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Organische Solarzellen. Energie der Zukunft - Shelx Uni Ac Gwdg

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DOI: 10.1002/ciuz.201000516<br />

<strong>Energie</strong> <strong>der</strong> <strong>Zukunft</strong><br />

<strong>Organische</strong> <strong>Solarzellen</strong><br />

DIETER WÖHRLE | OLAF R. HILD<br />

Unter den erneuerbaren <strong>Energie</strong>n kommt <strong>der</strong> Nutzung <strong>der</strong><br />

Solarenergie über Photovoltaische <strong>Solarzellen</strong> eine beson<strong>der</strong>e<br />

Bedeutung zu. Daher wird neben <strong>der</strong> Verbesserung <strong>der</strong> bewährten<br />

anorganischen <strong>Solarzellen</strong> auch an <strong>der</strong> Entwicklung<br />

von preiswerteren <strong>Solarzellen</strong> gearbeitet, die organische Materialien<br />

als aktive Verbindungen für die <strong>Energie</strong>umwandlung<br />

verwenden.<br />

Flexible organische<br />

Feststoff-<br />

Solarzelle<br />

An einigen Fakten zur <strong>Energie</strong>versorgung kommen wir<br />

nicht vorbei: Die Weltbevölkerung von <strong>der</strong>zeit 6,75 Milliarden<br />

wird bis 2030 wohl auf über 8 Milliarden steigen.<br />

Zudem ist beson<strong>der</strong>s in den Entwicklungs- und Schwellenlän<strong>der</strong>n<br />

mit einer überproportionalen Verbesserung des Lebensstandards<br />

zu rechnen. Damit verbunden ist ein starker<br />

Anstieg des Weltenergiebedarfs an Primärenergie von zurzeit<br />

1,07 ⋅ 1014 kWh pro Jahr um ca. 50 % auf etwa 1,6 ⋅1014 kWh<br />

im Jahr 2030. Die natürlichen Ressourcen an fossilen Rohstoffen<br />

und Erzen für nukleare Brennstoffe sind jedoch begrenzt.<br />

Neben <strong>Energie</strong>einsparung und rationeller Verwendung<br />

bietet sich die zunehmende Nutzung erneuerbarer<br />

und auch umweltfreundlicher <strong>Energie</strong>quellen an, die uns<br />

die Natur zur Verfügung stellt.<br />

Bedarf an preiswerten <strong>Solarzellen</strong><br />

Die jährliche solare Einstrahlung auf <strong>der</strong> Erdoberfläche übersteigt<br />

mit 1,5 ⋅ 10 18 kWh/Jahr (davon 1,07 ⋅ 10 18 kWh Lichtenergieeintrag)<br />

statistisch gesehen den Weltprimärenergieverbrauch<br />

um das 15.000-fache. Eine Möglichkeit zur Nutzung<br />

dieser <strong>Energie</strong> ist die Umwandlung solarer Strahlung<br />

mit Hilfe von Photovoltaikanlagen in elektrische <strong>Energie</strong>, die<br />

direkt eingesetzt o<strong>der</strong> umgewandelt bzw. gespeichert werden<br />

kann.<br />

In Deutschland ist <strong>der</strong> prozentuale Anteil erneuerbarer<br />

<strong>Energie</strong>n am Primärenergieverbrauch von 1,9 % 1995 auf<br />

7,1 % im Jahr 2008 gestiegen Der Anteil an elektrischer<br />

<strong>Energie</strong> aus Photovoltaikanlagen, <strong>der</strong> gegenwärtig zumeist<br />

auf Siliciumsolarzellen bzw. –modulen basiert, ist zurzeit<br />

noch gering, obwohl mit heutigen Photovoltaikanlagen je<br />

nach geographischer Lage, Dachausrichtung und -neigung<br />

bis zu 150 kWh pro m 2 und Jahr in Deutschland „geerntet“<br />

werden können. Für die Stromerzeugung mit anorganischen<br />

<strong>Solarzellen</strong> erwartet man in Deutschland bereits zwischen<br />

2013 und 2015 gleich hohe Herstellungskosten wie bei konventionell<br />

erzeugtem Strom [1a].<br />

Um die Herstellungskosten von <strong>Solarzellen</strong> zu senken,<br />

wird an <strong>der</strong> Weiterentwicklung anorganischer <strong>Solarzellen</strong><br />

ebenso gearbeitet (höhere Wirkungsgrade, verbesserte Fertigungstechnologien,<br />

Dünnschichttechnologien) wie an <strong>der</strong><br />

Entwicklung preiswerterer organischer <strong>Solarzellen</strong>. Dabei<br />

zeichnen sich im Bereich <strong>der</strong> Zellen mit organischen Verbindungen<br />

als aktive Komponenten zwei Alternativen ab,<br />

die in diesem Artikel eingehen<strong>der</strong> besprochen werden: Photosensibilisierungszellen<br />

und Feststoff-<strong>Solarzellen</strong> organischer<br />

Halbleiter. Die Markteinführung steht in den kommenden<br />

Jahren bevor, und es wird erwartet, dass 2015 ein<br />

Umsatz von ca. 900 Mill. US$ erreicht wird (Abbildung 1).<br />

Zunächst soll kurz auf die Photosynthese als wichtigsten<br />

und für alles Leben notwendigen Prozess in <strong>der</strong> Natur<br />

zur Nutzung von Solarenergie hingewiesen werden, <strong>der</strong><br />

mit organischen Molekülen auf molekularer Ebene arbeitet.<br />

Daran schließen sich Farbstoffsensibilisierungs-<strong>Solarzellen</strong><br />

an, die auch auf molekularer Ebene arbeiten. Die<br />

Funktionsweise anorganischer Feststoff-<strong>Solarzellen</strong><br />

wird kurz behandelt, um die organischen Feststoff-<strong>Solarzellen</strong><br />

besser zu verstehen und einen Vergleich zu haben.<br />

Damit gewinnen wir einen umfassenden Einblick in solare<br />

<strong>Energie</strong>umwandlungssysteme unter beson<strong>der</strong>er Berücksichtigung<br />

aktueller Entwicklungen.<br />

Photosynthese als Modellfall für<br />

die Umwandlung von Solarenergie<br />

In <strong>der</strong> oxygenen Photosynthese, die in <strong>der</strong> Thylakoidmembran<br />

<strong>der</strong> Chloroplasten <strong>der</strong> Pflanzen abläuft, werden unter<br />

Aufnahme <strong>der</strong> <strong>Energie</strong> <strong>der</strong> sichtbaren Solarstrahlung in Reaktionen,<br />

die Licht benötigen (Lichtreaktionen) und nach-<br />

174 | © 2010 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Chem. Unserer Zeit, 2010, 44, 174 – 189


folgenden Reaktionen, die auch ohne Licht ablaufen (Dunkelreaktionen,<br />

Calvin-Zyclus), letztendlich die energiearmen<br />

Verbindungen CO2 und H2O in die energiereichen Produkte<br />

O2 und Glucose umgewandelt [2,3]. Auch bei photovoltaischen<br />

<strong>Solarzellen</strong> stehen zunächst Prozesse unter Lichteinstrahlung<br />

im Vor<strong>der</strong>grund, denen sich dann Nutzung,<br />

Umwandlung o<strong>der</strong> Speicherung in „Dunkelprozessen“ anschließen.<br />

Es sollen nur die „Lichtreaktionen“ <strong>der</strong> Photosynthese<br />

skizziert werden.<br />

In den durch Photonen induzierten Lichtreaktionen erfolgt<br />

die Umwandlung des Sonnenlichtes in chemische<br />

<strong>Energie</strong> (Gleichung 1). Dabei reagieren Wasser, NADP + ,<br />

ADP und Phosphat als energiearme Verbindungen zu O2,<br />

NADPH, ATP als energiereiche Produkte, und es werden<br />

Protonen frei.<br />

2H2O + 2NADP + + 3ADP 3– + 3HPO4 2– + 8hν →<br />

O2 + 2NADPH + 3ATP 4– + 3H2O (1)<br />

NADP + /NADPH: oxidierte und reduzierte Form von Nicotinamidadenindinucleotidphosphat,<br />

ATP/ADP: Adenosintri- bzw.<br />

diphosphat, HPO4 2– : Phosphat; die entstehenden 3H2O entstammen<br />

<strong>der</strong> Bildung von 3ATP 4– aus 3ADP 3– + 3HPO4 2–<br />

Im Photosyntheseapparat (Abbildung 2) existieren zwei<br />

Photosysteme, in denen alle Prozesse auf molekularer Ebene<br />

ablaufen: Photosysteme I und II (PS I, PS II) als Tandem<br />

in Reihe geschaltet (siehe Tandemzellen bei organische Feststoff-<strong>Solarzellen</strong>).<br />

Diese enthalten dimere Chlorophyll-a-<br />

Moleküle als aktive Verbindung, und mit jeweils einem Photon<br />

werden durch sichtbares Licht induzierte Anregungen<br />

vorgenommen. Chlorophylle in PS I, PS II haben durch<br />

unterschiedliche Anordnung und Umgebung etwas verschiedene<br />

Eigenschaften, z.B. absorbieren die Chlorophylle<br />

in PS I bei Wellenlänge λ ∼700 nm (P700 genannt) und in<br />

PS II bei λ ∼680 nm (P680 genannt). Nach Gleichung 1 werden<br />

für die Bildung von einem Molekül O2 aus 2 H2O insgesamt<br />

8 Photonen benötigt: 1 Photon im P700 des PS I, 1<br />

Photon im P680 des PS II; Ablauf dieser Anregungen viermal,<br />

um 4 Elektronen bei <strong>der</strong> Wasseroxidation zu entziehen<br />

(2H2O → O2 + 4H + + 4e). Unter solarer Einstrahlung können<br />

aber nicht alle Photonen absorbiert werden. Daher sind<br />

PS I und PS II in Lichtsammlerkomplexen (Antennensysteme),<br />

die aus einer Vielzahl von im sichtbaren Bereich absorbierenden<br />

Chlorophyll- und Carotinoid-Molekülen bestehen,<br />

eingebettet. Wichtig ist, dass durch Kombination<br />

<strong>der</strong> verschiedenen Verbindungen mehr Licht absorbiert<br />

werden kann: z.B. Absorptionen bei λ ∼680, ∼400 nm vom<br />

Chlorophyll und bei ∼450, ∼490 nm vom Carotin (Abbildung<br />

3). Diese Moleküle gehen nach Absorption eines Photons<br />

vom HOMO des Grundzustands in das LUMO des angeregten<br />

Singulett-Zustands über. Die Anregungsenergie<br />

wird dann im Piko- bis Femtosekundenbereich (10 12 –10 15 s)<br />

auf die dimeren Chlorophyll Moleküle in PS I und PS II übertragen,<br />

um hier auch eine Anregung vom Grundzustand in<br />

den angeregten Singulett-Zustand vorzunehmen.<br />

ORGANISCHE SOLARZELLEN<br />

PHOTOVOLTAIK-TECHNOLOGIEN IM ÜBERBLICK<br />

1. Generation: Silicium-Zellen<br />

Mono- und polykristallines Silicium<br />

2. Generation: Dünnschicht-Zellen<br />

amorphes o<strong>der</strong> micromorphes Si<br />

Cadmiumtellurid CdTe<br />

Kupfer-Indium-(Gallium)-Selen (CIS/CIGS)<br />

3. Generation: <strong>Organische</strong> Zellen<br />

Farbstoffsensibilisierungs-<strong>Solarzellen</strong><br />

organische Feststoff-<strong>Solarzellen</strong><br />

|<br />

ABB. 1 DER MARKT<br />

Chem. Unserer Zeit, 2010, 44, 174 – 189 www.chiuz.de © 2010 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim<br />

|<br />

| ENERGIE<br />

Entwicklung des Markts von organischen <strong>Solarzellen</strong> A: Farbstoffsensibilisierungs-<br />

