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zeitenwende - Erfolgsfaktoren nachhaltiger Innovationen

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ZEITENWENDE: ÖLKRISE, KLIMAWANDEL UND DAS<br />

ENDE DER VERKEHRSBLASE<br />

DIPL.OEC.UNIV. STEPHAN S.BRÜCKL<br />

WAS KOSTEN DIE FINANZKRISE?<br />

WAS KOSTET DIE UMWELT-/KLIMA-KRISE?<br />

WAS KOSTET DIE ENERGIEKRISE?<br />

KANN UNS DIE ÖKONOMIE DIESE FRAGEN ÜBERHAUPT BEANTWORTEN?<br />

UND WAS HABEN WIR EIGENTLICH IN DEN LETZTEN ZWANZIG JAHREN GELERNT?


Vorwort<br />

Als ich mit einigen Kollegen 1993 das Süddeutsche Institut für nachhaltiges Wirtschaften und Oeko-<br />

Logistik GmbH mit der Idee „mit günen Ideen schwarze Zahlen schreiben“ gründete hörte ich nicht<br />

selten daß dies verrückt sei. Mittlerweile werden die Nachhaltigkeitsmärkte oder Clean Technology-<br />

Märkte global als die Zukunftsmärkte gehandelt – eine Zeitenwende.<br />

Dennoch werden immer noch Unsummen in Strassenbau, Abwrackprämien etc. investiert. Es ist mir<br />

nach wie vor schleierhaft wie mit derlei Massnahmen Zukunftssicherung betrieben werden soll. Der<br />

Umstieg in erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit wird uns die nächsten 20-30 Jahre beschäftigen.<br />

Die Zeitenwende geht auf den Bereich Verkehr und Wirtschaft ein und zeigt welche Zeitenwende hier<br />

stattgefunden hat und was uns mit Peak Oil noch bevorsteht. Darüber hinaus werden eine Reihe von<br />

theoretischen Defiziten der volkswirtschaftlichen Diskussion angesprochen, die schon mehr als<br />

verwunderlich sind.<br />

Während ich im deutschsprachigen Raum Anfang der 90er mit meinen ökonomischen Argumenten<br />

gegen Strassenbau (und für regionale Energiekonzepte auf regenerativer Basis) noch ziemlich alleine<br />

dastand hat sich auch hier die Situation deutlich geändert: selbst Institutionen wie das IW (Institut<br />

der deutschen Wirtschaft) stellen mittlerweile fest, daß man aufgrund der hohen Verfügbarkeit<br />

(Ubiquität) von Strassen keine nennenswerten Wachstumsimpulse vom Strassenbau mehr erwarten<br />

dürfe. Und fast jeder Bürgermeister kann seit Jahren beobachten wie Gewerbesteuern aufgrund von<br />

Importkonkurrenz, Pleiten und Verlagerungen (und dem damit verbundenen Verkehr) abnehmen.<br />

Die Studie Zeitenwende stammt aus dem Jahr 2008: viel ist seitdem passiert: die weltweit grösste<br />

Rezession, der erste schwarze US-Präsident wurde gewählt und nun: Fukushima, die neue deutsche<br />

Ausstiegsdiskussion mit historischen energiepolitischen Richtungswechseln und Mehrheiten, die den<br />

1. grünen Ministerpräsidenten Deutschlands ermöglichten. 25 Jahre nach dem Tschernobyl-GAU.<br />

Wer hätte es gedacht?<br />

Wenn das CleanTech-Network München 2010 die excellente Dokumentation „die 4.Revolution“ vor<br />

Konzernvertretern und Risikokapitalgesellschaften aufführt so wird klar was hier passiert. Um es mit<br />

den Worten von Hermann Scheer zu sagen:<br />

„wir stehen vor dem größten Strukturwandel seit dem Beginn des Industriezeitalters“.<br />

Und immer mehr verstehen dies und sehen neben den vielen Problemen auch gewaltige Chancen.<br />

Für djejenigen, die selbst unternehmerisch nachhaltige <strong>Innovationen</strong> unternehmerisch umsetzen<br />

möchten, steht das eBook „<strong>Erfolgsfaktoren</strong> <strong>nachhaltiger</strong> <strong>Innovationen</strong>“ zum kostenlosen Download<br />

auf der Homepage www.sueddeutsches-institut.de zur Verfügung.<br />

Stephan Brückl<br />

Augsburg, den 26.4.2011


ZEITENWENDE: ÖLKRISE,<br />

KLIMAWANDEL UND DAS ENDE<br />

DER VERKEHRSBLASE<br />

FORTSCHREIBUNG DER STUDIEN<br />

„KOSTENWAHRHEIT –<br />

INFRASTRUKTUR UND WIRTSCHAFTLICHE ENTWICKLUNG“ (1996)<br />

UND<br />

„INFRASTRUKTUR, CLUSTER UND WIRTSCHAFTLICHE ENTWICKLUNG (2004)<br />

DIPL.OEC. STEPHAN BRÜCKL<br />

SÜDDEUTSCHES INSTITUT<br />

AUGSBURG 2008


Inhaltsverzeichnis<br />

Zeitenwende<br />

Unsere Aussagen 1996 und deren Fortschreibung 2008 _________________________ 3<br />

Einleitung: Zeitenwende ________________________________________________________ 6<br />

1. Zahlen, Trends und Hintergründe _____________________________________________ 9<br />

1.1 Trends in Österreich und Deutschland _____________________________________________ 9<br />

1.2 Die Veränderung der Verteilung des Wirtschaftswachstums in Österreich _________ 11<br />

1.3 Anstieg der Insolvenzen _________________________________________________________ 18<br />

1.4 Anstieg der Fusionen _____________________________________________________________ 19<br />

1.5 Produktionsverlagerungen ins Ausland ___________________________________________ 20<br />

1.6 Auf dem Weg in die Basarökonomie? _____________________________________________ 23<br />

1.7 Erhöhung der Transportkosten zur Standortsicherung ____________________________ 32<br />

2: Die externen Kosten der vier Freiheiten _____________________________________ 42<br />

2.1 Kosten des freien Kapitalmarktes: 3200 - 4000 Milliarden €? _____________________ 42<br />

2.2 Kosten des (Frei-) Handels: ? Mrd.€ ______________________________________________ 44<br />

2.2.1 Freier Kapitalverkehr, freier Handel, freier Warenverkehr – drei Erscheinungen einer Ideologie und<br />

deren Folgen ___________________________________________________________________________________ 44<br />

2.2.2 Verteilungseffekte des Handels _____________________________________________________________ 45<br />

2.2.3 Umweltschäden als blinder Fleck der Handelstheorie __________________________________________ 45<br />

2.2.4 Sechs weitere Argumente, die gegen die Freihandelsdoktrin sprechen __________________________ 46<br />

2.3 Kosten des „freien“ Warenverkehrs und des Klimawandels: > 5500 Mrd.€ ________ 49<br />

2.3.1 Freier Verkehr: was ist das? ________________________________________________________________ 49<br />

2.3.2 Entwicklung der externen Kosten ___________________________________________________________ 50<br />

2.3.3 Externe Effekte, Marktversagen und Staatsversagen __________________________________________ 54<br />

2.3.4 Peak Oil – das beginnende Ende des Erdölzeitalters ___________________________________________ 56<br />

3. Wirtschaft, Handel und Verkehr aus systemökonomischer Perspektive ______ 59<br />

3.1 Wachstum, externe Kosten und Naturkapital: eine systemische Betrachtung ______ 59<br />

3.2 Grenzen des Wachstums: die Wirtschaft lebt von der Umwelt _____________________ 62<br />

3.3 Fehlsteuerung in komplexen Systemen ___________________________________________ 62<br />

3.4 Systemproduktivität und Verkehrsproduktivität __________________________________ 63<br />

3.5 Infrastrukturproduktivität und die Rentabilität von Verkehrsinvestitionen ________ 66<br />

3.6 Verkehrsinfrastruktur-Investitionen als ungeeigneter Konjunkturmotor __________ 68<br />

3.7 Systemstabilität _________________________________________________________________ 69<br />

3.8 Gigantonomics: Syteminstabilität und Gigantomanie _____________________________ 70<br />

3.9 Strafzettel schaffen Wohlstand ___________________________________________________ 72<br />

3.10 Exportwachstum und BIP _______________________________________________________ 73<br />

3.11 Wirtschaftliche Entwicklung und die Wirtschaftswissenschaften _________________ 76<br />

4.Lkw-Verkehr am Brenner: vermutlich über 164 Millionen externe Kosten _____ 79<br />

4.1 Ausnahmesituation Brenner und Inntal ___________________________________________ 79<br />

4.2 Entwicklung der Lkw-Fahrten am Brenner ________________________________________ 79<br />

4.3 Entwicklung der Verkehrs-Belastungen ___________________________________________ 82<br />

4.4 Eine erste Abschätzung der externen Kosten _____________________________________ 83<br />

4.5 Grünbücher, Weißbücher, Wegekostenrichtlinien und die Zeit ____________________ 87<br />

1


Zeitenwende<br />

5. Wirtschaftpolitische Handlungsmöglichkeiten _______________________________ 88<br />

5.1 Forschungs- und Industriepolitik: <strong>Innovationen</strong>, nachhaltige <strong>Innovationen</strong> und<br />

Clean Technolgies ___________________________________________________________________ 89<br />

5.1.1 Nachhaltige Märkte und Clean Technologies boomen __________________________________________ 89<br />

5.1.2 Zum Engpaß Diffusion des Innovations-Know-Hows ___________________________________________ 91<br />

5.1.3 Internationale Technologiestudien setzen auf Nachhaltigkeit ___________________________________ 92<br />

5.2 Umweltpolitik: energetische Modernisierung oder das Milliarden-Gewinn-Konzept 93<br />

5.3 Steuerpolitik: weitergehende ökologische Steuerreform und Kosteninternalsierung<br />

überfällig ____________________________________________________________________________ 97<br />

5.4 Regional-Politik __________________________________________________________________ 98<br />

5.4.1 Regionales Marketing – regionale Endprodukt-Märkte _________________________________________ 98<br />

5.4.2 Unternehmensgründungen und Produktinnovationen __________________________________________ 99<br />

5.4.3 Netzwerkbildung und Cluster _______________________________________________________________ 99<br />

5.4.4 Verwertungskooperationen und Zero-Emissions-Cluster ______________________________________ 101<br />

5.4.5 Betriebliches Stoffstrommanagement _______________________________________________________ 101<br />

5.4.6 Nachwachsende Rohstoffe _________________________________________________________________ 101<br />

5.5 Systemische Hilfsmittel für die Steuerung der Wirtschaftpolitik __________________ 102<br />

5.6 Fazit: auf in die Zukunft _________________________________________________________ 102<br />

Anhang: alternative Masse des Wohlstandwachstums: ISEW und GPI _________ 104<br />

Literatur ______________________________________________________________________ 105<br />

2


Zeitenwende<br />

Unsere Aussagen 1996 und deren Fortschreibung 2008<br />

Die zentralen Aussagen „Kostenwahrheit – Infrastruktur und wirtschaftliche Entwicklung“<br />

wurden 2004 in der Studie „Infrastruktur, Cluster und wirtschaftliche Entwicklung“ erneut<br />

untersucht und ergänzt. Beide Studien bauten auf einer Studie aus dem Jahr 1994 auf<br />

(Nachhaltiges Wirtschaften, Verkehrsvermeidung und Entschleunigung“ insbes. Kapitel 2<br />

„Gigantonomics – zur Ökonomik niedriger Transportwiderstände“). Die in diesen Studien<br />

zunächst prognostizierten (1994) dann beobachteten (1996, 2004) negativen<br />

Entwicklungen werden in dieser Studie nun erneut untersucht und diskutiert. Die<br />

zentralen Einzelaussagen/Prognosen und ihre tatsächlichen Entwicklungen stellen sich<br />

heute wie folgt dar:<br />

Es zeigt sich 2008, daß sich die meisten von uns beschriebenen Trends bestätigt und<br />

fortgesetzt haben. Zum Teil haben sie sich weniger, zum Teil sogar drastischer als<br />

ursprünglich von uns erwartet entwickelt. Ausserdem sind neue große Probleme<br />

weltmarktinduzierte Probleme wie Mineralölpreisanstieg und PeakOil, Finanz und<br />

Bankenkrise hinzugekommen.<br />

Fortschreibung der Ergebnisse:<br />

1. Die Internalisierung externer Kosten ist ein richtiger und wichtiger Schritt auf dem<br />

Weg in Richtung nachhaltigen Wirtschaftens.<br />

Kommentar: daran hat sich bis heute nichts geändert. Eine Internalisierung<br />

erfolgt teilweise durch die neuen Mautsysteme, aber nur, was die<br />

betriebswirtschaftlichen Kosten anbelangt. Neuere Untersuchungen kommen<br />

zu noch höheren externen Kosten, insbesondere des Klimawandels.<br />

Die Transportkosten sind jedoch weiter gesunken und steigen erst seit 2005<br />

(im Zusammenhang mit der Ölpreisentwicklung wieder an).<br />

Aktuelle Situation: eine Internalisierung ökologischer Kosten findet im<br />

Verkehrssektor kaum statt. Stattdessen werden weitere Infrastrukturen<br />

gebaut.<br />

Aufgrund der vielfältigen Probleme sind jedoch weitergehende Regulierungen<br />

notwendig.<br />

Kommentar: wir hatten in diesem Zusammenhang zum einen Restriktionen<br />

(Einschränkungen), zum anderen verkehrsvermeidende Ansätze (Kreislaufwirtschaft,<br />

Zero-Emissions-Konzepte, Dematerialisierung) gefordert.<br />

Aktuelle Situation: die Beschränkungen wurden abgeschafft, verkehrsvermeidende<br />

Ansätze wenn überhaupt wenig vorangetrieben.<br />

2. Die These, dass der Bau von Straßen der regionalen Wirtschaftsentwicklung und damit<br />

der Beschäftigung zugute kommt, wird in der Regionalwissenschaft seit über einem<br />

Vierteljahrhundert angezweifelt. Es gibt keinerlei gesicherten Erkenntnisse in dieser<br />

Richtung.<br />

3


Zeitenwende<br />

Kommentar: es wurden weitere Studien gemacht, die zu ähnlichen<br />

Ergebnissen gelangten.<br />

Aktuelle Situation: es gibt keinen gesicherten Zusammenhang.<br />

3. Die jüngsten Entwicklungen in Österreich, der BRD und der EU zeigen eine<br />

Entkopplung zwischen Verkehrswachstum und Beschäftigungswachstum bzw.<br />

Realeinkommenswachstum. D.h., dass auch auf der nationalen Ebene bzw.<br />

internationalen Ebene kein Zusammenhang in dieser Richtung (mehr) besteht.<br />

Kommentar: in 2004 hatten wir festgestellt, dass die Entkopplung weiterhin<br />

besteht, sich aber vermindert hat. Die Trends klafften weiterhin auseinander<br />

(Zunahme Verkehr und Arbeitslosigkeit – Stagnation/Rückgang bei<br />

Beschäftigung und realen Nettoeinkommen).<br />

Aktuelle Situation: Trendbruch: der Verkehr stagniert bzw. wächst nicht mehr<br />

so stark während sich reale Nettoeinkommen und Beschäftigung besser als in<br />

den 90er Jahren entwickeln.<br />

4. Für die Prognose der zukünftigen Entwicklung finden sich eine Reihe von Argumenten,<br />

die darauf hinweisen, dass die Globalisierung der Ökonomie zu einer grundlegenden<br />

Gefährdung unserer Gesellschaften führen kann. Sollte dies zutreffen, so wäre eine<br />

durch den Ausbau großräumiger Infrastrukturen hervorgerufene Senkung der<br />

Transportwiderstände kontraproduktiv: sie würde den Druck auf die Regionen und<br />

damit die Beschäftigungsprobleme erhöhen.<br />

Kommentar: dieser Bereich wurde in 2004 nicht fortgeschrieben, es wurde<br />

lediglich angemerkt, dass mit der Asien-Krise, dem Zusammenbruch des<br />

neuen Marktes und des Börsen-Crash (2001) sowie dem Abbau von<br />

Sozialleistungen deutliche Anzeichen für die vermuteten Probleme zu<br />

beobachten sind.<br />

Aktuelle Situation: daran hat sich nichts geändert. Es sind nur noch größere<br />

Krisen hinzugekommen: US-Immobilienkrise, internationale Bankenkrise,<br />

Börsenkrise, Devisenkrise/Dollarkrise, zusammenfassend eine weltweite<br />

Börsen, Banken- und Devisenmarktkrise. Auf der anderen Seite werden<br />

wieder Stimmen laut, die die Vorteile hoher Transportkosten für den Schutz<br />

der heimischen Wirtschaft betonen. Wir haben die Diskussion hierzu vertieft.<br />

5. Für den Fall, dass der Infrastrukturausbau mit den unmittelbaren<br />

Beschäftigungswirkungen begründet wird, so ist darauf hinzuweisen, dass in anderen<br />

Bereichen wesentlich höhere Beschäftigungseffekte zu erwarten sind, die zudem nicht<br />

mit Umweltzerstörung erkauft werden.<br />

Kommentar: wir haben in 2004 die Ergebnisse einer Wifo-Studie präsentiert,<br />

die unsere Thesen aus 1996 bestätigt hat (der Ausbau von Infrastrukturen<br />

bringt relativ gesehen am wenigsten Arbeitsplätze). Durch den zusätzlichen<br />

Vergleich mit den Beschäftigungseffekten anderer, unternehmensbezogener<br />

Massnahmen wurde das Potential anderer Ansätze verdeutlich (die auch<br />

wesentlich mehr mit der Lissabon-Strategie der EU zur Förderung von<br />

Wirtschaft und Beschäftigung übereinstimmen).<br />

Aktuelle Situation: auch neueste Studien belegen, dass im Rahmen der EU-<br />

4


Zeitenwende<br />

Förderungen nur durch innovationsnahe Aktivitäten (Qualifikation)<br />

Beschäftigungseffekte zu beobachten sind.<br />

6. Aus dem Bereich nachhaltigen Wirtschaftens werden eine Reihe von Ansatzpunkten<br />

vorgestellt, die das Verkehrsproblem durch eine Regionalorientierung nicht nur<br />

grundsätzlich lösen können, sondern darüber hinaus Arbeitsplätze schaffen und<br />

sichern können. Sie ermöglichen eine Entwicklung, in der die Bevölkerung nicht zum<br />

Opfer übermächtiger Verkehrsströme oder internationaler Wirtschaftsbeziehungen<br />

wird, sondern als Gestalter den Kurswechsel in Richtung nachhaltigen Wirtschaftens<br />

vorantreiben kann.<br />

Kommentar: wir sind in 2004 v.a. auf die Förderung von Clustern<br />

eingegangen.<br />

Aktuelle Situation: wir erleben einen starken Aufschwung regionaler<br />

Erzeugnisse in der Landwirtschaft (die Wiederentdeckung der Region als<br />

Folge der Instabilität/Störungsanfälligkeit der Großstrukturen bzgl.<br />

Gesundheitsrisiken). Nachhaltige <strong>Innovationen</strong> sind dabei ihr Nischendasein<br />

zu verlassen. Sie weisen erhebliches Wachstum und große Marktchancen auf.<br />

Internationale Technologiestudien setzen nachhaltige Technologien auf Platz<br />

1 der Zukunftstechnologien. Damit haben sie sogar die Informations- und<br />

Kommunikationstechnologien auf Platz 2 verdrängt. Hinzukommen die<br />

enormen Potentiale einer energetischen Modernisierung des<br />

Immobilienbestandes (Kapitel 5).<br />

Die Kommunen, Regionen und Länder stehen damit vor einer zentralen Frage: will man<br />

mit den knapper werdenden Geldern weiterhin Straßen bauen oder will man die<br />

Wirtschaft fördern?“<br />

Aktuelle Situation: daran hat sich nichts geändert. Mit der stärker werdenden<br />

Konkurrenz aus China, Indien und anderen Ländern wird sich der regionale<br />

Handlungsdruck noch weiter erhöhen. Wenn der Bereich <strong>Innovationen</strong> und<br />

Nachhaltigkeit nicht engagiert und professionell angegangen wird besteht die<br />

Gefahr die (noch) bestehende Innovationsführerschaft zu verlieren.<br />

5


Einleitung: Zeitenwende<br />

Zeitenwende: viel beachtete Themen<br />

Zeitenwende<br />

An die 4000 Mrd.€ wurden dieses Jahr in einer historisch beispiellosen globalen<br />

Rettungsaktion zur Stabilisierung der Finanzmärkte und zur Absicherung der Konjunktur<br />

zur Verfügung gestellt. Die größten Automobilunternehmen der Welt stehen<br />

möglicherweise vor dem Konkurs. Banken werden teilverstaatlicht. Der Ölpreis erreichte<br />

nach einer Preisversiebenfachung inner halb von 5 Jahren 2008 mit 147$/Barrel einen<br />

Höchststand. Das weltweite Maximum der Ölförderung ist schon oder wird nunmehr bald<br />

erreicht. China stieg zwischen 1997 und 2005 vom zehntgrößten zum drittgrößten<br />

Exporteur der Welt auf und wird 2008/2009 die Nr.1. Dies sind gewaltige Veränderungen<br />

in der Weltwirtschaft, über die viel geschrieben wurde.<br />

Zeitenwende: weniger beachtete Themen<br />

Zeitgleich wurde in den Jahren nach der Jahrtausendwende das Internet und die<br />

Informations- und Kommunikationstechnologie von sauberen Technologien (Clean<br />

Technologies) als Wachstumsmarkt Nr.1 überholt. Solaraktien waren plötzlich die Stars<br />

an den Börsen. Weltweit haben Regierungen saubere Technologien zum wichtigsten<br />

Bereich nationaler Technologiepolitik erklärt. Diese Veränderungen sind schon weniger<br />

bekannt.<br />

Zeitenwende: kaum beachtete Themen<br />

Noch unauffälliger vollzog sich ein Wandel, der für die Diskussion um Wirtschaft, Handel<br />

und Verkehr von größter Bedeutung ist. Während in den 90er Jahren die wirtschaftliche<br />

Entwicklung, was die realen Nettoeinkommen und Beschäftigung betrifft stagnierte bzw.<br />

zurückging (während der Lkw-Verkehr massiv anstieg) hat sich die Situation seit 2000<br />

gedreht. Der Lkw-Verkehr stagniert in Deutschland und wächst nur noch leicht in<br />

Österreich, während sich Beschäftigung und reale Nettoeinkommen besser entwickelt<br />

haben als in den 90er Jahren. Auch der Pkw-Verkehr stagniert und beginnt<br />

zurückzugehen. Von daher können wir von einem Trendbruch und auch von einer<br />

Zeitenwende sprechen. Eine Entkopplung von Wirtschaftsentwicklung und<br />

Verkehrswachstum scheint möglich, und zwar nicht nur in der Theorie sondern in der<br />

Praxis.<br />

Das starke Wort von der Zeitenwende trifft auch zu wenn man das Phänomen Peak Oil<br />

betrachtet. Nach Jahren niedriger Ölpreise (McKinsey sprach von Dumping) wuchsen<br />

plötzlich die Benzin- und Dieselpreise massiv an und die Güterverkehre verteuerten sich<br />

nachdem sie über 20 Jahre gesunken waren. Auch dies ist ein Trendbruch.<br />

6


Vor dem Platzen der Verkehrsblase?<br />

Zeitenwende<br />

Es wurde viel über die Immobilienblase und deren platzen berichtet. Doch was ist eine<br />

Blase und wie kommt es zu einer Blase? Bei einer Blase haben wir es mit einem künstlich<br />

überhöhten Volumen zu tun: in den USA wurden mehr Immobilien nachgefragt als<br />

eigentlich (unter normalen Umständen und d.h. zu normalen Zinsen (nicht 1%) und<br />

normalen Konditionen (nicht ohne Prüfung und Sicherheiten)) finanzierbar gewesen<br />

wären. Auch bei spekulativen Blasen an der Börse werden mehr Aktien nachgefragt als<br />

eigentlich vernünftig wären. Warum?<br />

Man kann dabei zwei Ursachen feststellen: zu niedrige Kosten bzw. selbstverstärkende<br />

Rückkopplungen zwischen ökonomischen Größen (wie z.B. Kurse und Gewinn). Im<br />

Verkehr haben wir es mit beiden Phänomenen zu tun: die Ölpreise waren lange Zeit sehr<br />

niedrig gehalten (und spiegelten nicht die zukünftige Knappheit wieder; s.o.: Dumping I),<br />

die Lkw-Verkehre mussten im Güterverkehr nicht mal die Wegekosten decken. Der Rest<br />

sind (verdeckte) Subventionen (Dumping II). Auch die erheblichen externen Kosten<br />

mussten nicht gedeckt werden (Dumping III). Und gleichzeitig bestand ein<br />

selbstverstärkender Zusammenhang zwischen Verkehrsnachfrage und Ausbau der<br />

Infrastrukturen. Die Infrastrukturen wurden ausgebaut, weil mehr Verkehr erwartet<br />

wurde, der Verkehr wuchs weil mehr Infrastrukturen gebaut wurden (siehe die<br />

