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Winter 2012 - 4-Seasons.de

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98<br />

Traumtour<br />

René und Amanda geben letzte Anweisungen: Nie <strong>de</strong>n Schlitten loslassen!<br />

Zum Anhalten <strong>de</strong>n Schneeanker auswerfen und <strong>de</strong>n Schlitten darüberkippen!<br />

Bei einem Sturz packen, was man zu fassen kriegt!<br />

Vorfreu<strong>de</strong>: Kein Polar-Teilnehmer hat zuvor einen Hun<strong>de</strong>schlitten gesteuert.<br />

mit <strong>de</strong>r Meute davonrauscht! Ȁhem, man<br />

wird in diesem Fall quasi auf <strong>de</strong>m Bauch hinterhergezogen?«,<br />

fragt Christoph zweifelnd.<br />

»Gena u«, antwortet René. »Ah so«, sagt<br />

Christop h und kämpft Fluchtreflexe nie<strong>de</strong>r.<br />

Ich hatte mich schon beim Anspannen <strong>de</strong>r<br />

rasen<strong>de</strong> n Fellbün<strong>de</strong>l an <strong>de</strong>n Schlitten blamiert.<br />

Als ich meinen bärenstarken Leithund<br />

Viktor von <strong>de</strong>r Leine nahm, riss er mich einfach<br />

um, weil ich vergessen hatte, ihn auf die<br />

Hinterläufe zu stellen, damit er weniger PS<br />

auf die Piste bringt. Und dann hatte ich in<br />

meiner Anspannung auch noch Kenth Fjellborg,<br />

<strong>de</strong>n Besitzer <strong>de</strong>r Hun<strong>de</strong>meute, gefragt:<br />

»Beißt <strong>de</strong>r?« Kenth hatte bloß geantwortet:<br />

»Natürlic h, sonst wür<strong>de</strong> er ja verhungern.«<br />

Endlich fällt <strong>de</strong>r Startschuss: Jetzt müsste ich<br />

mich nur noch entschließen, eine Hand vom<br />

Bügel zu nehmen und das Seil zu lösen, das<br />

<strong>de</strong>n Schlitten an eine beben<strong>de</strong> Birke fesselt.<br />

Und schon prescht mein Sixpack Hun<strong>de</strong> los,<br />

beschleunigt binnen weniger Sekun<strong>de</strong>n<br />

auf gut 30 Stun<strong>de</strong>n kilometer. Der Schlitten<br />

schlingert, springt wie ein Motorboot über<br />

Unebenheiten. Meine Arme wer<strong>de</strong>n länger,<br />

die Finger krampfen sich um <strong>de</strong>n Bügel.<br />

Gleichzeitig versuche ich, die Kapuze meiner<br />

Daunenjacke, die mich wie ein Michelin-<br />

Männchen aussehen lässt, über <strong>de</strong>n Kopf zu<br />

ziehen, um mich vor stechen<strong>de</strong>n Eiskristallen<br />

zu schützen. Minus 10 Grad plus 5 Meter<br />

Windgeschwindigkeit pro Sekun<strong>de</strong> – das<br />

macht locker minus 20 Grad Windchill.<br />

Trotz<strong>de</strong>m ist mir irgendwie heiß. Denn als ich<br />

auf die Fußbremse steige, einen zwischen<br />

<strong>de</strong>n Kufen hängen<strong>de</strong>n Rechen, und meinen<br />

Lieblingen lehrbuch mäßig ein lang gezo ge nes<br />

»Whoa-aah« zurufe, passiert – gar nichts. Das<br />

Kommando be<strong>de</strong>utet stopp, aber sechs<br />

Hun<strong>de</strong> legen sich ins Geschirr, als müssten<br />

sie einen liegen gebliebenen Vierzigtonner<br />

von <strong>de</strong>r Autobahn schleppen. Zu allem Überfluss<br />

hat Husky Scottie zur Hälfte die zentrale<br />

Zugleine übersprungen und kämpft jetzt<br />

mit einer Situation, die Amanda zufolge bei<br />

einem Rü<strong>de</strong>n sehr schnell »scrambled eggs«<br />

– Rühreier – verursachen kann. Doch Scottie,<br />

ganz Routinier, entgeht <strong>de</strong>r Gefahr, in<strong>de</strong>m er<br />

