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Die Schulreform unter der Lupe! - schabernack-online.de

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wer<strong>de</strong>n, wenn es <strong><strong>de</strong>r</strong> Gemeinschaftsschule<br />

nicht gelingt, eine eigene Oberstufe auszubil<strong>de</strong>n.<br />

Um das Abitur abzulegen, müssen<br />

die Schüler dann auf an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Schulen wechseln.<br />

We<strong><strong>de</strong>r</strong> Gemeinschaftsschulen noch<br />

Gymnasien aber sind verpflichtet, frem<strong>de</strong><br />

Schüler in die eigene Oberstufe aufzunehmen.<br />

<strong>Die</strong>se Schüler müssen sich um eine<br />

Aufnahme bewerben, über die <strong><strong>de</strong>r</strong> jeweilige<br />

Schulleiter entschei<strong>de</strong>t. Als Richtlinie gilt<br />

ein Notendurchschnitt von 2,5 in Deutsch,<br />

Mathematik und in einer Fremdsprache.<br />

Schüler mit schlechteren Leistungen wer<strong>de</strong>n<br />

nur nach Kapazität aufgenommen. Ein<br />

Gymnasiast wird wie bisher auch mit einem<br />

Notendurchschnitt von 4,0 in die Oberstufe<br />

aufgenommen.<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> Konkurrenz zu <strong>de</strong>n Gymnasien dürfte<br />

sich die Heterogenität <strong><strong>de</strong>r</strong> Schüler <strong><strong>de</strong>r</strong> Gemeinschaftsschulen<br />

als wesentlicher Nachteil<br />

herausstellen. Das wären neben <strong>de</strong>n<br />

intellektuellen Fähigkeiten <strong><strong>de</strong>r</strong> Schüler die<br />

wirtschaftliche Situation <strong><strong>de</strong>r</strong> Eltern, Migrationshintergrün<strong>de</strong><br />

sowie sprachliche und<br />

kulturelle Unterschie<strong>de</strong>. <strong>Die</strong>se Unterschie<strong>de</strong><br />

erzeugen Kommunikationskosten o<strong><strong>de</strong>r</strong>,<br />

einfacher ausgedrückt: Sie kosten Zeit und<br />

Geld. Sprachbarrieren müssen abgebaut,<br />

soziale o<strong><strong>de</strong>r</strong> kulturelle Spannungen abgemil<strong><strong>de</strong>r</strong>t<br />

wer<strong>de</strong>n. Gera<strong>de</strong> Gemeinschaftsschulen<br />

bräuchten <strong>de</strong>shalb kleinere Klassen<br />

und mehr Lehrpersonal.<br />

<strong>Die</strong>se Probleme sehen natürlich auch die<br />

Schulen. So stemmte sich die Baltic-Gesamtschule<br />

gegen die Reform und die damit verbun<strong>de</strong>ne<br />

Aufnahme weiterer Schüler. Einer<br />

geplanten Umwandlung zur Gemeinschaftschule<br />

zum Schuljahr 2008/09 stimmte die<br />

Schulkonferenz <strong><strong>de</strong>r</strong> Schule nicht zu. In einem<br />

Brief an die Stadt schreibt sie: „Das pädagogische<br />

Konzept <strong><strong>de</strong>r</strong> Baltic-Schule wird<br />

gefähr<strong>de</strong>t und die bisher vorhan<strong>de</strong>ne räumliche<br />

Enge wür<strong>de</strong> sich durch eine Fünfzügigkeit<br />

[fünf Klassen je Jahrgang, Red.] erhöhen<br />

… Eine Erhöhung <strong><strong>de</strong>r</strong> Schülerzahl bedarf<br />

außer<strong>de</strong>m einer Erweiterung <strong><strong>de</strong>r</strong> sozialpädagogischen<br />

Betreuung, <strong><strong>de</strong>r</strong>en Umfang auch<br />

jetzt schon nicht ausreichend ist.“<br />

<strong>Die</strong> Klosterhof-Schule schreibt: „<strong>Die</strong> Schulkonferenz<br />

[<strong><strong>de</strong>r</strong> Klosterschule] erneuert die<br />

For<strong><strong>de</strong>r</strong>ung, die Grundschule in ihrer jetzigen<br />

Größe zu erhalten. Sie weist […] darauf<br />

hin, dass eine fusionierte Einrichtung (St.<br />

Jürgen-Realschule und Klosterhof-Schule)<br />

von <strong><strong>de</strong>r</strong> Größenordnung bis zu 1100 Schü-<br />

lern bei räumlicher Trennung zweier großer<br />

Gebäu<strong>de</strong>komplexe (Schulweg durch Hauptstraße<br />

getrennt) äußerst skeptisch gesehen<br />

wird …“<br />

Neben <strong>de</strong>n benannten Risiken bietet die<br />

<strong>Schulreform</strong> auch zahlreiche Chancen.<br />

Gera<strong>de</strong> Hauptschüler wer<strong>de</strong>n von ihrem<br />

Verliererimage befreit. Schüler aus einem<br />

problematischen Umfeld wer<strong>de</strong>n an einer<br />

Gemeinschaftsschule sicherlich eher dazu<br />

angehalten, sich nach oben zu orientieren<br />

und aus ihrem Milieu auszubrechen, als<br />

dies an vielen Hauptschulen <strong><strong>de</strong>r</strong> Fall war.<br />