Regelkreise in [Brückl 2004, S.26f]). Man kann in diesem Zusammenhang auch von<br />

selbsterfüllenden Prognosen sprechen. Eine gefährliche Sache, weil solch<br />

selbstverstärkenden Regelkreise irgendwann an ihre Grenzen stossen und dann kippen.<br />

Es spricht demnach vieles dafür auch das aktuelle Verkehrsvolumen als eine Art Blase<br />

anzusehen. Wenn nach dem jetzt zu beobachtenden weltkonjunkturell bedingten<br />

Rückgang der Ölpreise die Preise wieder massiv steigen und die Kosteninternalisierung<br />

umgesetzt wird, werden neue Zeiten für Lkw-Verkehre anbrechen.<br />

Hinzukommt eine wissenschaftliche Zeitenwende: während dem Strassenbau bis in die<br />

90er Jahre gute Effekte bzgl. des Wirtschaftswachstums von Regionen eingeräumt wurde<br />

wird mehr und mehr festgestellt, dass dem in der Realität nicht so ist. Damit entfällt ein<br />

wichtiges Rechtfertigungselement im Rahmen der Planung und der selbsterfüllenden<br />

Prognosen.<br />

Mit dem gesagten wird klar, dass auch der Aussenhandel aufgrund verzerrt niedriger<br />

Kosten künstlich aufgeblasen war und ist. Dass er auch statistisch (aufgrund von<br />

Doppelzählungen) aufgeblasen ist kommt noch hinzu (Kapitel 2).<br />

Teure Blasen - billige Blasen<br />

Der Klimawandel ist massiv vorangeschritten, es tritt mittlerweile ein, was in den 80ern<br />

prognostiziert wurde. Die Folgekosten werden ohne Umsteuerung massiv sein. Während<br />

7


Zeitenwende<br />

die Zahlen eine ähnliche Größenordnung von Finanzkrise und Klimakrise suggerieren liegt<br />

ökonomisch betrachtet ein erheblicher Unterschied vor. Die 4000 Mrd.€, die für die<br />

Finanzkrise zur Verfügung gestellt werden evtl. nur zum Teil zahlungswirksam<br />

(Bürgschaften sind zunächst nicht mit Zahlungen verbunden). Und sie stellen<br />

Investitionen dar. Die teilverstaatlichten Banken können wieder verkauft werden. Anders<br />

ist es beim Klimawandel. Hier haben wir es nicht mit Buchungsvorgängen, sondern in<br />

vollem Umfang mit realen Beeinträchtigungen und nicht mit Investitionen, sondern mit<br />

Kosten zu tun.<br />

8


Zeitenwende<br />

1. Zahlen, Trends und Hintergründe<br />

1.1 Trends in Österreich und Deutschland<br />

Für Österreich zeigt sich, dass der Verkehr und die Arbeitslosigkeit immer noch deutlich<br />

stärker wachsen als das reale Nettoeinkommen und die Zahl der Erwerbstätigen. Die<br />

Entwicklung bei den realen Nettoeinkommen und der Beschäftigung hat sich jedoch seit<br />

2004 deutlich verbessert. Die Betrachtung des gesamten Zeitraums seit 1991 zeigt den<br />

Einbruch von Einkommen und Beschäftigung sowie die Zunahme der Arbeitslosigkeit im<br />

Zusammenhang mit dem EU-Beitritt 1995. Erst im Jahr 2000 wurden wieder Werte<br />

erreicht, die mit dem Zeitraum vor dem Beitritt vergleichbar sind.<br />

1,60<br />

1,50<br />

1,40<br />

1,30<br />

1,20<br />

1,10<br />

1,00<br />

0,90<br />

1991<br />

1992<br />

1993<br />

1994<br />

Trends Österreich<br />

1995<br />

1996<br />

1997<br />

1998<br />

Nettoeinkommen Erwerbstätige<br />

Arbeitslose Lkw-Verkehr<br />

Logarithmisch (Lkw-Verkehr)<br />

Quellen: Statistisches Jahrbuch Österreich, Statistik Austria, EUROSTAT<br />

1999<br />

Es wird im Vergleich der Perioden 1991-2000 und 2001-2007 deutlich, dass eine<br />

wesentliche Veränderung stattgefunden hat: der deutliche Anstieg der Einkommen und<br />

der Beschäftigung fällt mit wesentlich niedrigeren Verkehrswachstumsraten zusammen.<br />

In zwei Jahren – 2005 und 2007 - war der Lkw-Verkehr sogar rückläufig, und dies bei<br />

steigenden Einkommen und Beschäftigung.<br />

2000<br />

2001<br />

2002<br />

2003<br />

2004<br />

2005<br />

2006<br />

2007<br />

9


Zeitenwende<br />

Damit ist ein erstmaliger Trendbruch in der Nachkriegsgeschichte festzustellen. Erneut<br />

entgegen weit verbreiteter Ansicht wachsen zwei sehr positive Indikatoren trotz oder<br />

wegen weniger Verkehr! Dies ist eine vollkommene Umkehrung der Entwicklung, wie sie<br />

zwischen 1994 und 1997 vorlag. Dort sanken Beschäftigung und Einkommen bei<br />

gleichzeitigen starken Verkehrswachstum. Es zeigt sich damit, dass in der Realität<br />

möglich ist was in der Theorie schon länger als möglich erachtet wurde: eine Entkopplung<br />

von Verkehrs- und Wirtschaftsentwicklung im positiven Sinne! Während wir in der Praxis<br />

diese erfreuliche Beobachtung machen können, wird zeitgleich in der Fortschreibung des<br />

EU Weißbuchs Verkehr (2006) das Ziel einer Entkopplung von Verkehr und Wirtschaft<br />

aufgegeben (s.u. Kapitel 4).<br />

In Deutschland ist diese Entkopplung noch deutlicher sichtbar. Ebenfalls ab 2000 setzt<br />

eine neue Phase ein. Der stagnierende Verkehr ging mit einer besseren Entwicklung bei<br />

Beschäftigung und realen Nettoeinkommen einher als dies nach 1991 der Fall war. Und<br />

auch die Entwicklung der Arbeitslosigkeit hat sich tendenziell verbessert (da sich das<br />

Wachstum verringert hat).<br />

0,80 1,30 1,80 2,30<br />

1991<br />

1992<br />

1993<br />

1994<br />

Trends Deutschland<br />

1995<br />

1996<br />

1997<br />

1998<br />

Erwerbstätige Arbeitslose reales Netto-Einkommen Lkw-km<br />

1999<br />

2000<br />

2001<br />

2002<br />

2003<br />

2004<br />

2005<br />

2006<br />

10


Zeitenwende<br />

Quellen: Sachverständigenrat: Jahresgutachten 2008, Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik:<br />

Memorandum 2008, DIW Wochenbericht 40/2007 1<br />

Betrachtet man den gesamten Zeitraum 1991 bis 2007 so zeigt sich, dass die Zahl der<br />

Arbeitnehmer 2006 um ca. 400.000 niedriger lag als 1991. Die Arbeitslosigkeit ist seit<br />

2004 rückläufig. Allerdings ist hierbei festzustellen, dass schon seit Jahre ein Teil der<br />

Arbeitslosen nicht (mehr) in der Statistik erfasst wird. Es sind dies Personen,<br />

• die sich in Massnahmen der beruflichen Weiterbildung befinden<br />

• die resigniert haben und sich nicht mehr arbeitslos melden (die sogenannte „stille<br />

Reserve“)<br />

• die in Vorruhestand gegangen sind.<br />

Insgesamt bestätigen die Entwicklungen in Österreich wie in Deutschland<br />

einen Trendbruch und eine einsetzende positive Entwicklung (beginnende<br />

Entkopplung von Verkehrs- und Wirtschaftswachstum).<br />

Doch warum sind die realen Nettoeinkommen nicht gestiegen? Jedes Jahr werden<br />

schliesslich deutliche Zuwächse des Bruttosozialproduktes oder Bruttoinlandsproduktes<br />

berichtet.<br />

1.2 Die Veränderung der Verteilung des Wirtschaftswachstums in<br />

Österreich<br />

Das BIP umfasst den Wert sämtlicher Güter und Dienstleistungen, die in einem Jahr<br />

produziert wurden. Ein Wachstum des BIP besagt, dass mehr Güter und Dienstleistungen<br />

produziert wurden. Damit verbunden entstanden mehr Einkommen. Die Einkommen<br />

teilen sich auf in Einkommen aus Vermögen und Selbständigkeit sowie Einkommen aus<br />

Arbeit. Beide Einkommensarten entwickeln sich seit Beginn der 90er Jahre deutlich<br />

auseinander. Das BIP hat zwischen 1995 und 2007 um 55% zugenommen. Die<br />

Arbeitnehmerentgelte haben im gleichen Zeitraum um 39%, die Einkommen aus Gewinn<br />

und Selbstständigeneinkommen dagegen um 86% zugenommen.<br />

Der Zuwachs des BIP geht immer mehr an die Vermögenseinkommen.<br />

1 Die Lkw-km werden vom DIW in gefahrenen Lkw-km inländischer Fahrzeuge gemessen. Nach den Zahlen von EUROSTAT,<br />

die die gesamt gefahrenen Lkw-km erfassen beträgt das Wachstum 1999 bis 2007 19% statt der vom DIW gemessenen 7%.<br />

Beide Werte signalisieren eine deutliche Abnahme des Lkw-Verkehrswachstums im Vergleich zum Zeitraum 1991-1999.<br />

11


7,00<br />

6,00<br />

5,00<br />

4,00<br />

3,00<br />

2,00<br />

1,00<br />

1976<br />

1977<br />

1978<br />

1979<br />

1980<br />

1981<br />

1982<br />

1983<br />

Zeitenwende<br />

BIP, Arbeitsentgelt- und<br />

Gewinnentwicklung<br />

1984<br />

1985<br />

1986<br />

1987<br />

1988<br />

1989<br />

1990<br />

Bruttoinlandsprodukt Gewinne Arbeitnehmerentgelt<br />

1991<br />

1992<br />

Bei einer Betrachtung der langfristigen Entwicklung zwischen 1976 und 2007 zeigt sich<br />

sehr deutlich anhand der Abweichung der Wachstumsraten von Gewinnen und<br />

Arbeitsentgelten im Vergleich zum BIP-Wachstum, dass seit 1995 das Wachstum der<br />

Einkommen aus Gewinn/Selbständigkeit fast nur noch über dem Wachstum des BIP lag,<br />

dagegen lag das Wachstum der Arbeitsentgelte bis auf 2004 immer unter dem BIP-<br />

Wachstum.<br />

1993<br />

1994<br />

1995<br />

1996<br />

1997<br />

1998<br />

1999<br />

2000<br />

2001<br />

2002<br />

2003<br />

2004<br />

2005<br />

2006<br />

2007<br />

12


0,07<br />

0,05<br />

0,03<br />

0,01<br />

-0,01<br />

-0,03<br />

-0,05<br />

1976<br />

1977<br />

1978<br />

Zeitenwende<br />

Zuwächse Arbeitnehmerentgelte und Gewinn im<br />

Vergleich zum BIP-Wachstum<br />

1979<br />

1980<br />

1981<br />

1982<br />

1983<br />

1984<br />

1985<br />

1986<br />

1987<br />

1988<br />

1989<br />

1990<br />

1991<br />

1992<br />

1993<br />

1994<br />

Arbeitnehmerentgelt Gewinne<br />

Gerade in der langfristigen Betrachtung zeigt sich das Öffnen der Schere Mitte der 90er<br />

Jahre – zur Zeit des EU-Beitritts. Sollte sich diese Entwicklung fortsetzen so würden um<br />

ca. 2015 die Einkommen aus Gewinnen über den Einkommen aus unselbständiger Arbeit<br />

liegen.<br />

1995<br />

1996<br />

1997<br />

1998<br />

1999<br />

2000<br />

2001<br />

2002<br />

2003<br />

2004<br />

2005<br />

2006<br />

2007<br />

13


140,00<br />

120,00<br />

100,00<br />

80,00<br />

60,00<br />

40,00<br />

20,00<br />

-<br />

Zeitenwende<br />

Arbeitsentgelte und Gewinne<br />

(Mrd.€)<br />

1995<br />

1996<br />

1997<br />

1998<br />

1999<br />

2000<br />

2001<br />

2002<br />

2003<br />

2004<br />

Arbeitnehmerentgelt Gewinne<br />

Dieses Einkommen aus Arbeit wird zunächst in der Summe der Arbeitsentgelte<br />

gemessen. Das ist derjenige Betrag, den Unternehmen für Beschäftigte aufwenden. Zieht<br />

man hiervon die Arbeitgeberanteile an Sozialversicherung (Renten-, Kranken-,<br />

Arbeitslosigkeitsversicherung) ab, so kommt man zu den gesamt ausgezahlten<br />

Bruttolöhnen. Zieht man die Sozialbeiträge der Arbeitnehmer sowie die Lohn- und<br />

Einkommenssteuern ab so erhält man die empfangenen Nettoeinkommen. Die folgende<br />

Graphik verdeutlicht, dass die Netto-Löhne und Gehälter nur ca. 50% der<br />

Arbeitnehmerentgelte ausmachen.<br />

2005<br />

2006<br />

2007<br />

14


300,00<br />

250,00<br />

200,00<br />

150,00<br />

100,00<br />

50,00<br />

-<br />

Zeitenwende<br />

BIP, Arbeitsentgelt und Nettoeinkommen<br />

1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007<br />

BIP Nettolöhne+Gehälter Reale Nettoeinkommen Arbeitnehmerentgelt<br />

Aufgrund steigender Steuern und Sozialabgaben öffnet sich hier eine zweite Schere,<br />

diejenige zwischen Staat und Arbeit: zwischen Brutto- und Nettoeinkommen (die erste<br />

Schere betraf die Verteilung zwischen Kapital und Arbeit: Gewinn vs. Arbeitseinkommen).<br />

Nimmt man schliesslich den Verlust an Kaufkraft aufgrund steigender Preise (Inflation)<br />

hinzu so erhält man die dritte Schere: die zwischen nominalen und realen Einkommen.<br />

Wie man sieht erzeugt die erste Schere die größte Lücke, gefolgt von der zweiten und<br />

dritten Schere.<br />

Alle drei Scheren öffnen sich zum Nachteil der realen Netto-Einkommen. Und<br />

insgesamt wird deutlich wie weit sich Sozialprodukt und Nettoeinkommen<br />

auseinander entwickeln. Im Endeffekt stagnieren die realen Nettolöhne<br />

während das BIP deutlich wächst und sich zwischen 1991 und 2007 fast<br />

verdoppelt hat.<br />

Mehr BIP bedeutet nicht mehr reales Einkommen (Entkopplung von BIP und realen<br />

Einkommen). Damit kann man feststellen, dass die Entwicklung des BIP-Wachstums<br />

kaum mehr mit dem realen Einkommen in Verbindung steht.<br />

15


Zeitenwende<br />

Einschub: reale Löhne und Beschäftigung<br />

Diese Entkopplung kann nicht nur für Österreich sondern auch für Deutschland sowie<br />

die EU als Ganzes beobachtet werden. Es zeigt sich, dass höhere Wachstumsraten in<br />

der EU sogar mit geringeren Wachstumsraten der realen Löhne in Verbindung standen.<br />

Zuwachs reales Entgelt<br />

3,0<br />

2,5<br />

2,0<br />

1,5<br />

1,0<br />

0,5<br />

Wachstum BIP und reales Entgelt EU-Länder<br />

0,0<br />

-0,5 0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 4,0<br />

Zuwachs BIP<br />

Reales Entgelt je Beschäftigten (BIP-Deflator)<br />

Linear (Reales Entgelt je Beschäftigten (BIP-Deflator))<br />

Allerdings wäre die Aussage, dass es überhaupt keinen Zusammenhang mehr gibt,<br />

auch nicht ganz richtig, da der Umkehrschluß nicht gilt. Würde bei sonst gleichen<br />

Bedingungen das BIP deutlich zurückgehen würden auch die realen Nettoeinkommen<br />

zurückgehen. Dies wäre das Problem einer starken Rezession. Andererseits könnte ein<br />

sogenanntes Null-Wachstum (steady state) mit steigenden Realeinkommen verbunden<br />

werden wenn es gelänge<br />

• die Verteilung zwischen Kapital- und Arbeitseinkommen zu ändern,<br />

• die Sozialbeiträge/Lohnsteuern oder<br />

• die Inflation<br />

zu senken.<br />

Die obige Abbildung zeigt, dass in Jahren mit niedrigeren Wachstumsraten (1-2%)<br />

höhere reale Einkommenzuwächse zu beobachten waren als in Jahren mit höheren<br />

Wachstumsraten (2-3%). Die Erklärung hierfür liegt vermutlich in dem Umstand, dass<br />

die realen Löhne einen gewissen Konjunkturnachlauf haben. Im Aufschwung steigt das<br />

BIP deutlich, dann werden Forderungen nach deutlicheren Lohnerhöhungen laut, die<br />

dann greifen wenn das Wachstum nachlässt. Korrelation bedeutet nicht Verursachung.<br />

Sonst könnte man den Zusammenhang auch umkehren und argumentieren, dass ein<br />

Rückgang der realen Einkommenszuwächse zu mehr Wachstum führt. Gerade bzgl.<br />

dieses Zusammenhangs scheiden sich die Geister. Während marktliberale oder<br />

neoklassisch argumentierende Ökonomen behaupten, dass eine Zurückhaltung bei den<br />

Löhnen wachstumsförderlich ist würden keynesianisch orientierte Ökonomen genau<br />

das Gegenteil behaupten. Von einer systemischen Betrachtungsweise aus (s.u.) halte<br />

ich prinzipiell beide Erklärungen für möglich. Es kommt aus dieser Perspektive auf die<br />

Situation an. Das bedeutet konkret: solange Kapazitäten nicht ausgelastet sind (was<br />

sich auch im Klagen über Nachfrageprobleme widerspiegelt) führt eine Steigerung der<br />

realen Löhne (durch Steigerung der Arbeitsentgelte, Steuersenkung und/oder<br />

Inflationsreduktion) zu mehr effektiver Nachfrage. Gleichzeitig kann eine Erhöhung der<br />

16


Zeitenwende<br />

Löhne zu einer Reduktion der Nachfrage nach Beschäftigten führen. Wenn dieser<br />

Rückgang größer ist als der Zuwachs an realen Löhnen je Arbeitnehmer würde die<br />

effektive Nachfrage sinken. In der Praxis ist dieser Effekt jedoch nicht zu beobachten.<br />

Die Gegenüberstellung der Wachstumsraten der realen Einkommen und der<br />

Beschäftigten zeigt eine positiven Zusammenhang zwischen beiden Werten: höhere<br />

Zuwächse beim realen Einkommen gingen mit höheren Beschäftigungsgewinnen<br />

einher. Erneut ist festzustellen, dass ein solcher korrelativer Zusammenhang keine<br />

Erklärung sein muß. Er kann jedoch eine Erklärung sein: über die Stärkung der<br />

Binnenkaufkraft steigt die Nachfrage, das BIP und die Beschäftigung.<br />

Zuwächse reale Entgelte<br />

Zuwächse reale Entgelte und Beschäftigung EU 1992-2002<br />

2,0<br />

1,8<br />

1,6<br />

1,4<br />

1,2<br />

1,0<br />

0,8<br />

0,6<br />

0,4<br />

0,2<br />

0,0<br />

-0,020 -0,015 -0,010 -0,005 0,000 0,005 0,010 0,015 0,020 0,025<br />

Zuwächse Beschäftigung<br />

Bezieht man eine gewisse Zeitverzögerung (z.B. von einem Jahr welches zwischen dem<br />

Anstieg der effektiven Nachfrage und der Erhöhung der Beschäftigung liegt) mit ein so<br />

erhält man folgendes Bild welches besagt, dass ein leichter Anstieg der realen<br />

Nettolöhne zu einem starken Anstieg der Beschäftigung im Folgejahr führt.<br />

17


Zuwächse reale Entgelte<br />

Zeitenwende<br />

Wachstum reale Entgelte und Beschäftigung EU<br />

(mit Zeitverzögerung 1 Jahr)<br />

2,0<br />

1,8<br />

1,6<br />

1,4<br />

1,2<br />

1,0<br />

0,8<br />

0,6<br />

0,4<br />

0,2<br />

y = 8,5377x + 0,7089<br />

R 2 = 0,0137<br />

0,0<br />

-0,005 0 0,005 0,01 0,015 0,02 0,025<br />

Zuwächse Beschäftigung<br />

Von daher gesehen unterstützen die empirischen Beobachtungen die Aussage, dass<br />

kurzfristig eine Erhöhung der Löhne im laufenden und im Folgejahr zu einer Erhöhung<br />

der Beschäftigten führt.<br />

Dies entspricht den Aussagen der keynesianischen Theorie und widerlegt die<br />

Forderungen nach Lohnzurückhaltungen. Die Aussagen der Neoklassiker sind jedoch in<br />

einem langfristigen Zusammenhang von Bedeutung, der uns unten noch beschäftigen<br />

wird: der Auslagerung von Produktion und dem internationalen Handel. Reale<br />

Lohnsteigerungen können längerfristig in Branchen, die Möglichkeiten zur Auslagerung<br />

haben, zur Verlagerung und damit verbunden zu einer Reduktion des<br />

Beschäftigungsvolumens führen. Hierin liegt genau eines der zentralen Probleme des<br />

Aussenhandels.<br />

Während höhere Löhne in der Binnenwirtschaft positive sich selbst verstärkende<br />

Kreislaufprozesse anregen, besteht aufgrund des Aussenhandels und der<br />

zunehmenden Globalisierung die Gefahr, dass das Gegenteil eintritt: das Wachstum<br />

der realen Nettolöhne kann dann zu Beschäftigungsrückgang führen.<br />

1.3 Anstieg der Insolvenzen<br />

Die Insolvenzen haben sich in Österreich und Deutschland seit 2004 unterschiedlich<br />

entwickelt. Während in Deutschland ein kontinuierlicher Rückgang festzustellen ist sind<br />

die Insolvenzen in Österreich zunächst gestiegen und dann wieder auf das Level von<br />

2004 gesunken.<br />

18


4,50<br />

4,00<br />

3,50<br />

3,00<br />

2,50<br />

2,00<br />

1,50<br />

1,00<br />

0,50<br />

0,00<br />

Zeitenwende<br />

Insolvenzentwicklung in Österreich und<br />

Deutschland<br />

1991<br />

1992<br />

1993<br />

1994<br />

1995<br />

1996<br />

Insolvenzen AT Insolvenzen D<br />

1997<br />

1998<br />

1999<br />

2000<br />

2001<br />

2002<br />

2003<br />

2004<br />

2005<br />

2006<br />

2007<br />

Betrachtet man wieder die Vergleichs-Phasen 1991-1999 sowie 2000-2007 so zeigt sich<br />

sowohl für Deutschland als auch für Österreich eine bessere Entwicklung als bei<br />

Fortschreibung der Trends der 90er Jahre.<br />

Die Insolvenzen haben sich nach 2000 deutlich besser als noch in den 90ern<br />

entwickelt. Gleichwohl sind die hohen absoluten Beträge mehr als bedenklich.<br />

1.4 Anstieg der Fusionen<br />

Sowohl weltweit als auch auf deutscher und österreichischer Ebene haben die Fusionen<br />

seit 2002 (bzw. 2004) wieder zugenommen und 2007 bzgl. des Transaktionswertes<br />

Höchstwerte erreicht. Diese Zahlen stehen vermutlich aufs engste mit der Finanzkrise in<br />

Verbindung, da ein hoher Anteil der Übernahmen mit viel Fremdkapital finanziert sein<br />

dürfte.<br />

19


http://www.kpmg.de/Presse/5720.htm<br />

Zeitenwende<br />

Und wieder zeigt sich: „Die Folgen derartiger Fusionswellen sind nicht nur auf<br />

Unternehmensebene bedeutend, wo Ertragsrückgänge und Beschäftigungsabbau zu<br />

beobachten sind. Hinzukommt der makroökonomische Effekt, dass die meisten dieser<br />

Fusionswellen (Mergermania, zu deutsch: Fusionswahn) mit einem großen Börsen-Crash<br />

geendet haben. [Kostenwahrheit 2004, S.32]“<br />

1.5 Produktionsverlagerungen ins Ausland<br />

Nach wie vor besteht das Problem, dass zuverlässige Erhebungen über stattgefundene<br />

Verlagerungen kaum vorliegen. In Deutschland waren bereits in den 90er Jahren<br />

anhaltend hohe Verlagerungsaktivitäten festzustellen. Seit 2004 werden mit über 40%<br />

Firmen, die Verlagerungen planen, neue Höchstwerte erreicht.<br />

20


1,55<br />

1,45<br />

1,35<br />

1,25<br />

1,15<br />

1,05<br />

0,95<br />

0,85<br />

0,75<br />

0,65<br />

1993<br />

Zeitenwende<br />

Entwicklung Verlagerungsplanungen<br />

Deutschland<br />

1996<br />

1999<br />

2000<br />

2001<br />

2003<br />

Die langfristige Entwicklung zeigt einen Anstieg der Verlagerungen zwischen<br />