trabend seine linken Beine wie<strong>de</strong>r sortiert.<br />

Erst nach<strong>de</strong>m wir die ersten 20 Kilometer<br />

sturzfrei hinter uns gebracht haben, entspannen<br />

wir uns und wagen es erstmals, <strong>de</strong>n Blick<br />

über buschige Schwänze, spitze Ohren und<br />

unablässig arbeiten<strong>de</strong> Pfoten zu heben.<br />

Christop h schaut sich zu mir um und ruft: »Ist<br />

das nicht <strong>de</strong>r helle Wahnsinn? Ich fühle mich<br />

wie in diesem Film ›Der letzte Trapper‹!«<br />

Wir sind nun oberhalb <strong>de</strong>r Baumgrenze, bis<br />

zum Horizont ist nur schneebe<strong>de</strong>ckte Landschaft<br />

zu sehen. Kein Haus. Kein Strommast.<br />

Keine Straße. Nichts. Es ist eine Zeit <strong>de</strong>s<br />

Genießens: dahingleiten zum gleichmäßigen<br />

Geräusch von sechs mal vier Pfoten, das<br />

Rausche n <strong>de</strong>s trockenen Schnees unter <strong>de</strong>n<br />

Kufen. Die Schultern sinken lassen und das<br />

Kinn heben: großes, weißes Land unter blassblauem<br />

Himmel.<br />

Quäl dich, du Sau! – sagt <strong>de</strong>r Leithund<br />

Blassblauer Himmel? Das Blau ist einem<br />

bedrohlichen Grau gewichen, <strong>de</strong>r Schnee<br />

kommt quer und von vorn. Und es geht bergauf.<br />

Steiler als am Anfang. Leithund Viktor<br />

bleibt stehen, dreht sich um und schnappt<br />

sich zur Abkühlung ein Maul voll Schnee.<br />

Sein bohren<strong>de</strong>r Blick sagt: Runter! Schieben!<br />

Quäl dich, du Sau! Ich schwitze, dass mir<br />

<strong>de</strong>r Schweiß in die Brille rinnt, und bekomme<br />

eine Ahnung davon, wie es ist, als Schlittenhund<br />

in einem Pelzmantel ohne Reißverschluss<br />

tage lang durch die Berge zu rennen.<br />

Zeit zum Inhalieren <strong>de</strong>r Landschaft bleibt<br />

trotz<strong>de</strong>m: Welle um Welle erhebt sich die<br />

Tundr a, still und prachtvoll, in ein nahezu<br />

unwirkliches Licht getaucht. So geht das <strong>de</strong>n<br />

ganzen Tag. Gegen 18 Uhr meint Christoph,<br />

er hätte nichts dagegen, wenn wir allmählich<br />

<strong>de</strong>n Lagerplatz erreichen. Als wir um 20 Uhr<br />

die Schneeanker setzen, ist Team Deutschland<br />

<strong>de</strong>r Erschöpfung nahe. Doch zum Wun<strong>de</strong>nlecken<br />

ist keine Zeit. »Hun<strong>de</strong> zuerst!«<br />

lautet die oberste Regel für einen Musher.<br />

Also das Makramee aus Zugleinen und Stricke<br />

entwirren, die Huskys in <strong>de</strong>r richtigen Reihenfolge<br />

an das Stahlseil für die Nacht ketten<br />

und 24 Pfoten auf Verletzungen kontrollieren.<br />

Die Axt auspacken, <strong>de</strong>n Primus-Kocher<br />

Die Huskys wissen intuitiv, wie man im hohen Nor<strong>de</strong>n überlebt – die Herrchen müssen es erst lernen. ><br />

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