Inhaltsverzeichnis Aufsätze - PRuF

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25.02.2013 Aufrufe

Parteienrecht im Spiegel der Rechtsprechung MIP 2010 16. Jahrgang ordneten entsprechende Entschädigung aus Art. 40, Art. 27 Abs. 2 und Abs. 3 VerfBW i.V.m. Art. 3, Art. 28 Abs. 1 S. 1, Art. 38 Abs. 1 S. 2 und Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG. Die Anträge wurden als unzulässig verworfen. Das Gericht hatte sich dabei mit der Frage zu befassen, ob ein gesetzgeberisches Unterlassen einen tauglichen Gegenstand für ein Organstreitverfahren darstelle. Diese Frage wurde bejaht, soweit das Unterlassen die Ausübung organschaftlicher Rechte des Antragstellers zumindest gefährdet und den Gesetzgeber eine verfassungsrechtliche Pflicht zum Handeln trifft. Allerdings sind die Anträge verfristet. Nach § 45 Abs. 3 StGHG muss der Antrag im Organstreitverfahren innerhalb von sechs Monaten nach Bekanntwerden der angegriffenen Maßnahme, spätestens jedoch innerhalb von fünf Jahren gestellt werden. Diese Frist gelte auch für Organstreitverfahren, welche sich gegen ein Unterlassen richten. Zwar lasse sich der Beginn der Frist nicht für alle Fälle des Unterlassens gleichermaßen bestimmen, sie beginne aber spätestens dadurch zu laufen, dass sich der Antragsgegner eindeutig weigert, in der Weise tätig zu werden, die der Antragsteller zur Wahrung seiner organschaftlichen Rechte für notwendig hält. Eine derartige Weigerung sei spätestens zu dem Zeitpunkt anzunehmen, als der Appell des Landtagspräsidenten vom Mai 2003, eine Neuregelung der Funktionszulagen zu verabschieden, folgenlos blieb, wie sich am nachfolgenden Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes vom 29. Juli 2004 zeigte, als der Gesetzgeber sich zwar mit verschiedenen Aspekten der Entschädigung von Abgeordneten auseinandersetzte, dabei jedoch die Funktionszulagen nicht berücksichtigte. Für die Antragsteller, welche erst nach diesen Ereignissen Mitglieder des Landtages geworden waren, begann zwar die Frist nicht bereits mit der Weigerung des Gesetzgebers, tätig zu werden, zu laufen. Die Frist wurde aber durch den Erwerb der Mitgliedschaft im Landtag in Gang gesetzt. Das Urteil des Staatsgerichtshofs ist insofern bedeutsam, als es die bisher in der Rechtsprechung 128 des Bundesverfassungsgerichts offen gelassene50 Frage nach der Tauglichkeit einer Unterlassung als Gegenstand eines Organstreitverfahrens zunächst eindeutig positiv beantwortet und die Antwort auf die schwierige Frage nach dem Beginn von Fristen in der Konstellation der Unterlassung weiter präzisiert hat. Das Bundesverfassungsgericht hatte sich im Rahmen eines Organstreitverfahren51 mit Problemen des Informationsrechts der Abgeordneten und Fraktionen des Bundestages gegenüber der Bundesregierung bezüglich der geheimdienstlichen Beobachtungen von Abgeordneten zu befassen. Die Antragsteller sind vier einzelne Abgeordnete sowie die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Sie wandten sich gegen die ihrer Ansicht nach unzureichende Beantwortung zweier kleiner Anfragen durch die Bundesregierung als Antragsgegnerin. Die Antragsteller begehrten die Feststellung, durch die Antragsgegnerin durch unzureichende Antworten auf ihre Kleinen Anfragen in ihren Rechten aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG und Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG verletzt worden zu sein. Sie begehrten weiterhin die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Erteilung der erbetenen Auskünfte. Das Organstreitverfahren hatte teilweise Erfolg, die Anträge mit verpflichtenden Inhalt wurden hingegen verworfen. Die Unzulässigkeit von Anträgen mit verpflichtenden Inhalt ergebe sich aus der auf die Feststellung von Kompetenzverletzungen oder -gefährdungen gerichteten Natur des Organstreitverfahrens. Für eine Ausnahme von der Regel haben die Antragsteller nicht dargelegt. Die Begründetheit der zulässigen Anträge fußt auf dem aus Art. 38 Abs. 1 S. 2 und Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG folgenden Frage- und Informationsrecht des Bundestages gegenüber der Bundesregierung, an welchem auch einzelne Abgeordnete und Fraktionen nach Maßgabe der Geschäftsordnung des Bundestages teilhaben. Die korrespondierende Antwortpflicht der Bundesregierung 50 Vgl. BVerfGE 120, 82. 51 2 BvE 5/06, veröffentlicht außer auf den Seiten des Gerichts im Netz (www.bverfg.de) auch in NVwZ 2009, S. 1092 ff.

