Inhaltsverzeichnis Aufsätze - PRuF

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25.02.2013 Aufrufe

Parteienrecht im Spiegel der Rechtsprechung MIP 2010 16. Jahrgang VerfGH Sachsen36 gerichteten Verfassungsbeschwerde. Darin wandten sich mehrere Beschwerdeführer gegen die Wahlwerbung der NPD, unter anderem mit dem Ziel festzustellen, dass die örtlichen Behörden unter Verletzung grundrechtlicher Schutzpflichten nicht gegen die NPD wegen deren Wahlwerbung eingeschritten seien. Die Verfassungsbeschwerde musste jedoch schon als unzulässig zurückgewiesen werden, da die Beschwerdeführer sich unmittelbar an den Verfassungsgerichtshof wandten, ohne zuvor die weiteren zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten zu einer gerichtlichen Korrektur der behaupteten Verfassungsverletzung ausgeschöpft zu haben. Zum Themenkreis unzulässiger Wahlwerbung zählt auch die vor dem LG Köln37 erwirkte einstweilige Anordnung, durch die der Partei „Die Republikaner“ unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, der Ordnungshaft oder der Ordnungshaft bis zu sechs Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung, verboten wurde, ohne Zustimmung des antragstellenden TV-Entertainers und Filmschauspielers Hape Kerkeling den Namen der von ihm verkörperten Kunstfigur „Horst Schlämmer“ im Rahmen von Wahlwerbung für die Partei „Die Republikaner“ zu nutzen bzw. nutzen zu lassen. Die Partei versuchte von der (seit dem Kinostart des Films „Horst Schlämmer - Isch kandidiere!“ Ende August 2009) in Umfragen steigenden Popularität des Filmcharakters zu profitieren. In einem knapp zweiminütigen Wahlwerbespot der Republikaner erklärt die rechte Kandidatin Uschi Winkelsett: „Nein, mein Name ist nicht Schlämmer. Und ich kandidiere auch nicht für eine Spaßpartei. Politik ist nicht lustig. Aber seine 18 Prozent würden auch uns gut stehen ...“. Am Schluss des Films heißt es weiter: „Wählen Sie die Republikaner. Frei nach Horst Schlämmer: Schlechter als die anderen sind wir auch nicht.“ Das LG Köln sah einen Anordnungsan- 36 VerfGH Sachsen, Beschluss vom 27.08.2009 – Az. Vf. 86-IV-09 (HS), Vf. 87-IV-09 (e.A.), veröffentlicht bei juris. 37 LG Köln, Beschluss vom 14.09.2009 – Az. 28 O 646/09, veröffentlicht bei juris. 122 spruch nach §§ 823, 1004 BGB i.V.m. Art. 1, 2 GG gegeben. Welche konkreten rechtlichen Erwägungen das LG Köln zu der Entscheidung bewogen haben, lässt die nicht begründete einstweilige Verfügung nicht erkennen. Mitentscheidend dürfte jedoch gewesen sein, dass die Kunstfigur „Horst Schlämmer“ urheberrechtlich geschützt ist38 und die Rechte an ihr damit ausschließlich dem Schöpfer Hape Kerkeling zustehen. Nicht um den Inhalt eines Wahlwerbepots, sondern um die Verteilung der Sendezeiten für die Wahlwerbung einer kleinen politischen Partei nach dem Prinzip der abgestuften Chancengleichheit ging es in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor dem VG Mainz39 . Dem Antrag einer politischen Partei auf Zuteilung einer weiteren (dritten) Sendezeit für Wahlwerbung vor der Europawahl am 07. Juni 2009 sowie auf Ausstrahlung mindestens zweier Wahlwerbespots um ca. 19:20 Uhr und ca. 20:55 Uhr/21:10 Uhr war kein Erfolg beschieden. Der erstellte Sendeplan entsprach den nach gefestigter Rechtsprechung für die Verteilung der Sendezeiten geltenden Kriterien. Danach ergeben die bei der Zuerkennung von Sendezeiten maßgeblichen Untergrenzen daraus, dass auch der kleinsten Partei das Mindestmaß an Sendezeit zur Verfügung zu stellen ist, das erforderlich ist, um den mit der Ausstrahlung einer Sendung angestrebten Werbeeffekt erreichen zu können. Die Vergünstigungen, die einer mit Fraktionsstärke im Bundestag vertretenen Partei gewährt werden, müssen dem Umfang nach mindestens halb so groß wie bei jeder anderen und damit auch der größten Partei sein (§ 5 Abs. 1 S. 4 PartG). Außerdem darf die Sendezeit, die einer großen Partei von der Rundfunkanstalt zugebilligt wird, das vier- bis fünffache der einer kleinen Partei zuerkannten Sendezeit nicht überschreiten. Dabei bemisst sich die Bedeutung einer Partei insbesondere auch nach den Ergebnissen vorausgegangener Wahlen zu Volksvertretungen (§ 5 Abs. 1 S. 38 Vgl. dazu Christian Rauda, WIPO: Hape Kerkeling erhält Schlämmer-Domains zurück, in: MMR 2008, S. VI. 39 VG , Beschluss vom 07.05.2009 – Az. 4 L 521/09.MZ, in: AfP 2009, 425 ff.

