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8 extra Dezember 2007<br />

[ interview]<br />

Mag. Kristina Edlinger-Ploder ist<br />

steirische Ländesrätin für Forschung,<br />

Verkehr, Wissenschaft und<br />

Technik. Im Gespräch mit extra sagt die<br />

zweifache Mutter, warum es jetzt besser<br />

ist, mit dem Zug zu fahren, was die<br />

Steiermark für den Klimaschutz tut,<br />

und warum für sie die Gesamtschule<br />

der bessere Weg ist.<br />

extra: Frau Edlinger-Ploder, der Obersteirertakt<br />

ist Ihr verkehrspolitisches<br />

Prestigeprojekt. Was haben Sie damit<br />

für die Menschen in der Obersteiermark<br />

erreicht?<br />

Edlinger-Ploder: Die Hauptidee des<br />

Obersteirertakts war, die Fahrpläne der<br />

ÖBB mit denen der Busunternehmen<br />

besser abzustimmen, damit immer ein<br />

Anschluss ins Umland gewährleistet ist.<br />

Der Obersteirertakt ist aber auch eine<br />

Qualitätsoffensive im öffentlichen Verkehr:<br />

Wir haben jetzt sechs neue Züge<br />

und haben die Regelmäßigkeit verbessert.<br />

extra: Was heißt nun also „im Takt“<br />

fahren?<br />

Edlinger-Ploder: Im Takt fahren heißt:<br />

Die Menschen müssen sich nicht immer<br />

wieder nach den Zugzeiten erkundigen<br />

– die fahren jetzt verlässlich zumindest<br />

alle zwei Stunden den ganzen Tag lang.<br />

Von Judenburg nach Bruck zum Beispiel<br />

können Sie um 8:13 einsteigen,<br />

um 10:13, um 12:13 und so weiter, bis<br />

20:13. Zurück geht es zum Beispiel immer<br />

um 11:01, um 13:01 und so fort.<br />

extra: Und wie steht es mit den Verbindungen<br />

nach Graz, in die Ost- und<br />

Weststeiermark?<br />

Edlinger-Ploder: Den Steirertakt an<br />

sich gibt es ja schon seit 2002. Den heben<br />

wir jetzt gerade auf eine neue Stufe,<br />

als S-Bahn-System, mit dem man<br />

den Ballungsraum Graz aus allen vier<br />

Himmelrichtungen erreichen kann. Der<br />

Obersteirertakt ist der Link dazu, über<br />

Bruck kommt man ins S-Bahn-System.<br />

Vielleicht wird es auch ein S-Bahn-System<br />

für die Obersteiermark in der Region<br />

Vordernberg / Trofaiach geben – wir<br />

müssen aber noch analysieren, ob es<br />

sich auszahlen kann, dieses Netz wiederzubeleben.<br />

steirer haben oft das Gefühl, dass für<br />

sie in der Verkehrspolitik zu wenig gemacht<br />

wird…<br />

Edlinger-Ploder: … und genau deswegen<br />

arbeiten wir für die Obersteiermark<br />

jetzt besonders hart. Der Obersteiertakt<br />

ist ein Produkt nur für die Obersteirer.<br />

Und der Obersteirertakt ist in Wahrheit<br />

das S-Bahn-System für die Obersteiermark.<br />

Wir bekommen viele positive<br />

Rückmeldungen – das gibt es im<br />

öffentlichen Verkehr normalerweise<br />

nicht, wo man sich sonst oft mit Verspätungen<br />

oder schlechter Ausstattung<br />

plagt. Wir haben viel zur Qualitätsverbesserung<br />

gemacht und auch<br />

neue Waggons für die Obersteiermark<br />

beschafft.<br />

extra: Wird es den Obersteirertakt auch<br />

in der Zukunft geben?<br />

Edlinger-Ploder: Die Finanzierung ist<br />

für drei Jahre gesichert, dann werden<br />

wir uns anschauen, was funktioniert<br />

hat und was nicht. Dann werden wir für<br />

einen längeren Zeitraum planen. Dabei<br />

muss man unbedingt auch an den Klimaschutz<br />

denken, der jetzt endlich global<br />

ernst genommen wird. Wir halten<br />

nicht nur Sonntagsreden, wir machen<br />

etwas! Für den Klimaschutz gibt es kein<br />

besseres Instrument, als auf den öffentlichen<br />

Verkehr oder auf Fußgänger<br />

und Radfahrer zu setzen.<br />

extra: Können die Fahrgäste ihre Räder<br />

in den Zug mitnehmen?<br />

Edlinger-Ploder: Immer mehr unserer<br />