1993 und 2008 von über 35%.<br />

Wir hatten 2004 bereits darauf aufmerksam gemacht, dass auch der Bereich<br />

Dienstleistung mittlerweile von der Verlagerung erfasst wird. Ein herausragendes Beispiel<br />

hierfür ist das Transportgewerbe. Wie bereits 1994 prognostiziert trifft es diese Branche,<br />

die selbst viel verlagert, besonders intensiv was an der stark überdurchscnittlichen<br />

Konkursanzahl deutlich wird [Kummer 2006].<br />

Neben der Industrie und mittleren Dienstleistungen werden zunehmend auch hochwertige<br />

Dienstleistungen wie Forschung und Entwicklung, Finanzdienstleistungen etc.<br />

ausgelagert. Damit ist kein Bereich mehr vor einer Auslagerung sicher.<br />

Die früher oftmals herangezogene Unterscheidung in gefährdete weniger qualifizierte und<br />

relativ sichere hoch qualifizierte Arbeitsplätze ist mittlerweile überholt. Die Linie verläuft<br />

nicht nur zwischen diesen beiden Eigenschaften sondern auch bzgl. der Ortsgebundenheit<br />

der Tätigkeit. Arbeiten, die Ortspräsenz erfordern (Beratung, ärztliche Betreuung,<br />

Taxifahrer) sind nicht gefährdet, Arbeiten die auch (digitalisiert) entfernt durchgeführt<br />

werden können sind gefährdet (Diagnose von Röntgenbildern/medizinischen Tests,<br />

Programmierung...).<br />

Sowohl das Setzen auf Dienstleistungen im allgemeinen als auch auf die sogenannten<br />

hochwertigen Dienstleistungen (R.Reich) erscheint damit als zwar mögliche, jedoch nicht<br />

2004<br />

2005<br />

2006<br />

2007<br />

2008<br />

21


Zeitenwende<br />

mehr länger schützende Strategie. In dem 1996 zitierten Buch von Jeremy Rifkin „das<br />

Ende der Arbeit“ wurde dieses Szenario, in dem die Arbeitsplätze zwischen Technisierung<br />

(Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologie sowie Robotern) und<br />

Auslagerung zerrieben werden, bereits beschrieben. Dies entsprach auch der Prognose<br />

unserer Studie von 1994. Allerdings ist dies keine unausweichliche Zukunft sondern ein<br />

Szenario welches so eintreten kann, jedoch nicht eintreten muß. Mit dem Fortsetzen der<br />

laufenden Entwicklung (s.o.: Fusionen, Konkurse und Verlagerungen) wird dieses<br />

Szenario jedoch immer wahrscheinlicher. Es verwundert, dass sich die Situation nicht<br />

noch drastischer darstellt:<br />

In verschiedenen Studien wurde der möglich zukünftige negative<br />

Beschäftigungseffekt aufgrund von Belagerungen zwischen 10 und 44% der<br />

insgesamt Beschäftigten geschätzt [ERM Report 2007, 47]. D.h., dass jeder<br />

zehnte bis fast jeder zweite Arbeitsplatz gefährdet ist.<br />

Wie bereits 1994 prognostiziert sind durch die Welthandelsintegration von China<br />

deutliche zusätzliche Verschiebungen in diese Richtung zu erwarten. Nach einer OECD-<br />

Studie soll China bereits in einigen Jahren einen Weltmarktanteil im Maschinenbau von<br />

über 50% erreichen. Es dringt damit in Kernbereiche Europas und Japans vor.<br />

Selbst im Sektor Clean Technologies ist China mittlerweile massiv präsent. Es droht<br />

damit neben den genannten Verlagerungen ein Verlust der Innovationsführerschaft.<br />

Dieser Verlust ist selbst Resultat von Verlagerungen, da hierdurch die<br />

Diffusionsgeschwindigkeit von Know-How erhöht wurde.<br />

Wie groß der Anstieg Chinas ist wird anhand des folgenden Bildes deutlich, welches die<br />

weltweite Rangfolge der Warenexporteure zeigt. China ist innerhalb von 8 Jahren vom<br />

10. auf den 3.Platz in 2005 aufgestiegen und wird 2008/2009 die USA und Deutschland<br />

von ihren fast schon traditionellen Führungspositionen verdrängen.<br />

22


Zeitenwende<br />

Dementsprechend verfügt China mittlerweile über die weltweit höchsten<br />

Devisenreserven, welches es dem Land erlauben auch im High-Tech-Bereich Fuß zu<br />

fassen (was ja mittlerweile am chinesischen Transrapid mehr als deutlich wurde).<br />

Zur Erinnerung: wir hatten seit 1994 argumentiert, dass durch den Wegfall<br />

von Handelsschranken in Verbindung mit sinkenden Kommunikations- und<br />

Transportkosten<br />

• der Konkurrenzdruck des Auslands zunimmt<br />

• Verlagerungsaktivitäten in Ausland zunehmen<br />

• der Reduzierung der Fertigungstiefe zunimmt<br />

• die Zentralisierung im Inland zunimmt.<br />

Die 1996, 2004 und jetzt präsentierten Daten belegen diese Entwicklungen.<br />

1.6 Auf dem Weg in die Basarökonomie?<br />

Mit dem 2004 publizierten Buch „Die Basar-Ökonomie“ des Präsidenten des Münchner ifo-<br />

Institutes H.-W. Sinn wurde in Deutschland die Diskussion zum Thema Verlagerung und<br />

Aussenwirtschaft vertieft. Neben dem ifo-Institut sind dabei das Statistische Bundesamt,<br />

das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung sowie Ökonomen wie Rudolf Hickel u.a.<br />

beteiligt.<br />

23


Zeitenwende<br />

Die Kernargumentation von Sinn entspricht unseren oben genannten Thesen:<br />

1. die deutsche Industrie reduziere die Fertigungstiefe und verlagere arbeitsintensive<br />

Schritte ins Ausland<br />

2. dadurch verschärfen sich die Beschäftigungsprobleme in der deutschen Wirtschaft<br />

3. Deutschland entwickle sich in Richtung eines deindustrialisierten Basars – einem<br />

Handelsplatz für weitgehend importierte Güter<br />

4. die nur noch mit dem Label „Made in Germany“ versehen würden.<br />

Besonders deutlich wird dies anhand der Analysen von Ferdinand Dudenhöffer, der<br />

anhand des Beispiels Porsche Cayenne aufzeigte, dass dieser nur noch zu ca. 33%<br />

deutsche Wertschöpfung (und gar nur zu 12% Porsche) beinhalte. Der Großteil – 67% -<br />

des Fahrzeugs stammt aus dem Ausland (in diesem Fall dem VW-Werk in Bratislava)<br />

[Dudenhöffer 2005].<br />

25000<br />

20000<br />

15000<br />

10000<br />

5000<br />

0<br />

Wertschöpfung Porsche Cayenne<br />

Auslandsanteil Deutsche Lohn- und<br />

Kapitalkosten<br />

Strukturkosten Gewinn<br />

Dieses Beispiel ist von mehreren Seiten interessant. Nicht nur, dass es belegt wie bei<br />

einem nationalen Vorzeigeprodukt „Porsche“ Verlagerung stattgefunden hat. Betrachten<br />

wir die Verteilungsaspekte: schon heute sind die Gewinne so hoch wie die deutschen<br />

Lohn- und Kapitalkosten. Unter der Annahme, dass die deutschen Zuliefererbetriebe eine<br />

Umsatzrendite von 10% aufweisen und ein Teil der Strukturkosten (oder Fixkosten) im<br />

Ausland als Marketing und Vertriebskosten anfallen, erhöhen die Strukturkosten die<br />

deutsche Lohnsumme sowie den Auslandsanteil an der Wertschöpfung. Das Verhältnis<br />

Löhne zu Gewinn liegt dann bei 63%:37%. Für den Fall einer noch stärkeren<br />

Exportorientierung (80%) reduziert sich das Verhältnis auf 57%:43%. D.h., dass die<br />

Lohnquote mit zunehmender Verlagerung sinkt. Daduch wird deutlich wie durch Handel<br />

Verteilungseffekte erzeugt werden (s.u. Krugman).<br />

24


Zeitenwende<br />

Die Fertigungstiefe hat (bis auf die Ernährungswirtschaft) über alle Branchen hinweg seit<br />

dem Binnenmarkt (!) in den letzten Jahren deutlich abgenommen:<br />

Quelle: Sinn 2005, 7<br />

Für Österreich ist ein vergleichbarer Rückgang der Fertigungstiefe von 38% auf 22%<br />

festgestellt worden [NZZ 2006].<br />

Mit der sinkenden Fertigungstiefe ging gleichzeitig ein starker Anstieg der<br />

Vorleistungsimporte einher.<br />

Nach einer Untersuchung des Statistischen Bundesamtes von 2004 wuchsen die<br />

Importanteile an den Exporten von 26,2% (1991) auf 38,8% (2002) [Sinn 2007, 112].<br />

25


450<br />

400<br />

350<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

Zeitenwende<br />

Aufteilung der Wertschöpfung der deutschen Exporte<br />

1991 2002<br />

Deutschland Ausland<br />

Die Zahlen für Österreich liegen in einer vergleichbaren Größenordnung: der<br />

Vorleistungsimport stieg von 27% (1990) auf 38% (2000) [NZZ 2006].<br />

In der Auseinandersetzung, die um die Basarökonomie entbrannte machten, die Kritiker<br />

von Sinn darauf aufmerksam, dass die ganze These von der De-Industrialisierung und<br />

dem Basar nicht haltbar sei, da<br />

1. Deutschland Exportweltmeiser sei<br />

2. die Wertschöpfung in der Exportindustrie trotz rückgängiger Fertigungstiefe gestiegen<br />

ist (siehe den hellblauen Balken in der obigen Abbildung).<br />

3. der Exportboom vorteilhaft sei, da die Chancen der Globalisierung genutzt und<br />

Anpassungsprobleme reduziert würden<br />

4. andere europäische Länder den gleichen Rückgang der Fertigungstiefe unterliegen,<br />

jedoch nicht zunehmende Arbeitslosigkeit auf weisen [Pflüger]<br />

Hierzu ist folgendes festzustellen:<br />

Zu 1: Deutschland ist Exportweltmeister<br />

Dass Deutschland Exportweltmeister ist steht in überhaupt keinem Zusammenhang zur<br />

These, da auch im Fall dass Deutschland tatsächlich die gesamte Exportproduktion vom<br />

Ausland bezieht und mit Gewinnaufschlag verkauft (sozusagen nur noch als Händler<br />

auftritt) Deutschland Exportweltmeister sein könnte. Wir hatten diesen Sachverhalt<br />

übrigens 1994 anhand eines Unternehmens aus der Textilindustrie erläutert, welches<br />

jene Basar-Strategie verfolgte: das Unternehmen wandelte sich von Produktions- zu<br />

einem Handelsunternehmen.<br />

26


Zeitenwende<br />

Zu 2: Deutschlands Exporte gehen mit Wertschöpfungsgewinnen einher<br />

Sinn hatte einen Anstieg der Wertschöpfung nicht ausgeschlossen. Sein Argument war,<br />

dass mit der Abnahme der Fertigungstiefe der Auslandsanteil eines Export-Euros steigt.<br />

Die marginale Vorleistungs-Importquote liegt deutlich über der durchschnittlichen<br />

Vorleistungs-Importquote, was dazu führt, dass der Import-Anteil von Jahr zu Jahr<br />

gestiegen ist. Der Unterschied wird deutlich wenn man die längerfristigen Konsequenzen<br />

bei Fortsetzung dieses Trends bildhaft darstellt.<br />

3000<br />

2500<br />

2000<br />

1500<br />

1000<br />

500<br />

0<br />

Aufteilung der Wertschöpfung deutscher Exporte<br />

1991 2002 2013 2024 2030<br />

Deutschland Ausland Polynomisch (Deutschland)<br />

Demnach steigt bei Trendverlängerung die Wertschöpfung bis ca. 2012 um dann zu<br />

sinken – trotz steigender Exporte. In 2030 würde theoretisch die deutsche Wertschöpfung<br />

bei null liegen. Die Darstellung zeigt wie beide Diskussions-Gruppen recht haben. Sinns<br />

Kritiker mit Ihrem Verweis auf die kurzfristig steigende Wertschöpfung, Sinn mit seiner<br />

Befürchtung einer langfristigen De-Industrialisierung.<br />

Allerdings tritt wie bei allen Trendfortschreibungen die Frage nach den Schwellen und<br />

Grenzwerten auf. Kann man eine derartige Entwicklung überhaupt langfristig<br />

fortschreiben? Der erste Grenzwert liegt hier sicher in 2030. Der deutsche<br />

Wertschöpfungsanteil kann nicht kleiner als 0 werden. Der zweite Grenzwert tritt einige<br />

Jahre früher auf. Eine gewisse Wertschöpfung will auch eine Deutschland AG als reiner<br />

Handelskonzern erwirtschaften. D.h., dass ab 2020-2025 keine weitere Verlagerung mehr<br />

erfolgt, der Wertschöpfungsanteil dann konstant bleibt. Mit dem Exportwachstum wächst<br />

dann auch wieder die deutsche Wertschöpfung. Vorausgesetzt ist dabei allerdings, dass<br />

der Handel dann tatsächlich von deutschen Unternehmen durchgeführt wird. Es spricht<br />

jedoch nichts gegen die Vermutung, dass diese Handelsunternehmen aufgekauft und<br />

verlagert werden könnten.<br />

27


Zeitenwende<br />

Ein weiterer wichtiger Aspekt betrifft die Importe, die nicht als Vorleistungen in die<br />

Exporte eingehen. Hier gibt es prinzipiell zwei Möglichkeiten:<br />

1. bei ausgeglichener Handelsbilanz käme es sukzessive zu einer Verdrängung dieser<br />

Importe zugunsten der Export-Vorleistungen. Das Importvolumen würde dann analog zur<br />

deutschen Exportwertschöpfung sinken.<br />

2. bei nicht ausgeglichener Handelbilanz würden massive Aussenhandelsdefizite<br />

auftreten. Dies ist das Szenario, welches schon einmal bei einem Exportweltmeister zu<br />

beobachten war: den USA<br />

Zurück zu den für den Export benötigten Importen. Die Entwicklung zunehmender<br />

Bezüge von Vorleistungen hat sich in den letzten Jahren fortgesetzt:<br />

28


Zeitenwende<br />

Damit ist für 2008/2009 zu erwarten, dass die ausländische Wertschöpfung<br />

am deutschen Export zum ersten mal über der eigenen Wertschöpfung liegt<br />

(und sich das Argument 2 damit bei Trendfortsetzung in Zukunft entfällt).<br />

Für Österreich wird berichtet, dass die sich der Anteil der Löhne im Vergleich zum Anteil<br />

der Gewinne im Aussen-Handel deutlich verschlechtert hat: nachdem 1995 1 EURO<br />

Export noch 12 ct Gewinne und 34 ct Löhne und Gehälter enthielt waren es 2003 17ct<br />

Gewinne und 26 ct Löhne und Gehälter [WIFO 2008, 30]. Wie die Entwicklung der<br />

Beschäftigung in der Industrie zeigt, hat sich die Zunahme des Aussenhandels nicht in<br />

einer Zunahme der Arbeitsplätze niedergeschlagen. Hierbei können zwei Gründe<br />

angeführt werden: erstens haben die Rationalisierungsmassnahmen in starken Umfang<br />

zur Steigerung der Produktivität geführt, sodass immer weniger Beschäftigte immer mehr<br />

Produkte herstellen können. Zweitens vernachlässigt das Argument der Basarökonomie<br />

den Anpassungsdruck bzw. die Verdrängung von inländischer Produktion durch<br />

konventionelle Importe.<br />

29


Zeitenwende<br />

Einschub: bedeuten Aussenhandels-Überschüsse Arbeitsplatzgewinne?<br />

Für den Beschäftigungseffekt sind nicht Aussenbeiträge (die Differenz zwischen Export<br />

und Import = Aussenhandelsüberschüsse = Aussenbeiträge) alleine verantwortlich, wie<br />

an verschiedenen Stellen suggeriert wird, sondern Arbeitsintensitäten oder<br />

ausgetauschte Arbeitsstunden. Nachdem heute keine sehr großen Unterschiede in der<br />

Produktivität zwischen deutschen und tschechischen Standorten internationaler<br />

Unternehmen festzustellen sind, schlagen die Lohnkostendifferenzen (bei niedrigen<br />

Transportkosten) stark durch. Würde ein Produkt 100€ kosten und nur Lohnkosten<br />

enthalten so würde bei einem Lohnverhältnis von 5:1 zwischen Deutschland und<br />

Tschechien ein ausgeglichener Aussenbeitrag zwischen diesen Ländern bedeuten, dass<br />

für den gleichen Betrag in Tschechien fünf mal soviel Güter produziert werden könnten,<br />

d.h., dass in Deutschland vier Arbeitsplätze verdrängt würden. Nun beträgt der Anteil<br />

der Lohnkosten jedoch in der Realität nur ca. 16%. Das bedeutet, dass bei einem<br />

Exportwert von 100€ 16€ Löhne in Deutschland entstehen. Falls die Produktion nach<br />

Tschechien ausgelagert wird entstehen 3,2€ Löhne in Tschechien. Die Differenz sind<br />

12,8€ (bzw. 12,8 Prozent). Das bedeutet bzgl. der Handelsbilanz: von der<br />

Arbeitsintensität oder von den Arbeitsmengen her betrachtet entsprechen 100 € Export<br />

87,2 € an Importen. Anders formuliert: ein tschechisches Produkt, welches 87,2 €<br />

kostet, enthält genausoviel Arbeit wie ein deutsches Produkt, welches 100 € kostet.<br />

Anders betrachtet: der Exportüberschuss (Aussenbeitrag) muß 15% betragen, um<br />

beschäftigungsneutral zu sein. In den letzten Jahren lag er jedoch nur einmal bei 15%.<br />

Dies gilt bei gleichem Arbeitseinsatz. Es ist allerdings zu vermuten, dass der<br />

Arbeitseinsatz der ausländischen Standorte höher liegt (es werde ja nicht die<br />

kapitalintensiven, sondern die arbeitsintensiven Fertigungsstufen ausgelagert).<br />

Wenn der Arbeitseinteil der importierten oder ausgelagerten Wertschöpfung 50% höher<br />

liegt so würden 88,8 € Import 150 € Export entsprechen. Das sind 69%, um die der<br />

Export über dem Import liegen müsste um beschäftigungsneutral zu sein. Das sind nur<br />

erste Überlegungen um zu zeigen, inwieweit der Aussenbeitrag alleine wenig über die<br />

Effekte auf die Beschäftigung verrät.<br />

In jeder Ware steckt Arbeit. In verschiedenen Waren steckt unterschiedlich<br />

viel Arbeit. Ein Handelsbilanzüberschuss muß unter Umständen sehr hoch sein<br />

um einen positiven Beschäftigungseffekt zu erzielen.<br />

Statistische Verfälschung der Handelsbilanz<br />

In diesem Zusammenhang ist schliesslich auf den Umstand hinzuweisen, dass der Export<br />

aufgrund von statistischen Doppelzählungen künstlich vergrößert ist. Betrachten wir den<br />

Fall einer vollständigen Produktion im Inland. 100€ werden im Inland hergestellt und<br />

anschliessend exportiert. Der Export beträgt 100€. Wird ein Teil der Wertschöpfung ins<br />

Ausland verlegt (Weiterverarbeitung der Waren, die im Inland erzeugt wurden) so ergibt<br />

sich folgendes Bild:<br />

Situation 1<br />

Wertschöpfung Exportwert Importwert<br />

3 Wertschöpfungsstufen im Inland 100 100<br />

Summe 100 100 0<br />

Situation 2<br />

30


Zeitenwende<br />

Wertschöpfungsstufe I im Inland 20 20<br />

Wertschöpfungsstufe II im Ausland 40<br />

Wertschöpfungsstufe III im Inland 40 100<br />

Summe 60 120 40<br />

Summe Import+Export 160<br />

Der Export wächst um 20%, der Aussenhandel um 60%-Punkte (die Exporte steigen um<br />

20%-Punkte, die Importe um 40%-Punkte) obwohl (nur) 40% der Wertschöpfung<br />

verlagert wurden.<br />

Anders formuliert: bei im Ergebnis niedrigerer Wertschöpfung und niedrigerer<br />

Beschäftigung steigt der Export aufgrund der Verlagerung.<br />

Zu 3: Exporte reduzieren den Anpassungsdruck<br />

Wenn der Exportboom mit steigender Verlagerung von Arbeitsplätzen einhergeht so ist<br />

schwer nachvollziehbar wie dies den Anpassungsdruck reduzieren soll. Es ist zwar<br />

sicherlich so, dass durch die Verlagerung von Produktionen auch Arbeitsplätze im Inland<br />

gehalten werden können, die sonst gefährdet wären. Ob der Gesamtprozess allerdings<br />

vorteilhaft ist, ist eine andere Frage. Um ein drastisches überzeichnetes Beispiel zu<br />

nehmen: wenn in ein Schiff ein Leck geschlagen wird, dann erhöht der Umstand, dass<br />

Leute über Bord gehen, die Überlebenschancen derjenigen die noch an Bord sind. Daran<br />

ist nicht zu zweifeln. Die Frage ist jedoch, ob man überhaupt ein Loch in einen<br />

Schiffsrumpf schlagen sollte. Und falls es passiert, was getan werden kann um das Loch<br />

zu stopfen.<br />

Zu 4: andere Länder haben weniger Probleme<br />

Das Argument, dass andere Länder ebenfalls rückgängige Fertigungstiefen, jedoch<br />

weniger Arbeitslosigkeit aufweisen, ist insofern richtig als es zunächst auf einen realen<br />

Sachverhalt hinweist, der ja nun nicht zu bestreiten ist. Allerdings liegt hier ein gewisses<br />

Bezugsebenenproblem vor. Wenn die These stimmt, dass der Export mit zunehmend<br />

mehr Importen einhergeht (und die Beschäftigung in der Exportwirtschaft tendenziell<br />

beeinträchtigt) so besteht durchaus die Möglichkeit, dass die entstehenden Arbeitslosen<br />

in anderen Ländern leichter aufgefangen werden. Hierbei können vielfältige Aspekte wie<br />

die Regulation der Arbeitsmärkte, Flexibilität der Löhne, staatliche Beschäftigung etc.<br />

eine Rolle spielen. Es wäre daraus lediglich die Schlussfolgerung abzuleiten, dass das<br />

Problem der negativen Beschäftigungseffekte in anderen Ländern effektiver angegangen<br />

wird. Dass fast alle entwickelten Industrienationen Beschäftigungsverluste in der<br />

Industrie aufweisen wird von manchen als quasi naturgesetzhaft dargestellt [BMWA<br />

2004, S.8]. Es sind hierbei jedoch zwei Aspekte von Bedeutung:<br />

31


1. die zunehmende Technisierung<br />

Zeitenwende<br />

2. die seit den 70er Jahren zu beobachtende neue internationale Arbeitsteilung wie<br />

sie z.B. von [Fröbel, Heinrichs, Kreye 1984] beschrieben wurde. In den USA wird<br />

dieses Phänomen übrigens schon länger, nämlich seit den 70er Jahren diskutiert.<br />

Sinn spricht kritisch von Überspezialisierung und davon, dass „von einer Verbesserung<br />

der internationalen Arbeitsteilung nicht die Rede sein kann“. „Der Exportboom war<br />

pathologisch.“<br />

Sinn geht davon aus dass „die Deutschen Einkommen nicht unbedingt mit der<br />

Industrieproduktion selbst erarbeiten (müssen). Sie können sie auch im Handel, bei<br />

Ingenieurleistungen, bei Organisation des Produktionsprozesses, beim Design, beim<br />

Marketing und den mit dem großen Industriebasar verbundenen Dienstleistungen<br />

verdienen“ (Sinn 2007, 96). Inwieweit das realistisch ist, ist eine eigene Frage. Wir haben<br />

bereits oben auf die Tendenz zur Verlagerung auch dieser Dienstleistungen aufmerksam<br />

gemacht.<br />

.<br />

Sinns Aussagen sind im Zusammenhang von Verkehr, Exportorientierung und<br />

Beschäftigung von höchsten Interesse haben sie doch Zahlenmaterial erzeugt,<br />

welches bislang so nicht verfügbar war. Das Zahlenmaterial belegt eindeutig<br />

die von uns prognostizierten Entwicklungen in den Bereichen Fertigungstiefen<br />

und Verlagerung.<br />

1.7 Erhöhung der Transportkosten zur Standortsicherung<br />

Der große Unterschied zur Argumentation von H.W. Sinn liegt in der unterschiedlichen<br />

Schwerpunktsetzung bzgl. der Erklärung des Phänomens. Während Sinn die zu hohen<br />