<strong>Solarzellen</strong>. B: <strong>Organische</strong> Feststoff-<strong>Solarzellen</strong> [Quelle: Report von NanoMarkets am<br />

9.3.2009].<br />

ABB. 2<br />

| PHOTOSYNTHESE<br />

Schematische Darstellung des Ablaufs in einigen Reaktionszentren <strong>der</strong> Photosynthese.<br />

| 175


Geglättetes<br />

Absorptionsspektrum<br />

eines<br />

Buchenblattes.<br />

In Abbildung 2 sind die nun folgenden komplexen Prozesse,<br />

die vielfach im Pikosekundenbereich ablaufen, entsprechend<br />

<strong>der</strong> <strong>Energie</strong>skala <strong>der</strong> Spannungsreihe normiert<br />

gegenüber <strong>der</strong> Normalwasserstoffelektrode (NHE) aufgetragen.<br />

Wichtig ist, dass die Reaktionszentren in die Membran<br />

anisotrop eingebaut sind, um Elektronen für die Reduktion<br />

und Löcher für die Oxidation räumlich schnell auseinan<strong>der</strong><br />

zu führen und Rückreaktionen zu vermeiden.<br />

Zunächst zum PS II: Nach Anregung von P680 entsteht<br />

im angeregten Zustand des LUMO (P680 * ) ein starkes Reduktionsmittel<br />

mit E 0 (P680 + )/P680 * )= –0,75 V gegen NHE.<br />

Ein Elektron des P680 * wird nun unter Oxidation zu P680 +<br />

zu Akzeptoren und dann zum oxidierten P700 + im PSI weitergereicht.<br />

Was passiert weiter mit dem oxidierten P680 + ?<br />

Dies ist im Grundzustand mit E 0 (P680 + /P680) = +1,2 V gegen<br />

NHE ein sehr starkes Oxidationsmittel. Die „Löcher“<br />

werden über Zwischenschritte in einem vierkernigen Mangankomplex<br />

gesammelt, <strong>der</strong> zwei H2O-Molekülen vier Elektronen<br />

entzieht und zu O2 oxidiert:<br />

2H2O → O2 + 4H+ + 4e, E 0 = +0,81 V gegen NHE<br />

Dann weiter zum PS I: Nach Anregung von P700<br />

E 0 (P700 + /P700*) = –1,2 V gegen NHE liegt auch ein sehr<br />

starkes Reduktionsmittel vor. Das wird ausgenutzt, um über<br />

Akzeptoren schließlich zwei Elektronen im NADP + unter Beteiligung<br />

von H + und Bildung vom energiereichen NADPH<br />

zu speichern:<br />

NADP + + H + + 2e – → NADPH, E 0 = –0,33 V gegen NHE<br />

NADPH geht jetzt in die Dunkelreaktionen (Calvin-<br />

Cyclus) ein. Das oxidierte P700 + übernimmt, wie beim PSII<br />

erwähnt, ein Elektron durch die Oxidation von P680 * unter<br />

Bildung von P700 und P680 + .<br />

Wie auch in Photovoltazellen ist wichtig, welche <strong>Energie</strong><br />

durch die Lichtreaktionen <strong>der</strong> Photosynthese zur Verfügung<br />

steht. Die in NADPH und O2 gespeicherte <strong>Energie</strong><br />

ABB. 3<br />

| BUCHENBLATT<br />

von insgesamt 1,14 V (siehe bei PS I, PS II) ist nur etwas<br />

kleiner als die theoretische Zersetzungsspannung von 2H2O<br />

→ O2 + 2H2 mit ΔE = 1,23 V. Man spricht auch von einer<br />

„biologischen Knallgaskette“.<br />

Der Wirkungsgrad <strong>der</strong> <strong>Energie</strong>nutzung <strong>der</strong> Photosynthese<br />

von Pflanzenbeständen wird üblicherweise als Quotient<br />

aus <strong>der</strong> durch die jährliche Nettoproduktion gespeicherten<br />

<strong>Energie</strong> (aus Licht- und Dunkelreaktionen) zur photosynthetisch<br />

verwertbaren Strahlungssumme definiert [2].<br />

Danach ergeben sich im Durchschnitt über die Vegetationsperiode<br />

je nach Pflanzen und <strong>der</strong>en Standorten Wirkungsgrade<br />

etwa 2 bis 0,2 %. Da die Photosynthese großflächig<br />

arbeitet, lässt sich die Nettoprimärproduktion eines<br />

Jahres auf den Landflächen mit etwa 120 x 10 12 kg und in<br />

den Meeren mit etwa 55 x 10 12 kg abschätzen.<br />

Der Vergleich mit künstlichen <strong>Solarzellen</strong> ist nicht einfach,<br />

da <strong>der</strong> Wirkungsgrad <strong>der</strong> Photosynthese die Dunkelreaktionen<br />

mit berücksichtigt, während bei den Photovoltazellen<br />

sich die Werte lediglich auf die Gewinnung elektrischer<br />

<strong>Energie</strong> beziehen. Trotzdem kann man sagen, dass<br />

künstliche Photovoltazellen effizienter sein können, wie in<br />

den folgenden Abschnitten ausgeführt wird. Die Photosynthese<br />

hat aber den entscheidenden Vorteil, dass sie großflächig<br />

arbeitet und den Photosyntheseapparat selbstregenerativ<br />

aufbaut. Künstliche Photovoltazellen sind nicht<br />

selbstregenerativ und müssen daher über viele Jahre stabil<br />

sein.<br />

Farbstoffsensibilisierungs-<strong>Solarzellen</strong><br />

Diese Zellen sind ein gutes Beispiel dafür, wie man aus preiswerten<br />

Materialien <strong>Solarzellen</strong> mit recht hohen Wirkungsgraden<br />

herstellen kann. 1991 wurde von M. Grätzel eine<br />

Farbstoffsensibilisierung-Solarzelle (dye-sensitized solar cell,<br />

DSSC), vorgestellt, die unter Einstrahlung von sichtbarem<br />

Licht einen Wirkungsgrad von ∼ 8 % erreichte [4]. Heute<br />

werden in <strong>der</strong>artigen Zellen Wirkungsgrade bis ∼11 % gemessen<br />

[5–7] und sind von unabhängigen Institutionen zertifiziert<br />

[8].<br />

Aufbau und Funktionsweise<br />

Die Zellen bestehen aus fünf Bausteinen (Abbildung 4; Vorschriften<br />

für die Herstellung von Demonstrationsobjekten<br />

siehe www.camse.org/scienceonthemove/documents/DSSC<br />

_manual.pdf, www.solideas.com/solarcell/german.html und<br />

in [3a] Versuch 35):<br />

1. Ein kommerzielles elektrisch leitfähiges Fluor-dotiertes<br />

SnO2 (s. Glossar; FTO, Wi<strong>der</strong>stand etwa 10 Ω cm –1 ) auf<br />

einem inerten Glasträger (Dicke ∼1 mm), das als leitfähiges<br />

Substrat dient.<br />

2. Nanokristallines Titandioxid (TiO2) als elektrisch aktiver<br />

Halbleiterfilm (Dicke 10–25 µm) auf dem FTO. Das TiO2<br />

ist farblos und absorbiert erst im UV-Bereich.<br />

3. Ein sichtbares Licht absorbieren<strong>der</strong> Farbstoff, <strong>der</strong> molekular<br />

als Photosensibilisator (PS; s. Glossar) arbeitet<br />

und auf dem TiO2 gebunden ist. TiO2 bildet zusammen<br />

mit dem Photosensibilisator die Photoanode.<br />

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4. Ein mit einem sehr dünnen Platin-Film überzogenes<br />

Glassubstrat, das die photo-inerte Gegenelektrode (Kathode)<br />

darstellt.<br />

5. Ein flüssiger Redoxelektrolyt, <strong>der</strong> ein Redoxpaar enthält<br />

(Redoxmediator). Dieser besteht aus dem Redoxpaar<br />

I3 – /3I – in einem Lösungsmittel wie <strong>Ac</strong>etontril, Propylencarbonat,<br />

γ-Butyrolacton und weitere die Aktivität<br />

<strong>der</strong> Zelle för<strong>der</strong>nde Zusätze.<br />

Die Bildung eines Photostroms wird durch folgende Prozesse<br />

erreicht (Abbildung 4). Nach Absorption eines Photons<br />

(aus <strong>der</strong> solaren Einstrahlung) geht <strong>der</strong> Photosensibilisator<br />

PS * (Prozess 1) analog wie bei <strong>der</strong> Anregung in<br />

<strong>der</strong> Photosynthese in den angeregten Singulett-Zustand<br />

über (Gleichung 2). Für den nun folgenden Prozess des<br />

Elektronentransfers (Prozess 2) ist die energetische Lage<br />

des Leitungsbandes (LB) des TiO2 (bei – 0,5 V vs. NHE) gegenüber<br />

dem LUMO des PS entscheidend. Das LUMO des<br />

PS muss energetisch höher liegen als das LB des TiO2, d.h.<br />

das TiO2 ist <strong>der</strong> Akzeptor. Dann kann im Piko- bis Femtosekundenbereich<br />

