Inhaltsverzeichnis Aufsätze - PRuF
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MIP 2010 16. Jahrgang Sophie Charlotte Lenski – Die abgestufte Chancengleichheit der Parteien im Internet <strong>Aufsätze</strong><br />
ben, dass er seine persönliche politische Einstellung<br />
mit derjenigen der Parteien vergleichen<br />
kann. Unterschiede bestehen nur insoweit, als<br />
dass sich bei dem internetbasierten Angebot auf<br />
der einen Seite persönlichkeitsgeprägte Entscheidungskriterien<br />
wie etwa Sympathie und Glaubwürdigkeit<br />
des Spitzenkandidaten der Bewertung<br />
entziehen, auf der anderen Seite aber der<br />
Abgleich der persönlichen Einstellung mit derjenigen<br />
der Parteien gleichsam automatisiert wird,<br />
also nicht der eigenen Erfahrung des Medienkonsumenten<br />
überlassen bleibt, sondern als Ergebnis<br />
der Mediennutzung durch das Programm<br />
festgehalten wird.<br />
Diese Unterschiede in der Mediendarstellung<br />
mögen – genau wie die angeführten Unterschiede<br />
bzgl. der Nicht-Linearität von Programmangeboten<br />
im Internet40 – in Bezug etwa auf den<br />
Nutzerkreis und die Verarbeitung der jeweiligen<br />
Ergebnisse kommunikationswissenschaftlich<br />
durchaus relevant sein. Einen qualitativen Einfluss<br />
auf die Bestimmung des Leistungswillens<br />
haben sie allerdings nicht, auch nicht unter dem<br />
vom Verwaltungsgericht angeführten vermeintlich<br />
großen Einfluss von Internetangeboten, die<br />
sich quasi als Wahlempfehlungssysteme darstellten.<br />
Denn auch redaktionell gestaltete Sendungen<br />
im Rundfunk können durchaus einen erheblichen<br />
Einfluss auf das Wählerverhalten und damit<br />
den Ausgang der Wahl entfalten, auch wenn<br />
sich diese Einflüsse im Einzelnen als sehr komplex<br />
darstellen. 41 Auch redaktionelle Angebote<br />
im Internet stellen daher, genau wie redaktionelle<br />
Beiträge im öffentlich-rechtlichen Rundfunk,<br />
richtigerweise keine öffentlichen Leistungen dar,<br />
sind sie doch genau wie jene auf Informationsvermittlung<br />
gegenüber dem Medienkonsumenten,<br />
nicht jedoch auf Vorteilsgewährung gegenüber<br />
den Parteien ausgerichtet.<br />
40 S.o. S. 8.<br />
41 Vgl. dazu am Bsp. des Kanzlerduells nur Maurer/Reinemann,<br />
Schröder gegen Stoiber. Nutzung, Wahrnehmung<br />
und Wirkung der TV-Duelle, 2003, S. 25 ff.<br />
V. Chancengleichheit im Internet jenseits von<br />
§ 5 PartG<br />
Aus der Unanwendbarkeit von § 5 PartG folgt<br />
jedoch keinesfalls, dass die öffentlich-rechtlichen<br />
Anbieter wahlbezogener redaktioneller Informationsangebote<br />
von einer Bindung an die<br />
Chancengleichheit der politischen Parteien befreit<br />
wären. Vielmehr kommt hier nun direkt die<br />
verfassungsrechtlich verankerte und grundrechtsgleich<br />
ausgestaltete, besondere Chancengleichheit<br />
der Parteien aus Art. 21 Abs. 1 S. 2<br />
i.V.m. Art. 38 Abs. 1 S. 1. GG zur Anwendung.<br />
Abweichungen von dieser streng formal zu verstehenden<br />
Gleichheit bedürfen eines zwingenden<br />
Grundes.<br />
1. Keine kollidierende Rundfunkfreiheit<br />
Wenn hinsichtlich der fehlenden Einstufung als<br />
öffentliche Leistung eine Parallelführung der Internetangebote<br />
der öffentlichen Hand zu redaktionellen<br />
Sendungen des öffentlich-rechtlichen<br />
Rundfunks erfolgen kann, schiene es zunächst<br />
naheliegend, auch bei der verfassungsrechtlichen<br />
Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung von<br />
Parteien bei der redaktionellen Berücksichtigung<br />
auf die dort entwickelten Maßstäbe abzustellen.<br />
Danach ist ein Ausschluss von Parteien von entsprechenden<br />
redaktionellen Beiträgen zulässig,<br />
wenn der Sendung ein nachvollziehbares, den<br />
Teilnehmerkreis erklärendes redaktionelles Konzept<br />
zugrunde liegt und im Gesamtprogramm<br />
eine angemessene Darstellungsmöglichkeit der<br />
nicht berücksichtigten Parteien sichergestellt<br />
ist. 42<br />
Allerdings unterscheiden sich redaktionelle Angebote<br />
im öffentlich-rechtlichen Rundfunk von<br />
Angeboten im Internet anderer öffentlichen Stellen<br />
in einem entscheidenden Punkt, der zwar bezogen<br />
auf die Parteien für die Frage des Leistungscharakters<br />
ohne Belang, im Rahmen der<br />
verfassungsrechtlichen Rechtfertigung von Ungleichbehandlungen<br />
gleichwohl von entscheidender<br />
Bedeutung ist: Während sich öffentlichrechtliche<br />
Rundfunkanstalten bei ihrer Pro-<br />
42 Augsberg, in: Kersten/Rixen (Hrsg.), PartG, 2009, § 5<br />
Rn. 80 m.w.N.<br />
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