Lohnkosten als auschlaggebend für die Verlagerung ansieht, haben wir auf die niedrigen<br />

Transportkosten hingewiesen. Lohnkostendifferenzen sind durchaus wichtig, sie schlagen<br />

jedoch nur in Abhängigkeit von Transport-, Handels- und Kommunikationskosten durch.<br />

Letztere wirken wie Dämpfer.<br />

Wenn sich ein Unternehmen bei einer Verlagerung 1 Mio.€ an Lohnkosten einspart, dafür<br />

aber 900000 € an zusätzlichen Transportkosten hat so wird es die Produktion weniger<br />

schnell auslagern als wenn die Transportkosten bei 300000 € liegen (vgl. das Krugman-<br />

Beispiel in [Brückl 1994 S.18]).<br />

Die Verlagerungen gehen mit stagnierenden bzw. sinkenden Investitionen im Inland und<br />

steigenden Investitionen im Ausland (Direktinvestitionen) einher. Dies zeigt sich auch in<br />

32


Zeitenwende<br />

der Entwicklung der Anzahl der Arbeitnehmer im verarbeitenden Gewerbe. Die Zahl der<br />

Arbeitsplätze ging hier deutlich zurück.<br />

1,05<br />

1,00<br />

0,95<br />

0,90<br />

0,85<br />

0,80<br />

0,75<br />

0,70<br />

0,65<br />

0,60<br />

Entwicklung industrieller Arbeitsplätze (Deutschland)<br />

1991 1995 2000 2003 2004 2005 2006 2007<br />

Prod.Gewerbe Verarb.Gewerbe<br />

In einer Analyse zur Entwicklung im verarbeitenden Gewerbe des ifo-Institutes heisst es<br />

diesbezüglich:<br />

„Damit bleibt festzuhalten, dass dem industriellen Produktionswachstums in den<br />

letzten zehn Jahren, dass zum großen Teil aus beachtlichen Erfolgen<br />

exportorientierter Unternehmen auf den Weltmärkten resultiert, keine entsprechende<br />

Zunahme der inländischen Beschäftigung gegenüber steht“ [Hild 2004, 26].<br />

Die Entwicklung der Beschäftigten in der Industrie zwischen 1995 und 2003 zeigt einen<br />

Rückgang in Höhe von 8%. Das entspricht exakt dem Wert des Beschäftigungsrückgangs<br />

in den USA im Rahmen der Realisierung der nordamerikanischen Freihandelszone NAFTA<br />

[Trefler 2004].<br />

Die Entwicklung der Fertigungstiefe wie der realen Wertschöpfung im produzierenden<br />

Gewerbe zeigt sehr deutliche Trendbrüche, der mit dem Binnenmarkt einsetzten und bis<br />

zumindest 2002 anhielten:<br />

33


[Hild 2004, 22]<br />

[Hild 2004, 22]<br />

Damit zeigt sich folgendes festhalten<br />

Zeitenwende<br />

• die prognostizierten Entwicklungen sind eingetreten<br />

• wenn der Verkehr seine tatsächlichen Kosten nicht deckt – sozusagen zu billig ist –<br />

werden Arbeitsplatzverlagerungen und negative Wohlfahrtseffekte erzeugt (wenn<br />

Umweltgesetzgebungen international in unterschiedlichem Ausmaß Kosten<br />

internalisieren so hat dies den gleichen negativen Effekt)<br />

• die Mischung aus hohen inländischen Löhnen, hohen internalisierten Umweltkosten vor<br />

Ort und niedrigen Kosten im Ausland stellt in Verbindung mit niedrigen Transportkosten<br />

eine hoch gefährliche Konstellation dar<br />

• sie werden heute an prominenter Stelle diskutiert<br />

• mittlerweile werden gar Hoffnungen in die Verteuerung der Transportkosten als Mittel<br />

zur Standortsicherung erkannt bzw. eine partielle Abkehr von der globalen Produktion<br />

aufgrund der Störungsanfälligkeit gefordert.<br />

Wie 1994 und 1996 bereits dargestellt waren bereits damals sowohl in der Theorie als<br />

auch in der Praxis Stimmen zu vernehmen, die eine Erhöhung der Transportkosten als<br />

34


Zeitenwende<br />

positiv für die Beschäftigungssituation ansehen. Je höher die Transportkosten, desto<br />

weniger Gewicht haben Größenvorteile oder Lohnkostendifferenzen, die zur<br />

Zentralisierung oder Auslagerung von Produktionsstätten führen.<br />

35


Zeitenwende<br />

„Rekord-Ölpreis hebt Transportkosten: Kommen jetzt die Jobs zurück nach<br />

Deutschland?<br />

Der Ölpreis kennt nur einen Weg: nach oben. Während die Industrie verzweifelt einen Ausweg<br />

aus der Preisspirale sucht, dürften sich die Vermittler in den Arbeitsagenturen die Hände reiben.<br />

Experten prognostizieren jetzt: Der hohe Ölpreis bringt die Jobs zurück nach Deutschland. Das<br />

Ende der Globalisierung? Vielen Gütern droht mit dem hohen Ölpreis eine erhebliche Teuerung.<br />

Die Einsparungen für eine kostengünstige Produktion beispielsweise in Asien werden durch den<br />

teuren Transport zukünftig möglicherweise gänzlich aufgefressen.<br />

Im Klartext: Billiglohnländer verlieren ihren Standortvorteil.<br />

Eine frohe Botschaft für die aktuell 3,2 Millionen Arbeitslosen.<br />

„Transportkosten sind heute die größten Handelsbarrieren“, sagt Jeff Rubin, Chefökonom der<br />

Investmentbank CIBC World Markets der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (FAS). Bei<br />

einem Ölpreis von 150 Dollar pro Fass wäre ein transportbedingter Aufschlag von 11 Prozent auf<br />

alle Güter fällig.Dieser Preis ist bald erreicht. Heute übersprang er die Marke von 143 Dollar und<br />

erreichte In einer einen Präsentation Rekordwert. eines Ein Automobilzulieferers Barrel (159 Liter) Leichtöl und kostete Logistikunternehmens im elektronischen findet Handel sich der zur<br />

New Yorker Börse zeitweise 143,67 Dollar.<br />

Standortsicherung in Hochlohnländern die oben bereits erläuterte Einschätzung, dass<br />

Ein Effekt des teuren Öls ist bereits heute spürbar.<br />

Transportkosten ein ähnlicher Stellenwert wie Lohnanpassungen zukommt:<br />

Logistikunternehmen überdenken ihre Politik. War der Transport von Waren bislang für einen<br />

Schnäppchenpreis zu haben – Schiffe fuhren, obwohl nicht ausgelastet, trotzdem profitabel –<br />

steigen die Raten nun. Gütertransporte auf der Straße verteuerten sich im ersten Quartal 2008<br />

gegenüber dem Vorjahreszeitraum im Branchendurchschnitt um 3 Prozent, berichtet das<br />

Statistische Bundesamt. Transporte auf der Schiene wurden 4,5 Prozent teurer, auf See sogar<br />

8,7 Prozent. Der Frachtumschlag verteuerte sich um 4,6 Prozent. ...<br />

Unternehmen beginnen, sich Gedanken zu machen. Einige Branchen, wie beispielsweise die<br />

Elektro-Sparte, werden mit Sicherheit weiter Asien als Produktionsstandort vorziehen – die<br />

Unterschiede in den Produktionskosten sind einfach zu groß. Andere Sparten liebäugeln bereits<br />

damit, Arbeitsplätze aus dem Ausland zurück nach Deutschland zu holen.“<br />

Quelle: Bild-Zeitung<br />

http://www.bild.de/BILD/news/wirtschaft/2008/06/30/oelpreis-bringt-die-jobs/nach-deutschland-zurueck,geo=5000046.html<br />

v.30.6.2008<br />

36


Zeitenwende<br />

Im jüngsten Global Risk Report wird als Schwerpunktthema 2008 das Risiko der<br />

Instabilität globaler Produktionsnetze aufgeführt: Auch darauf haben wir schon in<br />

früheren Studien aufmerksam gemacht.<br />

Die wirtschaftliche Optimierung von Lieferketten, die eine geographische<br />

Konzentration von Risiken als eine häufige logische Folge hat, hat die systemische<br />

Anfälligkeit für ein Supply-Chain-Versagen erhöht. Im September 1999 haben sich<br />

nach einem Erdbeben in Taiwan, das eine Schlüsselrolle für die Versorgung für<br />

Halbleiter hat, die Halbleiter-Preise fast verdoppelt.<br />

Lieferketten häufig scheinen das Risiko zwischen mehreren Parteien zu streuen, aber<br />

sie können auch wie in diesem Fall dazu führen, dass es zu einer nicht erkannten<br />

Risiko-Summierung kommt.<br />

... die Fehlsteuerung von Lieferketten kann dazu führen, dass sie zu einem<br />

Mechanismus der Übertragung globaler Risiken wird, der gravierende Folgen auf der<br />

systemischen Ebene und Folgen weit über die Wirtschaft hinaus hat. Eine Krise in<br />

der Lieferkette eines privaten Hersteller von Impfstoffen könnte rasch zu einer Krise<br />

der öffentlichen Gesundheit, vor allem im Zusammenhang mit der anhaltenden<br />

globale Gefahr von Pandemien und infektiöser Krankheiten führen...<br />

Global Risk Report 2008, 15<br />

37


Ölpreis und Transportkosten<br />

Zeitenwende<br />

Die Transportkosten sind europaweit mit der Liberalisierung des Güterverkehrs seit den<br />

80er Jahren zunächst deutlich gesunken. Im Lkw-Verkehr beträgt der Rückgang der<br />

realen Kosten holländischer Spediteure im internationalen Verkehr fast 40%.<br />

Quelle: Ecorys 2006<br />

Die Transportkosten lagen 1999 bei ca. 1€ je Lkw-km (die Spanne reicht von 0,8 € bis<br />

1,1 €)), wobei die Lohnkosten in Österreich und Deutschland bei ca. 44%, die<br />

Treibstoffkosten bei 22% liegen. Dementsprechend würde eine Verdopplung der<br />

Energiepreise zu einer 20%igen Zunahme der Transportpreise führen.<br />

Quelle: Ecorys 2006<br />

Die Transportkosten betragen nur knapp die Hälfte der Logistikkosten, die sich wie folgt<br />

zusammensetzen, so dass eine Verdopplung der Energiepreise eine 10 %ige Zunahme<br />

der Logistikkosten zur Folge hat. Interessant ist nun festzustellen, dass die Logistikkosten<br />

38


Zeitenwende<br />

zwischen 1998 und 2003 eine Wende vollzogen haben und in den letzten Jahren<br />

gestiegen sind.<br />

Quelle: Ecorys 2006<br />

Würden dem Lkw-Verkehr die externen Kosten angelastet, so stiegen die Lkw-km-Kosten<br />

von ca. 1€ auf 1,30 - 1,60€ (s.u. Teil III). Die Logistikkosten würden dementsprechend<br />

um 15 – 30% zunehmen und 12% des Produktwertes betragen.<br />

Rubin, Chef-Ökonom der CIBC-Bank hat für die USA errechnet, dass ab einem Barrel-<br />

Preis von 100$ die Transportkosten höher als die Zölle liegen. Ein Ölpreis von 150$<br />

entspricht einem Zoll von 11%. Der Anstieg der Ölpreise von 20$ (wie im Jahr 2000) auf<br />

200$ erhöht die Transportkosten im internationalen Containerverkehr USA-Asien von<br />

3000$ auf 15000$. In der Vergangenheit konnte bereits einmal eine massive<br />

Verteuerung der Transportkosten festgestellt werden: eine Verdreifachung zwischen 1974<br />

und 1986, die zu einem starken Rückgang an Importen (ohne Ölimporten) führte und den<br />

Weltexport deutlich reduzierte.<br />

39


Quelle: Rubin 2008<br />

Zeitenwende<br />

Der Anstieg der Transportkosten der letzten Jahre führte seit langem erstmals wieder zu<br />

einem Kostenvorteil der US-amerikanischen Stahl-Produzenten im Vergleich zu den<br />

chinesischen Produzenten. Dementsprechend sanken die Importe und wuchs die<br />

einheimische Produktion:<br />

Quelle: Rubin 2008<br />

Der Rückgang der Importe aus China betraf nicht nur Stahl, sondern eine ganze Reihe<br />

von Produkten, und soll nach Rubin 23% betragen.<br />

40


Quelle: Rubin 2008<br />

Zeitenwende<br />

Für die weitere Entwicklung wird ein deutlicher Kostenanstieg prognostiziert. Während<br />

Kummer zwischen 2005 und 2015 ein Wachstum von 40 % für möglich erachtet sehen<br />

Rubin und Tal Anstiege von ca. 100%.<br />

Quelle: Rubin 2008<br />

Damit zeigt sich deutlich, dass eine Trendwende stattgefunden hat und in der Zukunft –<br />

auch ohne Kosteninternalisierung mit einer erheblichen Kostensteigerung der Transporte<br />

zu rechnen ist.<br />

Die Transportkosten und die Logistikkosten haben eine Trendwende vollzogen und steigen<br />

seit einigen Jahren wieder. Es werden weitere Anstiege prognostiziert. Die Entwicklung der<br />

Stahl-Produktion in den USA hat gezeigt, wie die dort heimische Industrie hiervon profitiert<br />

hat während die chinesischen Produzenten verloren haben. Es ist zu erwarten, daß die<br />

Steigerung der Transportkosten die heimische Produktion auch in Österreich und<br />

Deutschland positiv beeinflussen wird und die Verlagerungsaktivitäten bremsen wird.<br />

41


Zeitenwende<br />

2: Die externen Kosten der vier Freiheiten<br />

Die Grundlage des europäischen Binnenmarkte sollen vier Freiheiten sein:<br />

1. freier Personenverkehr<br />

2. freier Warenverkehr<br />

3. freier Dienstleistungsverkehr<br />

4. freier Kapitalverkehr<br />

Beginnen wir mit Letzterem.<br />

2.1 Kosten des freien Kapitalmarktes: 3200 - 4000 Milliarden €?<br />

3700 Mrd.€ (dreitausend siebenhundert Milliarden), das dürfte der Betrag sein, der in den<br />

letzten Monaten (!) zur Rettung des Finanzmarktes weltweit zur Verfügung gestellt<br />

wurde. 3200 Milliarden finden sich in der Aufstellung des Spiegels, weitere 500 Mrd.€<br />

kommen aus China hinzu, weitere Milliarden werden folgen. 2400 Mrd.€ sind es allein in<br />

der europäischen Union, 100 Milliarden sind es in Österreich, 500 Milliarden in<br />

Deutschland.<br />

Quelle: DER SPIEGEL (November 2008) (http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,590556,00.html)<br />

Das entspricht ca 15 mal dem BIP (dem Wert aller waren und Dienstleistungen) von<br />

Österreich oder 174 mal demjenigen von Tirol. Das entspricht ca. 30 mal dem<br />

Staatshaushalt von Österreich und 1600 mal dem Haushalt Tirols.<br />

42


Zeitenwende<br />

In einer bis dahin beispiellosen Rettungsaktion haben Regierungen gezeigt, was möglich<br />

ist wenn Not am Mann ist. Die Not – der Zusammenbruch des Zahlungsverkehrs zwischen<br />

den Banken - ist eine selbst gemachte Not. Trotz vieler Warnungen von renommierten<br />

Wissenschaftlern wurden die Kapitalmärkte von sogenannten „Fesseln befreit“ und Ihren<br />

eigenen Kräften überlassen. Nach zwanzig Jahren Liberalisierung hat der freie Markt<br />

gezeigt was ein freier Markt auch sein kann:<br />

• eine sehr instabile Angelegenheit<br />

• mit großen Risiken<br />

• für die beim Eintreten die Allgemeinheit zu zahlen hat und<br />

• der zudem das Risiko trägt die reale Wirtschaft zum Kollaps zu bringen (und dies ja nun<br />

nicht zum ersten Mal, wie in der Weltwirtschaftskrise 1929 zu erkennen war).<br />

Wir hatten bereits 1994 bzw. 1996 wie eine Reihe weiterer Autoren auf diese Probleme<br />

aufmerksam gemacht. Nun ist nicht davon auszugehen, dass die Probleme des<br />

Finanzmarktes mit der Immobilienkrise und den Problemen des Interbankenhandels im<br />

Herbst 2008 beendet sind. Es werden bereits Warnungen bzw. weitere Krisen<br />

vorhergesagt: Kreditkartenkrise, Autobankenkrise und Devisenmarktkrise.<br />

Doch dürften die damit verbundenen Probleme noch relativ gering sein, wenn man das<br />

Thema CDS (credit default swaps = verbriefte Kreditversicherungen) betrachtet.<br />

Während George Soros das (gefährliche und zu platzen drohende) Volumen noch mit<br />

42600 Mrd.$ bezifferte, nennt der Spiegel mittlerweile 57000 Mrd.$<br />

(http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,590556,00.html v. 18.11.2008). Das ist 18 mal mehr als die<br />

jetzigen Rettungspakete ausmachen (und entspricht dem 25fachen BIP Deutschlands<br />

bzw. dem 230fachen BIP von Österreich bzw. dem ca. 460fachen des österreichischen<br />

Staatshaushalts).<br />

Die 3700 Mrd.€ wurden in Form von Bankbürgschaften, Eigenkapitalhilfen und Aufkauf<br />

maroder Forderungen zur Verfügung gestellt. D.h., dass die Summe zunächst nur zum<br />

Teil ausgabenwirksam ist. Allerdings ist ein nicht unwesentlicher Teil ausgabenwirksam<br />

und das in einer Zeit, in der von der Bevölkerung die Akzeptanz von Sparmassnahmen<br />

gefordert wird, weil kein Geld da sei.<br />

Es ist unglaublich und abenteuerlich welches Risikopotential hier angehäuft wurde. Viele<br />

haben mitgemacht, viele haben nichts dagegen getan und einige haben all das durch<br />

Änderungen von Gesetzen ermöglicht. Und zum Schluß haben alle irgendwie nichts<br />

gewusst, vergessen oder sonst was. Zum Schluß ist sowieso keine Zeit mehr für<br />

Diskussionen darüber, warum sich die Dinge so entwickelt haben. „Man muß jetzt nach<br />

vorne schauen. Sündenbockdiskussionen bringen uns nicht weiter“ – so heisst es dann...<br />

43


Zeitenwende<br />

2.2 Kosten des (Frei-) Handels: ? Mrd.€<br />

2.2.1 Freier Kapitalverkehr, freier Handel, freier Warenverkehr – drei<br />

Erscheinungen einer Ideologie und deren Folgen<br />

Was hat die Finanzmarktkrise und die Liberalisierung mit dem Thema Güterverkehr zu<br />

tun? Nun zunächst haben wir es hier in der Praxis mit dem gleichen Denken, mit der<br />

gleichen Ideologie zu tun. Der „freie Güterverkehr“ soll uns - genauso wie der freie<br />

Kapitalverkehr – Wohlstand und Wachstum bringen.<br />

Und ich behaupte erneut: das, was wir im Kapitalmarkt sozusagen im Zeitraffer gesehen<br />

haben und jetzt erleben zeigt uns, was wir im Verkehrs- und Energiesektor auch im<br />

Zusammenhang mit dem Klimawandel erleben und erleben werden. Auch hier<br />

• sind enorme Schäden möglich<br />

• erhebliche Folgekosten wahrscheinlich<br />

• werden Warnungen ignoriert<br />

• werden falsche Prognosen gemacht<br />

• werden politische Entscheidungen zugunsten von falschen Entwicklungen getroffen.<br />

Während zum einen öffentlich oder politisch eine nachhaltige Entwicklung gefordert wird,<br />

wird in der Praxis oftmals ganz anders mit den Dingen umgegangen. Die<br />

Ökopunkteregelung wurde erst unterlaufen, dann abgeschafft. Und so ging es im Grunde<br />

mit vielen Massnahmen, die geeignet wären das Verkehrswachstum anzugehen.<br />

Es gibt – neben der Notwendigkeit der Internalisierung externer Kosten in der<br />

Umweltökonomie - kaum einen Bereich in den Wirtschaftswissenschaften, der soviel<br />

Zustimmung erfahren hat wie die Freihandelsdoktrin. Generationen von Ökonomen<br />

behaupten, dass Handel positiv ist. Er führt zu einer Steigerung an Gütern und zu einer<br />

effizienteren Produktion. Volkswirtschaften sollen sich auf das spezialisieren, was sie am<br />

besten können und dann die Güter untereinander (über den Markt) tauschen. Egal in<br />

welcher Form man die Handelstheorie in der Vergangenheit angetroffen hat, ob in der<br />

Form der komparativen Kostenvorteile (des englischen Ökonomen David Ricardo –<br />

17./18.Jhd.), der Faktorproportionentheorie (Heckscher und Ohlin 20 Jhd.) oder<br />

mittlerweile in der neuen Handelstheorie (P.Krugman), man kommt fast immer zum<br />

Schluß, dass Handel für alle nur von Vorteile ist. Fast. Denn der Nobelpreis 2008 ging an<br />

Krugman für dessen Errungenschaften im Bereich der Wirtschaftsgeographie, und in<br />

dieser Errungenschaft führt er u.a. den Nachweis, dass Handel dazu führen kann, dass<br />

Regionen zurückfallen. Zwar steigt die Produktion und die Effizienz, die Verteilungseffekte<br />

44


Zeitenwende<br />

und die regionalwirtschaftlichen Effekte können dabei jedoch negativ sein. Langfristig<br />

würden auch diese Probleme beseitigt. Nun schreibt Krugman an anderer Stelle (dem<br />

berühmten Spruch von Keynes folgend) „langfristig sind wir alle tod“.<br />

2.2.2 Verteilungseffekte des Handels<br />

Mit der Intensivierung des Handels sind demnach Umverteilungen verbunden: die einen<br />

Regionen und/oder Branchen verlieren während andere gewissen. Der erwähnte Vorteil<br />

des Handels, der sich langfristig einstellen soll, soll so groß sein, dass diejenigen, die<br />

Nachteile erleiden, Entschädigungen bekommen könnten. Nur wie sieht es in der Praxis<br />

aus? In den meisten Fällen bekommen die Verlierer der Entwicklung wenig Entschädigung<br />

– wenn überhaupt. Ein Beispiel sind z.B.. Strukturanpassungshilfen, Arbeitslosengeld etc.<br />

Kleinere Unternehmen und deren Inhaber bekommen in der Regel gar nichts und sind<br />

noch nicht mal berechtigt Arbeitslosengeld zu empfangen.<br />

Ich beziehe mich an dieser Stelle (wie bereits vorher) bewusst auf Paul Krugman. Nicht<br />

unbedingt wegen dem nun errungenen Nobelpreis, sondern weil diese neue<br />

Handelstheorie bereits in der ersten Studie zum Thema „Verkehr und Wirtschaft“ (1994)<br />

eine der Grundlagen unserer Analysen war. Die neue Handelstheorie oder Krugman<br />

vermochte mit einem einfachen Beispiel zu zeigen, wie Standortentscheidungen in<br />

Abhängigkeit von Transportkosten und Größenvorteilen (economies of scale) fallen.<br />

Damit bot er zugleich eine Erklärung für die Verdrängung kleinerer Hersteller vom Markt<br />

an.<br />

2.2.3 Umweltschäden als blinder Fleck der Handelstheorie<br />

Neben den meist nicht näher beachteten Verteilungseffekten aus einer handelsbedingten<br />

Veränderung der Wirtschaftsstruktur kommt ein ganz einfacher Sachverhalt, der jedoch<br />

in fast allen handelstheoretischen Abhandlungen ausgeklammert bleibt. Selbst wenn es<br />

keine Verteilungsprobleme und keine Probleme der Regionalentwicklung, die auf Handel<br />

zurückzuführen sind, gäbe, unterliegt die Theorie - in welcher Form auch immer - einer<br />

zentralen Einschränkung: nämlich dem Problem verkehrsbedingter externer Kosten.<br />

Solange Verkehr nicht gedeckte Schäden in großen Umfang erzeugt müssen diese<br />

Schäden von den Wohlfahrtsgewinnen, die durch Handel entstehen könnten abgezogen<br />

werden.<br />

Vorteil durch Handel =<br />

Vorteil durch bessere Güterversorgung<br />

45


Zeitenwende<br />

– Nachteile durch regionale Emissionen und Flächenverbrauch<br />

– Nachteile aus globalen Umweltveränderungen<br />

– Nachteil aus Arbeitsplatzverlusten und Konkursen<br />

– Nachteil aus weiteren Beeinträchtigungen der wirtschaftlichen Entwicklung<br />

So einfach ist das. Zunächst. Doch was heisst das in der Praxis? Wie hoch sind die<br />

Gewinne, und wie hoch sind die Verluste? Solange die externen Kosten nicht internalisiert<br />

sind oder nachgewiesenermaßen kleiner als die Vorteile sind, sind Aussagen über den<br />

Vorteil von Handel haltlos. Und in dieser Situation befinden wir uns heute immer noch.<br />

