Inhaltsverzeichnis Aufsätze - PRuF
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„Aufgespießt“ Christina Hientzsch – Veröffentlichung von Parteischiedsgerichtsentscheidungen MIP 2010 16. Jahrgang<br />
um Personalia, Disziplinarfragen und Rivalitäten,<br />
bei deren Untersuchung in der Verhandlung<br />
Tatsachen zum Vorschein kommen, an deren Geheimhaltung<br />
die Partei ein legitimes Interesse<br />
hat. Anders als staatliche Gerichte überprüfen<br />
die Schiedsgerichte außerdem nicht nur die<br />
Rechtmäßigkeit einer Entscheidung, sondern<br />
entscheiden selbst über die Zweckmäßigkeit und<br />
treffen Ermessensentscheidungen. Als Schiedsgericht<br />
obliegt dieser Institution eine Schlichtungsfunktion<br />
in zumeist tendenzgeprägten Fragen,<br />
die durch einen Raum der Verschwiegenheit<br />
gefördert wird. Insofern lassen sich gewichtige<br />
Gründe für die Rechtfertigung von Verschwiegenheitspflichten<br />
im laufenden Verfahren finden.<br />
Dem Sinn und Zweck nach müssen diese jedoch<br />
dann nicht nur für die Verfahrensbeteiligten<br />
selbst gelten, sondern für alle Parteimitglieder,<br />
da es sonst zu einem Ungleichgewicht zu Lasten<br />
des Verfahrensbeteiligten kommt.<br />
Nach Abschluss der mündlichen Verhandlung<br />
kann dem Interesse an einer Veröffentlichung der<br />
Entscheidungen das Interesse an einem ordnungsgemäßen<br />
sachlichen Verfahren aber ebenso<br />
wenig entgegengehalten werden, wie das Integritätsinteresse<br />
der politischen Partei und die effektive<br />
Ausübung der Schlichtungsfunktion. Das<br />
Schiedsgericht hat nämlich zu diesem Zeitpunkt<br />
eine Entscheidung verfasst, die einen feststehenden<br />
Sachverhalt umfasst und nur das Ergebnis<br />
zu den aufgrund der mündlichen Verhandlung<br />
gewonnenen Erkenntnissen darstellt.<br />
2. Gegenüber Dritten, insbesondere der<br />
Presse<br />
Auch kann die Partei die Veröffentlichung der<br />
Entscheidung durch Dritte, insbesondere durch<br />
die Presse nicht rechtlich verhindern. Die Presse<br />
kann sich bei der Veröffentlichung grundsätzlich<br />
auf ihre Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 S. 2<br />
GG berufen. Allerdings könnte dieser Freiheit<br />
ein Anspruch der Partei aus § 97 UrhG entgegenstehen.<br />
Nach Abs. 1 dieser Vorschrift kann<br />
derjenige, der ein Urheberrecht widerrechtlich<br />
verletzt, von dem Verletzten auf Beseitigung der<br />
Beeinträchtigung oder - soweit Widerholungsge-<br />
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fahr besteht - auf Unterlassung in Anspruch genommen<br />
werden. Ein solcher Anspruch setzt<br />
also voraus, dass der Partei das Urheberrecht an<br />
der Schiedsgerichtsentscheidung zukommt, so<br />
dass sie nach § 12 Abs. 1 UrhG darüber bestimmen<br />
kann, ob und wie das Werk zu veröffentlichen<br />
ist.<br />
Zunächst ist das Urheberrecht nicht gem. § 5<br />
UrhG deshalb ausgeschlossen, weil es sich bei<br />
der Schiedsgerichtsentscheidung um eine amtliche<br />
Entscheidung handelt. Denn die schiedsgerichtliche<br />
Entscheidung als Ergebnis eines Vorgangs<br />
in der politischen Partei als privatrechtliche<br />
Organisation fällt nicht in den Anwendungsbereich<br />
der Vorschrift.<br />
Trotzdem steht den politischen Parteien kein Urheberrecht<br />
an den Entscheidungen ihres Parteischiedsgerichtes<br />
zu. Grundsätzlich ist eine Entscheidung<br />
des Parteischiedsgerichtes zwar formal<br />
gesehen ein unter das Urheberrecht fallendes<br />
Werk im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG.<br />
Allerdings fehlt es an dem nach Abs. 2 geforderten<br />
materiell-rechtlichen Erfordernis der persönlichen-geistigen<br />
Schöpfung.<br />
Der Begriff der persönlichen Schöpfung ist dabei<br />
nicht personen- sondern werkbezogen. Es<br />
geht deshalb bei der Bestimmung, ob ein Urheberrecht<br />
besteht nicht um die Frage, wem die<br />
Schöpfung zuzuschreiben ist – das bestimmt allein<br />
§ 7 UrhG – sondern, ob die Schöpfung eine<br />
persönliche Handschrift trägt. 4 Der Urheber<br />
muss also etwas geschaffen haben, das mehr Eigenes<br />
enthält als eine Leistung, wie sie allgemein<br />
von jedem bzw. von jedem anderen mit<br />
vergleichbarer Ausbildung und Begabung erbracht<br />
werden kann. 5 Das urheberrechtliche<br />
Werk ist damit ein durch den menschlichen<br />
Geist geprägtes Produkt, das die Persönlichkeit<br />
des Urhebers widerspiegelt. 6<br />
4 So Ahlberg, in: Möhring/Nicolini, UrhG, 2. Auflage<br />
2000, § 2 Rn. 65.<br />
5 So Ahlberg, in: Möhring/Nicolini, UrhG, 2. Auflage<br />
2000, § 2 Rn. 65.<br />
6 Bullinger, in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 3. Auflage<br />
2009, § 2 Rn. 21.