(10 12 – 10 15 s) ein Elektronentransfer vom<br />

PS * unter dessen Oxidation zu PS + und Sammlung von Elektronen<br />

im TiO2 erfolgen (Gleichung 3). Beim Anschluss eines<br />

Verbrauchers fließen nun die Elektronen aus dem TiO2<br />

über das FTO zur Gegenelektrode (Kathode) ab und reduzieren<br />

dort I3 – zu 3I – (Prozess 3, Gleichung 4). Das I – wan<strong>der</strong>t<br />

in Lösung zur Photoanode, wo bei geeigneter Lage <strong>der</strong><br />

Redoxpotenziale (E 0 (I3 – /3I – ) negativer als (PS + /PS)) <strong>der</strong><br />

oxidierte Photosensibilisator wie<strong>der</strong> in den ungeladenen<br />

Grundzustand überführt wird (Gleichung 5). Damit ist <strong>der</strong><br />

Zyklus komplett und kann erneut ablaufen. Unerwünschte<br />

Nebenreaktionen, die allerdings nur im Millisekundenbereich<br />

(10 –3 s) ablaufen, sind Elektrontransfer vom LB des<br />

TiO2 zu PS + (Prozess 4, Gleichung 6) o<strong>der</strong> I3 – und <strong>der</strong>en<br />

Reduktionen (Prozess 5).<br />

ABB. 4<br />

| FARBSTOFFSENSIBILISIERUNGS-SOLARZELLE<br />

ORGANISCHE SOLARZELLEN<br />

PS(auf TiO2) + hν →PS * (auf TiO2) (2)<br />

PS*(auf TiO2) → PS + (auf TiO2) + eLB – (TiO2) (3)<br />

I3 – + 2e – → 3I – (4)<br />

2PS + (auf TiO2) + 3I – → 2PS(auf TiO2) + I3 – (5)<br />

PS + (auf TiO2) + e – (TiO2) → PS(auf TiO2) (6)<br />

Damit sind aber nicht alle Voraussetzungen genannt, um einen<br />

guten Wirkungsgrad zu erreichen, denn die einzelnen<br />

aktiven Komponenten müssen gut aufeinan<strong>der</strong> abgestimmt<br />

werden.<br />

(a) Photosensibilisator: An den PS werden beson<strong>der</strong>e Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

geknüpft. Für gute Lichtabsorption muss<br />

<strong>der</strong> PS über einen möglichst großen Wellenlängenbereich<br />

mit hohem Extinktionskoeffizienten absorbieren<br />

und, wie schon erwähnt, die geeignete Lage <strong>der</strong> Redoxpotenziale<br />

aufweisen. Weiter ist eine gute Wechselwirkung<br />

mit dem Halbleiter zum schellen Elektronentransfer<br />

entscheidend. Geeignet sind PS mit Carboxylo<strong>der</strong><br />

auch Phosphorsäuregruppen, also anionische<br />

Substituenten. Für –COOH-Gruppen wurde Esterbildung<br />

mit den –OH Gruppen des TiO2 nachgewiesen.<br />

Weiterhin sollen sterisch hin<strong>der</strong>nde Gruppen im PS dessen<br />

Aggregation verhin<strong>der</strong>n. Beson<strong>der</strong>s bekannt geworden<br />

sind Ru-Pyridin-Komplexe wie „N3“ und „Black<br />

Dye“ (Abbildung 5) [5,6]. Die Thiocyanat-Gruppen ergeben<br />

eine zusätzliche Wechselwirkung mit TiO2. Auch<br />

organische Farbstoffe werden zunehmend untersucht,<br />

die nach dem Konzept Donor-(π-System)-Akzeptor aufgebaut<br />

sind [7]. Ein Beispiel ist <strong>der</strong> Indolin-Farbstoff<br />

D205.<br />

| ENERGIE<br />

Aufbau und Funktion<br />

einer Farbstoffsensibilisierungs-Solarzelle.<br />

Chem. Unserer Zeit, 2010, 44, 174 – 189 www.chiuz.de © 2010 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim<br />

| 177


Beispiele für<br />

Ru-Komplexe und<br />

eines Indolin-<br />

Farbstoffes zur<br />

Verwendung als<br />

Photosensibilisatoren.<br />

|<br />

TAB. 1 ABSORPTIONSSPEKTREN UND PHOTOVOLTAISCHE DATEN EINIGER<br />

FARBSTOFFSENSIBILISIERUNGS-SOLARZELLEN*<br />

Photo- Absorptionsmaximum/nm IPCE/% im JSC/ VOC/V FF η/%<br />

sensibilisator (Extinktionskoeffizient/ Absorptions- mA cm –2<br />

L mol –1 cm –1 ) maximum<br />

N3 534 (14200) 83 18,2 0,72 0,73 10<br />

Black Dye 605 ( 7500) 80 20,9 0,74 0,72 11,1<br />

Indolin D205 554 (75000) 79 18,6 0,72 0,72 9,5<br />

* Lichtintensität 100 mW cm –2<br />

(b) Titandioxid: Dieses Material ist preiswert, chemisch<br />

inert und ungiftig. Es wird im großen Mengen u.a. als<br />

weißes Pigment, in Zahnpasta und Kosmetika verwendet.<br />

Wichtig in Farbstoffsensibilisierungs-<strong>Solarzellen</strong> ist<br />

eine große Oberfläche und Porosität des TiO2, um möglichst<br />

viele Photosensibilisator-Moleküle auf <strong>der</strong> Oberfläche<br />

zu fixieren und damit den Lichtsammeleffekt zu<br />

erreichen. Zunächst wird nanokristallines TiO2 einer<br />

Teilchengröße von nur etwa 20 nm durch saure Hydrolyse<br />

von Ti(IV)-isopropoxid hergestellt (Sol-Gel-Verfahren)<br />

[6]. Dies wird dann durch Aufsprühen <strong>der</strong> wässrigen<br />

Suspension auf FTO aufgebracht und bei etwa<br />

450 o C getrocknet und gesintert. Die Dicke <strong>der</strong> Schicht<br />

mit ∼20 nm großen TiO2-Teilchen beträgt 15–20 µm.<br />

Vorteilhaft ist das weitere Aufbringen einer etwa 5 µm<br />

dicken Schicht kolloidaler 400 nm großer TiO2-Teilchen.<br />

Durch Lichtstreuung an diesen Teilchen wird eine bessere<br />

Verteilung des eingestrahlten Lichtes erreicht.<br />

(c) Beladung des TiO2 mit dem Photosensibilisator: Zur Beladung<br />

des Halbleiters wird <strong>der</strong> PS, eventuell mit weiteren<br />

Zusätzen, in einem organischen Lösungsmittel gelöst<br />

(Konzentrationen etwa ∼10 –4 molar). Dann wird die<br />

ABB. 5<br />

| PHOTOSENSIBILISATOREN<br />

TiO2-Elektrode für etwa einen Tag in die Lösung eingetaucht,<br />

um eine Beladung von etwa ∼10 –7 mol PS pro<br />

mg TiO2 (1,3 10 –7 mol bezogen auf eine TiO2 Einheit,<br />

d.h. etwa jedes hun<strong>der</strong>dste Ti trägt ein PS-Molekül) zu<br />

erreichen. Eine große Beladung ist wie bei den Antennensystemen<br />

<strong>der</strong> Photosynthese notwendig, um<br />

viel Licht zu absorbieren.<br />

(d) Gegenelektrode und Redoxelektrolyt: Der Vorteil von Pt<br />

ist, dass keine merkbare kinetische Hemmung zur Reduktion<br />

von I3 – auftritt. Zurzeit werden an<strong>der</strong>e preiswertere<br />

Elektrodenmaterialien wie Kohleschwarz o<strong>der</strong><br />

Graphen (2-dimensionaler Graphit) untersucht. Der<br />

Redoxelektrolyt enthält noch weitere Zusätze, um eine<br />

Verbesserung <strong>der</strong> Wechselwirkungen mit <strong>der</strong> TiO2/PS-<br />

Photoanode zu erreichen. Die Verwendung an<strong>der</strong>er<br />

Redoxelektrolyte für I3 – /I – hat bisher nicht zum Erfolg<br />

geführt.<br />

Effektivität <strong>der</strong> Zellen<br />

Durch welche Qualitätsparameter werden die Zellen charakterisiert?<br />

Hier sind zunächst IPCE-Werte zu nennen, die<br />

durch Photostrom-Aktions-Spektren erhalten werden (siehe<br />

178 | © 2010 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.chiuz.de Chem. Unserer Zeit, 2010, 44, 174 – 189


Glossar). Abbildung 6 vergleicht die Photostrom-Aktions-<br />

Spektren von „N3“ und „Black dye“ mit dem von TiO2. Zunächst<br />

fällt auf, dass das TiO2 keinen wesentlichen Beitrag<br />

liefert. Die beiden PS ergeben hohe IPCE-Werte von 70–<br />

80 %, wobei „Black dye“ bis etwa 900 nm einen Beitrag zum<br />

Photostrom liefert, also ein einziger Farbstoff einen überraschend<br />

breiten Absorptionsbereich aufweist. Weitere zu<br />

bestimmende Werte unter Belichtung z.B. unter AM1,5-<br />

Bedingungen (Bestrahlungsstärke 100 mW · cm –2 ; s. Glossar)<br />

sind die Leerlaufphotospannung VOC, <strong>der</strong> Kurzschlussphotostromdichte<br />

JSC und <strong>der</strong> Füllfaktor FF. Abbildung 7 zeigt eine<br />

Stromdichte-Spannungs-Kurve unter Belichtung. Daraus<br />

lässt sich unter Berücksichtigung <strong>der</strong> Bestrahlungsstärke E<br />

nach <strong>der</strong> im Glossar aufgeführten Gleichung <strong>der</strong> Wirkungsgrad<br />