2.2.4 Sechs weitere Argumente, die gegen die Freihandelsdoktrin<br />

sprechen<br />

Im folgenden werden sechs weitere Argumente vorgestellt, die die Freihandelsdoktrin<br />

relativieren, die deutlich machen was u.a. mit dieser Doktrin nicht stimmt.<br />

1. Falsche Grundannahme: Kapital sei nicht mobil<br />

Die klassische Theorie des komparativen Kostenvorteils und die<br />

Faktorpoportionentheorie basiert auf der Annahme, dass Kapital nicht mobil ist. Die<br />

Realität: es gibt kaum noch Kapitalverkehrskontrollen oder Beschränkungen. Der<br />

internationale Devisenverkehr ist über 40 mal höher als der Welthandel und wächst<br />

weiterhin überproportional [Hickel 2006, 66].<br />

46


Zeitenwende<br />

2. Falsche Grundannahme: absolute statt komparative Kostenvorteile<br />

In der Realität sind absolute (und nicht relative oder komparative) Kostenvorteile von<br />

Bedeutung: entscheidend ist, wo man günstiger einkaufen kann. Und wenn das<br />

Ausland bei Lebensmitteln, Energie, Produkten und Dienstleistungen Kostenvorteile<br />

hat wird es für einheimische Produzenten eng.<br />

3. Blindheit gegenüber den Handelsverlierern<br />

Das Modell besagt nichts über die Verteilung der Handelsgewinne. Es heißt zumeist,<br />

dass die Gewinne so groß seien, dass die Verlierer daraus entschädigt werden<br />

könnten. In der Praxis ist dem kaum der Fall.<br />

4. Blindheit gegenüber den negativen Folgen einer Spezialisierung<br />

Das Modell sagt nichts über die möglichen negativen Folgen der Spezialisierung:<br />

Verlust von Wahlmöglichkeiten, zunehmende Abhängigkeit und Instabilität. Gerade<br />

Letzteres wird uns weiter unten im Zusammenhang mit der Diskussion um Wachstum<br />

noch beschäftigen.<br />

5. Veraltete Vorstellungen über den Ausgleichsmechanismus „Wechselkurse“<br />

Üblicherweise wird davon ausgegangen, dass sich im Falle von<br />

47


Zeitenwende<br />

Handelsungleichgewichten die Wechselkurse verändern und zu einem neuen<br />

Gleichgewicht führen. Durch die Überlagerung der Wechselkurse von geldpolitischen<br />

Massnahmen oder Währungsspekulationen kann man jedoch nicht (mehr) davon<br />

ausgehen, dass es der Wechselkurs „schon richten“ wird. Es sind lang anhaltende<br />

Situationen zu beobachten in denen die Importe massiv steigen ohne dass der<br />

Wechselkurs eine Abwertung erfahren würde. Während sich das Handelsbilanzdefiit der<br />

EU mit China zwischen 1999 und 2004 von 25 auf 80 Mrd.€ und 128 Mrd.€ in 2006<br />

erhöhte, liegt der chinesische Rinmimnbi 2007 sogar unter dem Wechselkurs von<br />

1999!<br />

6. Die reale wirtschaftliche Entwicklung zeigt ein anderes Bild: Aufstieg ohne<br />

Freihandel; Abstieg mit Freihandel<br />

Im 19./20 Jhd. erfolgt der Aufstieg der Länder Europas als abgeschottete<br />

48


Zeitenwende<br />

Binnenökonomien, nicht durch Freihandel. Der Freihandel wurde aufgenommen<br />

nachdem eine gewisse Basis, eine gewisse Stärke erreicht war. Im 20 Jahrhundert<br />

erfolgte der Aufstieg Japans sowie der ASEAN-Länder im Rahmen einer<br />

exportgetriebenem Wachstum bei gleichzeitiger Abschottung der Binnenmärkte.<br />

Nobelpreisträger Stiglitz hat wie andere deutlich gemacht, wie der Freihandel und die<br />

Marktliberalisierung in vielen Entwicklungsländern Schäden angerichtet hat (s.u.).<br />

In der Praxis dominiert das Dogma Freihandel weiterhin. Warum? Ich nehme an dass dies<br />

vor allem daran liegt, dass es hier um die Basis unseres arbeitsteiligen Wirtschaftens<br />

überhaupt geht. Es geht um die Frage worin der Vorteil liegt wenn sich Menschen oder<br />

Firmen spezialisieren. Und die Antwort ist relativ einfach: der Vorteil liegt in der höheren<br />

Produktivität, im höheren Warenangebot, in der Möglichkeit mehr zu konsumieren. Und<br />

diese Möglichkeit wurde innerhalb von Nationalgrenzen und grenzüberschreitend genutzt<br />

und hat Wohlstand geschaffen. Dies ist sicher mehrheitlich unstrittig. Dieser Vorteil soll<br />

auch nicht wegdiskutiert werden. Es soll aber darauf aufmerksam gemacht werden, dass<br />

auch dieser Vorteil seine Grenzen hat. Und dass es gerade international deutliche Effekte<br />

gibt, die negativer Art sind. Doch das Dogma Freihandel dürften kaum nur durch<br />

bestimmte Lehrbuchtraditionen zu erklären sein. Schliesslich sind auch die Schutzzölle<br />

ein bekanntes und von vielen prinzipiell akzeptiertes ökonomisches Wissen. Das Dogma<br />

dürfte auch deswegen so weit verbreitet sein, weil gerade die exportorientierten Teile der<br />

Wirtschaft besonders gut organisiert und einflussreich sind.<br />

Handel (in Form von grenzüberschreitenden Güterverkehr) erzeugt neben Vorteilen eine<br />

Reihe von Nachteilen, die mit Kosten verbunden sind: regionale Umweltschäden, globale<br />

Umweltschäden, Verluste von Betrieben und Arbeitsplätzen, wirtschaftliche<br />

Anpassungskosten. Die Handelstheorie, die bislang den Ausbau des Handels rechtfertigt<br />

weist eine Reihe praktischer und theoretischer Fehler auf. Sie müsste dringendst erneuert<br />

und erweitert werden.<br />

2.3 Kosten des „freien“ Warenverkehrs und des Klimawandels: ><br />

5500 Mrd.€<br />

2.3.1 Freier Verkehr: was ist das?<br />

Eine zentrale Frage lautet: „inwiefern ist freier Warenverkehr mit Klimaschutz vereinbar?“<br />

Die Antwort lautet „emissions-freier Warenverkehr ist sehr gut vereinbar,<br />

verantwortungs-freier Warenverkehr überhaupt nicht“. Was soll freier Warenverkehr<br />

49


Zeitenwende<br />

überhaupt sein? Es kann damit wohl kein kostenfreier Warenverkehr gemeint sein. Es<br />

kann vielleicht damit gemeint sein, dass jeder was auch immer transportieren kann und<br />

zwar wann und wo er will. Es gibt jedoch Umweltgesetze, weil reale Gefahren für<br />

Gesundheit und Umwelt existieren. Mit den Gesetzen wird ein Rahmen gesetzt, innerhalb<br />

dessen sich der Markt abspielen soll. Hierüber gibt es prinzipiell einen großen Konsens.<br />

Und diejenigen, die die Gesetze für zu streng erachten tun dies vermutlich nicht deshalb<br />

weil sie keine Gefahren sehen sondern weil sie das Problem sehen, dass wir mit<br />

Standorten in Konkurrenz stehen die keine oder weniger solche Gesetze haben, woraus<br />

ein Wettbewerbsnachteil entsteht. Für Gefahrguttransporte bestehen sogar besondere<br />

Vorschriften, die den freien Verkehr sinnvollerweise einengen. Was ist nun aber der<br />

Unterschied zwischen Unfällen bei Gefahrguttransporten und laufenden<br />

Grenzwertüberschreitungen? Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass ersteres<br />

punktuell auftritt (der Unfall), während es sich bei letzterem um einen schleichenden<br />

Vergiftungsprozess handelt. Es sind gerade letztere Entwicklungen die für die Menschheit<br />

besonders gefährlich sind, weil sie nicht so deutlich wahrgenommen und deswegen als<br />

weniger wichtig eingestuft werden. Aufgrund dieser geringen Wahrnehmbarkeit (der<br />

Belastung, die sowohl zeitlich erstreckt als auch räumlich verteilt ist: da mal ein Opfer<br />

fordert und dort mal eins, in diesem Monat 20, im nächsten 40 usw.) kommt es oft zu<br />

Fehlsteuerungen. Wenn im Strassenverkehr allein aufgrund von Unfällen täglich<br />

europaweit 200 Menschen sterben ist dies in den Nachrichten keine Meldung wert, wenn<br />

irgendwo auf der Welt konzentriert an einem Ort 100 Menschen sterben ist das ein<br />

berichtenswertes Ereignis. In der Mediensoziologie ist das ein gut erforschtes Gebiet.<br />

Aus all dem ergibt sich, dass die Grundfreiheit „freier Warenverkehr“ Unsinn ist. Verkehr<br />

muß wie alles andere auch reguliert werden. Es stellt sich die Frage welche und wieviel<br />

Regulierung benötigt werden. Und die Antwort lautet: soviel nötig um die zu erwartenden<br />

Schäden zu verhindern oder zu begrenzen.<br />

Freier Warenverkehr ist Unsinn. Verkehr erzeugt Kosten, die er zu decken hat.<br />

Verkehr ist so zu regeln, daß der Verkehr mehr Nutzen als Schäden erzeugt<br />

und Schäden eingedämmt werden.<br />

2.3.2 Entwicklung der externen Kosten<br />

Die externen Kosten, die Schäden die durch Verkehr und Emissionen entstehen, werden<br />

schon seit gut dreissig Jahren mehr oder weniger intensiv diskutiert (der Güterverkehr ist<br />

nicht für alle Emissionen verantwortlich. Gleichwohl wachsen die Emissionen des<br />

Verkehrs insgesamt sodaß die Gefahr besteht, daß Einsparungen in anderen Bereichen<br />

50


Zeitenwende<br />

zunichte gemacht werden). Betrachten wir zunächst gesamten Schadensentwicklungen<br />

(für den Brenner finden sich verkehrsbezogene Berechnungen in Kapitel 4).<br />

Umweltschäden aufgrund des Klimawandels<br />

Naturkatastrophen, die zu großem Teil auf den selbst verursachten Klimawandel<br />

zurückzuführen sind, haben seit Mitte der 80er Jahre deutlich zugenommen. Nach einigen<br />

Jahren mit niedrigen Werten waren 2004 und 2005 wieder massive Schäden zu<br />

beobachten.<br />

Im Vergleich zu den 70er Jahren haben sich allein die Kosten aufgrund von<br />

Stürmen und Überschwemmungen versiebenfacht!<br />

Die Schäden waren dabei in wesentlich größerem Umfang versichert als dies in den 90er<br />

Jahren der Fall war. Damit erfolgte eine gewisse Entschädigung der Opfer. Allerdings<br />

müssen die Opfer die Versicherungsgebühren selber bezahlen. Ein Anstieg der Schäden<br />

führt zu einer Erhöhung der Versicherungsgebühren. Von einem Ausgleich zwischen<br />

Verursachern und Opfern kann also keine Rede sein. Ein typischer Fall externer Kosten.<br />

Ein typischer Fall für das angesprochene Marktversagen.<br />

In dem 2007 veröffentlichten Weltklimabericht (der sozusagen den Status des Wissens im<br />

Bereich der Klimaforschung darstellt) wird ein höherer Anstieg der Temperaturen<br />

prognostiziert als derjenige, den wir 1996 referiert haben.<br />

51


Zeitenwende<br />

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Vierter_Sachstandsbericht_des_IPCC v. 29.10.2008<br />

Der Bericht kommt u.a. zum Schluß, dass massive Temperatur- und Klimaveränderungen<br />

Probleme in der Nahrungsmittelversorgung erzeugen wird, gesundheitliche Probleme<br />

erhöhen wird und einen weiteren Anstieg des Meeresspiegels sowie Stürme und<br />

Überschwemmungen zur Folge haben wird.<br />

Der Bericht wurde aufgrund von Einflussnahme der USA, Chinas, Russlands und Saudi-<br />

Arabiens geschönt (das Original der Zusammenfassung findet sich unter<br />

http://www.ipcc.ch/).<br />

Im Rahmen des Kurswechsels nimmt die Besteuerung des CO2-Ausstosses einen<br />

zentralen Stellenwert ein. Die Kosten für den Klimaschutz würden selbst bei<br />

anspruchsvollen Zielen einer Reduktion des durchschnittlichen Wachstums um höchstens<br />

0,12 Prozent entsprechen. Das ist ca. 1 Promille oder vernachlässigbar wenig.<br />

Der ein Jahr vorher – 2006 – veröffentlichte Stern-Report des früheren Weltbank-<br />

Chefökonomen Robert Stern kam ebenso wie die IPCC-Studie zum Ergebnis, dass sich die<br />

Lage gegenüber 2001 deutlich verschlechtert hat. Die Effekte des Klimawandels werden<br />

in der folgenden Graphik deutlich:<br />

Für einen Kurswechsel<br />

verbleiben nach Aussagen des Weltklimaberichts<br />

vom heutigen Zeitpunkt aus gesehen<br />

noch: ca. 6 Jahre.<br />

52


Quelle: Stern Review o.J., 5<br />

Zeitenwende<br />

Die externen Kosten sollen 5,5 Bio.€ - das sind 5500 Mrd.$ - oder 20% des<br />

Weltsozialproduktes betragen. Damit liegen die externen Kosten beim 20 fachen dessen<br />

was die Welt aufbringen müsste um diese Kosten zu vermeiden. Ökonomisch betrachtet<br />

liegt der RoI von Umweltschutzmassnahmen bei 1900%. Eine sehr rentable Anlage. Die<br />

Welt würde laut Stern-Studie ca. 270 Mrd.€ (1% des Welt-BIP) aufwenden müssen.<br />

53


Zeitenwende<br />

„Die Folgen des Klimawandels könnten zwischen fünf und 20 Prozent des weltweiten<br />

Bruttoinlandsprodukts auffressen, vergleichbar mit den Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise<br />

in den dreißiger Jahren. Kosten in einer Größenordnung bis zu 3,68 Billionen Britische Pfund<br />

(rund 5,5 Billionen Euro), hat Stern hochgerechnet, kämen auf die Menschheit zu, wenn nichts<br />

gegen den Klimawandel unternommen werden.“<br />

http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,445410,00.html v. 3.10.2006<br />

Nach einer Untersuchung der Weltbank haben Investitionen in den Schutz vor<br />

Umweltschäden von 25 Milliarden Euro in den 90er Jahren Schäden von 180 Milliarden<br />

Euro verhindert.“ [http://www.tagesschau.de/wirtschaft/klimawandel116.html]. Das entspricht einer<br />

Rentabilität von 620% (ohne Abdiskontierung). Die Welt war sehr schnell in der Lage ca.<br />

3700 Mrd.€ für die Weltfinanzkrise aufzubringen, von den 270 Mrd.€ und der Stern-<br />

Studie überhaupt hört man dagegen nichts mehr.<br />

Bemerkenswert ist die Diskussion rund um den Stern-Bericht. William Nordhaus<br />

bemängelt die zu niedrige Diskontierung (Abwertung von Schäden die zeitlich weiter weg<br />

sind). Ob ein Tornado weniger schlimm ist, weil er Ihre Tochter statt nächstes Jahr erst in<br />

10 Jahren das Leben kostet ist eine schwierige Frage. Es kann in der ganzen<br />

Angelegenheit der Diskontierung nicht darum gehen Schäden schön zu rechnen, sondern<br />

zu vermeiden, dass es so weit kommt. Ähnlich wie im Rahmen der Finanzkrise gilt in der<br />

Praxis wohl das Motto „solange die Musik spielt, wird getanzt“ oder was kümmern uns die<br />

Probleme von morgen.<br />

Die Befürchtungen zum Klimawandel haben sich verfestigt und sind<br />

hinsichtlich des Ausmaßes gestiegen. Die zu erwartenden Kosten liegen<br />

deutlich höher als erwartet. Dabei könnten sie mit einem relativ niedrigen<br />

Aufwand von 0,1 bis 1% des weltweiten BIP vermieden werden.<br />

2.3.3 Externe Effekte, Marktversagen und Staatsversagen<br />

Es dürfte sich kaum ein Ökonom oder ein Umweltökonom finden, der die Ansicht vertritt,<br />

dass das Wachstum welches diese Schäden erzeugt, ökonomisch vernünftig sei. Sobald<br />

deutliche Umwelteffekte auftreten, für die die Verursacher nicht zahlen liegt<br />

Marktversagen vor. Mit Steuern, Auflagen oder Zertifikaten sind diese Kosten zu<br />

internalisieren. So einfach ist das – in der Theorie. In der Praxis scheint jedoch nicht nur<br />

ein Marktversagen, sondern auch ein Staatsversagen vorzuliegen. Der Staat<br />

unternimmt zu wenig um dem bekannten Problem auf den Leibe zu rücken. Und wie im<br />

54


Zeitenwende<br />

Falle des Güterverkehrs in Österreich werden unsinnigerweise seitens der Kommission<br />

von Österreich die Senkung der Emissionen gefordert (KOM 2007, 36), gleichzeitig<br />

politische Massnahmen verhindert. Wie kann so etwas sein? Warum kommt es zu diesem<br />

Staatsversagen? Wer beeinflusst dies? Mit welchen Argumenten? Nun, man könnte hier<br />

wohl Einiges zum Thema Einflussgruppen sagen. Aber das ist nicht Gegenstand dieser<br />

Studie. Es geht hier um die Feststellung realer Trends, realer Probleme und der Tatsache,<br />

dass eine Fortsetzung der laufenden Entwicklung diese Probleme weiter wachsen lassen<br />

wird. Es geht ausserdem um die Frage mit welchen wirtschaftswissenschaftlichen<br />

Argumenten gegen Massnahmen argumentiert wird, die auf quasi unumstrittenen<br />

wirtschaftswissenschaftlichen Basiswissen beruhen. Paul Krugman hatte in einem Artikel<br />

Ende der 90er Jahre lapidar festgestellt:<br />

„Warum vergeuden wir eigentlich so viel Zeit damit über Steuerreformen zu diskutieren? Warum versuchen wir nicht<br />

einfach unsere Verkehrsstaus zu beseitigen? Das scheint eine dumme Frage zu sein, ist es aber nicht. Denn die Lösung<br />

des Verkehrsproblems hat mindestens genauso viel mit Marktwirtschaft zu tun wie das Engagement für Steuerreformen.<br />

Der kleine Unterschied ist nun der, dass eine Steuerreform eine unsichere Sache ist... während die Lösung des<br />

Verkehrsproblems für ganze 40 Mrd.Dollar definitiv zu haben ist [Krugman 2002, 206].“<br />

Krugman argumentiert, wie man ökonomisch gesehen argumentieren muß. Wenn es ein<br />

Problem gibt, weil (Umwelt-) Schäden auftreten, für die andere zu zahlen haben, dann<br />

muß man die Kosten erhöhen bis diese Schäden gedeckt sind. Wenn Standards<br />

(Umweltbelastungsgrenzen) festgelegt werden (die übrigens vorliegen) – dann geht es<br />

darum den Preis solange zu erhöhen bis die Belastung auf ein erträgliches Niveau<br />

zurückgeht. Das ist ökonomisch sinnvoll. Es ist ökonomischer Unsinn Infrastrukturen<br />

auszubauen, weil Infrastrukturen zu voll oder ausgelastet sind – so lange die externen<br />

Kosten nicht gedeckt sind (s.u.). Noch unsinniger wird es wenn Infrastrukturen gebaut<br />

werden, weil unausgelastete Infrastrukturen in Zukunft ausgelastet sein könnten.<br />

Solange Prognosen auf der Verlängerung von vergangenen Entwicklungen beruhen sollte<br />

man sie als das sehen was sie sind: die Fortschreibung von vergangenen Fehlern in die<br />

Zukunft (unter der Annahme das die gleichen Fehler auch in Zukunft gemacht werden).<br />

Natürlich können sich (Fehl-) Entwicklungen relativ lange auch in der Zukunft noch so<br />

fortsetzen wie wir es kennen. Es muß aber nicht so sein, wie die Bankenkrise 2008<br />

gezeigt hat. Und dass der Verkehr nicht so billig bleiben wird, hat einen einfachen Grund,<br />

der nicht von der Output-Seite des Verkehrs kommt (Emissionen, externe Kosten und<br />

Kosteninternalisierung), sondern dessen Input-Seite betrifft: den Benzin- oder<br />

Dieselpreis.<br />

55


Zeitenwende<br />

Die fehlende Kosteninternalisierung führt dazu, daß der Markt als Steuerungsinstrument<br />

versagt. Das die Kosten noch nicht internalisiert wurden zeigt ein Staatsversagen.<br />

2.3.4 Peak Oil – das beginnende Ende des Erdölzeitalters<br />

Der Großteil unseres Wirtschaftens und Lebens hängt heute noch vom Einsatz von Öl ab<br />

(in der Industrie, im Verkehr, im Haushalt). Obwohl die beiden Ölschocks der 70er Jahre<br />

signalisiert haben, wie stark Veränderungen des Ölpreises das Wirtschaftssystem<br />

beeinflussen, wurde nur mit halben Einsatz an Alternativen gearbeitet. Zum Glück wurde<br />

überhaupt daran gearbeitet, so dass die erneuerbaren Energien sowie energiesparende<br />

Produktionsweisen und Haushaltsgeräte heute in wesentlich größerem Umfang zur<br />

Verfügung stehen als dies in den 70ern der Fall war.<br />

Verkehrsprognosen gehen jedoch wie die meisten Wirtschaftsprognosen davon aus, dass<br />

eine weitere Verknappung des Öls und der damit verbundene Preisanstieg weit in der<br />

Zukunft liegen. Dabei wird seit fast dreissig Jahren vor Peak Oil (dem Höhepunkt der<br />

Ölförderung) gewarnt.<br />

Peak Oil = das globale Maximum der Ölförderung<br />

Nachdem schon länger keine größeren Ölvorkommen gefunden werden können und<br />

diejenigen, die da sind, immer höhere Förderkosten haben, wird nach dem Überschreiten<br />

von Peak Oil das Angebot an Öl sinken.<br />

Gleichzeitig steigt die Weltnachfrage mit ca. 1-2% p.a. Das bedeutet, dass sich nach dem<br />

Überschreiten von Peak Oil Angebot und Nachfrage deutlich auseinander entwickeln. Dies<br />

wird zu massiven Preisanstiegen führen.<br />

56


Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Peak_Oil v. 10.11.2008<br />

Zeitenwende<br />

Auch wenn eine kurzfristige Ausweitung möglich sein sollte ist davon auszugehen, dass<br />

Peak Oil zwischen 2008 und 2010 erreicht wird (wenn es nicht bereits erreicht wurde!).<br />

In den letzten Jahren stagnierte die Fördermenge bei ca. 85 Mio.Fass Öl/Tag.<br />

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Peak_Oil v. 10.11.2008<br />

Der Ölpreis schoss innerhalb von sieben Jahren von 20 auf 140 $/Barrel (das entspricht<br />

einer Steigerung von 700%)).<br />

57


Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Peak_Oil v. 10.11.2008<br />

Zeitenwende<br />

Sollte sich das Gleiche wiederholen (wie zwischen 1973 und 1980) so könnte der Ölpreis<br />

bei 950$/Barrel liegen. Die langfristige Darstellung macht deutlich, dass der Ölpreis<br />

schon einige Male real betrachtet höher lag, zuletzt Anfang der 80er Jahre (weit vor Peak<br />

Oil!).<br />

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Peak_Oil v. 10.11.2008<br />

Es ist zu erwarten, dass nun nach dem Überschreiten von Peak Oil die Ölpreise in ganz<br />

andere Grössenordnungen gehen werden. Aus der Ölindustrie sind Steigerungen von bis<br />

zu 7.000% bis 2030 zu hören.<br />

Das entspricht einer Versiebzigfachung des Ölpreises!<br />

Auch wenn es nur ein Bruchteil davon sein sollte, nehmen wir an eine Verzehnfachung,<br />

wären damit massivste Verteuerungen in Industrie und Verkehr zu erwarten. Und dies<br />

nicht weil Ökologen die Öko-Steuern massiv angehoben haben sondern weil Öl relativ<br />

knapp wird. Mit der Diskussion um Öko-Steuern sollte bereits vor ca. 20 Jahren versucht<br />

werden die Energiepreise sukzessive kontrolliert anzuheben um einen sanften<br />

Anpassungspfad einzuleiten. Nun reagieren die Marktkräfte und wie man sieht: mit<br />

deutlichen Schwankungen und erheblichen Intensitäten.<br />

58


Zeitenwende<br />

Es ist zu erwarten, dass der Rückgang der Ölpreise, der nach dem Finanzcrash einsetzte<br />

und sich mit der beginnenden Rezession fortsetzt uns ein bis drei Jahre erhalten bleiben<br />

wird, und dann - nachdem die großen Wirtschaften wieder an Wachstum gewinnen - noch<br />

wesentlich heftiger ansteigen wird als dies bisher der Fall war (meine Prognose liegt bei<br />