MIP 2010 16. Jahrgang Parteienrecht im Spiegel der Rechtsprechung 2, 3 PartG). Insoweit ist insbesondere das Wahlergebnis der letzten gleichartigen Wahl maßgeblich, denn der Partei kann auf Bundes-, Landesoder Europaebene durchaus unterschiedliche Bedeutung zukommen. Weitere Kriterien, um die Bedeutung einer Partei zu ermitteln, sind die Vertretung der Partei im Parlament, ihre Beteiligung an Regierungen, die Dauer ihres Bestehens, die Kontinuität ihrer Betätigung, die Zahl ihrer Mitglieder sowie Umfang und Ausbau ihres Organisationsgrades. In Anwendung dieser Kriterien stand der antragstellenden Partei nach Ansicht des Gerichts weder ein Anspruch auf Zuteilung von weiteren Sendezeiten noch auf Zuweisung der beantragten Ausstrahlungszeiten für die Wahlwerbespots zu. Die erst 2004 gegründete, nicht parlamentarisch vertretene Partei hatte bei der Bundestagswahl 2005 knapp 0,1% der Stimmen und bei der Landtagswahl Brandenburg 2004 ca. 1% der Stimmen errungen. Zudem ging das Gericht angesichts lediglich in Brandenburg und Bayern existierender Landesverbände der Partei davon aus, dass auch „die Organisationsstrukturen noch nicht sehr verfestigt zu sein scheinen“. Der Anspruch einer politischen Partei auf Teilnahme an redaktionell gestalteten Fernsehsendungen beschäftigte den Verfassungsgerichtshof Wien40 , der im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens zu prüfen hatte, ob der Fernsehsender bei einer Gesamtbetrachtung der Programmgestaltung zum Thema des sog. „Eurofightervertrags“ einschließlich der in der Beschwerde benannten Diskussionssendungen durch Verstoß gegen einfachgesetzlich verankerte Objektivitäts-, Vielfalts- und Ausgewogenheitsgebote „eine in die Verfassungssphäre reichende Rechtsverletzung“ begangen hat. Die beschwerdeführende politische Partei rügte, dass neben Experten nur Vertreter der Regierungsparteien, zu zwei der drei Diskussionssendungen auch Vertreter der beiden anderen Oppositionsparteien, sie selbst aber nicht als Teilnehmer der Diskussionsrunden eingeladen worden waren. Die der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, der Berücksichtigung der Mei- 40 VerfGH Wien, Entscheidung vom 12.03.2009 – Az. B 434/08-9, in: ÖJZ 11/2009, S. 524 ff. nungsvielfalt und der Ausgewogenheit der Programme nach Art. I Abs. 2 des Bundesverfassungsgesetzes über die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks dienenden gesetzlichen Vorschriften eröffnen jedoch einen weiten journalistischen Entscheidungsspielraum, innerhalb dessen lediglich zu gewährleisten ist, dass „alle politischen Kräfte, die eine nennenswerte Bedeutung haben (und dazu gehören jedenfalls die im Nationalrat vertretenen Parteien), die Möglichkeit haben, ihren Standpunkt zu einer Frage im Programm des öffentlich-rechtlichen Rundfunkveranstalters darzulegen“. Die danach gebotene Meinungsvielfalt hat der Rundfunkveranstalter durch das Programm insgesamt zu erfüllen, ein Anspruch einer politischen Partei auf Präsenz in einer bestimmten Sendung besteht dagegen nicht. Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofs hatte sich der Sender bei der konzeptionellen Gestaltung der Sendung und insbesondere der Auswahl der Teilnehmer an sachgerechten, tragfähigen Differenzierungskriterien orientiert, so dass der Beschwerde letztlich kein Erfolg beschieden war. Die Abgrenzung zulässiger Öffentlichkeitsarbeit der Gemeinden und Organe im Wahlkampf von unzulässiger Wahlbeeinflussung war Gegenstand eines Gerichtsbescheids (§ 84 VwGO) des VG Meiningen41 . Die Gemeinde Hildburghausen hatte auf ihrer Homepage „alle demokratisch denkenden Menschen in Thüringen“ dazu aufgerufen, ihre Stimme bei den noch stattfindenden Europa-, Bundes-, Landes- und Kommunalwahlen nicht den „Rechtsextremen“ beziehungsweise den „Neonazis“ zu geben. Der Aufruf enthielt zudem einen link auf eine Internetseite der Initiative „Deine Stimme gegen Nazis“. Diese Seite wiederholt zum einen den Aufruf in leicht abgeänderter Form unter Bezeichnung der Parteien NPD und DVU und enthält darüber hinaus weitere Ausführungen zu einem landesweiten Aufruf, sich aktiv zu beteiligen und sich im persönlichen Umfeld gegen die Wahl extrem rechter Parteien stark zu machen. Hierbei handelte es sich nicht mehr um zulässige Öffentlichkeitsarbeit, vermittels derer Gemeinden und ihre Orga- 41 VG Meinigen, Gerichtsbescheid vom 06.05.2009 – Az. 2 K 112/09 Me, in: K&R 2009, 599 f. 123