η berechnen (Solarenergie zu Stromumwandlung).<br />

Welche Werte werden erreicht? In <strong>der</strong> Tabelle 1 sind<br />

einige Daten aufgeführt: JSC ∼ 18 mA cm –2 , VOC ∼ 0,75 V,<br />

FF ∼ 0.75, η ∼11,2 % (zur Zertifizierung s. [8]). VOC wird in<br />

etwa durch die Differenz <strong>der</strong> Lage des Leitungsbandes des<br />

TiO2 und des Redoxpotenzials von I3 – /3I – bestimmt.<br />

Für die Lebensdauer einer Zelle mit einem Ru-Komplex<br />

als PS wurden 10 8 Zyklen berechnet, was einem Gebrauch<br />

eines Bauelementes von etwa 20 Jahren entspricht. Das<br />

klingt sehr hoffnungsvoll, wenn man berücksichtigt, dass<br />

recht preiswerte Materialien eingesetzt werden und die Herstellung<br />

Routine werden kann. Daher interessieren sich Firmen<br />

für die Vermarktung <strong>der</strong> Zellen. Dafür sind aber noch<br />

erhebliche Schwierigkeiten zu überwinden.<br />

Zum einen machen die erwähnten leicht flüchtigen Lösungsmittel,<br />

welche den Vorteil eines schnellen und damit<br />

effizienten Transports von I3 – /I – aufweisen, Schwierigkeiten,<br />

da sie leicht verdampfen. Die Zellen müssen daher verkapselt<br />

werden. Mit <strong>der</strong> Zeit werden diese Verkapselungen häufig<br />

brüchig und <strong>der</strong> Elektrolyt entweicht langsam. Daher<br />

wird an quasi-Feststoffelektrolyten wie ionischen Flüssigkeiten<br />

o<strong>der</strong> festen Lochleitern gearbeitet [5]. Durch langsameren<br />

Ionentransport in diesen Elektrolyten sinken die<br />

Wirkungsgrade etwa um 30 bis 40 %.<br />

Ein weiteres Problem ist die Vergrößerung <strong>der</strong> Zellen.<br />

Die Ergebnisse <strong>der</strong> wissenschaftlichen Arbeiten mit den in<br />

<strong>der</strong> Tabelle 1 angegeben Werten beziehen sich auf Zellen<br />

mit aktiven Flächen von unter 1 cm 2 . Durch die Vergrößerung<br />

<strong>der</strong> aktiven Flächen auf über 100 cm 2 sinken die Wirkungsgrade<br />

ebenfalls um 30 bis 40 % [5], liegen aber immer<br />

noch über denen <strong>der</strong> Photosynthese. Die Ursachen für diese<br />

Verluste sind vielfältig: Defekte in Substraten, Schichtfehler,<br />

Kontaktprobleme, Spannungsabfall durch unzureichende<br />

Leitfähigkeit <strong>der</strong> Anode, um die wichtigsten zu nennen.<br />

Hier ist also noch viel Entwicklungsarbeit zu leisten.<br />

Abbildung 8 zeigt ein Beispiel einer <strong>der</strong>artigen Solarzelle.<br />

Die molekulare Anregung und anschließende schnelle<br />

Trennung <strong>der</strong> Elektronen und Löcher ist mit <strong>der</strong> Photosynthese<br />

vergleichbar. In <strong>der</strong> Photosynthese liegt durch<br />

zweimalige Anregung im PSI und PSII ein „Potenzial“ von<br />

1,14 V (entsprechend dem <strong>Energie</strong>inhalt <strong>der</strong> gebildeten<br />

Produkte) vor. In den Farbstoffsensibilisierungs-Solarzel-<br />

Strom /mA cm -2<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

ORGANISCHE SOLARZELLEN<br />

ABB. 6<br />

| PHOTOSTROM-AKTIONS-SPEKTREN<br />

IPCE /%<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

Wellenlänge /nm<br />

VOC = 0,846 V<br />

ISC = 17,73 mA cm-2 FF = 0,745<br />

Wirkungsgrad = 11,18%<br />

0<br />

0 200 400 600 800<br />

Spannung /V<br />

| ENERGIE<br />

Photostrom-Photospannungs-<br />

Kurve einer Farbstoffsensibilisierungs-Solarzelle<br />

mit dem Photosensibilisator<br />

„N3“ bei Einstrahlung<br />

unter<br />

AM1,5-Bedingungen.<br />

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| 179<br />

TiO 2<br />

Black Dye<br />

N3<br />

400 600 800 1000<br />

ABB. 7<br />

| STROM-SPANNUNGS-KURVE<br />

Photostrom-Aktions-Spektren<br />

<strong>der</strong><br />

Photosensibilisatoren<br />

„N3“ und<br />

„Black Dye“ auf<br />

TiO2 im Vergleich<br />

zum unbeladenen<br />

TiO2 bei Einstrahlung<br />

unter<br />

AM1,5-Bedingungen.<br />

Aufgetragen<br />

sind die IPCE<br />

Werte (in %;<br />

siehe Glossar) gegen<br />

die Wellenlänge<br />

des eingestrahlten<br />

Lichtes.<br />

Abb. 8 Am<br />

Fraunhofer Institut<br />

für Solare-<br />

<strong>Energie</strong>systeme<br />

(ISE) (Freiburg)<br />

gefertigtes Modul<br />

von Farbstoffsensibilisierungs-<br />

<strong>Solarzellen</strong>.


|<br />

ABB. 9 p- UND n-HALBLEITER<br />

len sind es in <strong>der</strong> einmaligen Elektronenanregung nur<br />

0,7–0,8 V.Durch einfache Reihenschaltung von Zellen lässt<br />

sich aber die Spannung beliebig erhöhen.<br />

Anorganische <strong>Solarzellen</strong><br />

Zum Verständnis <strong>der</strong> organischen Feststoff-<strong>Solarzellen</strong> wird<br />

kurz auf anorganische Photovoltazellen am Beispiel des<br />

Halbleiters Silicium eingegangen [3a,9]. Der anorganische<br />

Halbleiter Silicium hat die Elektronenkonfiguration 1s 2 2s 2<br />

2p 6 3s 2 3p 2 . Im Festkörper des Si ergeben 1s-, 2s- und 2p-<br />

Orbitale auf das jeweilige Atom lokalisierte <strong>Energie</strong>zustände.<br />

Dagegen bilden die 3s- und 3p-Elektronen als sp 3 -Hybrid<br />

tetraedrische Verknüpfungen <strong>der</strong> Si-Atome analog einer Diamantstrukur<br />

und führen vereinfacht ausgedrückt zu einer<br />

energetischen Verschmelzung <strong>der</strong> Atome zur Ausbildung<br />

von <strong>Energie</strong>bän<strong>der</strong>n (Bän<strong>der</strong>modell), die den ganzen Festkörper<br />

durchziehen und die nicht lokalisiert sind! Analog<br />

dem HOMO von Molekülen ist dieses im Grundzustand das<br />

mit Elektronen besetzte Valenzband (VB). Ebenfalls analog<br />

dem LUMO von Molekülen gibt es ein <strong>Energie</strong>band, das Leitungsband<br />

(LB), was im Grundzustand unbesetzt ist. Der<br />

Bandabstand zwischen den Bän<strong>der</strong>n Eg beträgt 1,1 eV entsprechend<br />

λ =1130 nm, d.h. das bläulich-graue Silicium hat<br />

den Vorteil, dass es im breiten Absorptionsbereich vom infraroten<br />

bis in den sichtbaren Bereich absorbiert. Allerdings<br />

ist <strong>der</strong> Absorptionskoeffizient nicht sehr groß und nimmt<br />

mit zunehmen<strong>der</strong> Wellenlänge stark ab.<br />

Dagegen absorbieren die farbigen Verbindungen in<br />

<strong>der</strong> Photosynthese und auch bei den Farbstoffsensibilisierungs-<strong>Solarzellen</strong><br />

und organischen Feststoff-<strong>Solarzellen</strong><br />

bei bestimmten Wellenlängen.<br />

Durch Einstrahlung von Licht <strong>der</strong> Wellenlänge λ 1,1 eV (λ < 1130 nm)<br />

absorbiert. Elektronen gehen vom VB in das LB, was zur Bildung<br />

von Elektronen-Loch-Paaren führt. Beson<strong>der</strong>s die in<br />

<strong>der</strong> Raumladungszone gebildeten Paare, auch Wannier-Mott-<br />

Exziton genannt, können schnell getrennt werden. Die Elektronen<br />

fließen in dem gut leitfähigen Si zu dem für sie niedrigeren<br />

<strong>Energie</strong>niveau d.h. zum n-Leiter und die Löcher –<br />

formal – zu dem für sie niedrigeren <strong>Energie</strong>niveau zum p-<br />

Leiter ab. Es resultiert eine Photospannung, wobei <strong>der</strong> n-Leiter<br />

zur Kathode und <strong>der</strong> p-Leiter zur Anode wird. Schließt<br />

man jetzt einen Verbraucher an, resultiert analog zu den<br />

Photosensibilisierungszellen (Abbildung 7) ein Photostrom.<br />

Die bei einer kristallinen p/n-Si-Solarzelle erhaltenen Daten<br />

im Labor sind z.B. bei einer Bestrahlung unter AM1,5 wie<br />

folgt (s. Glossar): Leerlaufphotospannung VOC = 0,703 V,<br />

180 | © 2010 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.chiuz.de Chem. Unserer Zeit, 2010, 44, 174 – 189


Kurzschlussphotostromdichte JSC = 40,6 mA cm –2 , Füllfaktor<br />

FF = 0,779 und <strong>der</strong> daraus errechnete Wirkungsgrad η<br />

= 22,3 %. In <strong>der</strong> Praxis liegen die Wirkungsgrade <strong>der</strong> Photovoltazellen<br />

von Si bei 12–18 % (zur Zertifizierung s. [8]).<br />

Im Unterschied zu den Farbstoffsensibilisierungs-<strong>Solarzellen</strong><br />

und <strong>der</strong> Photosynthese, die mit molekularer Anregung<br />

arbeiten, liegen bei den anorganischen Festkörpersolarzellen<br />

den ganzen Festkörper durchziehende<br />

<strong>Energie</strong>bän<strong>der</strong> vor, in denen nach Dotierung unter Belichtung<br />

Elektronen und Löcher getrennt werden können.<br />

Die Wirkungsgrade <strong>der</strong> über Jahre beständigen Zellen liegen<br />

teilweise erheblich über denen <strong>der</strong> Photosynthese und<br />

auch <strong>der</strong> Farbstoffsensibilisierungs-<strong>Solarzellen</strong>.<br />

<strong>Organische</strong> Feststoff-<strong>Solarzellen</strong><br />

Den Weg für die organische Photovoltaik ebnete C.W. Tang<br />

mit seinem 1986 erschienen Artikel „Two-layer organic photovoltaic<br />

cell“ [10]. Basierend auf dieser Grundlagenarbeit<br />

folgten beson<strong>der</strong>s ab dem Jahr 2000 zahlreiche Publikationen,<br />

die sich mit organischen Halbleitern für die Photovoltaik<br />

beschäftigten [11a–18]. Dabei unterscheiden sich die<br />

Arbeiten in <strong>der</strong> Aufbringung <strong>der</strong> organischen Moleküle, die<br />

entwe<strong>der</strong> durch Aufdampfen kleiner organischer Moleküle<br />

o<strong>der</strong> durch Abscheidung aus Lösungen (zumeist Polymere)<br />

erfolgen kann.<br />

Nie<strong>der</strong>molekularer n-Leiter,<br />

Elektronentransportmaterial<br />

und Absorber<br />

ORGANISCHE SOLARZELLEN<br />

Die Feststoff-<strong>Solarzellen</strong> haben einen ähnlichen Schichtaufbau<br />

wie die organischen Leuchtdioden (OLED) [19]. Eingebettet<br />

zwischen Ladungstransportschichten befinden sich<br />

die aktiven Schichten. Bei OLEDs werden Moleküle verwendet,<br />

die nach Anlegen einer Spannung Licht emittieren<br />

können, also phosphoreszierende o<strong>der</strong> fluoreszierende Verbindungen.<br />