300$/Barrel in 2012).<br />

Bei aller Unsicherheit die mit konkreten Zeitangaben im Zusammenhang mit<br />

Wirtschaftsprognosen verbunden sind ist eines sicher: der Preisanstieg wird kommen und<br />

er wird heftig sein. Von daher ist es ein Gebot der Stunde nicht nur wegen dem Problem<br />

des Klimawandels sondern auch wegen dem Problem der Ölabhängigkeit erhebliche<br />

Massnahmen zur Umsteuerung im Energiesektor einzuleiten (siehe Kapitel 5).<br />

Wenn der Sachverständigenrat in Deutschland in 2008 massive Investitionen in die<br />

Verkehrsinfrastruktur fordert so ist das mehr als blind. Es ist verantwortungslos. Wenn<br />

diese Gelder für den Ausbau eines öffentlichen Verkehrsnetzes und für ökologische<br />

Modernisierung des Immobilienbestandes genutzt werden, können sowohl konjunkturelle<br />

Impulse gesetzt werden als auch Anpassungen eingeleitet werden die nötig sind (s.u.).<br />

Die Ölpreise werden schon mittelfristig massiv steigen. Unter Peak Oil finden<br />

Sie in google und YouTube eine Reihe hoch interessanter Reportagen und<br />

Hintergrundinformationen zu einem der brennendsten Probleme unserer Zeit.<br />

3. Wirtschaft, Handel und Verkehr aus<br />

systemökonomischer Perspektive<br />

3.1 Wachstum, externe Kosten und Naturkapital: eine systemische<br />

Betrachtung<br />

In der Wachstumstheorie wird seit Jahrzehnten der Frage nachgegangen wie das<br />

Wachstum einer Wirtschaft angebotsseitig zu erklären ist. Man versucht das Wachstum<br />

auf den Einsatz von Arbeit und Kapital zurückzuführen. Bei der Messung der<br />

Einflussfaktoren kommt man bis heute zum Schluss, dass 80% der Steigerung der<br />

Arbeitsproduktivität aus der Veränderung der totalen Faktorproduktivität resultiert, die<br />

als „ominöse Restgröße“ das Maß unseres Nichtwissens widerspiegle [Krugman 1999, 51;<br />

vgl. Blanchard 2006, 365]. Das gleiche Problem hat man übrigens auch auf betrieblicher<br />

59


Zeitenwende<br />

Ebene. Der Arbeitseinsatz und das Kapital mag steigen, der Umsatz (Output) jedoch<br />

nicht. Warum?<br />

Wachstum wird zumeist mit Hilfe des technologischen Fortschritts erklärt. Damit ist all das<br />

gemeint, was sich nicht durch ein Mehr an Arbeit und Kapital erklären lässt: und das sind<br />

80% des Wachstums.<br />

Eine Erklärungsmöglichkeit hierfür bietet der Systemansatz: neben technischen<br />

Neuerungen kommt es darauf an wie man diese Faktoren zusammenführt, wie man im<br />

und ausserhalb des Unternehmenssystem interagiert, zusammenarbeitet, welche<br />

Gedanken und Strategien, welche Produkte ersonnen werden, wie und wo produziert<br />

wird, mit wem man zusammenarbeitet usw.<br />

Bilanzen sagen über den Wert eines Unternehmens nur noch bedingt etwas aus. Die<br />

größte Anlage von Bayern München sind Spieler und Trainer (und deren Interaktion, wie<br />

wir immer wieder sehen). Doch man wird sie in der Bilanz nicht finden. Bei großen<br />

Gesellschaften erklärt das Anlagevermögen gerade noch einen Teil des Marktwerts.<br />

Deswegen ist man dazu übergegangen Instrumente wie die Balanced Score Card oder die<br />

Wissensbilanz zu entwickeln [Kaplan & Norton 1997, 2001, 2004]. Und dies ist das<br />

Minimum dessen, was wir für die Beurteilung der Entwicklung und zur Entwicklung einer<br />

regionalen oder nationalen Strategie benötigen. Ein Mehrindikatorenmodell, welches uns<br />

Aufschluß über Status und Entwicklung wichtiger, also systemrelevanter Indikatoren gibt.<br />

Zweitens benötigen wir ein Modell der Interaktionen oder Zusammenhänge im System,<br />

so wie es z.B. mit dem Sensitivitätsmodell Prof.Vester, Heraklith oder neuerdings<br />

Consideo erstellt werden kann.<br />

Die „Innovation Score Card“ [JRC 2006], die im Anschluß an die Lissabon-Strategie für<br />

die Analyse von Ländern entwickelt wurde ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Sie<br />

muß durch einige Faktoren - wie dem Naturkapital – Zusammenhänge (im Rahmen eines<br />

Wirkungsgefüges) ergänzt werden und neben der Beschreibung des Zustands mit einer<br />

Darstellung der Entwicklung versehen werden („behavior-over-time“).<br />

Das Naturkapital und die Abschreibungen darauf sind für eine nachhaltige Entwicklung<br />

und für die Weiterentwicklung der Wirtschaftswissenschaft von großer Bedeutung.<br />

Warum?<br />

Bei einer gewissen Bodenqualität kann man mit einer gewissen Anzahl von Bauern und<br />

Maschinen (Kapital) einen gewissen Ertrag erwirtschaften. Verbessert sich die Qualität<br />

der Böden, so würde der Ertrag steigen, verschlechtert er sich würde der Ertrag sinken.<br />

Damit wird klar, dass nicht nur die Maschine Kapital darstellt, sondern auch der Boden.<br />

Die totale Faktorproduktivität ist dementsprechend um den Faktor Naturkapital zu<br />

erweitern um die Veränderung im Output erklären zu können. Wie jedes Kapital ist auch<br />

60


Zeitenwende<br />

dieses Kapital zu bilanzieren und durch Zu- und Abschreibungen anzupassen. Damit<br />

meine ich nicht, dass dies in monetärer Form erfolgen muß, es kann auch – soweit es die<br />

Ökologie zulässt – anders quantifiziert werden. Und wenn dies nicht exakt möglich sein<br />

soll, dann muß und kann es unscharf erfolgen. Dies wäre immer noch besser als den<br />

Bereich ganz auzuklammern, nur weil man ihn nicht scharf mit harten Daten<br />

quantifizieren kann. Es ist besser grob richtig als exakt falsch zu rechnen.<br />

Bei einer Diskussion einer Expertengruppe in der OECD, bei der eine relativ hochrangige japanische<br />

Forschergruppe ein makroökonomisches Modell zum Zusammenhang von Verkehr und Wirtschaft präsentiert<br />

hat, antworteten die Autoren dieser Studie auf die Frage ob auch weiche Faktoren berücksichtigt wurden mit<br />

„nein, man könne sie nicht genau quantifizieren“. Dabei ist in der Technik dieses Fuzzy Logic Prinzip weit<br />

verbreitet. So weit, dass in Japan führerlose U-Bahnen fahren, die auf der Basis von Fuzzy-Logic-Systemen<br />

gesteuert werden. Dennoch kamen sie übrigens zum Ergebnis, dass dies möglich sei. Man darf sich – obwohl<br />

das Ergebnis ja erfreulich ist - allerdings die Frage stellen, was von Modellen zu halten ist, die die immens<br />

wichtigen weichen Faktoren nicht berücksichtigen.<br />

Das Naturkapital ist nicht nur für die Landwirtschaft von Bedeutung. Ein Großteil des<br />

weltweiten BIP ist vom Wetter abhängig. Man kann in Ski-Gebieten mit Arbeit und<br />

Kapitaleinsatz nur dann gut Geschäfte machen wenn es Schnee hat, wenn der natürliche<br />

Schneefall nachlässt, so wie wir es jetzt beobachten, dann muß mehr Kapital<br />

(Schneekanonen) eingesetzt werden – für das gleiche Ergebnis. Die klassisch<br />

ökonomische Kapitallproduktivität sinkt, weil das fehlende Naturkapital durch<br />

menschliches Kapital ersetzt werden muß. Damit zeigt sich deutlich welchen Einfluß das<br />

übergeordnete System bzw. das als Naturkapital hat. Eine Reduktion des Naturkapitals<br />

senkt die totale Faktorproduktivität. Und das gilt für Winter wie für Sommertourismus,<br />

das gilt für Immobilien in Meeresnähe (beim Ansteigen des Meeresspiegels), in der<br />

Gastronomie, Profisport (Besucherzahlen bei schlechten Wetter) sowie im<br />

Gesundheitswesen. Wenn die Abschreibungen des Naturkapitals zu Beeinträchtigungen<br />

der Gesundheit führen, die mit größerem Kapitalbedarf bekämpft werden, dann sinkt die<br />

Produktivität im System. Genau dies ist bei dauerhaften Belastungen, die über den<br />

Grenzwerten liegen, zu erwarten. Von daher ist Einiges an Wachstum ist in diesem von<br />

einigen als Zukunftssektor gepriesenen Bereich Gesundheit mehr als skeptisch zu<br />

betrachten.<br />

Wirkliches Wachstum darf nicht auf Kosten des ausgeklammerten Naturkapitals stattfinden.<br />

Von echtem Wachstum kann man nur sprechen, wenn das Naturkapital erhalten bleibt. Dies<br />

ist heute nicht der Fall.<br />

61


Zeitenwende<br />

3.2 Grenzen des Wachstums: die Wirtschaft lebt von der Umwelt<br />

Die ganze Diskussion um Nachhaltigkeit beruht auf der Einsicht in die Grenzen unseres<br />

Wirtschaftens. Wir haben nur begrenzt Rohstoffe, wir haben nur begrenzt nachwachsende<br />

Rohstoffe (wie man in der Diskussion um die Steigerung der Lebensmittelpreise aufgrund<br />

des Anbaus von Energiepflanzen sieht) und begrenzt erneuerbare Energien (auch die<br />

Sonneneinstrahlung der Sonne ist begrenzt). Die Umwelt ist nur begrenzt aufnahmefähig<br />

(carrying capacity). Der Mensch schliesslich (von Daly als „innere Natur“ bezeichnet) ist<br />

ebenso begrenzt: sowohl in der Fähigkeit zu leisten als auch in der Fähigkeit<br />

aufzunehmen, zu konsumieren. Mit diesem Perspektivwechsel, mit der Anerkennung der<br />

Grenzen kommt die Wirtschaftswissenschaft zwar nicht prinzpiell zu einem Wechsel der<br />

Weltsicht, da man in der Ökonomie schon immer mit knappen Ressourcen zu tun hatte.<br />

Die Welt der Wirtschaft war und ist begrenzt. Gleichwohl gab es in der<br />

Wirtschaftswissenschaft lange keine Diskussion um die Grenzen des ökologischen<br />

Systems. Einige haben hier großen Lernbedarf: Herman Daly schildert in seinem Buch<br />

„Wirtschaft jenseits vom Wachstum“ die Probleme, die er als Mitarbeiter der Weltbank bei<br />

der Erstellung des Weltentwicklungsberichts hatte. Es ging dabei darum, den<br />

Zusammenhang zwischen Umwelt und Wirtschaft in einem sehr einfachen Modell<br />

darzustellen. Er wollte, dass die Wirtschaft als ein System verstanden wird, welches aus<br />

dem übergeordneten System Umwelt Stoffe entnimmt, zu Waren umformt<br />

(transformiert), verkauft und schliesslich als Emissionen oder Abfall wieder in die Umwelt<br />

„entlässt“. Das war zu viel verlangt, die Graphik erschien nicht. Auch dies ist im Grunde<br />

nicht nachvollziehbar. Woher sonst entnehmen wir die Stoffe, wohin sonst gehen<br />

Emissionen und Abfälle?<br />

Wenn die Wirtschaft von der Umwelt lebt, dann sind die Grenzen der Umwelt die Grenzen<br />

des Wirtschaftens.<br />

3.3 Fehlsteuerung in komplexen Systemen<br />

Sobald wir uns mit dem Ökosystem oder Systemen überhaupt befassen fangen wir an<br />

über Zusammenhänge, komplexe Zusammenhänge, Rückwirkungen, Regelkreise und<br />

Grenzen nachzudenken. Zusammenhänge sind oftmals nicht linear. Eine Wirkung tritt bis<br />

zu gewissen Schwellenwerten auf, dann wird sie schwächer oder stärker, mag ins<br />

Gegenteil kippen. Dieses Problem müssen wir bei Trendvoraussagen oder Prognosen<br />

berücksichtigen. Und es sind neben den Zusammenhängen zwischen dem betrachteten<br />

62


Zeitenwende<br />

System (hier z.B. Wirtschaft) und seinem übergeordneten System (Umwelt) die<br />

Intrasystemzusammenhänge, die Zusammenhänge im System, die seine Funktions- und<br />

Lebensfähigkeit bestimmen. Der 2003 verstorbene Biokybernetiker Frederic Vester hat<br />

hierzu viel publiziert und zudem ein Spiel („Ökolopoly“) auf den Markt gebracht, welches<br />

in vereinfachter Form die Steuerung eines Landes demonstriert [Vester 1980, 1984,<br />

1999].<br />

Ich habe dieses Spiel ca. 150 mal mit ca. 3000 Controllern im Rahmen eines<br />

Weiterbildungskurses gespielt. Das Ergebnis war immer das Gleiche. Fast jede Gruppe<br />

hat das Land ruiniert, der einzige Unterschied bestand darin wie schnell sie es geschafft<br />

haben. Das ist kein Vorwurf an die Controller, jede andere Berufsgruppe hätte ähnliche<br />

Ergebnisse gehabt. Das Spiel hat auch gezeigt, dass ganz typische Umgangsweisen bei<br />

der Steuerung auftraten. Man begann mit einem Versuch und Irrtum-Spiel, wechselte<br />

den Kurs, kam wieder zur ursprünglichen Strategie, wechselte wieder und setzte oftmals<br />

kurz vor dem Kollaps nochmals alles auf eine Karte. Eine Auseinandersetzung mit den<br />

inneren Zusammenhängen des Modells erfolgte kaum, man setzte der jeweiligen<br />

Gruppenmeinung entsprechend auf dieses oder jenes Konzept. Beim zweiten Durchgang<br />

wurden erst die Zusammenhänge erläutert und diskutiert und immer wieder zur<br />

Entscheidungsfindung herangezogen. Das Ergebnis: die Regierungszeit konnte quasi<br />

verdoppelt werden (ca. 2/3 der Fälle), in vielen Fällen (ca. 1/3) wurde das Land gerettet.<br />

Die Zusammenhänge im System sind für die Entwicklung wichtiger als die Faktoren<br />

selbst. Und das gilt auch für die Wachstumstheorie: es sind nicht nur Inputs wichtig,<br />

sondern deren systemisches Zusammenwirken.<br />

3.4 Systemproduktivität und Verkehrsproduktivität<br />

Die Leistungsfähigkeit eines Systems lässt sich also nicht durch dessen Inputs erklären.<br />

Eine Veränderung des Inputs hat zwar Effekte im System und auf den Output des<br />

Systems, er kann die Leistungsfähigkeit selbst jedoch nicht erklären. Bei der Betrachtung<br />

eines Organismus wird das klar. Die Funktionsfähigkeit eines Lebenswesens hängt von<br />

der Funktionsfähigkeit seiner Organe und deren Zusammenspiel ab. Hierzu ist viel<br />

wichtiges v.a. unter dem Begriff des Modells lebensfähiger Systeme („Viable Systems<br />

Model“/VSM) von Stafford Beer geschrieben worden. Nur wenn die intrasystemischen<br />

Zusammenhänge funktionieren kann eine Veränderung des Inputs zu einer Erhöhung des<br />

Outputs führen. Kann, muß aber nicht. Es kommt auch auf die Art des Inputs an.<br />

Niemand würde behaupten, dass ein Sportler besser würde weil er mehr isst. Niemand<br />

würde behaupten, dass er besser wird wenn er mehr schlechte Nahrungsmittel isst. Wir<br />

brauchen damit ein Instrument welches uns erlaubt Aussagen über die Systemfähigkeiten<br />

oder die Systemproduktivität zu machen. Auf der Ebene der Betriebswirtschaft war die<br />

63


Zeitenwende<br />

Entwicklung der Balanced Score Card hierzu ein wichtiger erster Schritt. Es waren in<br />

diesem Fall betriebliche Finanzwirtschaftler, die erkannt haben, dass gute oder schlechte<br />

finanzielle Ergebnisse Ursachen haben, die im Unternehmenssystem liegen (und nicht im<br />

Bereich abstrakter Inputs): steigende Umsätze kommen von zufriedenen Kunden,<br />

zufriedene Kunden kommen von guten Leistungen des betrieblichen Systems, gute<br />

Leistungen kommen von qualifizierten, lernfähigen Mitarbeitern.<br />

Nun könnte man sagen, dass man damit doch wieder bei Inputfaktoren landet. Gut, wenn<br />

man so will sind das Inputfaktoren. Man könnte besser sagen: es sind Subsysteme (die<br />

kleinsten Einheiten, aus denen sich der Betrieb zusammensetzt). Und sie werden zumeist<br />

qualitativ und oft unscharf beschrieben. Die Qualität der weichen Faktoren<br />

Mitarbeiterfähigkeit, Kundenorientierung etc. spielt dabei eine zentrale Rolle.<br />

Hinzukommt dass neben den Inputs in der Dimension „Lern- und Entwicklungsfähigkeit“<br />

auf der Ebene Prozesse Faktoren von Bedeutung sind, die sich auf das Zusammenspiel<br />

der Inputfaktoren beziehen (Kommunikationsqualität, Kooperationsqualität etc.). Und<br />

diese Faktoren sind sowohl für die externen Beziehungen des Unternehmens wie auf der<br />

Ebene der Regionalentwicklung von Bedeutung. Und das gleiche gilt für die Ebene der<br />

nationalen Entwicklung.<br />

Vor diesem Hintergrund betrachten wir die die Entwicklung des Güterverkehrs und seiner<br />

möglichen Beiträge zur Erhöhung der Systemproduktivität. Dabei zeigt sich unächst, dass<br />

die Güterverkehrsproduktivität des BIPs zwischen 1991 und 2003 deutlich abgenommen<br />

hat.<br />

Fähigkeiten der<br />

Mitarbeiter<br />

Qualität der<br />

Abläufe<br />

Kundenzufiedenheit<br />

Erträge<br />

64


1,05<br />

1,00<br />

0,95<br />

0,90<br />

0,85<br />

0,80<br />

0,75<br />

0,70<br />

Zeitenwende<br />

Verkehrsproduktivität (BIP real/Lkw-km)<br />

1991<br />

1992<br />

1993<br />

1994<br />

1995<br />

1996<br />

1997<br />

1998<br />

1999<br />

2000<br />

2001<br />

2002<br />

2003<br />

2004<br />

2005<br />

2006<br />

2007<br />

Wir brauchten also immer mehr Güterverkehr um eine Ware herzustellen. D.h., dass man<br />

immer unwirtschaftlicher oder ineffizienter produziert hat. Und nachdem wir es hier mit<br />

realen Inputgrößen (Treibstoff, Lkws, Güterwaggons, Infrastruktur: langfristig gesehen ist<br />

jeder Faktor begrenzt) zu tun haben ist klar, dass ein Wachstum des Inputs an seine<br />

Grenzen stossen wird. Aber, und das ist schon kurzfristig wichtiger: selbst wenn es diese<br />

Grenzen nicht gäbe so ist auch kurzfristig eine solche Entwicklung nicht wirtschaftlich<br />

bzw. immer unwirtschaftlicher. Um es in der Sprache der klassischen Ökonomie zu<br />

sagen: wir haben es mit abnehmenden Grenzerträgen zu tun. Wir benötigen immer mehr<br />

Inputs um einen zusätzlichen Output zu erzeugen.<br />

D.h., dass wir immer weniger Nutzen je eingesetzter Verkehrsmenge erreichen. Aber<br />

gleichzeitig steigende Schäden. Die Gesamtschäden des Klimawandels werden heute auf<br />

5500 Mrd.€ geschätzt (s.o.), wobei ein nicht unerheblicher Teil durch den nationalen und<br />

internationalen Güterverkehr (Lkw, Flufzeug, Bahn, Schiff) zurückzuführen ist.<br />

Aber kommen wir noch einmal zur Frage der Relevanz des Verkehrs für die<br />

Systemproduktivität. Man könnte ja nun auch der Ansicht sein, dass gerade der Verkehr<br />

dem Blutkreislauf der Wirtschaft (um ein häufig zitiertes Bild zu nehmen) entspricht.<br />

Ohne Verkehr kein Wirtschaftskreislauf. Ohne Wirtschaftskreislauf keine (funktionierte<br />

Markt-) Wirtschaft. Könnte man meinen. Nur, es geht nicht um 0 oder 1, es geht nicht<br />

um die Wahl zwischen endlos viel Güterverkehr (was eh unmöglich ist) oder keinen<br />

Güterverkehr. Es geht wie immer um die Bestimmung eines Optimums (nicht eines<br />

Maximums!). Niemand käme schliesslich auf die Idee zu behaupten, dass man einen<br />

65


Zeitenwende<br />

Menschen allein dadurch produktiver macht indem man seine Blutadern erweitert (das ist<br />

nur in dem Falle möglich, wo sie verengt sind (also unter dem Optimum liegen). Jeder<br />

gesunde Körper findet sein optimales Maß des Verhältnisses zwischen Größe/Gewicht und<br />

Ausmaß des Blutkreislaufs. Ein durchschnittlicher Mensch mit 70 kg hat ca. 8% seines<br />

Gewichts Blut, das sind ca. 5,6 kg Blut (als Transportgefäße = Lkws/Güterwaggons).<br />

Um sich der Frage des Effekte des Verkehrs auf die Systemproduktivität zu nähern ist es<br />

zunächst von Bedeutung zu fragen was denn die Systemproduktivität sein könnte. Einen<br />

Anhaltspunkt hierfür findet man in wirtschaftshistorischen Betrachtungen, die sich nicht<br />

mit abstrakten Theorien und Annahmen, sondern der Entwicklung von Wirtschaft und<br />

Gesellschaft befassen. Und hier ist es interessant zu beobachten was uns<br />

Wirtschaftsgeschichte, die evolutorische Ökonomie, die Regulationstheorie und die<br />

Theorie langer Wellen verraten. Es scheint so zu sein, dass bestimmte Epochen jeweils<br />

durch eine spezielle Konstellation, ein spezielles Regime oder Faktorenbündel<br />

gekennzeichnet sind, die auf ganz spezielle Weise interagieren. Burkhard Lutz hat in<br />

seiner Analyse der Entwicklung Deutschlands beschrieben, dass der Nachkriegsboom auf<br />

ein spezielles Zusammenwirken nicht nur von Angebot und Nachfrage, sondern durch die<br />

Existenz einer sozial orientierten staatlichen Nachfrage, Gewerkschaften, Tarifautonomie<br />

und weiterer Faktoren zurückzuführen ist. Wenn nun im Rahmen der Diskussion um die<br />

internationale Wettbewerbsfähigkeit diese wichtigen Faktoren beeinträchtigt werden, so<br />

kann man nicht nur, sondern muß man von einem Systemwandel sprechen. Ein gut<br />

funktionierendes System wird durch ein anderes System ersetzt, welches folgende<br />

Kennzeichen aufweist: hohe Flexibilität, Beschränkung des Staates auf die Unterstützung<br />

der Angebotsbedingungen, Ausbau der Infrastrukturen(!), Reduktion des Einflusses der<br />

Gewerkschaften, tendenzieller Sozialabbau.<br />

Die Verkehrsproduktivität nimmt seit langem ab. Es muß immer mehr für einen zusätzlichen<br />

Euro Umsatz transportiert werden. Das ist nicht wirtschaftlich. Der billige Güterverkehr<br />

weist heute einen Funktionskonflikt auf: zum einen hilft er Unternehmen zu produzieren, zu<br />

überleben und zu wachsen, zum anderen verdrängt er Unternehmen, verlagert Arbeitsplätze,<br />

gefährdet den Mittelstand und die Systemstabilität.<br />

Die Produktivität des Systems Wirtschaft hängt in großem Umfang vom gesellschaftlichen<br />

Umfeld ab. Im Zusammenhang mit der Internationalisierung und Globalisierung wird das<br />

gesellschaftliche Umfeld, welches für die Systemproduktivität wichtig ist, beeintträchtigt.<br />

3.5 Infrastrukturproduktivität und die Rentabilität von<br />

Verkehrsinvestitionen<br />

66


Zeitenwende<br />

Wir hatten 1996 eine Reihe von Studien zitiert, die sich kritisch zum Thema Straßenbau<br />

äußerten und bis zum Anfang der 70er Jahre zurückreichen. Bis 2004 waren weitere<br />

Studien hinzugekommen (SACTRA, ifo), die dargestellt wurden.<br />

Auf einer Expertentagung im Herbst 2004 wurde das Thema erneut diskutiert.<br />

Interessant war dabei der weitergehende Konsens der Experten, dass positive Effekte von<br />