MIP 2010 16. Jahrgang Parteienrecht im Spiegel der Rechtsprechung<br />

2, 3 PartG). Insoweit ist insbesondere das Wahlergebnis<br />

der letzten gleichartigen Wahl maßgeblich,<br />

denn der Partei kann auf Bundes-, Landesoder<br />

Europaebene durchaus unterschiedliche Bedeutung<br />

zukommen. Weitere Kriterien, um die<br />

Bedeutung einer Partei zu ermitteln, sind die<br />

Vertretung der Partei im Parlament, ihre Beteiligung<br />

an Regierungen, die Dauer ihres Bestehens,<br />

die Kontinuität ihrer Betätigung, die Zahl<br />

ihrer Mitglieder sowie Umfang und Ausbau ihres<br />

Organisationsgrades. In Anwendung dieser<br />

Kriterien stand der antragstellenden Partei nach<br />

Ansicht des Gerichts weder ein Anspruch auf<br />

Zuteilung von weiteren Sendezeiten noch auf<br />

Zuweisung der beantragten Ausstrahlungszeiten<br />

für die Wahlwerbespots zu. Die erst 2004 gegründete,<br />

nicht parlamentarisch vertretene Partei<br />

hatte bei der Bundestagswahl 2005 knapp 0,1%<br />

der Stimmen und bei der Landtagswahl Brandenburg<br />

2004 ca. 1% der Stimmen errungen. Zudem<br />

ging das Gericht angesichts lediglich in<br />

Brandenburg und Bayern existierender Landesverbände<br />

der Partei davon aus, dass auch „die<br />

Organisationsstrukturen noch nicht sehr verfestigt<br />

zu sein scheinen“.<br />

Der Anspruch einer politischen Partei auf Teilnahme<br />

an redaktionell gestalteten Fernsehsendungen<br />

beschäftigte den Verfassungsgerichtshof<br />

Wien40 , der im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens<br />

zu prüfen hatte, ob der Fernsehsender<br />

bei einer Gesamtbetrachtung der Programmgestaltung<br />

zum Thema des sog. „Eurofightervertrags“<br />

einschließlich der in der Beschwerde benannten<br />

Diskussionssendungen durch Verstoß<br />

gegen einfachgesetzlich verankerte Objektivitäts-,<br />

Vielfalts- und Ausgewogenheitsgebote<br />

„eine in die Verfassungssphäre reichende<br />

Rechtsverletzung“ begangen hat. Die beschwerdeführende<br />

politische Partei rügte, dass neben<br />

Experten nur Vertreter der Regierungsparteien,<br />

zu zwei der drei Diskussionssendungen auch<br />

Vertreter der beiden anderen Oppositionsparteien,<br />

sie selbst aber nicht als Teilnehmer der Diskussionsrunden<br />

eingeladen worden waren. Die<br />

der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung,<br />

der Berücksichtigung der Mei-<br />

40 VerfGH Wien, Entscheidung vom 12.03.2009 – Az. B<br />

434/08-9, in: ÖJZ 11/2009, S. 524 ff.<br />

