Inhaltsverzeichnis Aufsätze - PRuF
Inhaltsverzeichnis Aufsätze - PRuF
Inhaltsverzeichnis Aufsätze - PRuF
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>Aufsätze</strong> Sophie Charlotte Lenski – Die abgestufte Chancengleichheit der Parteien im Internet MIP 2010 16. Jahrgang<br />
pazitäten entfällt so in gewissem Maße auch das<br />
zeitliche Knappheitsphänomen. Welche Bedeutung<br />
diese Charakteristika für den Bereich der<br />
Chancengleichheit der Parteien in den neuen<br />
Medien haben und inwiefern sie sich dabei von<br />
den herkömmlichen Grundsätzen der Chancengleichheit<br />
bei der Rundfunkwerbung unterscheiden,<br />
hatte vor kurzem das Verwaltungsgericht<br />
München in einem Streit um die Zulassung zum<br />
sogenannten „Wahl-o-Mat“ erstmals zu entscheiden.<br />
26<br />
1. Der „Wahl-O-Mat“ vor dem VG München<br />
Auslöser des Rechtsstreits vor dem Verwaltungsgericht<br />
München war der sogenannte „Wahl-o-<br />
Mat“, eine interaktive Wahlinformations-Plattform<br />
im Internet, welche die Bundeszentrale für<br />
politische Bildung in Zusammenarbeit mit verschiedenen<br />
unabhängigen Redaktionsgruppen erarbeitet.<br />
Er wurde zum ersten Mal für die Bundestagswahl<br />
2002 in Deutschland angeboten und<br />
sollte auch bei der Landtagswahl in Bayern im<br />
September 2008 zur Anwendung kommen. Die<br />
Plattform offeriert dem Nutzer ein Programm,<br />
mit dem er zu einigen Thesen zum jeweilig aktuellen<br />
Wahlkampf Zustimmung, Ablehnung oder<br />
Indifferenz signalisieren kann. Als Ergebnis des<br />
Programms wird die Nähe der eigenen politischen<br />
Position zu den Positionen der Parteien<br />
aufgezeigt. Durch eine Balkengrafik wird die<br />
Übereineinstimmung der politischen Ansichten<br />
des Nutzers mit allen im „Wahl-O-Mat“ vorhandenen<br />
Parteien aufgezeigt. 27<br />
Bis zu jener Landtagswahl waren in das Fragenprogramm<br />
jeweils nur diejenigen Parteien aufgenommen<br />
worden, die im zu wählenden Parlament<br />
bereits vertreten waren, sowie diejenigen<br />
Parteien, die nach aktuellen Umfrageergebnissen<br />
voraussichtlich mehr als drei Prozent der Stimmen<br />
bei der jeweiligen Wahl würden erringen<br />
können. Zur bayerischen Landtagswahl sollten<br />
daher neben CSU, SPD, Bündnis 90/Die Grü-<br />
26 VG München, B. v. 8.9.2008, Az. M 7 E 08.4347, vgl.<br />
auch MIP 2008/09, 101.<br />
27 Eine Übersicht der ab dem Jahr 2003 entwickelten Programme<br />
ist abrufbar unter < http://www1.bpb.de/methodik/ZOAUGM,0,0,WahlOMat_Archiv.html>.<br />
10<br />
nen, FDP und DIE LINKE auch erstmals die<br />
Freien Wähler im „Wahl-O-Mat“ vertreten<br />
sein. 28 Gegen diese parteipolitische Zusammensetzung<br />
des Programms bzw. ihre fehlende Berücksichtigung<br />
wehrte sich die ödp, die seit 1982<br />
bei allen bayerischen Landtagswahlen mit eigenen<br />
Wahlvorschlägen angetreten ist, vor dem<br />
Verwaltungsgericht München mit dem Antrag<br />
auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Sie<br />
beantragte, den Betreiber zu verpflichten, sie in<br />
das Internetangebot des „Wahl-O-Mat“ aufzunehmen.<br />
Das Verwaltungsgericht gab der Partei<br />
recht und leitete einen entsprechenden Anordnungsanspruch<br />
aus § 5 PartG ab. Aus rechtlicher<br />
Sicht stellen sich dabei vor allen Dingen zwei<br />
Punkte in den Ausführungen des Gerichts als<br />
auch über den konkreten Fall hinaus interessant<br />
und erkenntnisgewinnbringend dar: zum einen<br />
die Annahme einer öffentlichen Leistung i.S.d.<br />
§ 5 Abs. 1 PartG, zum anderen die Ausführungen<br />
zur fehlenden Anwendbarkeit der abgestuften<br />
Chancengleichheit.<br />
2. Der „Wahl-O-Mat“ als öffentliche Leistung<br />
Um einen Anspruch der ödp aus § 5 Abs. 1,<br />
2 PartG zu begründen, musste das Verwaltungsgericht<br />
München zunächst die Eigenschaft des<br />
„Wahl-O-Mats“ als öffentliche Leistung bejahen.<br />
Die Ausführungen des Gerichts dazu fallen – gerade<br />
angesichts der entsprechenden Debatte hinsichtlich<br />
redaktioneller Beiträge im öffentlichrechtlichen<br />
Rundfunk zu Wahlkampfzeiten 29 –<br />
erstaunlich knapp aus. Eine eigene Definition<br />
der öffentlichen Leistung wird nicht entwickelt,<br />
vielmehr wird maßgeblich auf die Funktion als<br />
persönliche Wahlhilfe abgestellt. Allein diese Eigenschaft<br />
soll die Qualifikation als öffentliche<br />
Leistung begründen. Dabei erkennt das Gericht<br />
zwar an, dass durch das Programm keine individuelle<br />
Wahlempfehlung gegeben wird. Dem<br />
Nutzer werde jedoch gezeigt, mit welcher Partei<br />
er die größte politische Übereinstimmung aufweise.<br />
Die weitere politische Präferenz zu den<br />
anderen im „Wahl-O-Mat“ aufgenommenen Par-<br />
28 Vgl. die Pressemitteilung der BPB unter .<br />
29 S.o. S. 8 Fn. 21.