Infrastrukturen nicht mehr zu erwarten sind. Nachdem mittlerweile selbst Wissenschaftler<br />

des industriefinanzierten Instituts der deutschen Wirtschaft derartige Thesen vertreten,<br />

müsste man sich eigentlich nicht mehr um das Thema kümmern [Tagwerk 2004].<br />

Eigentlich, denn wie die Diskussion mit dem anwesenden regierungsseitigen<br />

Landtagsabgeordneten gezeigt hat ist die Politik hier oftmals noch ganz anderer<br />

Auffassung. Das Beispiel Dorfen war dabei insofern interessant als Wacker-Chemie als<br />

eine der politischen Triebkräfte auftrat. Das dieses exportorientierte Unternehmen ein<br />

berechtigtes Interesse an Erreichbarkeit hat ist ja nur legitim. Die Frage lautet jedoch ob<br />

ein Infrastrukturausbau dafür dass richtige Mittel ist. Wie auch in der EU zu vermuten<br />

entfalten selektive Interessen Einfluß, um Ihren Vorteil zu nutzen. Ob das Ganze<br />

volkswirtschaftlich Sinn macht (von der Ökologie ganz zu schweigen) ist jedoch eine<br />

Frage, die relativ gut beantwortet ist. Und die Antwort liegt zwischen „vielleicht ein<br />

bisschen“ (wenn man von den Umweltschäden absieht) bis zum klaren nein.<br />

In einer Bewertung der EU-Strukturfonds für Ziel-1 Regionen kommt das WiFo zum Schluss:<br />

„Wenn man den großen Unterschied zwischen dem Volumen der investierten<br />

Strukturfördermittel und dem resultierenden Wachstum in diesen Regionen betrachtet so<br />

scheint es, dass die größten Vorteile in Regionen ausserhalb dieser Gebiete beobachtet werden<br />

können.“ Das heißt nun nichts anderes, als die Region, die die Förderung empfängt diese Gelder<br />

zum größeren Teil nur durchleitet [Falk & Sinabell 2008, 11].<br />

Entsprechend der 1994, 1996 und 2004 geforderten Umlenkung von Fördermitteln in Richtung<br />

weicher Faktoren kommt eine Evaluationsstudie der EU-Förderung zu folgendem Ergebnis:<br />

„nur Investitionen in Bildung und Humankapital – die lediglich ein Achtel des Fördervolumens<br />

ausmachen – haben mittelfristig positive und signifikante Erträge“. Rodríguez-Pose & Fratesi<br />

2004<br />

Als letztes Ereignis sei schliesslich die Verleihung des Nobelpreises im September 2008<br />

an Paul Krugman für seine Arbeiten im Bereich der Wirtschaftsgeographie hervorzuheben.<br />

Wir hatten diesen Ansatz 1994 zur Grundlage unserer Arbeit gemacht. Der Ansatz<br />

erläutert u.a., warum Transportkosten zu ungleichen Entwicklungen in verschiedenen<br />

Regionen führen können (Gewinner des Handels/Güterverkehrs vs. Verlierer des<br />

Handels/Güterverkehrs). Wir hatten damals jedoch angemerkt:<br />

„Unsere Kritik am Krugman`schen Modell bezieht sich auf die folgenden Aspekte:<br />

• Vernachlässigung externer Kosten des Verkehrs<br />

• negative Effekte zunehmender Unternehmenskonzentration<br />

• negativer Wohlfahrtseffekt erhöhter Arbeitslosigkeit<br />

67


Zeitenwende<br />

• negative Effekte bezüglich wirtschaftspolitischer Regulationsfähigkeit“ .<br />

Krugman hat nun mittlerweile seine positiven Aussagen zum Handel relativiert. In seinem<br />

Lehrbuch „Macroeconomics“ unterscheidet er nun zwischen Handel und Globalisierung.<br />

Globalisierung umfasse Auslandsinvestitionen und ein besonderes Gewicht der Konzerne,<br />

sodass Wohlfahrtsgewinne anders einzuschätzen sind. In seinem Buch „Schmalspur-<br />

Ökonomie“ führt er die drastisch steigende Vermögenskonzentration in den USA neben<br />

den technologischen Veränderungen auf eben jenen Handel zurück [Krugman 2002,69].<br />

Im Vergleich zur Situation von 1996 oder gar 1994 hat sich die Debatte zu<br />

den Infrastruktureffekten deutlich in die von uns vertretene Richtung<br />

verschoben. Nach 2004 wird mit dem Umstand des erwähnten Nobelpreises<br />

die Forschung zu diesem Ungleichgewichtsansatz verstärkt werden. Von<br />

daher wird man mit recht sagen können, dass wohl empirisch als auch<br />

theoretisch im Moment ein Perspektivenwechsel erfolgt.<br />

Der Mythos „Strassenbau“ gerät nicht mehr nur ins Schwanken, er kippt<br />

bereits. Nur scheint das bei vielen politischen Entscheidungsträgern nicht<br />

angekommen zu sein.<br />

3.6 Verkehrsinfrastruktur-Investitionen als ungeeigneter<br />

Konjunkturmotor<br />

Und noch unsinniger ist es, wenn man nun zur Abwendung einer Rezession, die aus den<br />

Folgen der Finanzmarktliberalisierung entstand undifferenzierte Investitionen in die<br />

Verkehrsinfrastruktur fordert, so wie es gerade wieder vorgeschlagen wird. Damit erzeugt<br />

oder verstärkt man ein Problem während man ein anderes Problem lösen will. Wenn man<br />

schon Konjunkturprogramme fahren will – und dafür spricht sehr viel – dann sollten diese<br />

Gelder in Bereiche fliessen, die Verkehre vermeiden helfen, die Verkehre<br />

umweltverträglich verlagern und die helfen, die Anfälligkeit für Krisen zu reduzieren (vgl.<br />

Kapitel 5: energetische Modernisierung und nachhaltige <strong>Innovationen</strong>).<br />

68


3.7 Systemstabilität<br />

Zeitenwende<br />

Im Rahmen der Diskussion um die Systemproduktivität ist darauf zu verweisen, dass es<br />

die mittelständische Struktur war und ist, die in großem Maße Wirtschaftsleistung<br />

erbringt und in großem Masse für Stabilität sorgt. Der Ausbau der Infrastrukturen, die<br />

Senkung von Transportkosten durch Liberalisierung und Beschleunigung hat neben den<br />

ökologischen Effekten und den Belastungen für diejenigen, die Transit ausgesetzt sind,<br />

für verschiedene Unternehmen verschiedene Effekte (Verteilungseffekte des Verkehrs):<br />

Unternehmen, die mit hoher Fertigungstiefe produzieren haben weniger Vorteile als<br />

Unternehmen, die mit niedriger Fertigungstiefe produzieren. Wenn erstere dann noch<br />

über Steuern die Wettbewerbsvorteile der zweiten Gruppe finanzieren, dann sind diese<br />

Wettbewerbsverzerrungen mehr als problematisch.<br />

In der Praxis sind es v.a. kleinere Unternehmen die regionaler ausgerichtet<br />

sind, die in dieser Entwicklung verlieren und aus dem Markt ausscheiden. Wir<br />

haben dies bereits in früheren Studien beschreiben.<br />

Wenn diese mittelständischen Unternehmen zugleich wichtige Garanten der<br />

Systemstabilität sind, dann hat der Verkehr systemdestabilisierende Effekte. Wenn<br />

kleinere Unternehmen nun gezwungenermassen dazu übergehen die Vorteile, die von<br />

großen Unternehmen bereits genutzt werden, ebenfalls zu nutzen, dann können sie<br />

zumindest den Wettbewerbsnachteil aufheben. Die Beschäftigten jedoch, die in diesem<br />

Zusammenhang Ihren Job (früher sagte man Arbeitsplatz - tatsächlich entwickeln wir uns<br />

in Richtung einer Job-Ökonomie) verlieren bleiben die Verlierer. Die zunehmende<br />

Ungleichheit in fast allen Ländern dieser Welt, auch in Österreich und Deutschland, ist<br />

eine Folge dieser Entwicklung und ein Kennzeichen des neuen Systems. Sie wird begleitet<br />

von einem Sterben des Mittelstands. Und wie gesagt, diejenigen Mittelständler, die<br />

überleben, werden größtenteils den TNCs ähnlich sein. Wenn es nun im Rahmen dieser<br />

Entwicklung zu zunehmender Konzentration kommt (Kapitel 2), so bedeutet dies, dass<br />

das System mit weniger Akteuren funktioniert und damit tendenziell instabiler wird. In<br />

der Industrieökonomik wurde viel über Marktentwicklungen geforscht und es hat sich ein<br />

Konsens dahingehend herausgebildet, dass Märkte heute am ehesten als weite Oligopole<br />

beschrieben werden können. D.h., dass wenige Unternehmen den Markt bedienen. Im<br />

Bereich des Automobils hatten wir allein in den USA in den 20er Jahren des letzten<br />

Jahrhunderts ca. 150 Automobilhersteller, 20 Jahre später waren es noch vier, dann drei.<br />

Weltweit haben wir heute noch 15 weltweite Hersteller, Ihre Zahl könnte sich in den<br />

nächsten Jahren durch die neuen indischen und chinesischen Hersteller auf 20 erhöhen<br />

und wird dann vermutlich wieder sinken. Das Managementzentrum St.Gallen geht davon<br />

69


Zeitenwende<br />

aus, dass in jedem Markt letztendlich nur 7+- 2 Unternehmen überleben. Wenn dem so<br />

ist und vieles spricht dafür, dann bedeutet dies, dass die Weltmarktintegration dazu<br />

führt, dass statt 7+- 2 Unternehmen je großem Markt (US, EU, Japan), also gesamt 15<br />

bis 29 Unternehmen, nur 7+-2 überleben. D.h., dass aller Voraussicht nach (bei sonst<br />

gleichen Bedingungen) die Zahl der Produktionsstätten abnehmen wird, was erhebliche<br />

Folgen für die Entwicklung von Regionen hat. In der Stufe I dieser Entwicklung<br />

verschwinden kleine Anbieter vom Markt (Regionen werden abhängig von größeren<br />

Unternehmen), in der Stufe II werden auch kleinere Unternehmen zu TNCs, in der Stufe<br />

III werden Produktionsstätten größerer Unternehmen verlagert. Regionen werden in<br />

diesem Prozess destabilisiert. Solange die verbleibenden Großproduktionsstätten in der<br />

Region verbleiben mag die Region noch profitieren (das positive und sichtbare Wachstum<br />

überdeckt das weniger sichtbare Problem der Destabilisierung). Es ist letzten Endes<br />

genau wie mit der Entwicklung des Finanzmarktes: solange der Markt wächst mögen sich<br />

Finanzplätze wie London oder New York über hohe und wachsende Umsätze freuen, wenn<br />

die Entwicklung kippt zeigt sich jedoch das Problem der Abhängigkeit und der Instabilität.<br />

Der Staat wird gerufen, um das Problem zu beseitigen. Und dies ist auch für die<br />

Realwirtschaft zu erwarten und ja auch oftmals zu beobachten gewesen. Wenn Regionen<br />

aufgrund verpassten Strukturwandels in die Krise geraten soll der Staat helfen.<br />

Das Problem der Instabilität wird am deutlichsten wenn man sich vorstellt, dass im<br />

letzten Jahrhundert 100 oder 200 Staaten eigene Wege bei der Wirtschaftsentwicklung<br />

und Steuerung gegangen sind. Manche erfolgreich, manche weniger. Fehlentscheidungen<br />

hatten keine so großen „externen“ Effekte (Effekte auf andere Länder), selbst Japans<br />

Dauerrezession der 90er Jahre blieb relativ folgenlos für die Weltwirtschaft. Die<br />

„Schlechten“ konnten zudem von den Guten lernen, so wie man im Moment bzgl. der<br />

Lösung der Finanzprobleme vom schwedischen Modell lernt. Wenn jedoch die national<br />

relativ eigenständigen Ökonomien in ein Gesamtsystem integriert werden entfallen<br />

Möglichkeiten für evolutorische Lernprozesse. Und wenn im Falle einer zu Ende gedachten<br />

weltweit vernetzten Einheitswirtschaft (mit einer Weltwährung) die Weltregierung einen<br />

Fehler macht kann dies schlimmste Folgen haben.<br />

Es war ein Österreicher, Leopold Kohr, der darauf aufmerksam gemacht hat,<br />

dass unsere wirtschaftlichen Themen und Probleme auch größenabhängig<br />

sind [Kohr 1981]. Die Probleme wachsen mit der Größe des Systems. Und falls<br />

dieses Wachstum überproportional ist, dann wird es sehr problematisch.<br />

3.8 Gigantonomics: Syteminstabilität und Gigantomanie<br />

70


Zeitenwende<br />

Dirk Solte hat in seiner Analyse des Weltfinanzsystems (Weltfinanzsystem am Limit)<br />

herausgearbeitet, dass größte Probleme aufgrund des weltweiten Finanzsystems auf uns<br />

zukommen. Und wie die Praxis zeigt hat er recht behalten. Dabei ist das Problem noch<br />

nicht einmal ansatzweise gelöst welches darin besteht, dass aufgrund des enormen<br />

Wachstums des weltweiten Finanzvolumens die Zinsen auf dieses Volumen nicht mehr<br />

erwirtschaftet werden können. Das Weltfinanzvolumen ist in 2005 3,3 mal so groß wie<br />

die Menge der weltweit produzierten Güter und Dienstleistungen. Bei nur 5% Verzinsung<br />

müssen 16% der erwirtschafteten Einkommen für Zinszahlungen ausgegeben werden.<br />

Wenn das Finanzvolumen auf das 5 fache des BIP steigt werden es 30% sein. Das kann<br />

nicht gut gehen.<br />

Fazit ist, dass die Entwicklung zur Steigerung der Marktgröße zu einer Instabilität führt.<br />

Das Kohr nicht falsch liegt zeigt übrigens auch die Beobachtung, dass es gerade die<br />

kleinen und regionalen Banken sind, die stabil dastehen und jetzt Zulauf bekommen. Sie<br />

hatten zwar nicht das Wachstum, nicht die Gewinne wie die privaten Banken, aber sie<br />

sind stabiler.<br />

In den letzten 20 Jahren haben wir eine in der Geschichte beispielslose<br />

Konzentrationswelle erlebt. Wir hatten bereits in der ersten Studie darauf aufmerksam<br />

gemacht, dass in vielen Fällen (der Mehrheit) dies nicht zu einer Steigerung der<br />

Leistungsfähigkeit führt. Die Systemproduktivität der fusionierten Unternehmen sinkt.<br />

Besonders deutlich war dies bei Daimler in den 80er Jahren, dann mit DaimlerChrysler in<br />

den 90er Jahren. Die Fallbeispiele sind jedoch zahlreich. Warum wird das dann gemacht?<br />

Neben Größenphantasien, die man psychologisch dafür verantwortlich machen könnte,<br />

scheinen mir hier v.a. zwei Aspekte von Bedeutung. Die Orientierung der<br />

Managergehälter an Gewinn und Umsatz. Gerade letzterer steigt bei einer Fusion<br />

deutlich. Hinzukommt die auf die Studien der PIMS-Forschung zurückgehenden<br />

Einsichten in den Zusammenhang von Marktanteil und Gewinn. Es wurde in der Praxis<br />

festgestellt, dass Unternehmen mit größerem Marktanteil größere Gewinne aufweisen.<br />

Nur muß man sich auch hier das System anschauen. Wenn es Unternehmen geschafft<br />

haben Ihr System zu managen und damit einen hohen Marktanteil erreicht haben so ist<br />

das etwas ganz anders als wenn man versucht zwei – möglicherweise inkompatible<br />

Systeme zu integrieren. Der Rückzug von Daimler aus der Beteiligung an Chrysler hat<br />

das sehr deutlich gezeigt.<br />

Neben den direkt ökonomischen Aspekten des Grössenwachstums gibt es auch<br />

problematische Aspekte der politischen Steuerung in Großsystemen. Die Politik, genauer<br />

der Staat hatte in den Nachkriegsjahren die z.T. gesetzlich verankerte Aufgabe die<br />

Wirtschaft zu stabilisieren (StWG – Stabilitäts- und Wachstumsgesetz). In dem er über<br />

Steuern, Staatsausgaben und Subventionen in den Markt eingreift erzeugt er direkte<br />

71


Zeitenwende<br />

Geldflüsse, über Gesetze beeinflusst er indirekt Zahlungsströme. Es ist klar, dass<br />

Unternehmen dies zum Teil in die eine oder andere Richtung beeinflussen mögen. Nur<br />

hier sind die Karten unterschiedlich verteilt. Kleine, mittelständische Unternehmen tun<br />

sich sehr schwer bei der Beeinflussung von Politik (das geht am ehesten noch auf lokaler,<br />

regionaler Ebene). Auf der Ebene des Bundes oder jetzt der EU wird es zunehmend<br />

schwieriger. Lobbyorganisationen großer Unternehmen leisten hier die Arbeit. Und man<br />

kann annehmen, dass sie dies in Ihrem Sinne tun. Man kann sich vorstellen was die<br />

Zunahme der ökonomischen Konzentration für den Einfluss auf die Wirtschaftspolitik<br />

heute bedeutet. Eine Stabilisierung ist daraus nicht mehr abzuleiten.<br />

Kommen wir zu den externen Effekten des Verkehrs zurück: wenn die britische Regierung<br />

schätzt, dass das Ausmaß der ökonomischen Schäden des Klimawandels bei 5,5 Mrd.€<br />

liegen, so wird deutlich in welcher Grössenordnung hier Kosten entstehen und welche<br />

Gefahr damit für die Stabilität der wirtschaftlichen Entwicklung verbunden ist. Mit dem<br />

Weltklimabericht wurde mehr als deutlich darauf hingewiesen, dass das Ökosystem aus<br />

dem Gleichgewicht kommt und noch ca. 6 Jahre zum Umsteuern verbleiben. Sollte diese<br />

Umsteuerung nicht gelingen so wird sich zeigen dass ein instabil gewordenes Ökosystem<br />

im Gegensatz zum Bankensystem nicht mehr so „einfach“ zu stabilisieren ist.<br />

Das Weltwirtschaftssystem wird zunehmend instabiler. Die finanzielle<br />

Rettungsaktion 2008 hat gezeigt, dass kollektives Handeln oder konzertierte<br />

Aktionen weltweit und schnell möglich sind. Was spricht dagegen die laufende<br />

wirtschaftliche Instabilität dazu zu nutzen den Kurswechsel in Richtung<br />

nachhaltigen Wirtschaftens zu forcieren, das Kippen des Öko-Systems zu<br />

verhindern und die Wirtschaft insgesamt auf eine stabilere Basis zu stellen?<br />

Aber kommen wir zurück zu den behaupteten positivenen Effekt des Handels auf des BIP-<br />

Wachstum.<br />

3.9 Strafzettel schaffen Wohlstand<br />

Genauso fragwürdig wie ein Wachstum auf Kosten der Stabilität im einzelnen Betrieb<br />

(das Unternehmen wächst weil es andere Unternehmen zukauft und gleichzeitig eine<br />

höhere Zinsbelastung übernimmt) oder im Finanzsektor war und ist, so fragwürdig ist ein<br />

nicht näher untersuchtes Wachstum auf volkswirtschaftlicher Ebene. Dieses Wachstum<br />

wird durch das BSP oder das BIP gemessen (beide Werte unterscheiden sich kaum, nur<br />

im Hinblick auf das Einkommen von Inländern, die im Ausland und von Ausländern, die<br />

im Inland leben).<br />

72


Zeitenwende<br />

Kaum zu glauben, aber wahr: wenn mehr Strafzettel „produziert“ werden steigt das<br />

Sozialprodukt, nach der geläufigen Meinung geht es uns dann besser. Und das gleiche gilt<br />

für Drogenkonsum, Tabakschmuggel und illegale Prostitution, die sich in Österreich<br />

zusammen auf 450 Mio.€ belaufen und im BIP integriert sind. Mehr Drogen, mehr<br />

Wohlstand. Kein Kommentar. Und so ähnlich läuft es in vielen Bereichen:<br />

Gesundheitskosten erhöhen das BIP, Unfallreparaturen erhöhen das BIP usw.<br />

Aufgrund der Schwächen des BIP als Wohlfahrtsmaß wurde auf dem MEW von Nordhaus<br />

und Tobin der ISEW (Index für nachhaltige Wohlstand) bzw. der GPI (Allgemeiner<br />

Wohstands-Indikator) entwickelt und in den 90er Jahren für eine Reihe von Ländern<br />

berechnet. Er zeigt seit den 80 Jahren eine Stagnation bzw. einen Rückgang des<br />

nationalen Wohlstands (siehe Anhang). In den USA begann der Rückgang bereits zu<br />

Beginn der 70er Jahre.<br />

Das BIP ist als Wohlstandsindikator ungeeignet. Der deutlich bessere ISEW<br />

zeigt für viele Länder einen Rückgang des Wohlstands. Er wird jedoch kaum<br />

noch diskutiert und fortgeschrieben. Warum?<br />

3.10 Exportwachstum und BIP<br />

Man sieht, dass schon das BIP bzw. dessen Wachstum lediglich etwas über die Menge der<br />

produzierten Güter und Leistungen, jedoch wenig über den Wohlstand als solchen<br />

aussagen. In der täglichen Diskussion und in den Medien wird nun viel über<br />

Exportwachstum und dessen Nutzen geschrieben. Auch hierzu sei einiges angemerkt.<br />

1. Volkswirtschaftlich (für die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung) ist nicht der Export,<br />

sondern der Aussenbeitrag (Export-Import) relevant. Nur diese Differenz kann z.B. das<br />

Wachstum erhöhen.<br />

2. Für Deutschland wurde festgestellt, dass die wirtschaftlichen Impulse eines steigenden<br />

Exportes der Binnenwirtschaft kaum mehr zugute kommen [Hickel 2006, 31ff.].<br />

3. Ein steigender Aussenbeitrag, so wie wir ihn in den letzten Jahren in Österreich und<br />

schon lange in Deutschland beobachten können, bedeutet gleichzeitig dass das Land<br />

weniger konsumiert als es produziert und dafür Geldvermögen oder ausländische<br />

Devisen erhält. Steigender relativer Konsumverzicht und steigende Kapitalvermögen<br />

sind die Folge. Und genau dies beobachten wir z.B. in Österreich und Deutschland.<br />

In den USA ist die Lage spiegelbildlich. Es wurde mehr konsumiert als produziert und<br />

man hat sich das Geld von denjenigen geborgt, die Überschüsse aufwiesen. Das<br />

73


Zeitenwende<br />

Ausland hat damit einen Großteil des Konsums finanziert. Und weil in den USA eine<br />

De-Industrialisierung und Ungleichverteilung eingetreten war können immer weniger<br />

Haushalte Ihre Schulden bedienen. Nach der Immobilienkrise und der darauf<br />

aufbauenden Bankenkrise folgt zur Zeit die Kreditkartenkrise. Die Intervention von<br />

Fannie Mai und Freddi Mac, den staatlichen unterstützen Immobilienfinanzierern hatte<br />

das Problem der Immobilienblase zwar mit erhöht, jedoch wären die USA auch sonst in<br />

die Krise gekommen. Tatsache ist, dass hier aufgrund von HandelsUNgleichgewichten<br />

und Kapitaltransfers massive Probleme entstanden sind, die sich nun entladen. Das<br />

Zustandekommen der Krise selbst hat gezeigt, dass unser globales Risikomanagement<br />

nicht besonders gut funktioniert. Seit den 90er Jahren wurde über Probleme der<br />

Kapitalmärkte diskutiert. Auf das Verschuldungsproblem in den USA, die Gefahren der<br />

Derivate (Warren Buffet nannte sie „finanzielle Massenvernichtungswaffen“) und die<br />

ansteigende Instabilität haben Autoren wie Malik, Hamer, Litander, Buffet,<br />

Kindleberger, Feldstein, Volcker und auch der selbst im Finanzsektor involvierte<br />

George Soros aufmerksam gemacht. Dass die Krise ausgerechnet im<br />

Interbankentagesgeldhandel ausbrechen würde war meines Wissens von niemanden<br />

prognostiziert worden, dass sie kommen würde von vielen. So ist das eben in<br />

vernetzten Systemen. Wir können systemtheoretisch oftmals nicht genau einschätzen<br />

wo sich eine Wirkung zeigen wird, wir können aber oft sehr wohl prognostizieren, dass<br />

Wirkungen auftreten werden (vgl. Thurow 1996). Und bzgl. mancher Entwicklungen<br />

sind auch konkrete Zukunftseinschätzungen möglich. Dies ist ja nun immerhin die<br />

zweite Fortschreibung der Studie Kostenwahrheit (1996), die ihrerseits auf einer Arbeit<br />

aus dem Jahr 1994 beruht, in der ausführlich auf die Gefahren einer Liberalisierung,<br />

Deregulierung und Vergrößerung von Wirtschaftseinheiten (Europäische Union, Ost-<br />