<strong>Die</strong> Grund- und Hauptschule in Kücknitz<br />

etwa schreibt an die Stadt, für <strong>de</strong>n Stadtteil<br />

Kücknitz halte man eine Gemeinschaftsschule<br />

für die geeignete Schulform. Den<br />

vielen „Bürgern mit Migrationshintergrund<br />

[könnte so] eine Integration wesentlich“<br />

erleichtert wer<strong>de</strong>n. Auch an <strong><strong>de</strong>r</strong> St.-Jürgen-Realschule<br />

sieht man die Reform als<br />

Chance. Sie verweist auf ihren bilingualen<br />

Unterricht, <strong><strong>de</strong>r</strong> auch Gymnasiasten anspreche<br />

und stellt fest, diese haben „in dieser<br />

Schulform mehr Zeit für das Erreichen <strong>de</strong>s<br />

Abiturs […], als am Gymnasium selbst.“<br />

Doch wird mit <strong>de</strong>m Wegfall <strong><strong>de</strong>r</strong> Hauptschulen<br />

das schlechte Image einfach weggewischt<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> verschiebt sich die kritische<br />

Wahrnehmung nur auf an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Schulformen?<br />

7<br />

Regionales<br />

Regionalschulen sind eine Kombination aus<br />

Haupt- und Realschulen. Durch das Fehlen<br />

einer Oberstufe sind sie eher für schwächere<br />

Schüler interessant sind. Schon kurz<br />

nach ihrer Einführung stehen die Schulen in<br />

<strong>de</strong>m Ruf, die Problemschulen von morgen<br />

zu sein. Das wissen die Schulen auch selbst.<br />

So wen<strong>de</strong>te sich die Gotthard-Kühl-Schule,<br />

eine <strong><strong>de</strong>r</strong> geplanten Lübecker Regionalschulen,<br />

in einem Schreiben gera<strong>de</strong>zu flehend<br />

an die Stadt: „<strong>Die</strong> Schulkonferenz for<strong><strong>de</strong>r</strong>t<br />

ein angemessenes Zeitfenster, das es ermöglicht,<br />

bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Elternschaft in <strong><strong>de</strong>r</strong> Region<br />

durch ein gutes Regionalkonzept Vertrauen<br />

und Akzeptanz aufzubauen … <strong>Die</strong> Gotthard-<br />

Kühl-Schule hat zum einen als ehemaliger<br />

Hauptschulstandort, … aber auch durch<br />

die negativen Schlagzeilen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Presse<br />

über die neue Schulform Regionalschule<br />

keine leichten Startbedingungen.“ Einige<br />

Landkreise in <strong><strong>de</strong>r</strong> unmittelbaren Nachbarschaft<br />

von Lübeck prüfen das Konzept <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Regionalschule bereits sehr kritisch. Nicht<br />

etwa, weil die Bildungspolitiker nicht mehr<br />

vom Sinn dieser Schulform überzeugt wären<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> das Konzept nicht gut durchdacht<br />

war, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n weil die Eltern mit <strong>de</strong>n Füßen<br />

abgestimmt haben. Den Regionalschulen<br />

gehen die Schüler aus. <strong>Die</strong> Zahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Neuanmeldungen<br />

fällt teilweise dramatisch.<br />

Bleiben die Gymnasien. Ist hier alles beim<br />

Besten? <strong>Die</strong> Schüler kommen schneller zum<br />

Abitur und sind jünger am Arbeitsmarkt. <strong>Die</strong><br />

Kehrseite, sagten uns Lehrer, seien die nicht<br />

ausreichend an die kürzere Schulzeit adaptieren<br />

Lehrpläne. Auch mache <strong><strong>de</strong>r</strong> Wegfall<br />

<strong>de</strong>s Kurssystems es <strong>de</strong>n Schülern insgesamt<br />

schwerer, ihre Stärken auszuspielen.<br />

<strong>Die</strong> als Alternative erdachte Profilgebung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Schulen sei durchaus positiv zu sehen,<br />

aber nicht zu En<strong>de</strong> gedacht.<br />

Und über all <strong><strong>de</strong>r</strong> Kritik an <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Schulreform</strong><br />

steht die hinter erhobener Hand geflüsterte<br />

Vermutung, all das diene nur <strong><strong>de</strong>r</strong> Haushaltkonsolidierung.<br />

Ist die <strong>Schulreform</strong> ein Gewinn? Sind die<br />

Probleme wirklich struktureller Natur o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

sind es lediglich Anpassungsprobleme in<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Übergangszeit?<br />

Zeigen wird dies erst die Zukunft. Doch eines<br />

ist klar gewor<strong>de</strong>n: Politiker, Schulen und<br />

Lehrer müssen noch vieles tun, wollen sie<br />

die Zukunft unserer Bildungsgesellschaft<br />

sichern.

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