Inhaltsverzeichnis Aufsätze - PRuF
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MIP 2010 16. Jahrgang Christina Hientzsch – Veröffentlichung von Parteischiedsgerichtsentscheidungen „Aufgespießt“<br />
se, dass er Kenntnis von der innerparteilichen<br />
Rechtsanwendung erhält. Insofern lässt sich aus<br />
dem Status der Öffentlichkeit keine Pflicht der<br />
Parteien ableiten, die Parteischiedsgerichtsentscheidungen<br />
zu veröffentlichen.<br />
2. Im Einzelfall<br />
Allerdings ist die politische Partei dazu verpflichtet,<br />
sowohl dem einzelnen Mitglied der<br />
Partei, als auch jedem Bürger im Einzelfall Einsicht<br />
in die Entscheidungen zu gewähren. Das<br />
Schiedsgericht kann aber – wie die staatlichen<br />
Gerichte – für das Zusenden einer Entscheidung<br />
ein Entgelt verlangen.<br />
a.) Einsicht des Mitglieds<br />
Das einzelne Mitglied der Partei hat im Gegensatz<br />
zum Bürger ein verstärktes Interesse daran<br />
zu erfahren, wie das Recht in der Partei angewendet<br />
wird. Insbesondere die Rechtsprechung<br />
des Parteischiedsgerichtes in Parteiausschlussverfahren<br />
hat dabei eine herausgehobene politische<br />
Bedeutung. Aufgrund der Pflicht der Partei<br />
zur demokratischen Willensbildung besteht das<br />
gesteigerte Bedürfnis der Parteimitglieder nach<br />
Informationen über interne Ereignisse. Insofern<br />
ergibt sich aus dem Status der Öffentlichkeit<br />
verbunden mit dem Gebot zur innerparteilichen<br />
Demokratie ein Recht des Parteimitglieds als besondere<br />
Ausformung des vereinsrechtlichen allgemeinen<br />
Informationsrechts auf Einsichtnahme<br />
in die Entscheidungen des Parteischiedsgerichts.<br />
b.) Einsicht des Nichtmitglieds<br />
Darüber hinaus hat aber auch jeder Bürger ein<br />
Einsichtsnahmerecht in die Entscheidungen der<br />
Parteischiedsgerichte. Nur so kann die kontrollierende<br />
Funktion der Öffentlichkeit gewahrt<br />
bleiben.<br />
IV. Kein Recht zur Verhinderung einer „Weiterveröffentlichung“<br />
1. Gegenüber dem Parteimitglied<br />
Auch hat die Partei gegenüber dem Parteimitglied<br />
kein Verhinderungsrecht bezüglich der Veröffentlichung<br />
der Entscheidung. Die Parteischiedsgerichtsordnungen<br />
sehen für die am<br />
Schiedsgerichtsverfahren Beteiligten zwar Verschwiegenheitspflichten<br />
vor. 2 Dabei unterscheiden<br />
die Verschwiegenheitsvorschriften überwiegend<br />
nicht ausdrücklich zwischen dem laufenden<br />
und dem abgeschlossenen Verfahren. 3 Regelungen,<br />
die eine Verschwiegenheitspflicht über<br />
das Ende des Verfahrens vorsehen würden, wären<br />
jedoch mit dem Öffentlichkeitsgebot der politischen<br />
Parteien in Bezug auf das schiedsgerichtliche<br />
Verfahren nicht vereinbar. Die Verschwiegenheitsregelungen<br />
in den Schiedsgerichtsordnungen<br />
sind daher dahingehend auszulegen,<br />
dass sich die Verschwiegenheitspflichten<br />
nicht auf das abgeschlossene Verfahren beziehen.<br />
Die Regelungen zur Verschwiegenheit der Beteiligten<br />
im Verfahren dienen zum einen dem Interesse<br />
des Verfahrensbeteiligten selbst, indem die<br />
Neutralität der Richter gewahrt und die Beeinflussbarkeit<br />
des Verfahrens durch verzerrende<br />
öffentliche Debatten verhindert wird, zum anderen<br />
aber auch dem Integritätsinteresse der Partei.<br />
Die in der Öffentlichkeit geführte Diskussion im<br />
Rahmen einer laufenden schiedsgerichtlichen<br />
Streitigkeit kann unter Umständen zu einer<br />
Schädigung des Erscheinungsbildes der Partei<br />
beitragen, die bis hin zu einer Einschränkung der<br />
Handlungsfähigkeit der Partei führen kann. Häufig<br />
geht es in den schiedsgerichtlichen Verfahren<br />
2 § 7 Parteigerichtsordnung CDU; § 3, § 7 der Schiedsgerichtsordnung<br />
FDP; § 17 der Schiedsordnung SPD;<br />
§ 5 Schiedsordnung LINKE. Keine Regelung zur Verschwiegenheit<br />
findet sich bei der CSU.<br />
3 Eine Ausnahme bildet hier die Schiedsordnung der<br />
SPD: Nach § 17 Abs. 2 der Schiedsordnung gilt die<br />
Verschwiegenheitspflicht nur bis zum Abschluss des<br />
Verfahrens; § 13 Abs. 6 der Schiedsordnung regelt ein<br />
Veröffentlichungsrecht zugunsten des Parteivorstandes,<br />
des zuständigen Bezirks- sowie Unterbezirksvorstandes<br />
und des Antragsstellers- und gegners.<br />
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