Inhaltsverzeichnis Aufsätze - PRuF
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Parteienrecht im Spiegel der Rechtsprechung MIP 2010 16. Jahrgang<br />
ßende Entscheidung zum Verschulden war mithin<br />
nicht notwendig.<br />
Dr. Heike Merten<br />
4. Parteien und Parlamentsrecht<br />
Der Verfassungsgerichtshof in Weimar hatte<br />
über einen von der Thüringer Landtagsfraktion<br />
Die Linke angestrengtes Normenkontrollverfahren<br />
47 zu entscheiden, das auf die Überprüfung<br />
der §§ 4, 6, 7 des Gesetzes zur Überprüfung der<br />
Abgeordneten des Thüringer Landtags auf eine<br />
hauptamtliche oder inoffizielle Zusammenarbeit<br />
mit Ministerium für Staatssicherheit (MfS) oder<br />
dem Amt für Nationale Sicherheit (AfNS)<br />
(ThürAbgÜbG) gerichtet war. Das Gesetz sieht<br />
eine Überprüfung der vor dem 1. Januar 1970<br />
geborene Abgeordneten ohne ihre Zustimmung<br />
vor. Die Überprüfung eines Abgeordneten wird<br />
eingeleitet durch den Beschluss mit Zweidrittelmehrheit<br />
eines Gremiums, welches aus den Mitgliedern<br />
des Vorstands des Landtags besteht. Für<br />
die Überprüfung selbst wird dieses Gremium um<br />
weitere Abgeordnete des Landtages gemäß § 4<br />
des Gesetzes erweitert, wobei die Stärkeverhältnisse<br />
der einzelnen Landtagsfraktionen im Gremium<br />
abgebildet werden. Der betroffene Abgeordnete<br />
kann eine Person seines Vertrauens als<br />
beratendes Mitglied ohne Stimmrecht in das<br />
Gremium entsenden. Er hat weiterhin jederzeit<br />
Gelegenheit zur Stellungnahme, das Recht auf<br />
Akteneinsicht sowie auf eine weitere Überprüfung<br />
seines Falles durch den Bundesbeauftragten<br />
für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes<br />
der DDR. Die Sitzungen des Gremiums sind geheim<br />
und seine Mitglieder zur Verschwiegenheit<br />
verpflichtet. Kommt das Gremium nach Auswertung<br />
der Unterlagen des Bundesbeauftragten und<br />
Erörterung mit dem Betroffenen zu der Überzeugung,<br />
der Abgeordnete habe mit dem MfS bzw.<br />
dem AfNS zusammengearbeitet und sei daher<br />
unwürdig, dem Landtag anzuhören, stellt es dies<br />
mit Zweidrittelmehrheit fest, § 6 ThürAbgÜpG.<br />
Das Ergebnis der Überprüfung wird nach § 7<br />
ThürAbgÜpG mit den Gründen in öffentlicher<br />
47 Thüringer Verfassungsgerichtshof, Urteil vom<br />
01. Juli 2009, Verf. 38/06, DÖV 2009, S. 770 f.<br />
126<br />
Sitzung des Landtags bekannt gegeben, wobei<br />
der Betroffene Gelegenheit zu einer Erklärung<br />
erhält.<br />
Das Normenkontrollverfahren hatte keinen Erfolg,<br />
das Gericht erklärte die angegriffenen Normen<br />
für mit der Landesverfassung vereinbar.<br />
In seiner Begründung stellt das Gericht zunächst<br />
fest, das Parlament dürfe grundsätzlich Umstände<br />
ermitteln, die seine Vertrauenswürdigkeit berühren<br />
und an deren Aufklärung ein entsprechendes<br />
öffentliches Interesse besteht. Es verweist<br />
dafür auf seine eigene Entscheidung vom 17.10.<br />
1997 sowie auf diejenige des Bundesverfassungsgerichts<br />
vom 21.05.1996 – 2 BvE 1/95,<br />
NJW 1996, 2720. Ein derartiges Recht auf Untersuchung<br />
könne auch nach Ablauf einer längeren<br />
Zeit seit den relevanten Sachverhalten noch<br />
gegeben sein, der Gesetzgeber habe insoweit<br />
eine Einschätzungsprärogative.<br />
Auch das Verfahren der Überprüfung sei verfassungsmäßig.<br />
Der Status des Abgeordneten gemäß<br />
Art. 53 Abs. 1 ThürVerf gebiete die Vertraulichkeit<br />
eines Überprüfungsverfahrens sowie die<br />
Gewähr, dass alle den Betroffenen belastenden<br />
Entscheidungen nicht alleine mit der jeweiligen<br />
Regierungsmehrheit getroffen werden können.<br />
Auch seien dem Betroffenen Mitwirkungsrechte<br />
bei seiner Überprüfung einzuräumen. Weiterhin<br />
müsse sichergestellt werden, dass eine negative<br />
Entscheidung nur aufgrund einer sicheren Beweislage<br />
zustandekomme, welche angemessen<br />
zu bewerten sei. Diesen Anforderungen sei<br />
durch die Zusammensetzung und die Verfahrensgestaltung<br />
des Gremiums Rechnung getragen.<br />
Das Gericht sieht auch die Übertragung der<br />
Überprüfung vom Parlamentsplenum auf ein<br />
Gremium als verfassungsgemäß an, insbesondere<br />
seien keine Kompetenzen des Landtages aus<br />
Art. 62 ThürVerf verletzt. Das Gericht argumentiert<br />
hier zunächst historisch und verweist auf<br />
die Lage zur Entstehung des Gesetzes während<br />
der ersten Wahlperiode des thüringischen Landtages.<br />
Die Überprüfung durch ein kleines Gremium<br />
diene weiterhin dem Schutz des Betroffenen,<br />
weshalb auch der Verzicht auf eine Aussprache<br />
im Plenum zu akzeptieren sei, und sei auch deshalb<br />
zu rechtfertigen, da die Feststellung der Un-