Schichten effizienter organischer <strong>Solarzellen</strong><br />

enthalten eine Vielzahl von Verbindungen wie Absorber,<br />

Donoren, Akzeptoren, Lochleiter, Elektronenleiter – wobei<br />

eine Verbindung auch verschiedene Funktionen übernehmen<br />

kann (Abbildung 10).<br />

Durch den sehr unterschiedlichen Festkörperaufbau <strong>der</strong><br />

organischen im Vergleich zu den anorganischen Materialien<br />

ergeben sich recht große Unterschiede in vielen Detailpunkten.<br />

Daher ist es notwenig, zunächst den Festkörperaufbau,<br />

die Leitfähigkeit, den Effekt <strong>der</strong> Dotierung und<br />

die Bildung von Exzitonen bei organischen Materialien zu<br />

beschreiben.<br />

Festkörperaufbau und Leitfähigkeit<br />

organischer Halbleiter<br />

Bei nie<strong>der</strong>molekularen organischen Halbleitern existieren<br />

zwischen den einzelnen Molekülen nur schwache Wechselwirkungen;<br />

man spricht von van-<strong>der</strong>-Waals-gebundenen<br />

Festkörpern. Beim Zink-Phthalocyanin (ZnPc) z.B. ist die<br />

|<br />

ABB. 10 VERBINDUNGEN IN ORGANISCHEN FESTSTOFF-SOLARZELLEN<br />

Lochtransportmaterialien<br />

Nie<strong>der</strong>molekularer<br />

Nie<strong>der</strong>molekulare p-Leiter<br />

H3CO<br />

Donor<br />

und Absorber<br />

N N<br />

MeOTPD<br />

OCH 3<br />

H 3CO OCH 3<br />

N N<br />

p-NPB<br />

C 60<br />

Nie<strong>der</strong>molekularer<br />

Akzeptor<br />

F<br />

F<br />

PCBM<br />

S S<br />

S S<br />

TTN<br />

NC CN<br />

NC<br />

CN<br />

F 4TCNQ<br />

Nie<strong>der</strong>molekularer<br />

Akzeptor und Absorber<br />

F<br />

F<br />

O<br />

O Me<br />

N<br />

N<br />

N<br />

Polymere p-Leiter<br />

und Absorber<br />

| ENERGIE<br />

Chem. Unserer Zeit, 2010, 44, 174 – 189 www.chiuz.de © 2010 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim<br />

| 181<br />

N<br />

N<br />

Zn N<br />

N<br />

ZnPc<br />

*<br />

N<br />

S<br />

N<br />

P3HT<br />

*<br />

n<br />

*<br />

N<br />

S<br />

S<br />

S<br />

R R<br />

S S<br />

DCV5T<br />

S<br />

N<br />

N<br />

PCPDTBT<br />

S<br />

S<br />

N<br />

N<br />

*<br />

n<br />

Eine Auswahl<br />

wichtiger nie<strong>der</strong>molekularer<br />

und<br />

polymerer p- und<br />

n-Leiter, Akzeptoren,<br />

Donoren und<br />

Transportmaterialien.


ABB. 12<br />

| p-LEITER<br />

Delokalisation <strong>der</strong> π-Elektronen auf das aromatische Molekül<br />

beschränkt. Der Abstand zwischen den Molekülen beträgt<br />

zwischen 0,34 und 0,38 nm. Dagegen ist <strong>der</strong> Abstand<br />

<strong>der</strong> kovalent verknüpften Si-Si im Diamantgitter mit 0,23 nm<br />

deutlich kürzer, und die Delokalisation <strong>der</strong> Elektronen erstreckt<br />

sich über den ganzen Festkörper.<br />

Der Vergleich <strong>der</strong> Absorptionsspektren von ZnPc in <strong>der</strong><br />

Gasphase, in Lösung und im Festkörper zeigt Absorptionen<br />

um λ = 600–700 und 300–400 nm (Abbildung 11). Im Festkörper<br />

bleibt die molekulare Identität weitgehend erhalten,<br />

ABB. 11<br />

| ABSORPTIONSSPEKTREN<br />

Absorbanz<br />

1,0<br />

0,8<br />

0,6<br />

0,4<br />

0,2<br />

Filmspektrum<br />

Gasspektrum<br />

Schema <strong>der</strong> Dotierung des Zink-Phthalocyanins mit einem Akzeptor.<br />

Lösungsspektrum<br />

0,0<br />

200 400 600<br />

Wellenlänge /nm<br />

800 1000<br />

Absorptionsspektren von Zink-Phthalocyanin in Lösung, als<br />

aufgedampfter Film und in <strong>der</strong> Gasphase (bei 556 °C).<br />

und die Banden sind durch schwache Wechselwirkungen<br />

nur etwas verbreitert. <strong>Organische</strong> Halbleiter wie Phthalocyanine<br />

weisen daher eine schlechte Leitfähigkeit σ von<br />


Bildung und Diffusion von Exzitonen<br />

Werden farbige organische Materialien sichtbarem Licht ausgesetzt,<br />

können nur die Anteile elektromagnetischer Strahlung<br />

genutzt werden, <strong>der</strong>en <strong>Energie</strong> mindestens so groß ist<br />

wie <strong>der</strong> energetische Abstand zwischen dem HOMO und<br />

dem LUMO. Für die Lichtabsorption in <strong>Solarzellen</strong> sind also<br />

Materialien erfor<strong>der</strong>lich, <strong>der</strong>en energetische Bandlücke<br />

und auch Orbitalstruktur gut mit dem Sonnenspektrum harmonieren.<br />

Bei <strong>der</strong> Lichtabsorption organischer Halbleiter geht wie<br />

auch bei den Photosensibilisatoren <strong>der</strong> Photosynthese o<strong>der</strong><br />

den Farbstoffsensibilisierungs-<strong>Solarzellen</strong> ein Elektron vom<br />

HOMO in das LUMO unter Bildung des angeregten Singulett-Zustandes<br />

über. Der langwelligste Übergang von 710 nm<br />

beim ZnPc entspricht 1,75 eV. Um bei organischen Halbleitern<br />

mehr Licht zu absorbieren, ist es notwendig, Materialien<br />

mit unterschiedlichen Absorptionsbereichen zu kombinieren.<br />

Dagegen beträgt beim Si <strong>der</strong> Bandabstand Eg =<br />

1,1 eV entsprechend 1130 nm, und Si absorbiert vom IR bis<br />

in den sichtbaren Bereich.<br />

Der Anregungszustand organischer Halbleiter wird als<br />

Exziton bezeichnet, ein elektrisch neutrales Quasiteilchen,<br />

welches einen gebundenen Zustand von Elektron (im<br />

LUMO) und Loch (im HOMO) repräsentiert. Sind das Elektron<br />

und das Loch in einem Molekül lokalisiert, spricht man<br />

von einem Frenkel-Exziton.<br />

Zwischen dem Elektron und dem Loch in einem Frenkel-Exziton<br />

wirkt eine elektrostatische Kraft, die etwa eine<br />

Zehnerpotenz größer ist als beim Wannier-Mott-Exziton anorganischer<br />

Halbleiter. Für einen photovoltaischen Effekt ist<br />

es notwendig, das Elektron vom Loch zu trennen, d.h. einen<br />

Elektronen- o<strong>der</strong> Lochakzeptor zu erreichen, bevor es<br />

relaxiert und die aufgenommene <strong>Energie</strong> wie<strong>der</strong> abgibt.<br />

Die Raumladungszone, in <strong>der</strong> die Trennung erfolgt, ist mit<br />

∼30 nm im Vergleich zu Si-<strong>Solarzellen</strong> mit ∼10 µm klein. Weiterhin<br />

ist das Exziton ortsfest, und es kommt zunächst nur<br />

ein Transportmechanismus in Betracht: die Diffusion über<br />

ORGANISCHE SOLARZELLEN<br />

das Hopping. Dabei hüpft das Exziton von Molekül zu Molekül.<br />

Entscheidend ist die Exzitonendiffusionslänge, die von<br />

<strong>der</strong> Exzitonenlebensdauer und -beweglichkeit bestimmt<br />

wird. Die Exzitonendiffusionslänge ist material- und morphologieabhängig<br />

und z.B. bei Phthalocyaninen etwa 10nm<br />

und bei C60 etwa 40 nm. Dieses limitiert die Schichtdicken<br />

<strong>der</strong> Solarzelle, da an den Grenzflächen zwischen Elektronenakzeptor<br />

und Elektronendonor das Elektronen-Loch-Paar<br />

des Exzitons getrennt wird. Ist die Grenzfläche weiter entfernt<br />

als die Exzitonendiffusionslänge, kann das Exziton<br />

Anode<br />

Substrat<br />

<strong>Solarzellen</strong> Schichtstapel<br />

Kathode<br />

Verschaltung für organische <strong>Solarzellen</strong> zu Modulen. Oben:<br />

Strukturierte Anodenebene aus ITO (Streifen von 1 bis 2 cm<br />

Breite und anlagenabhängiger Länge). Mitte: Abscheidung<br />

<strong>der</strong> organischen Materialien strukturiert durch Schattenmasken.<br />

Unten: Abscheidung <strong>der</strong> Kathode strukturiert durch<br />

Schattenmasken erfolgt so, dass sich die Kathode <strong>der</strong> einen<br />

