip der Chancengleichheit realisieren.<br />

Zur Bewältigung dieser Fragen muss dabei<br />

nach sauberen dogmatischen Lösungen gesucht<br />

werden, die die Behandlung neuartiger Phänome<br />

praxistauglich ermöglichen und gleichzeitig für<br />

weitere technische Entwicklungen offen sind.<br />

Parallelführungen zum Recht der Parteien im öffentlich-rechtlichen<br />

Rundfunk sind dabei mög-<br />

45 Pressemitteilung der BPB unter .

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