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GERHARD SCHEIN AUS DER WELT<br />

Driving home for Christmas…<br />

….spielt es in der Musikanlage des Supermarktes, den ich gerade gestresst betrete,<br />

und es durchfährt mich wie ein Blitz.<br />

Weihnachtsstimmung, wie wir es<br />

in Österreich kennen, kann hier<br />

in kurzen Hosen bei 25 Grad unter Palmen<br />

sowieso nicht aufkommen. Aber<br />

in einem Monat ist Weihnachten,<br />

dämmert es mir, und wir können erstmals<br />

nicht nach Hause fahren.<br />

Wir werden dieses Fest der Familie hier<br />

zwangsweise unter dem Äquator verbringen,<br />

denn wir wollen und müssen<br />

den ersten Katamaran für einen Kunden<br />

fertig stellen. Was ich aber nicht<br />

gewusst habe ist, dass es viele Werften<br />

gibt, die bis Weihnachten Fertigstellungstermine<br />

haben. So sind unsere<br />

Zulieferanten von handgefertigten<br />

Edelstahlteilen und Holzarbeiten genauso<br />

unter Druck und haben mehr<br />

versprochen, als sie liefern können.<br />

Die Teile kommen in Raten und müs-<br />

sen oft vor dem Einbau abgeändert<br />

werden. Die häufigste Antwort bei telefonischen<br />

Nachfragen ist „Monday“,<br />

aber sie vergessen oft zu sagen, welchen<br />

Montag sie meinen – in ein, zwei,<br />

oder gar drei Wochen? Vieles wurde<br />

bei diesem Boot neu erdacht oder de-<br />

signed, wie man im Englischen sagt.<br />

Auch das zieht den Bau in die Länge.<br />

Die englische Sprache wird jetzt immer<br />

alltäglicher im Gebrauch, obwohl<br />

dennoch Fragezeichen bleiben. So<br />

heißt beispielsweise einer unserer Lie-<br />

feranten „Jack“, denn<br />

man spricht hier jeden<br />

mit dem Vornamen an.<br />

Interessanterweise sagt<br />

man zu einem Wagenheber<br />

auch „Jack“ - eigenartig!<br />

Könnt ihr<br />

euch vorstellen, dass<br />

man jemand „Wagenheber“<br />

nennt? Da verstehe<br />

ich Obelix, der einst sagte: „Die<br />

spinnen, die Engländer“. Aber vielleicht<br />

weiß ich noch nicht alles und muss<br />

noch lernen.<br />

Um Boote in Europa verkaufen zu<br />

können, setze ich alles auf eine Karte<br />

und habe um das CE Prüfzeichen angesucht.<br />

Brüssel verlangt nach vielen<br />

digitalen Zeichnungen die noch nicht<br />

existieren, weil ich nach alter Schule<br />

mit Tusche auf Papier gezeichnet habe.<br />

Also habe ich meinen Freund Mike<br />

Traussnigg nach Kapstadt kommen lassen,<br />

der den Katamaran per Laser vermisst<br />

und auf seinem Laptop im Auto<br />

CAD Programm zeichnet. Er hat auch<br />

seine Profifotoausrüstung mit dabei<br />

und soll die ersten Bilder vom fertigen<br />

Schiff machen, die ich schon so lange<br />

in meinem Kopf trage. Der Katamaran<br />

mit seinem rot-weiß-roten 190<br />

m² Spinnaker vor dem Tafelberg in der<br />

Bucht von Kapstadt. Immer wieder<br />

taucht dieses imaginäre Bild in meinen<br />

Gedanken auf und motiviert mei-<br />

ne Arbeit. Seit Wochen arbeiten wir<br />

nun auch schon am Tag des Herrn, um<br />

dieses Ziel zu erreichen. Aber letzten<br />

Sonntag haben wir uns frei genommen,<br />

um den ‚Lionshead’, den Nachbarberg<br />

des ‚Table-mountain’, zu be-<br />

steigen.<br />

Aus der Stadt sieht der Löwenkopf mit<br />

seinen steilen Flanken fast unbezwingbar<br />

aus, aber aus der Karte weiß ich,<br />

dass es in einer Spirale durch die Felsen<br />

hinauf geht. Die teure Fotoausrüs-<br />

tung und die Brieftasche mit den Papieren<br />

lassen wir sicherheitshalber zu<br />

Hause, denn in den Nachrichten hören<br />

wir immer von Überfällen auf Touristen<br />

im Nationalpark Tafelberg, zudem<br />

auch der Lionshead dazugehört. Dabei<br />

werden die Wanderer von Bargeld,<br />

Handys, Kameras und Uhren entledigt.<br />

Mich reizt dieser Berg mit seinem steilen<br />

Anstieg mehr als der berühmte<br />

Tafelberg. Wahrscheinlich weil keine<br />

Seilbahn hinaufführt und Massen von<br />

Touristen die Aussichtsplattformen<br />

bevölkern. Beim Aufstieg überwältigt<br />

uns bereits immer wieder die wechselnde<br />

Aussicht auf die Stadt, die um-<br />

extra Dezember 2007<br />

liegenden Buchten mit den weißen<br />

Stränden und den Tafelberg mit seinen<br />

Ausläufern, die die zwölf Apostel genannt<br />

werden. Das ist die Faszination<br />

dieses südwestlichen Kaps von Afrika.<br />

Die Kombination von Berg und Meer.<br />

Als wir nach drei Stunden wieder am<br />

Ausgangspunkt ankommen, spricht uns<br />

ein einsamer Wanderer an und erzählt<br />

uns von einer „Attack“, einem<br />

Überfall, gleich hinter ihm. Passiert<br />

vor einer Viertelstunde, in<br />

der Nähe des Parkplatzes. Die<br />

Polizei, die aufgrund der Vorkommnisse<br />

ständig patrouilliert<br />

und zufällig in der Nähe war,<br />

hat den Täter aber schnell gefasst<br />

und bei dieser Gelegenheit<br />

gleich windelweich geschlagen.<br />

Überfälle sind ja nicht gerade<br />

die beste Tourismuswerbung für<br />

Südafrika.<br />

Wir sind natürlich froh, nicht<br />

mit einer vorgehaltenen Pisto-<br />

le konfrontiert worden zu sein und begießen<br />

unseren Aufstieg in der Waterfront<br />

bei englischem Bier in der<br />

ältesten Brauerei Kapstadts. Angeheitert<br />

vom Bier und dem Gipfelsieg geht<br />

es nach Hause in unsere Vorstadtsiedlung<br />

Edgemead. Aber gleich nach der<br />

Waterfront stoppt mich ein Polizist:<br />

Verkehrskontrolle.<br />

Ach du Scheiiiße – kein Geld – keinen<br />

Führerschein - aber eine Bierfahne!<br />

Links ran fahren. Franz mein<br />

Geschäftspartner und Elektriker aus<br />

Leibnitz, der auch mit von der Partie<br />

Fortsetzung auf Seite 6

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