Zelle mit <strong>der</strong> Anode einer an<strong>der</strong>en zur Herstellung einer<br />

gewünschten Spannung überlappen.<br />

| ENERGIE<br />

Zellennr. und Einordnung Zellkonfiguration IPCE JSC/<br />

mA cm<br />

VOC/V FF ηη/%<br />

–2<br />

|<br />

TAB. 2 PHOTOVOLTAISCHE DATEN ORGANISCHER FESTSTOFF-SOLARZELLEN UNTERSCHIEDLICHER ARCHITEKTUR*<br />

1: p-n-Zelle ITO-PTCDI-ZnPc-Au ∼30 3,53 0,41 0,30 0,43<br />

2: p-i-n-Zelle ZnPc:C60 Einfach (Abb. 14) 6,8 0,49 0,51 1,7<br />

3: p-i-n-Zelle DCV5T:C60 Einfach ∼52 6,66 1,0 0,51 3,4<br />

4: p-i-n/p-i-n-Zelle ZnPc:C60-ZnPc:C60 Tandem (Abb.15) 4,6 0,99 0,54 2,3<br />

5: p-i-n/p-i-n transparente Zelle ZnPc:C60-ZnPc:C60 Tandem (Abb.16) 3,5 0,92 0,54 1,8<br />

6: Multilayer mit dotierten Schichten Tandem, Materialien unbekannt, zertifiziert, Heliatek 5,6 1,6 0,65 6,1<br />

7: p-i-n-metal cluster-p-i-n CuPc:C60-Ag-CuPc:C60 Tandem ∼60 9,7 1,05 0,59 5,7<br />

8: Polymer-Aufdampf-Zelle P3HT:PCBM (unten)/ZnPc:C60 (darüber) Tandem ∼67 4,8 1,02 0,45 2,3<br />

9: Polymer-Zelle PCPDTBT:PCBM(unten)/P3HT:PCBM (darüber) Tandem 7,8 1,24 0,67 6,5<br />

10: Polymer-Zelle Materialien unbekannt, zertifiziert, Konarka 14,92 0,58 0,61 5,2<br />

Die Werte sind aus [10b] (Zelle 1), [16,17] (Zellen 2–4, 7–9), [8] (Zelle 10) und Pressemitteilung Heliatek 31.8.09 (Zelle 6).<br />

* Lichtintensität 100 mW cm –2<br />

ABB. 13<br />

| SOLARMODULE<br />

Exzitonen werden<br />

durch Lichtanregung<br />

generiert; unter Belichtung<br />

wird dann<br />

Photoleitfähigkeit<br />

gemessen, die sehr<br />

effektiv sein kann.<br />

So wird dass Titanylphthalocyanin<br />

(TiOPc) im starken<br />

elektrischen Feld <strong>der</strong><br />

elektrophotographischen<br />

Schichten von<br />

Laserdruckern heute<br />

fast ausschließlich<br />

als Photoleiter<br />

verwendet [21].<br />

Chem. Unserer Zeit, 2010, 44, 174 – 189 www.chiuz.de © 2010 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim<br />

| 183


nicht mehr zur Stromerzeugung genutzt werden. Sobald<br />

das Exziton in Loch und Elektron aufgetrennt wurde, müssen<br />

die Ladungen weitertransportiert werden. Der Ladungstransport<br />

erfolgt durch das elektrische Feld, welches<br />

ausgebildet wird, sobald <strong>der</strong> äußere Stromkreis geschlossen<br />

wird.<br />

Allgemeiner Aufbau <strong>der</strong> Zellen<br />

Voraussetzung für den Ladungstransport ist die Wahl geeigneter<br />

Elektrodenmaterialien hinsichtlich ihrer Elektronenaustrittsarbeiten<br />

eΦ. Weiterhin muss zumindest eine<br />

Elektrode transparent sein. Für die Anode wird häufig transparentes<br />

ITO (s. Glossar) verwendet, dessen eΦ bei ungefähr<br />

–4,7 eV liegt. Als Kathodenmaterial wurden aufgrund<br />

ihrer niedrigen Austrittsarbeit häufig die Luft- und Wasserempfindlichen<br />

Metalle Magnesium o<strong>der</strong> Calcium genutzt.<br />

Durch Dotierungen von Transportschichten ist auch die<br />

Verwendung von Aluminium (eΦ = –4,2 eV) o<strong>der</strong> Silber<br />

möglich.<br />

Typisch ist ITO auf einem Glasträger. Mit ITO auf lichtstabilisiertem<br />

Polyethylenterephthalat (PET) lassen sich<br />

auch flexible <strong>Solarzellen</strong> herstellen. Auf dem ITO erfolgt<br />

ABB. 14 UND 15<br />

| p-i-n-ZELLEN<br />

die Abscheidung <strong>der</strong> organischen Materialien. Abgeschlossen<br />

wird die Zelle durch das Abscheiden des Kathodenmetalls.<br />

Damit ergibt sich die generelle Zellkonfiguration: ITOorganische<br />

Materialien-Metall. Abbildung 13 zeigt, wie einzelne<br />

Zellen zu Modulen verschaltet werden können.<br />

Zellen mit nie<strong>der</strong>molekularen und auch polymeren<br />

Materialien bedienen sich eines sogenannten Hetero-Übergangs<br />

und werden im internationalen Sprachgebrauch<br />

daher häufig auch als Hetero-Junction Cells bezeichnet.<br />

Während die kleinen Moleküle schichtweise abgeschieden<br />

werden, bestehen Polymerzellen häufig aus interpenetrierenden<br />

Netzwerken eines p- und eines n-Halbleiters. Bei<br />

diesen Zellen wird häufig von Bulk-Hetero-Junction Cells<br />

gesprochen, da es hier einen p/n-Übergang im Volumen<br />

gibt. Im Folgenden werden nun beide Varianten behandelt<br />

und aktuelle Materialien und Entwicklungen vorgestellt.<br />

<strong>Solarzellen</strong> aus nie<strong>der</strong>molekularen<br />

organischen Halbleitern<br />

Wird von organischen <strong>Solarzellen</strong> auf Basis kleiner Moleküle<br />

(Small Molecules, SM) gesprochen, sind damit im<br />

Vakuum verdampfbare Materialien gemeint [11a–15]. Die<br />

(links) Aufbau (A) und <strong>Energie</strong>schema (B) einer p-i-n-Zelle (Zelle 2 in Tab. 2). Für die Anode und Kathode sind die Elektronenaustrittsarbeiten<br />

eϕϕ und für die organischen Schichten die HOMO/LUMO-<strong>Energie</strong>n aufgeführt. Die Dotierung führt nicht zu<br />

einer Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> <strong>Energie</strong>werte, wohl aber zur Zunahme <strong>der</strong> Ladungsträgerkonzentration. Wird nun ein Photon im ZnPc<br />

absorbiert, bildet sich ein Exziton, welches zur Grenzfläche ZnPc:C60 diffundieren muss, damit das Elektron-Loch-Paar getrennt<br />

wird. Das Elektron gibt dann <strong>Energie</strong> ab, da es vom LUMO des ZnPc in das LUMO des C60 übergeht und von dort weiter zur<br />

Kathode wan<strong>der</strong>t. Das auf dem ZnPc zurückbleibende „Loch“ wird von einem Elektron aus dem HOMO <strong>der</strong> Löchertransportschicht<br />

neutralisiert. Die positive Ladung wird dann durch ein Elektron aus <strong>der</strong> Anode ausgeglichen.<br />

(rechts) Aufbau (A) und <strong>Energie</strong>schema (B) einer p-i-n-Tandem-Zelle (Zelle 4 in Tab.2). (zur Beschreibung des <strong>Energie</strong>schemas<br />

siehe Abb. 14).<br />

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Herstellung <strong>der</strong> <strong>Solarzellen</strong> erfolgt durch Aufdampfen auf<br />

ITO im Vakuum (∼10 –7 – 10 –5 mbar) bei Temperaturen je<br />

nach organischem Material von ∼100 – 500 o C und Aufdampfgeschwindigkeiten<br />

von ∼0,01 – 5 nm s –1 .<br />

Typische Aufdampfanlagen enthalten mehrere Tiegelquellen<br />

zum Aufdampfen <strong>der</strong> verschiedenen organischen<br />

Materialien auf das vorstrukturierte ITO Substrat. Die Strukturierung<br />

<strong>der</strong> organischen Schichten und <strong>der</strong> Kathode erfolgt<br />

durch Schattenmasken.<br />

Die Reinheit <strong>der</strong> organischen Materialien ist aus mehrfachen<br />

Gründen wichtig. Verunreinigungen können Ladungen<br />

einfangen (Traps), Exzitonen deaktivieren, die Morphologie<br />

beeinflussen und zur Degradation des Bauelementes<br />

beitragen. Durch mehrfache Zonensublimation können<br />

Verunreinigungen zuverlässig abgetrennt werden. Heutige<br />

Sublimatoren können durchaus 100 g Rohmaterial reinigen.<br />

Die Morphologie <strong>der</strong> Schichten lässt sich durch<br />

Aufdampfgeschwindigkeit und Substrattemperatur beeinflussen.<br />

Bei niedrigen Aufdampfgeschwindigkeiten zeigen<br />

die Schichten eher kristallines Verhalten. Auch höhere Substrattemperaturen<br />

führen zu mehr kristallinen Strukturen.<br />

Diese sind für <strong>Solarzellen</strong> zu bevorzugen, da im Vergleich<br />

zu amorphen Morphologien die Ladungsträgerbeweglichkeiten<br />

und die Exzitonendiffusionslängen größer sind.<br />

Der Aufbau organischer <strong>Solarzellen</strong> aus Aufdampfschichten<br />

hat sich seit den 90er Jahren beson<strong>der</strong>s durch die<br />

Möglichkeit <strong>der</strong> Dotierung stark verän<strong>der</strong>t und die Wirkungsgrade<br />

konnten entscheidend verbessert werden. Zusätzlich<br />

besteht bei <strong>der</strong> Verwendung <strong>der</strong> Aufdampftechnik<br />

die Möglichkeit einer monolithischen In-situ-Verschaltung<br />

einzelner Zellen, was die direkte Fertigung von Modulen auf<br />

einem Substrat ohne spätere Verschaltung ermöglicht (Abbildung<br />

13). Im Folgenden werden die unterschiedlichen<br />

Zelltypen und -architekturen beschrieben und <strong>der</strong> gegenwärtige<br />

Stand <strong>der</strong> Technik zusammengefasst.<br />

p-n-Zellen<br />

Zunächst wurden einfache p-n-Zellen z.B. <strong>der</strong> Konfiguration<br />