nungsvielfalt und der Ausgewogenheit der Programme<br />

nach Art. I Abs. 2 des Bundesverfassungsgesetzes<br />

über die Sicherung der Unabhängigkeit<br />

des Rundfunks dienenden gesetzlichen<br />

Vorschriften eröffnen jedoch einen weiten journalistischen<br />

Entscheidungsspielraum, innerhalb<br />

dessen lediglich zu gewährleisten ist, dass „alle<br />

politischen Kräfte, die eine nennenswerte Bedeutung<br />

haben (und dazu gehören jedenfalls die<br />

im Nationalrat vertretenen Parteien), die Möglichkeit<br />

haben, ihren Standpunkt zu einer Frage<br />

im Programm des öffentlich-rechtlichen Rundfunkveranstalters<br />

darzulegen“. Die danach gebotene<br />

Meinungsvielfalt hat der Rundfunkveranstalter<br />

durch das Programm insgesamt zu erfüllen,<br />

ein Anspruch einer politischen Partei auf<br />

Präsenz in einer bestimmten Sendung besteht<br />

dagegen nicht. Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofs<br />

hatte sich der Sender bei der konzeptionellen<br />

Gestaltung der Sendung und insbesondere<br />

der Auswahl der Teilnehmer an sachgerechten,<br />

tragfähigen Differenzierungskriterien orientiert,<br />

so dass der Beschwerde letztlich kein Erfolg<br />

beschieden war.<br />

Die Abgrenzung zulässiger Öffentlichkeitsarbeit<br />

der Gemeinden und Organe im Wahlkampf von<br />

unzulässiger Wahlbeeinflussung war Gegenstand<br />

eines Gerichtsbescheids (§ 84 VwGO) des VG<br />

Meiningen41 . Die Gemeinde Hildburghausen<br />

hatte auf ihrer Homepage „alle demokratisch<br />

denkenden Menschen in Thüringen“ dazu aufgerufen,<br />

ihre Stimme bei den noch stattfindenden<br />

Europa-, Bundes-, Landes- und Kommunalwahlen<br />

nicht den „Rechtsextremen“ beziehungsweise<br />

den „Neonazis“ zu geben. Der Aufruf enthielt<br />

zudem einen link auf eine Internetseite der Initiative<br />

„Deine Stimme gegen Nazis“. Diese Seite<br />

wiederholt zum einen den Aufruf in leicht abgeänderter<br />

Form unter Bezeichnung der Parteien<br />

NPD und DVU und enthält darüber hinaus weitere<br />

Ausführungen zu einem landesweiten Aufruf,<br />

sich aktiv zu beteiligen und sich im persönlichen<br />

Umfeld gegen die Wahl extrem rechter<br />

Parteien stark zu machen. Hierbei handelte es<br />

sich nicht mehr um zulässige Öffentlichkeitsarbeit,<br />

vermittels derer Gemeinden und ihre Orga-<br />

41 VG Meinigen, Gerichtsbescheid vom 06.05.2009 – Az.<br />

2 K 112/09 Me, in: K&R 2009, 599 f.<br />

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