Inhaltsverzeichnis Aufsätze - PRuF
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MIP 2010 16. Jahrgang Parteienrecht im Spiegel der Rechtsprechung<br />
der Bedeutung der Parteien bis zu dem für die<br />
Erreichung ihres Zweckes erforderlichen Mindestmaß<br />
abgestuft werden, wobei sich die Bedeutung<br />
der Parteien insbesondere auch nach<br />
den Ergebnissen vorausgegangener Wahlen bemisst.<br />
Dieser Grundsatz der abgestuften Chancengleichheit<br />
wird in mehrfacher Hinsicht<br />
durchbrochen: Zum einen haben gemäß § 5 Abs.<br />
1 Satz 4 PartG Parteien, die mit Fraktionsstatus<br />
im Bundestag vertreten sind, Anspruch auf mindestens<br />
die Hälfte der Flächen, die im Höchstfall<br />
vergeben werden. Zum zweiten ist nach bundesverwaltungsgerichtlicher<br />
Rechtsprechung auch<br />
den „kleinen“ Parteien, und zwar unabhängig<br />
von ihrer politischen Bedeutung oder dem Wahlergebnis<br />
einer vorangegangenen Wahl, eine Mindestzahl<br />
(Sockel) von grundsätzlich 5% der bereitstehenden<br />
Werbeflächen zuzuerkennen, wobei<br />
diese Mindestzahlregelung nicht dazu führen<br />
darf, dass allen Parteien nun annähernd gleich<br />
viel Werbeflächen zugeteilt werden, da eine zunehmende<br />
formale Gleichbehandlung das Recht<br />
der größeren Parteien auf die Berücksichtigung<br />
ihrer Bedeutung verletzen würde31 . Insbesondere<br />
kann die Mindestzahl dann unterschritten werden,<br />
wenn die notwendig begrenzt zur Verfügung<br />
stehenden Werbeflächen auf eine große<br />
Zahl an der Wahl teilnehmender Parteien im vorgenannten<br />
Sinne proportional zu verteilen sind.<br />
In Anwendung dieser Kriterien hat das VG Gelsenkirchen32<br />
einen Anspruch einer politischen<br />
Partei auf Zuteilung weiterer Wahlwerbeflächen<br />
abgelehnt und das von der Stadt Gelsenkirchen<br />
aufgestellte Wahlsichtwerbungskonzept für die<br />
Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen als<br />
ermessenfehlerfrei erachtet.<br />
Mit dem Überschreiten der Grenzen zulässiger<br />
Inhalte von Wahlsichtwerbung politischer Parteien<br />
hatte sich das BVerfG33 auseinanderzusetzen.<br />
Das Bundesverfassungsgericht nahm die Verfassungsbeschwerde<br />
eines NPD-Kreisverbandes ge-<br />
31 S. BVerwG, Urteil vom 13.12.1974 – Az. VII C 42/72<br />
–, in: NJW 1975, 1289 ff.<br />
32 VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 18.08.2009 – Az.<br />
14 L 842/09, in: VD 2009, 284 ff.<br />
33 BVerfG, Beschluss vom 24.9.2009 – Az. 2 BvR<br />
2179/09, in: NJW 2009, 3503 f.<br />
gen die durch das OVG Greifswald34 für rechtmäßig<br />
erklärte Untersagungsverfügung hinsichtlich<br />
der Plakatierung eines NPD-Wahlplaktes<br />
mit der Aufschrift "Polen-Invasion stoppen!"<br />
während des Bundestagswahlkampfes nicht zur<br />
Entscheidung an und bescheinigte dem vorinstanzlich<br />
mit der Frage befassten OVG eine verfassungskonforme<br />
Auslegung und Anwendung<br />
des einschlägigen Rechts. Die Wahlplakate waren<br />
mit einer graphischen Darstellung von drei<br />
Krähen im Zusammenhang mit einem Bündel<br />
Euro-Geldscheine, nach dem eine der Krähen<br />
mit dem Schnabel pickt, versehen. Das zuständige<br />
Landratsamt untersagte dem Kreisverband<br />
diese Plakatierung. Dagegen legte der Kreisverband<br />
der NPD Widerspruch ein und stellte zugleich<br />
beim Verwaltungsgericht im Eilverfahren<br />
einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden<br />
Wirkung des Widerspruchs. Die<br />
stattgebende Entscheidung des VG Greifswald35 hatte jedoch vor dem OVG Greifswald keinen<br />
Bestand, das die Anordnung der Wiederherstellung<br />
der aufschiebenden Wirkung ablehnte. Mit<br />
der Verwendung der Wahlplakate geht ein Angriff<br />
auf die Menschenwürde der in Deutschland<br />
lebenden Bevölkerungsgruppe der Polen einher,<br />
weshalb tatbestandlich die Voraussetzungen eines<br />
Verstoßes gegen § 130 Abs. 1 Nr. 2 StGB erfüllt<br />
sind, der zu Recht mit einer Untersagungsverfügung<br />
gemäß § 13 SOG-MV unterbunden<br />
werden konnte. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen<br />
hat das OVG im Rahmen einer Gesamtwürdigung<br />
von textlicher und bildlicher Ausgestaltung<br />
der Wahlplakate willkürfrei angenommen.<br />
Entsprechend der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts,<br />
die für die Einschränkung des<br />
Rechts auf Meinungsäußerung entwickelt wurden,<br />
lag eine Verletzung des NPD-Kreisverbandes<br />
in seinen Grundrechten auf freie Meinungsäußerung<br />
im Bundestagswahlkampf (Art. 21 GG<br />
i.V.m. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) nicht vor.<br />
Die Wahlwerbung der NPD im Wahljahr 2009<br />
war aufgrund ihres polenfeindlichen, ehrverletzenden<br />
Inhalts auch Gegenstand einer an den<br />
34 OVG Greifswald, Beschluss vom 19.09.2009 – Az. 3<br />
M 155/09, in: NordÖR 2010, 116 ff.<br />
35 VG Greifswald, Beschluss vom 11.09.2009 – Az: 2 B<br />
1133/09, unveröffentlicht.<br />
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