MIP 2010 16. Jahrgang Parteienrecht im Spiegel der Rechtsprechung werde wiederum etwa durch den Verantwortungsbereich der Regierung oder den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung begrenzt. So weit die Bundesregierung vorträgt, grundsätzlich nur in den dafür vorgesehenen besonderen Gremien des Bundestages sich zu der Arbeitsweise, der Strategie und dem Erkenntnisstand der Nachrichtendienste des Bundes zu äußern so weit dies geheimhaltungsbedürftig sei, weist das Gericht darauf hin, dass bereits einfachgesetzlich das einschlägige Gesetz über die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstliche Tätigkeit des Bundes (PKGrG) in § 1 Abs. 2 die Informationsrechte des Bundestages unberührt lässt. Auch die Auslegung weiterer Vorschriften des PKGrG stütze dieses Ergebnis. Auch die Information des Ältestenrates des Bundestages durch die Bundesregierung sei nicht geeignet, den Informationsanspruch des Parlaments einzuschränken. Angesichts der Gefahren, welche eine nachrichtendienstliche Beobachtung von Abgeordneten für deren Unabhängigkeit gemäß Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG und für die Mitwirkung der betroffenen Parteien an der politischen Willensbildung nach Art. 21 Abs. 1 GG habe sowie in Anbetracht des hohen Gewichts dieser Rechtspositionen, gewinne das diesbezügliche Informationsrecht des Parlaments besondere Bedeutung. Soll sich gegenüber diesen Belangen der Geheimnisschutz gleichwohl durchsetzen, so bedürfe es dafür einer besonderen Begründung. Jedenfalls genüge die pauschale Behauptung seitens der Bundesregierung, durch die Beantwortung der Fragen würden Rückschlüsse auf die Tätigkeit der Nachrichtendienste ermöglicht, die deren Arbeitsfähigkeit und Aufgabenerfüllung gefährdeten, diesen Anforderungen nicht. Auch der Hinweis der Bundesregierung auf die Unmöglichkeit einer Antwort innerhalb der in der Geschäftsordnung des Bundestages vorgesehenen Frist von 14 Tagen gemäß § 104 Abs. 2 HS. 1 gehe fehl, da er die Möglichkeit einer Verlängerung der Frist nach dem zweiten Halbsatz der Normen außer Acht lasse. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts gibt dem Frage- und Informationsrecht des Parlaments gegenüber der Regierung eine noch schär- fere Kontur und stärkt es zugleich gegenüber den teilweise erstaunlichen Einwänden der Regierung. In diesem Zusammenhang sei ausdrücklich auf den Vorwand hingewiesen, eine Beantwortung innerhalb der von der Geschäftsordnung des jeweiligen Parlaments vorgesehenen Frist sei nicht möglich und können daher gänzlich entfallen: Die dem Schutz des Parlaments dienende Frist kann nicht ohne weiteres zu einem Argument gemacht werden, mit dem dessen Informationsrechte abgewehrt werden könnten52 . In denselben Themenkreis gehört die Entscheidung des sächsischen Verfassungsgerichtshofs vom 5. November 200953 . Antragstellerin in dem Organstreitverfahren ist eine Abgeordnete des sächsischen Landtages, die sich durch eine fehlende beziehungsweise unvollständige Beantwortung ihrer Kleinen Anfragen durch die Staatsregierung in ihren Rechten aus Art. 51 Abs. 1 S. 1 SächsVerf verletzt sah. Der Antrag hatte Erfolg In der Sache ging es um das Begehren der Antragstellerin, über den Verkauf und die Bewertung von forderungsbesicherten Wertpapieren der Landesbank Sachsen beziehungsweise ihrer Zweckgesellschaften an die Sparkassen; über die den Zweckgesellschaften gewährten Kredite der Landesbank und über die Auswirkungen von Änderungen der Einstufung der Bonität der Zweckgesellschaften durch Ratinggesellschaften sowie über die diesbezüglichen Kenntnisse von Mitgliedern oder Mitarbeitern der Staatsregierung, welche in die Aufsichtsgremien entsandt wurden, informiert zu werden. Innerhalb des Zeitraums, auf welchen sich die Kleinen Anfragen erstreckten, wurde die Landesbank Sachsen zunächst in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und dann durch die Landesbank Baden-Württemberg zunächst übernommen und dann auf diese verschmolzen. In seiner Urteilsbegründung führte das Gericht aus, das Fragerecht der Abgeordneten und die entsprechende Antwortpflicht der Regierung er- 52 Vgl. S. Roßner, Kurzbesprechung VerfGH NRW 7/07 vom 19 August 2008, MIP 15 (2008/09) S. 104 (105 f.). 53 Vf. 133-I-08, veröffentlicht in juris. 129