ITO/n-Leiter/p-Leiter-Metall mit Perylentetracarbonsäurediimid<br />

(PTCDI) als n-Leiter und ZnPc als p-Leiter (Filmdicken<br />

∼25 – 50 nm) mit Wirkungsgraden von ∼0,5 % beschrieben<br />

(Zelle 1, Tabelle 2, [10b]). U.a. schränken die kleinen Exzitonendiffusionslängen<br />

von ∼10 nm den Wirkungsgrad ein.<br />

Bei geringen Filmdicken von ∼10 nm zeigten diese Zellen<br />

aber bereits IPCE-Werte von über 70 %, die das Potenzial organischer<br />

Halbleiter in <strong>Solarzellen</strong> andeuten. Allerdings war<br />

dann die Lichtabsorption gering. Bei diesen Zellen wurde<br />

kein Dotand zugesetzt. Der Akzeptor O2 aus <strong>der</strong> Luft dotierte<br />

das ZnPc. Mit Mischschichten von ZnPc als p-Leiter<br />

und C60 als n-Leiter konnten η ∼ 1% erreicht werden.<br />

p-i-n-Zellen<br />

Sind die Morphologie, die Schichtdicken und p/n-Massenverhältnisse<br />

optimiert, bleiben als weitere Ansatzpunkte die<br />

Elektrodengrenzen, die optische Optimierung und die elektrische<br />

Balance des Gesamtbauelements.<br />

ORGANISCHE SOLARZELLEN<br />

Zur Optimierung <strong>der</strong> Grenzflächen werden zusätzliche<br />

Schichten eingeführt. Auf <strong>der</strong> Seite des p-Halbleiters muss<br />

eine Schicht zwischen <strong>der</strong> Anode und dem p-Halbleiter eingefügt<br />

werden, die zum einen beson<strong>der</strong>s gut die Löcher<br />

transportiert und einen guten Kontakt zur Anode sowie<br />

zum p-Halbleiter herstellt – eine Löchertransportschicht<br />

(Hole Transport Layer, HTL, z.B. tert. Amine wie MeOTPD<br />

o<strong>der</strong> NPB, die mit F4TCNQ dotiert werden kann; Abbildung<br />

10). Analog dazu wird auf <strong>der</strong> n-Seite eine Elektronentransportschicht<br />

(ETL, z.B. C60) verwendet, die mit einem<br />

Donor, z.B. Pyronin B [11a] dotiert werden kann. Diese<br />

Schichten dienen zum verbesserten Transport bzw. Abfluss<br />

<strong>der</strong> Ladungsträger, optimieren den Kontakt zu den Elektroden<br />

und können in ihrer Dicke, bei ausreichend hoher elektrischer<br />

Leitfähigkeit, so optimiert werden, dass immer genauso<br />

viele Elektronen wie Löcher die Elektroden erreichen<br />

und das Bauelement somit elektrisch im Gleichgewicht ist.<br />

Zusätzlich können die Schichten dazu dienen, das eingestrahlte<br />

Licht optimal zu nutzen, da es aufgrund des Gesamtbauelementes<br />

zahlreiche optische Übergänge gibt, welche<br />

die Lichteinkopplung und Reflexion an <strong>der</strong> Kathode beeinflussen.<br />

Zur Erhöhung <strong>der</strong> Leitfähigkeit <strong>der</strong> HTL und ETL<br />

werden die Schichten dotiert. Manche Substanzen, die in<br />

Abbildung 10 beispielhaft aufgeführt sind, können je nach<br />

Zellaufbau verschiedene Funktionen übernehmen.<br />

Bei konsequenter Anwendung <strong>der</strong> Dotierung ist das<br />

Resultat eine p-i-n-Zelle, bestehend auf ITO aus einer pdotiertern<br />

Lochleiterschicht, dann einer intrinsischen Absorberschicht<br />

mit ein o<strong>der</strong> zwei Absorbern und einer ndotierten<br />

Elektronenleiterschicht. In Abbildung 14A ist <strong>der</strong><br />

Aufbau einer Zelle mit ZnPc und C60 schematisch dargestellt.<br />

Das <strong>Energie</strong>schema (14B) verdeutlicht die Bildung<br />

des Exzitons, seine Tennung und die Wege von Elektron<br />

und Loch. ZnPc (λ ∼ 670, 620 nm) und<br />

auch C60 (λ ∼ 570, 420 nm) sind zum<br />

einen Absorber, sie wirken aber auch<br />

als p- bzw. n-Leiter. Der Wirkungsgrad<br />

einer <strong>der</strong>artigen Zelle liegt bei η =<br />

1,7 % (Zelle 2, Tabelle 2). Eine Zelle mit<br />

Transmission /%<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

400 600 800<br />

Wellenlänge /nm<br />

| ENERGIE<br />

Abb. 16 Transparente<br />

Tandem-<br />

Solarzelle basierend<br />

auf ZnPc:C60<br />

in einer Tandemp-i-n-Struktur<br />

(Zelle 5 in Tab. 2).<br />

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| 185


dem p-Leiter DCV5T und den n-Leiter, Akzeptor C60 bringt<br />

es sogar auf η = 3,4 % (Zelle 3). IPCE Werte (siehe bei Photosensibilisierungszellen)<br />

sind bei ∼50 %.<br />

Gestapelte p-i-n-Zellen<br />

Um den Wirkungsgrad weiter zu erhöhen, wurde das Konzept<br />

<strong>der</strong> Mehrfachzelle entwickelt. Wie beschrieben, ist die<br />

Schichtdicke <strong>der</strong> Absorberschicht von <strong>der</strong> Exzitonendiffusionslänge<br />

begrenzt. Damit ist die Absorberschicht auf<br />


GLOSSAR<br />

|<br />

AM (englisch Airmass): Das Spektrum und die Intensität <strong>der</strong> Solarstrahlung ist<br />

abhängig von <strong>der</strong> Weglänge des Lichts durch die Atmosphäre. AM0 ist definiert<br />

als das Spektrum außerhalb <strong>der</strong> Atmosphäre (extraterrestrisches Spektrum) im<br />

Weltraum, AM1 ist das Spektrum <strong>der</strong> senkrecht auf die Erdoberfläche fallenden<br />

Sonnenstrahlen, d. h. die Sonne muss dafür genau im Zenit stehen und für<br />

AM1,5 ist <strong>der</strong> Zenitwinkel. 48,2°. Bei AM1,5 beträgt die globale Strahlungsleistung<br />

1000 W m –2 (100 mW cm –2 ). AM = 1,5 wird als Standardwert für die Vermessung<br />

von Solarmodulen verwendet. Man kann AM1,5 mit künstlichen<br />

Lichtquellen unter Verwendung von Filtern simulieren (Solarsimulatoren).<br />

Elektrische Leitfähigkeit σσ: Angegeben wird σ in S cm –1 , die ein Körper mit<br />

1 cm Länge d und 1 cm 2 Querschnittsfläche F besitzt (R = elektrischer Wi<strong>der</strong>stand:<br />

σ = d/FxR). Isolatoren haben σ von ∼10 1 S cm –1 .<br />

Exziton: Ein Exziton ist ein gebundener Zustand von Elektron und Loch in<br />

einem Halbleiter. Es ist somit eine elementare Anregung des Festkörpers. Ein<br />

Exziton kann sich durch den Kristall bewegen und transportiert dabei seine<br />

Anregungsenergie durch diesen hindurch. Ein Exziton kann z.B. entstehen,<br />

wenn ein Photon in einen Halbleiter eindringt und ein Elektron zum Übergang<br />

aus dem Valenzband in das Leitungsband anregt. Das Elektron und das im<br />

Valenzband entstandene, entgegengesetzt geladene Loch ziehen sich durch<br />

die Coulomb-Kraft gegenseitig an. Ein Frenkel-Exziton beschreibt die Situation<br />

bei <strong>der</strong> Elektron und Loch an einem Gitterplatz lokalisiert sind. Das wird beobachtet,<br />

wenn das Material, in dem es angeregt wurde, eine hohe Exzitonen-<br />

Bindungsenergie aufweist. Insbeson<strong>der</strong>e die rein thermische Anregung reicht<br />

dann bei Raumtemperatur nicht mehr aus, um Elektron und Loch voneinan<strong>der</strong><br />

zu trennen.<br />

Fermi-Niveau: Es ist im Bän<strong>der</strong>modell von Festkörpern das zur Fermi-<strong>Energie</strong><br />

EF gehörende <strong>Energie</strong>niveau. Am absoluten Nullpunkt sind alle darunter liegende<br />

Zustände vollständig besetzt, alle darüber liegenden leer. Mit zunehmen<strong>der</strong><br />

Temperatur und unter Belichtung erfolgt eine Population von den<br />

besetzten in unbesetzte Zustände.<br />

Heteroübergang: Als Heteroübergang bezeichnet man die Grenzschicht<br />

zweier unterschiedlicher Halbleitermaterialien. An<strong>der</strong>s als bei einem p-n-Übergang<br />

ist hier nicht nur die Dotierung, son<strong>der</strong>n die Materialart verschieden,<br />

z.B. Heteroübergänge bei III-V-Halbleitern o<strong>der</strong> bei zwei verschiedenen organischen<br />

Halbleitern. Ein Homoübergang bezieht sich auf die Grenzschicht zweier<br />

gleicher Materialien, z.B. p- und n-dotiertes Silicium.<br />

ITO: Abkürzung für Indium dotiertes SnO2. In FTO ist zur Erhöhung <strong>der</strong><br />

Leitfähigkeit SnO2 mit Fluor dotiert. ITO und FTO sind elektrisch leitfähige,<br />

im sichtbaren Bereich transparente Materialien mit einem Wi<strong>der</strong>stand<br />

von etwa 10 Ω cm –2 . Die Materialien werden auf Trägern wie Glas o<strong>der</strong><br />

flexiblen Polymeren im großen Umfang als leitfähige Substrate in LCD-<br />

Anzeigen eingesetzt.<br />

IPCE (incident photon-to-current conversion efficiency): Diese Werte werden<br />

durch Aufnahme von Photostrom-Aktions-Spektren erhalten. IPCE ist definiert<br />

durch die Zahl <strong>der</strong> Elektronen, die zur Gegenelektrode fließen, dividiert durch<br />

die Zahl <strong>der</strong> eingestrahlten Photonen bestimmter Wellenlänge. Der Wert kann<br />

bei einer bestimmten Wellenlänge theoretisch 100 % betragen. Praktisch<br />

liegen die Werte wegen Reflexions- und Absorptionsverlusten durch ITO-Substrate<br />

maximal bei 80–90 %.<br />

Loch: Bei Halbleitern werden bewegliche positive Ladungsträger vereinfacht<br />

„Löcher“ genannt. Dabei handelt es sich um ein fehlendes Elektron und es<br />

wird daher auch als Defektelektron o<strong>der</strong> Elektronenfehlstelle bezeichnet. Der<br />

Ladungstransport erfolgt auch hier durch Elektronen.<br />

ORGANISCHE SOLARZELLEN<br />

| ENERGIE<br />

Photosensibilisator (auch Sensibilisator genannt): Eine Verbindung, bei<br />

<strong>der</strong> durch Absorption eines Photons eine photochemische o<strong>der</strong> -physikalische<br />