Waggons haben Mitnahmenmöglichkeiten<br />

für Fahrräder. In der Obersteiermark<br />

sind die Waggons hauptsächlich<br />

auf das Tourismusradfahren ausgerichtet,<br />

weil der Murradweg so populär ist.<br />

Wir rüsten aber auch für den Alltag immer<br />

mehr auf. Die neuen Waggons haben<br />

schon ein paar Plätze, um das Rad<br />

auch zur Arbeit mitzunehmen. Wir setzen<br />

auch auf das Konzept „Bike & Ride“<br />

und stellen gute und sichere Abstellplätze<br />

für Fahrräder an den Bahnhöfen<br />

zur Verfügung<br />

extra: Frau Edlinger-Ploder, Sie schaffen<br />

nicht nur für den öffentlichen Verkehr<br />

neue Wege, sondern wollen auch<br />

unser Bildungssystem auf neue Schie-<br />

extra: Das wäre schön, denn die Obernen stellen. Was begeistert Sie so an<br />

Alles nach Fahr-Plan<br />

der gemeinsamen Mittelschule?<br />

Edlinger-Ploder: Die Bundesregierung<br />

hat ja nun einen Beschluss gefasst, von<br />

dem ich nicht völlig begeistert bin. In<br />

den Modellregionen neben der „Neuen<br />

Mittelschule“ die Gymnasien und<br />

Hauptschulen zu belassen, halte ich für<br />

einen Fehler. Im europäischen Vergleich<br />

sehen wir ja: Im Großen und Ganzen<br />

gewinnen die Gesamtschulen. Aber<br />

es gibt auch sehr schlechte Gesamtschulmodelle,<br />

wie in einigen deutschen<br />

Bundesländern. Und das hat genau damit<br />

zu tun, weil dort die Gesamtschule<br />

eine Schulform neben anderen ist. Damit<br />

ist es gar keine Gesamtschule, und<br />

erst recht keine gemeinsame Schule.<br />

Trotzdem ist es wichtig, dass der Prozess<br />

eingeleitet wird. Auch Finnland<br />

hat 15 Jahre auf dem Weg zur gemeinsamen<br />

Schule gebraucht. Unsere Modellregionen<br />

in der Steiermark können<br />

Wellen schlagen, und in 15 oder<br />

20 Jahren ist vielleicht ganz Österreich<br />

so weit. Die Befürchtung,<br />

dass es keine angemessene Differenzierung<br />

geben würde, ist ja unbegründet.<br />

Die guten Beispiele zeigen,<br />

wie man es macht: Dort gibt<br />

es Klassen mit Zusammenhalt, die<br />

machen gemeinsam Musik und<br />

spielen Fußball, sind in manchen<br />

Fächern gemeinsam und in anderen<br />

nicht, weil die individuellen<br />

Neigungen anders sind. Wir müssen<br />

Respekt haben vor den individuellen<br />

Begabungen des Kindes.<br />

Wird ein guter Mathematiker nicht<br />

gefördert ist das unfair, wenn wer<br />

nicht lesen kann und vergessen<br />

wird, braucht auch eine Chance auf<br />

Förderung. Manchen geht mit acht<br />

der Knopf auf, manchen mit zwölf.<br />

Das ist die Idee der gemeinsamen<br />

Schule: nicht voreilig Kreuzungen<br />

zu schaffen, wo ich mich für einen<br />

Weg entscheiden muss und dann<br />

nur über lange Umwege zurückkommen<br />

kann. Mich wundert, dass<br />

sich keiner daran stößt, dass wir eine<br />

Volksschule haben, in der alle<br />

Kinder gleich sind. Ab zehn sagen<br />

wir dann aber, ihr seid nicht mehr<br />

gleich! Mit 18 sagen wir wieder, ihr<br />

Hannes S. Auer im Gespräch mit Landesrätin Kristina Edlinger-Ploder<br />

seid wieder gleich: An den Universitäten<br />

haben wir in den meisten<br />

Fächern immer noch keine speziellen<br />

Zugangsregelungen. Ob der<br />

Studienanfänger begabt genug ist<br />

oder nicht oder Interesse hat oder<br />

nicht, das wird gar nicht getestet.<br />

Ich stelle nicht den freien Uni-Zugang<br />

in Frage, aber das passt nicht<br />

zusammen! Man muss den Kindern<br />

die Zeit geben, ihre Fähigkeiten<br />

zu entdecken. Diese Phase ist erst,<br />

das wissen wir, mit 15 Jahren mehr<br />

oder weniger abgeschlossen.

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