MIP 2010 16. Jahrgang Parteienrecht im Spiegel der Rechtsprechung<br />

werde wiederum etwa durch den Verantwortungsbereich<br />

der Regierung oder den Kernbereich<br />

exekutiver Eigenverantwortung begrenzt.<br />

So weit die Bundesregierung vorträgt, grundsätzlich<br />

nur in den dafür vorgesehenen besonderen<br />

Gremien des Bundestages sich zu der Arbeitsweise,<br />

der Strategie und dem Erkenntnisstand<br />

der Nachrichtendienste des Bundes zu äußern<br />

so weit dies geheimhaltungsbedürftig sei,<br />

weist das Gericht darauf hin, dass bereits einfachgesetzlich<br />

das einschlägige Gesetz über die<br />

parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstliche<br />

Tätigkeit des Bundes (PKGrG) in § 1 Abs. 2<br />

die Informationsrechte des Bundestages unberührt<br />

lässt. Auch die Auslegung weiterer Vorschriften<br />

des PKGrG stütze dieses Ergebnis.<br />

Auch die Information des Ältestenrates des Bundestages<br />

durch die Bundesregierung sei nicht geeignet,<br />

den Informationsanspruch des Parlaments<br />

einzuschränken. Angesichts der Gefahren,<br />

welche eine nachrichtendienstliche Beobachtung<br />

von Abgeordneten für deren Unabhängigkeit gemäß<br />

Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG und für die Mitwirkung<br />

der betroffenen Parteien an der politischen<br />

Willensbildung nach Art. 21 Abs. 1 GG habe sowie<br />

in Anbetracht des hohen Gewichts dieser<br />

Rechtspositionen, gewinne das diesbezügliche<br />

Informationsrecht des Parlaments besondere Bedeutung.<br />

Soll sich gegenüber diesen Belangen<br />

der Geheimnisschutz gleichwohl durchsetzen, so<br />

bedürfe es dafür einer besonderen Begründung.<br />

Jedenfalls genüge die pauschale Behauptung seitens<br />

der Bundesregierung, durch die Beantwortung<br />

der Fragen würden Rückschlüsse auf die<br />

Tätigkeit der Nachrichtendienste ermöglicht, die<br />

deren Arbeitsfähigkeit und Aufgabenerfüllung<br />

gefährdeten, diesen Anforderungen nicht.<br />

Auch der Hinweis der Bundesregierung auf die<br />

Unmöglichkeit einer Antwort innerhalb der in<br />

der Geschäftsordnung des Bundestages vorgesehenen<br />

Frist von 14 Tagen gemäß § 104 Abs. 2<br />

HS. 1 gehe fehl, da er die Möglichkeit einer Verlängerung<br />

der Frist nach dem zweiten Halbsatz<br />

der Normen außer Acht lasse.<br />

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts gibt<br />

dem Frage- und Informationsrecht des Parlaments<br />

gegenüber der Regierung eine noch schär-<br />

fere Kontur und stärkt es zugleich gegenüber<br />

den teilweise erstaunlichen Einwänden der Regierung.<br />

In diesem Zusammenhang sei ausdrücklich<br />

auf den Vorwand hingewiesen, eine Beantwortung<br />

innerhalb der von der Geschäftsordnung<br />

des jeweiligen Parlaments vorgesehenen<br />

Frist sei nicht möglich und können daher gänzlich<br />

entfallen: Die dem Schutz des Parlaments<br />

dienende Frist kann nicht ohne weiteres zu einem<br />

Argument gemacht werden, mit dem dessen<br />

Informationsrechte abgewehrt werden könnten52 .<br />

In denselben Themenkreis gehört die Entscheidung<br />

des sächsischen Verfassungsgerichtshofs<br />

vom 5. November 200953 . Antragstellerin in dem<br />

Organstreitverfahren ist eine Abgeordnete des<br />

sächsischen Landtages, die sich durch eine fehlende<br />

beziehungsweise unvollständige Beantwortung<br />

ihrer Kleinen Anfragen durch die<br />

Staatsregierung in ihren Rechten aus Art. 51<br />

Abs. 1 S. 1 SächsVerf verletzt sah. Der Antrag<br />

hatte Erfolg<br />

In der Sache ging es um das Begehren der Antragstellerin,<br />

über den Verkauf und die Bewertung<br />

von forderungsbesicherten Wertpapieren<br />

der Landesbank Sachsen beziehungsweise ihrer<br />

Zweckgesellschaften an die Sparkassen; über die<br />

den Zweckgesellschaften gewährten Kredite der<br />

Landesbank und über die Auswirkungen von<br />

Änderungen der Einstufung der Bonität der<br />

Zweckgesellschaften durch Ratinggesellschaften<br />

sowie über die diesbezüglichen Kenntnisse von<br />

Mitgliedern oder Mitarbeitern der Staatsregierung,<br />

welche in die Aufsichtsgremien entsandt<br />

wurden, informiert zu werden.<br />

Innerhalb des Zeitraums, auf welchen sich die<br />

Kleinen Anfragen erstreckten, wurde die Landesbank<br />

Sachsen zunächst in eine Aktiengesellschaft<br />

umgewandelt und dann durch die Landesbank<br />

Baden-Württemberg zunächst übernommen<br />

und dann auf diese verschmolzen.<br />

In seiner Urteilsbegründung führte das Gericht<br />

aus, das Fragerecht der Abgeordneten und die<br />

entsprechende Antwortpflicht der Regierung er-<br />

52 Vgl. S. Roßner, Kurzbesprechung VerfGH NRW 7/07<br />

vom 19 August 2008, MIP 15 (2008/09) S. 104<br />

(105 f.).<br />

53 Vf. 133-I-08, veröffentlicht in juris.<br />

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