Verän<strong>der</strong>ung eintritt. Der Photosensibilisator wird bei dem Vorgang nicht verbraucht,<br />

son<strong>der</strong>n steht wie<strong>der</strong> zur Verfügung. Der Prozess wird auch Photosensibilisierung<br />

(Sensibilisierung) genannt.<br />

Photovoltaische Parameter zur Berechnung des Wirkungsgrades:<br />

Zur Charakterisierung organischer <strong>Solarzellen</strong> werden Strom-Spannungs-<br />

Kennlinien unter Beleuchtung und im Dunkeln aufgenommen. Als Ergebnis<br />

erhält man Kurven, wie sie in <strong>der</strong> Abbildung dargestellt sind. Aus <strong>der</strong> Hellkennlinie<br />

lassen sich direkt <strong>der</strong> Kurzschlussstrom JSC und die Leerlaufspannung VOC<br />

ablesen. Die maximale Leistung, die eine Solarzelle liefern kann, ist durch das<br />

größte Rechteck gegeben, welches sich in die Strom-Spannungs-Kennlinie einpassen<br />

lässt. An dem Punkt, an dem die rechte untere Ecke die Hellkennlinie<br />

berührt, befindet sich <strong>der</strong> MPP, <strong>der</strong> Maximum Power Point. Die dazugehörige<br />

Stromdichte wird mit Jm und die dazugehörige Spannung mit Vm bezeichnet.<br />

Der Füllfaktor FF ist ein Maß dafür, wie gut sich das Rechteck <strong>der</strong> Kennlinie<br />

anpasst. Bei Siliciumzellen liegt <strong>der</strong> FF bei über 0,8, bei leistungsfähigen organischen<br />

<strong>Solarzellen</strong> oberhalb von 0,5.<br />

FF =<br />

Der Wirkungsgrad η einer Solarzelle kann über die folgende Gleichung berechnet<br />

werden, wenn die Bestrahlungsstärke E (typisch: 100 mW/cm2 Vm ⋅ Jmo<br />

VOC ⋅ JSC<br />

, AM1.5)<br />

bekannt ist:<br />

η = = (VOC in V, JSC in mA cm –2 , E in mW cm –2 Vm ⋅ Jml VOC ⋅ JSC ⋅ FF<br />

)<br />

E<br />

E<br />

Die maximale Leerlaufspannung einer organischen Solarzelle wird vom<br />

Abstand <strong>der</strong> Fermi-<strong>Energie</strong>n des HOMOs des Akzeptors (z.B. ZnPc) und dem<br />

LUMO des Donors (z.B. C60) begrenzt.<br />

Singulett-Zustand: Im Singulett-Grundzustand befinden sich zwei gepaarte<br />

Elektronen im HOMO (höchstes und energiereichstes besetztes Molekülorbital).<br />

Durch Absorption eines Photons, das energetisch <strong>der</strong> Differenz zwischen<br />

HOMO und LUMO (niedrigstes und energieärmstes unbesetztes Molekülorbital)<br />

entspricht, geht ein Elektron unter Spinerhaltung in das LUMO über.<br />

Zertifizierung: In <strong>der</strong> Fachliteratur zur Photovoltaik werden viele Daten<br />

veröffentlicht, die schwer nachzuvollziehen sind. Aus diesem Grund gibt es<br />

unabhängige Zertifizierungslaboratorien wie das Fraunhofer ISE o<strong>der</strong><br />

NREL (National Renewable Energy Laboratory). Hier werden Zellen und<br />

Module unter Standarbedingungen charakterisiert und die Zellflächen<br />

genau vermessen [8].<br />

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2 ]<br />

Stromdichte J [A/cm<br />

Dunkelkennlinie<br />

Hellkennlinie<br />

J m<br />

0<br />

Spannung [V]<br />

J SC<br />

V m V OC


Die Funktion von<br />

und weitere Informationen<br />

zu organischen<br />

<strong>Solarzellen</strong><br />

kann im Internet unter<br />

http://www.ipms.<br />

fraunhofer.de/de/<br />

oms/opv.shtml nachvollzogen<br />

werden.<br />

stapel nur aus Lösung sind schwer herzustellen, da beim<br />

Aufbringen einer neuen Lösung sich schon vorhandene<br />

Schichten teilweise anlösen können. Dennoch gibt es auch<br />

hier Tandemzellkonzepte.<br />

Auch bei den polymeren <strong>Solarzellen</strong> wird ein Elektronenakzeptor-<br />

und ein Elektronendonor-Material benötigt.<br />

Als Donor bzw. p-Leiter kommt häufig regio-reguläres Poly(3-hexylthiophen)<br />

(P3HT) zum Einsatz. Als Akzeptormaterialien<br />

bzw. n-Leiter werden fast ausschließlich lösliche<br />

Fulleren<strong>der</strong>ivate wie PCBM verwendet (Abbildung 10). Beide<br />

Materialien sind auch Absorber, d.h. sie haben vielfältige<br />

Funktionen.<br />

In Abbildung 17 ist <strong>der</strong> typische Zellaufbau einer p/n-<br />

Zelle dargestellt. Auf einem Substrat mit transparenter<br />

Anode, zumeist ITO, ist häufig eine Schicht PEDOT:PSS zur<br />

Glättung und zur elektrischen Anpassung <strong>der</strong> Anode aufgebracht.<br />

Darauf wird das aktive Material appliziert, auf<br />

welchem die Kathode aufgedampft wird.<br />

Tabelle 2 gibt die Kenndaten einer Zelle an, bei <strong>der</strong> zunächst<br />

P3HT:PCBM aus Lösung aufgebracht und dann<br />

ZnPc:C60 aufgedampft wurde, was zu einem Wirkungsgrad<br />

von η = 2,3 % führte (Zelle 8). Zelle 9 ist eine vollkommen<br />

aus Lösung hergestellte Tandemzelle mit η = 6,5 %. Eine <strong>der</strong><br />

leistungsfähigsten zertifizierten Polymerzellen stammt von<br />

<strong>der</strong> Firma Konarka und hat einen Wirkungsgrad von η =<br />

5,2 % auf einer Fläche von


einige Aspekte <strong>der</strong> Photosynthese und <strong>der</strong> anorganischen<br />

<strong>Solarzellen</strong> kurz zu behandeln. Damit wird insgesamt ein Einblick<br />

in solare <strong>Energie</strong>umwandlungssysteme unter Berücksichtigung<br />

aktueller Entwicklungen gegeben.<br />

Summary<br />

Photovoltaic solar cells are of increasing importance in the<br />

use of regenerative energies due to the high supply of solar<br />

radiation. Therefore beside the established inorganic solar<br />

cells more low costs solar cells are developed which contain<br />

organic materials as active compounds for energy conversion.<br />

The article describes construction and function of dye-sensitized<br />

solar cells and organic solid state solar cells. For comparison<br />

and un<strong>der</strong>standing of these cells it is necessary to<br />

mention also some aspects of photosynthesis and inorganic<br />

solar cells. Altogether an insight in solar energy conversion<br />

systems un<strong>der</strong> consi<strong>der</strong>ation of current developments is presented.<br />

Schlagworte<br />

Anorganische <strong>Solarzellen</strong>, organische Feststoffsolarzellen,<br />

Farbstoffsensibilisierungs-<strong>Solarzellen</strong>, Photosynthese, <strong>Solarzellen</strong>.<br />

Literatur<br />

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photovoltaic till 2013“, www.epia.org.<br />

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[7] Y. Ooyama und Y. Harima, Eur. J. Org. Chem. 2009, 2891–2897.<br />

[8] Alle 6 Monate wird über durch Testzentren zertifizierte Photovoltazellen<br />

und Module berichtet z.B. M. A. Green, K. Emery, Y. Hishikawa<br />

und W. Warta, Prog. Photovolt: Res. Appl. 2009, 17, 85–94.<br />

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[16] T. Kietzke, Advances in OptoElectronics 2007, Article ID 40285,<br />

15 Seiten.<br />

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G.Schwartz, B. Maennig, C. Uhrich, W. Gnehr, S. Sonntag,<br />

O. Erfurth, E. Wollrab, K. Walzer und M. Pfeiffer, SPIE 2009, Proceedings.<br />

Die Autoren Dieter Wöhrle, geb. 1939 in Berlin, studierte Chemie<br />

an <strong>der</strong> Freien <strong>Uni</strong>versität Berlin und promovierte am<br />

Fritz-Haber-Institut <strong>der</strong> MPG bei Prof. Manecke.<br />

Nach einer Assistenzprofessor an <strong>der</strong> FU Berlin<br />

erfolgte 1975 ein Ruf auf eine C4-Professur an die<br />

<strong>Uni</strong>versität Bremen. Seine Forschungsinteressen<br />

liegen auf dem Gebiet <strong>der</strong> Synthese und Eigenschaften<br />

nie<strong>der</strong>molekularer und makromolekularer<br />

Metallkomplexe und Farbstoffe. Seit längerer Zeit<br />

engagiert er sich auch gegen den Missbrauch <strong>der</strong><br />

Chemie durch chemische Waffen.<br />

Olaf R. Hild, geb. 1971 in Bremerhaven, studierte<br />

Chemie an <strong>der</strong> <strong>Uni</strong>versität Bremen. Von 1998 bis<br />

2004 war er in <strong>der</strong> Arbeitsgruppe von Prof. Wöhrle<br />

tätig, wo er über die Elektropolymerisation von<br />

Phthalocyaninen und Porphyrinen promovierte.<br />

2004 trat er in <strong>der</strong> Fraunhofer Gesellschaft am<br />

Institut für Photonische Mikrosysteme (IPMS) in<br />

Dresden im Bereich organische Materialien und<br />

Systeme (OMS) eine Stellung an. Dort leitet er seit<br />

2008 die Arbeitsgruppe Prozesstechnologie und<br />

Integration (PTI).<br />

Korrespondenzadressen:<br />

Prof. Dr. D. Wöhrle<br />

Fachbereich 2 (Biologie, Chemie),<br />

<strong>Uni</strong>versität Bremen<br />

Postfach 330440, D-28334 Bremen<br />

E-Mail: woehrle@uni-bremen.de<br />

Dr. Olaf R. Hild<br />

Fraunhofer Institut für<br />

Photonische Mikrosysteme (IPMS)<br />

Maria-Reiche-Strasse 2, D-01109 Dresden<br />

E-Mail: olaf.hild@ipms.fraunhofer.de<br />

| ENERGIE<br />

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