Inhaltsverzeichnis Aufsätze - PRuF
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Parteienrecht im Spiegel der Rechtsprechung MIP 2010 16. Jahrgang<br />
gebe sich aus Art. 51 Abs. 1 S. 1 SächsVerf. Die<br />
Regierung habe danach Fragen einzelner Abgeordneter<br />
oder parlamentarische Anfragen nach<br />
besten Wissen unverzüglich und vollständig zu<br />
beantworten. Die Staatsregierung als Spitze der<br />
Landesverwaltung verfüge über Mittel für eine<br />
umfassende Sammlung und Aufbereitung der für<br />
die Bewältigung der Staatsaufgaben erforderlichen<br />
Informationen. Das Fragerecht solle den<br />
Abgeordneten die Teilhabe an diesem Wissen ermöglichen.<br />
Die Antwortpflicht der Regierung sei allerdings<br />
begrenzt zunächst unter dem Gesichtspunkt der<br />
Zumutbarkeit; weiterhin durch Kollisionen mit<br />
anderen Rechtsgütern von Verfassungsrang sowie<br />
in thematischer Hinsicht durch die Zuständigkeitsbereiche<br />
von Parlament und Regierung.<br />
Die Fragerechte der Abgeordneten beziehen sich<br />
auf die zweckmäßige und wirksame Wahrnehmung<br />
der Interessen des Gemeinwohls. Daraus<br />
ergebe sich, dass auch die mittelbare Staatsverwaltung<br />
und die Aufgabenerledigung in Form<br />
des Privatrechts vom Fragerecht der Abgeordneten<br />
erfasst seien. Allerdings habe die Form der<br />
Aufgabenwahrnehmung auch Auswirkungen auf<br />
den Auskunftsanspruch der Parlamentarier. Die<br />
Verantwortlichkeit der Staatsregierung und mithin<br />
das Fragerecht der Abgeordneten können nur<br />
so weit reichen, wie die Rechtsordnung der Regierung<br />
wiederum Informations- und Einwirkungsmöglichkeiten<br />
einräumt. Dies wirke sich<br />
insbesondere auf die Aufgabenwahrnehmung im<br />
Wege der mittelbare Staatsverwaltung beziehungsweise<br />
durch privatrechtlich organisierter<br />
Einheiten aus. Jedenfalls aber unterliege das<br />
Verhalten der Mitglieder der Staatsregierung in<br />
Organen selbstständiger juristischer Personen<br />
des öffentlichen wie auch des privaten Rechts<br />
der Kontrolle des Landtages, soweit ihnen gerade<br />
als Teil der Exekutive organschaftliche Rechte<br />
zukommen.<br />
Nach diesen Gesichtspunkten sei die Staatsregierung<br />
im Rahmen der dem Organstreitverfahren<br />
zu Grunde liegenden Sachverhalte zur Auskunft<br />
verpflichtet. Dies gelte auch nach der Übernahme<br />
der Landesbank Sachsen Landesbank Baden-<br />
Württemberg und die Verschmelzung auf diese,<br />
130<br />
da die Landesbank Baden-Württemberg damit<br />
öffentliche Aufgaben des Freistaates Sachsen<br />
übernommen habe und insoweit der Rechtsaufsicht<br />
Sachsens unterliege. Die Beantwortung der<br />
Kleinen Anfragen konnte daher nicht allein mit<br />
dem Hinweis auf den fehlenden Verantwortungsbereich<br />
der Staatsregierung abgewehrt werden.<br />
Auch habe die Antragsgegnerin in ihren Antworten<br />
auf die streitgegenständlichen Kleinen Anfragen<br />
keine konkreten Darlegungen zu anderen<br />
entgegenstehenden Rechtsgütern, insbesondere<br />
den in Art. 51 Abs. 2 SächsVerf genannten, gemacht,<br />
so dass sich auch hieraus keine Beschränkung<br />
der Antwortpflicht ergebe.<br />
Die Entscheidung reflektiert die gestiegene Bedeutung<br />
der Aufgabenwahrnehmung durch den<br />
Staat in den Formen der mittelbaren Staatsverwaltung<br />
und insbesondere denjenigen des Privatrechts.<br />
Das Gericht entlässt den Staat auch auf<br />
diesem Wege nicht aus seiner demokratischen<br />
Verantwortung, sondern akzentuiert die Kontrollrechte<br />
des Parlaments. Mit der Entscheidung<br />
des nordrhein-westfälischen Verfassungsgerichtshof<br />
vom 19. August 200854 steht das vorliegende<br />
Urteil in engem thematischen Zusammenhang.<br />
Das VG Arnsberg setzte sich im Rahmen eines<br />
kommunalverfassungsrechtlichen Streites55 mit<br />
Fragen der Finanzierung von Fraktionen in<br />
Kommunalvertretungen auseinander.<br />
Die Klägerin ist eine zwei Personen umfassende<br />
Fraktion, wie sie seit der Neuregelung des § 56<br />
GO NW möglich sind. Sie beantragte festzustellen,<br />
der Beschluss über die Regelung von Zuwendungen<br />
für die Beschäftigung von Fraktionsmitarbeitern<br />
und von Sachzuwendungen an die<br />
Fraktionen sei rechtswidrig. Die angegriffenen<br />
Regelungen sind Teil der „Richtlinien für die<br />
Zuwendungen an die Fraktionen“. Diese sehen<br />
zunächst einen Sockelbetrags für alle Fraktionen<br />
in Höhe von jährlich 4000 € und weiterhin einen<br />
Betrag für jedes der Fraktion angehörenden Mit-<br />
54 Veröffentlicht unter www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/<br />
55<br />
vgh_nrw/j2008/VerfGH_7_07urteil20080819.html.<br />
Vgl. Besprechung von S. Roßner, MIP 15 (2008/2009),<br />
S. 104 ff.<br />
Urteil vom 6. März 2009, Az.: 12 k 2300/08, abrufbar<br />
unter juris.