Erweiterung, Gatt) hingewiesen wurde.<br />

4. das Stabilitäts- und Wachstumsgesetz verpflichtet die Regierung auf einen<br />

ausgewogenen Aussenhandel (da ein Überschuß eines Landes einem Defizit eines<br />

anderen Landes gegenübersteht – es können nicht alle Überschüsse haben).<br />

Überschüsse hatten in der Vergangenheit die Tendenz zu einer Aufwertung der<br />

Währung, was wiederum den Export verschlechterte. Mit der Aufhebung der nationalen<br />

Währungen im Rahmen der Euro-Einführung besteht dieser Mechanismus nicht mehr.<br />

5. Das führt langfristig dazu, dass Länder im Währungsraum EU dauerhaft einen<br />

Überschuss haben könnten, während andere Länder ein Defizit vorweisen. In diesem<br />

Fall würde die Nation mit Exportüberschüssen auch Arbeitslosigkeit exportieren. Die<br />

Empfängergegenden erleben spiegelbildlich dazu einen Import an Arbeitslosigkeit und<br />

einen Devisenabfluss. Die sich damit ergebenden Entwicklungen führen dann zu einer<br />

zunehmenden Polarisierung oder Ungleichverteilung. Man kann dem begegnen, in dem<br />

man Kapital und Nachfrage in diese Regionen via staatlicher Transfers leitet oder man<br />

macht nichts. Dann werden die Menschen in diesen Regionen aller Voraussicht nach<br />

74


Zeitenwende<br />

das tun, was für sie vorteilhaft erscheint: sie folgen den Arbeitsplätzen in die<br />

exportierenden Regionen.<br />

6. Bzgl. der oftmals festzustellenden Euphorie um steigende Exporte muss festgestellt<br />

werden, dass auch hier wieder genau analysiert werden muß, was exportiert wird. Wir<br />

haben in den vergangenen Studien neben dem Aspekt der Grössenvorteile und der<br />

dadurch bedingten Konzentration auf die Auslagerung von Fertigungsstufen<br />

aufmerksam gemacht. Diese Auslagerung würde ebenso wie die Konzentration zu einer<br />

Reduktion der industriellen Beschäftigung führen. In Deutschland ist nach der<br />

Veröffentlichung des Buchs „Basarökonomie“ von H.W. Sinn (Präsident des ifo-<br />

Institutes) eine eigene Debatte zu diesem Thema entbrannt. Die in Kapitel 1<br />

diskutierte Kernaussage des Buchs besteht darin, dass sich Deutschland in Richtung<br />

eines Basars entwickelt, der seine Waren im Ausland bezieht, mit eigenem Label<br />

versieht und dann ins Ausland weiterverkauft. In diesem Fall führt der Handel zu einer<br />

De-Industrialisierung, noch höherer Aussenabhängigkeit und Instabilität. Die<br />

Volkswirtschaft wird damit sozusagen zu einer Art Durchlauferhitzer. Ein<br />

Durchlauferhitzer schafft Wert durch die Zufuhr von Energie (der Nutzen besteht in<br />

dieser einen Eigenschaft). Es wird Energie verwendet um Waren von a nach D und von<br />

D nach b zu transferieren. Auch hier stellt sich die Frage nach den Effekten auf die<br />

Systemproduktivität und Systemstabilität. Auch hier ist wieder zwischen Optimum und<br />

Maximum zu unterscheiden. Ab dem Überschreiten eines gewissen<br />

Eigenproduktionsanteils besteht die Gefahr, dass die Systemproduktivität sinkt (der<br />

Handel hat eine niedrigere Produktivität bzgl. der Wertschöpfung und des<br />

Wachstums), damit sinken die Einkommen (man denke an Verkäufer in<br />

Handelsketten) und es steigt die Ungleichverteilung (die Gewinnes gehen an die<br />

Organisatoren der Logistik). Ab einem gewissen Punkt schliesslich ist zu befürchten,<br />

dass die Steuerung der Produktionsprozesse und insbesondere die Steuerung von<br />

Innovation (und die Rendite daraus) ausserhalb des Landes erfolgt. <strong>Innovationen</strong> sind<br />

zentral für die internationale Wettbewerbsfähigkeit. Damit verliert das Land sowohl<br />

Wettbewerbsfähigkeit als auch an Stabilität. Im worst case wird der Handelsplatz von<br />

denjenigen, die die Innovation und Produktion steuern an einen anderen, für sie<br />

günstigeren Platz verlegt.<br />

Es zeigt sich, daß man weder das BIP noch den Export verabsolutieren sollte.<br />

Statt dessen geht es darum die Aspekte, die wichtig sind, zu beobachten und<br />

zu messen (Arbeitsplätze, reale Einkommen, Umweltqualität).<br />

75


Zeitenwende<br />

3.11 Wirtschaftliche Entwicklung und die<br />

Wirtschaftswissenschaften<br />

Die Aspekte die wir bislang erörtert haben (Systemstabilität, Naturkapital, ISEW...)<br />

finden sich kaum oder gar nicht in gängigen Lehrbüchern der Makroökonomik und<br />

Wachstumstheorie. Allerdings haben wir gesehen, dass durch die Neue Handels-Theorie<br />

zumindest einige Aspekte aufgegriffen wurden (Polarisierung). Ohne hier auch nur<br />

annähernd einen Überblick über Makroökonomik und Wachstumstheorie geben zu können<br />

sollen doch einige Entwicklungslinien, die hier von Bedeutung sind erörtert werden.<br />

Im Bereich der Wachstumstheorie hat in den letzten Jahren der Einfluss der<br />

Innovationsökonomik und der evolutorischen Ökonomik deutlich zugenommen. Die auf<br />

den österreichischen Ökonomen Joseph Schumpeter zurückgehende Betrachtung der<br />

Bedeutung von <strong>Innovationen</strong> als Triebkräfte wirtschaftlicher Entwicklung ist nicht zuletzt<br />

in der Lissabon-Strategie der Europäischen Union tragendes Element oder Hebel zur<br />

Schaffung von Arbeit und Wohlstand (und Nachhaltigkeit ausserdem anzumerken ist). Es<br />

wurde erkannt, dass Wettbewerb (im Gegensatz zur klassischen Betrachtung) nicht oder<br />

besser gesagt immer weniger Wettbewerb in bestehenden Gütermärkten ist. Wettbewerb<br />

vollzieht sich heute zunehmend als Innovationswettbewerb, bei dem neue Märkte<br />

geschaffen werden. Dies hat weitreichende Konsequenzen für die Wirtschaftspolitik, da es<br />

im Rahmen dieses Ansatzes um die Förderung der bereits oben angesprochenen<br />

angetroffenen weichen Faktoren (Ausbildung, Mitarbeiterqualität etc.) und deren<br />

Vernetzung im Rahmen regionaler oder nationaler Innovationssysteme geht [DIW 2008,<br />

Hanusch & Pyka 2007, Nelson & Winter 1982]. Nachdem Ressourcen nicht nur im Bereich<br />

der Ökologie knapp sind, müssen Abwägungen gemacht werden: inwieweit sollen<br />

<strong>Innovationen</strong> gefördert werden, inwieweit aufgrund von nicht internalisierten Kosten<br />

übernutzte Verkehrsinfrastrukturen.<br />

Hinzukommt die Frage welche <strong>Innovationen</strong> gefördert werden sollen. Wenn das<br />

langfristige Ziele eine nachhaltige Entwicklung sein soll – und darin sind sich ja wohl die<br />

meisten einig – dann müssten v.a. <strong>Innovationen</strong> gefördert werden, die in diese Richtung<br />

gehen. Dieser Bereich umfasst Clean Technologies, nachwachsende Rohstoffe und<br />

nachhaltige Dienstleistungen. Die Förderung von Clean Technologies im Rahmen<br />

nationaler Technologieprogramme ist mittlerweile in einer Reihe von Ländern an erster<br />

Stelle. Clean Technologies (CT) haben Informations- und Kommunikationstechnologie<br />

bereits seit drei Jahren den Rang abgelaufen (s.u.). 2008 ist das meiste Risikokapital in<br />

Deutschland in diesen Sektor (CT) geflossen. Eine Entwicklung, die vor 7 Jahren noch<br />

kaum einer prophezeit hätte. Doch mit dem Platzen des Internet-Hype erfolgte eine<br />

Umorientierung. Solarfirmen sind heute die Stars an den Börsen. Auch wenn erneut<br />

76


Zeitenwende<br />

Kursübertreibungen zu beobachten sind so zeigt sich doch, dass Umorientierungen<br />

möglich sind und dies auch in nützliche Richtungen. Der Bereich der<br />

Verkehrsinnovationen fällt zwar auch unter den Oberbegriff Clean Technologies, scheint<br />

aber noch schwach zu sein (!!!). Hier liegen wohl Innovationshemmnisse vor, die eigens<br />

untersucht werden sollten.<br />

Dynamische Ansätze der Innovationsökonomik gewinnen im Rahmen der<br />

Wachstumstheorie mehr und mehr an Einfluß: sie setzen auf weiche Faktoren<br />

(Bildung, Unternehmertum) und deren Vernetzung im Rahmen von<br />

Innovationssystemen.<br />

Die Makroökonomik, die sich mit dem Zusammenspiel der aggregierten Grössen von<br />

Angebot, Nachfrage, Aussenhandel und Staat beschäftigt, hat in den letzten zwanzig<br />

Jahren ebenfalls eine interessante Entwicklung erfahren. Während in den 80er Jahren<br />

zumindest in der Theorie und der offiziellen Wirtschaftspolitik der USA und<br />

Großbritanniens Angebotsorientierung und reine Marktmodelle dominierten gewann seit<br />

Beginn der 90er Jahre der (Neo-) Keynesianismus wieder deutlich an Boden. Der<br />

Keynesianismus geht davon aus, dass Märkte nicht von selbst zu guten Ergebnissen<br />

führen (sie können es, müssen es aber nicht). Aufgrund von Marktunvollkommenheiten<br />

und einer Tendenz zur Instabilität wird hier das Eingreifen des Staates gefordert. Es sind<br />

Vertreter dieser Lehre, die heute die weltweit höchsten Lehrbuchauflagen erzielen<br />

[Mankiw 1992, Blanchard 2006]. Aus der Perspektive dieser Autoren, zu denen auch Paul<br />

Krugman zu zählen ist, erscheint die Entwicklung Europas merkwürdig: mit den<br />

Maastricht-Kriterien hat sich die Wirtschaftspolitik im Grunde selbst in Ihren<br />

Möglichkeiten beschnitten (zwar gibt es durchaus Auslegungsunterschiede, aber generell<br />

ist mit der engen Obergrenze für die Staatsverschuldung und den Inflationsvorgaben ein<br />

enger Spielraum vorgegeben). Die sich daraus ergebenden europäischen Probleme<br />

(Wachstumsprobleme und hohe Arbeitslosigkeit) werden dementsprechend<br />

kopfschüttelnd als hausgemacht empfunden.<br />

Diese Entwicklung in der Makroökonomik scheint im deutschsprachigen Raum noch nicht<br />

ganz erkannt worden zu sein. Hier dominieren seit langem Angebotstheoretiker, die die<br />

Auffassung vertreten, wir bräuchten nur weniger Staat, weniger Sozialleistungen,<br />

niedrigere Löhne und mehr (Frei-) Handel, und schon würde die Situation besser werden.<br />

So schrieb z.B. die Zeit bzgl. der Berufung eines Keynesianers in den<br />

Sachverständigenrat vom letzten deutschen Keynesianer, den es noch gäbe. Als<br />

Mitarbeiter einer keynesianischen Ökonomengruppe in den 90er Jahren ist mir durchaus<br />

geläufig dass dem nicht so ist. Gleichwohl kann man bzgl. der Aussenwirkung und der<br />

77


Zeitenwende<br />

Karriere-Chancen durchaus ein erhebliches Gefälle feststellen. Die Keynesianer waren<br />

lange in der Defensive. Und das wird sich jetzt auch im deutschsprachigen Raum aller<br />

Voraussicht nach wieder ändern. Ich glaube, dass der Umfang und die Geschwindigkeit<br />

des Finanzkollapses zu einer ähnlichen Diskreditierung der dahinter stehenden Lehre<br />

führen wird wie es der Zusammenbruch des Sozialismus für den Marxismus war.<br />

Die Finanzkrise und die Probleme der Entwicklungsländer zeigen: Ein Vierteljahrhundert nach<br />

Reagonomics und Thatcherismus ist die neoliberale Idee gescheitert. Daraus müssen die<br />

Regierungen nun ihre Lehren ziehen. Die Welt hat es nicht gut gemeint mit dem Neoliberalismus<br />

- dieser Wundertüte an Konzepten, die auf der Vorstellung beruhen, dass die Märkte sich selbst<br />

regulieren, Ressourcen effizient verteilen und den Interessen der Öffentlichkeit dienen. Dieser<br />

Marktfundamentalismus bildete die Basis von Thatcherismus, Reaganomics und dem<br />

sogenannten Washington-Konsens. Der diente als theoretische Grundlage, um Privatisierung<br />

und Liberalisierung zu forcieren, sowie unabhängigen Zentralbanken, die sich auf die<br />

Bekämpfung der Inflation und sonst nichts konzentrieren. ... Ebenso wenig haben uns die<br />

Märkte auf rasant steigende Öl- und Lebensmittelpreise vorbereitet. Natürlich ist keiner dieser<br />

Sektoren ein Beispiel für freie Marktwirtschaft, aber genau das ist Teil des Problems: Die<br />

Rhetorik vom freien Markt wird selektiv angewandt - hervorgehoben, wenn sie speziellen<br />

Interessen dient, und verworfen, wenn dies nicht der Fall ist. Heute herrscht ein<br />

Ungleichgewicht zwischen sozialen und privaten Erträgen. Werden diese nicht einander<br />

angeglichen, kann das Marktsystem nicht gut funktionieren. Der neoliberale<br />

Marktfundamentalismus war immer eine politische Doktrin, die gewissen Interessen diente. Sie<br />

wurde nie von ökonomischer Theorie gestützt, ebenso wenig von historischen Erfahrungen.<br />

Wenn diese Lektion jetzt gelernt wird, wäre das ein Hoffnungsschimmer hinter der dunklen<br />

Wolke, die momentan über der Weltwirtschaft hängt.<br />

Joseph Stiglitz, 2008<br />

Nobelpreisträger, Ex-Chef des IWF<br />

Die aktuelle Krise ist nicht auf ein bestimmtes Unternehmen oder Segment des Finanzsystems<br />

beschränkt; sie hat das gesamte System an den Rand des Zusammenbruchs geführt – und nur<br />

unter größten Schwierigkeiten wird es momentan aufrechterhalten. Das wird weitreichende<br />

Folgen haben. Es wird nicht wie gewohnt weitergehen, sondern das Ende einer Ära sein<br />

George Soros, 2008<br />

Spekulant<br />

Dabei ist klar, dass der Marktmechansimus viele Stärken hat, die von einer Gesellschaft<br />

genutzt werden sollten. Daran sollte sich auch in Zukunft nichts ändern. Gleichwohl ist<br />

eine Einbindung des Marktes in einen Ordnungsrahmen wie demjenigen der sozialen,<br />

besser noch öko-sozialen Marktwirtschaft not-wendig. Und eine staatliche Beeinflussung<br />

kann durchaus nützlich sein, wenn die Richtung stimmt und die Steuerungsprozesse<br />

effizient durchgeführt werden.<br />

Der Staat wird wieder gebraucht: für einen öko-sozialen Rahmen, eine<br />

nachhaltig ausgerichtete Innovationspolitik und einen nachhaltigen Umbau<br />

des öffentlichen Sektors (was sowohl die Art der leistungen als auch die<br />

Leistungserstellung anbelangt). Auch ein öffentlicher Sektor kann modern<br />

geführt werden und wird dann auch eine andere Akzeptanz erfahren.<br />

78


Zeitenwende<br />

4.Lkw-Verkehr am Brenner: vermutlich über 164<br />

Millionen externe Kosten<br />

4.1 Ausnahmesituation Brenner und Inntal<br />

Das Inntal und der Brenner nehmen im Gesamtzusammenhang von Wirtschaft, Verkehr<br />

und Umwelt europaweit eine nicht vergleichbare Sonderstellung ein: die Region liegt in<br />

einem sensiblen Gebiet und hat gleichzeitig Europas massivste alpenquerende<br />

Transitverkehre und dessen Belastungen zu ertragen.<br />

Zur besonderen Rolle der Alpen schreibt das BMU 2007:<br />

„Die Folgen des Klimawandels gehören zu den größten Bedrohungen für das Bergökosystem<br />

Alpen. Hier reagiert die Natur besonders empfindlich, da sich nirgendwo sonst in Europa so viele<br />

sensible Naturräume auf vergleichsweise kleiner Fläche befinden. Besonders im Alpenraum wird<br />

auch deutlich, dass bestimmte negative Auswirkungen des Klimawandels nicht mehr zu<br />

verhindern sind. Nach neueren Modellrechnungen ist im Alpenbereich mit einer doppelt so<br />

hohen Erwärmung wie im Bundesdurchschnitt zu rechnen; das Risiko von<br />

Extremwetterereignissen wird zunehmen; die Alpen werden von den Auswirkungen des<br />

Klimawandels besonders betroffen sein:<br />

• Zunahme der Wahrscheinlichkeit von Hitzewellen wie im Sommer 2003<br />

• Ansteigende Tendenz von Stark Niederschlägen und Hochwassergefahr<br />

• Aufwärtsverschiebung der biologischen Zonen<br />

• Gefährdung vieler alpiner Pflanzen<br />

• Enormer Rückgang der Gletscher<br />

• Veränderte Gefahrenpotenziale von Naturgefahren wie Stein schlag<br />

• Starker Rückgang der Schneesicherheit für Wintersportgebiete“ [BMU 2007, 4].<br />

4.2 Entwicklung der Lkw-Fahrten am Brenner<br />

Während der Alpenraum besonders von Klimaveränderungen und auch von<br />

Umweltbelastungen betroffen ist (was im übrigen schon lange bekannt ist, neu ist<br />

allerdings der Umstand, dass hier auch die Erwärmung doppelt so stark ausfällt) kann<br />

bzgl. des Strassengüterverkehrs und des hier dominierenden Transitverkehrs bislang<br />

keine Trendwende festgestellt werden.<br />

Die Zahl der Fahrten über den Brenner ist zwischen 1995 und 2007 von 0,93 Mio. auf<br />

1,93 Mio.Fahrten angestiegen. Das entspricht einem Wachstum von 84%. Der Lkw-<br />

Verkehr in Österreich wuchs insgesamt dagegen nur um 16%. In den letzten Jahren<br />

stagnierte der nationale Verkehr während der Brenner-Verkehr massiv zulegte.<br />

79


1,90<br />

1,80<br />

1,70<br />

1,60<br />

1,50<br />

1,40<br />

1,30<br />

1,20<br />

1,10<br />

1,00<br />

0,90<br />

Zeitenwende<br />

Verkehrswachstum Lkw Österreich und Brenner<br />

1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007<br />

Lkw-km gesamt Brenner<br />

Dies hat seine Gründe: zum einen entfiel die Öko-Punkte-Regelung, zum zweiten war der<br />

Mont Blanc (nach dem Brand) zeitweise gesperrt. Anschliessend wurde die Politik in<br />

Frankreich restriktiver, die Schweiz forciert ihre Verlagerungspolitik und der Brenner blieb<br />

damit der günstigste Weg über die Alpen – mit massiven Umwegverkehren.<br />

80


Niedrige Transportkosten am Brenner...<br />

Quelle: Monitraf 2008, 41<br />

... und die Folgen:<br />

Quelle: Monitraf 2008, 17<br />

Zeitenwende<br />

81


Quelle: Monitraf 2008, 15<br />

Zeitenwende<br />

Es zeigt sich in der Schweiz eine deutliche Zunahme der Anteils der Schiene am<br />

Verkehrsaufkommen (absolut und prozentual), in Österreich steigt das<br />

Verkehrsaufkommen Schiene, aber deutlich weniger als dasjenige der Strasse<br />

(Marktanteilsverluste der Schiene). In Frankreich ist der Strassen- und Schienenverkehr<br />

rückläufig. Dwe Anteil der verlagerbaren Umwegfahrten am Brenner wird von Lange und<br />

Ruffini auf 31% geschätzt [Lange & Ruffini 2007, 809]. Damit könnte die Zahl der<br />

Fahrten wieder auf 1,3 Mio. p.a. gesenkt werden – wenn man wollte.<br />

4.3 Entwicklung der Verkehrs-Belastungen<br />

Ein Teil der Belastungen, die mit dem Transit verbunden sind haben in den letzten Jahren<br />

deutlich zugenommen. So sind die NOx-Belastungen auf der Inntalautobahn zwischen<br />

2002 und 2006 um 30% gewachsen und weisen heute die höchsten Belastungswerte im<br />

alpenquerenden Verkehr auf.<br />

82


Quelle: Monitraf 2008, 28<br />

Zeitenwende<br />

Der festgestellte Anstieg von Atemwegserkrankungen bei Kindern dürfte mit<br />

diesen Belastungen in Verbindung stehen und signalisiert wie die gesamte<br />

Entwicklung deutlichen Handlungsbedarf.<br />

4.4 Eine erste Abschätzung der externen Kosten<br />

Die externen Kosten des Lkw-Verkehrs über den Brenner in Tirol sind schwer<br />

abzuschätzen. Es liegen eine Reihe von Schätzungen aus verschiedenen Ländern vor, die<br />

jedoch eine grosse Bandbreite der Ergebnisse aufweisen: die externen Kosten liegen<br />

demnach je Lkw-km zwischen 0,07 € und 1,58 €.<br />

83


Quelle: Umweltbundesamt 2006, 8<br />

Quelle: Alpenzustandsbericht 2005, 80<br />

Zeitenwende<br />

Dabei ist wichtig zwischen durchschnittlichen und marginalen Kosten zu unterscheiden.<br />

Die letzteren geben die Kosten für zusätzliche Verkehre an und liegen meist deutlich über<br />

den durchschnittlichen Kosten. Von daher müssen Zuwächse mit marginalen<br />

Kostensätzen bewertet werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Schäden und damit<br />

84


Zeitenwende<br />

die externen Kosten des Verkehrs je nach Region deutlich variieren. Nachdem Tirol wie<br />

die Alpen ein sensibles Gebiet darstellen ist davon auszugehen, dass die Kosten hier<br />

deutlich höher liegen. Des gilt nicht nur für die ökologischen Aspekte bzw.<br />

Kostenkomponenten, sondern auch für die Gesundheitskosten (gefährliche Tallagen) und<br />

auch die Lärmkosten aufgrund der anderen Ausbreitung des Lärms in Tälern. Im 2008<br />

von der EU als Grundlage für die Kosten-Internalisierung veröffentlichten „Handbuch zur<br />

Abschätzung der externen Kosten“ liegen die externen Lkw-Kosten (HGV=heavy goods<br />

vehicle) des Verkehrs in sensiblen Gebieten/Bergen um den Faktor 2,2 über den Werten<br />

im flachen Land. D.h., dass mit Aufschlägen von 120% zu rechnen ist. Die Spanne der<br />

Aufschläge reicht je nach Belastungsart zwischen 100 und 900% (!).<br />

Quelle: Handbook 2008, 93<br />

Bei 1,93 Mio.Fahrten p.a. und einer angenommenen Weglänge von 108 km ergeben sich<br />

externe Kosten, die sich zwischen 32 und 719 Mio.€ bewegen, der Wert liegt im<br />

„Median“-Szenario bei 164 Mio.€ p.a..<br />

Externe Kosten Aufschlag sensible<br />

Bergregionen: 120%<br />

je Lkw-km min 0,07 € 0,15 €<br />

je Lkw-km max 1,58 € 3,48 €<br />

je Lkw-km Median 0,36 € 0,79 €<br />

gesamt min 14.478.170 € 31.851.974,00 €<br />

85


Zeitenwende<br />

gesamt max 326.792.980 € 718.944.556,00 €<br />

gesamt Median 74.459.160 € 163.810.152 €<br />

Die externen Kosten des Verkehrs machen EU-weit 7,3% des BIP aus, wobei 25% auf den<br />

Schwerlastverkehr zurückzuführen sind (1,75%) [Alpenzustandsbericht 2005, 80]. Wenn<br />

in Gebirgsregionen der Aufschlag 120% beträgt, dann erhält man für Tirol insgesamt<br />

vermutlich externe Kosten iHv 16% des BIP, der (gesamte) Lkw-Anteil an den externen<br />

Kosten liegt dann bei 4,02%. In absoluten Zahlen sind dies ca. 920 Mio.€. p.a. Der Anteil<br />

der Gesundheitskosten liegt in den meisten Studien bei ca. 50% was 460 Mio.€ ergibt.<br />

Damit ist nur eine erste Annäherung gemacht. Nachdem die Region in immer größerem<br />

Ausmaß nach der IG-Luft zum belasteten Gebiet erklärt wird sind auch Anpassungen<br />

bzgl. der negativen wirtschaftlichen Effekte vorzunehmen. Und auch die möglichen<br />

Kosten aufgrund von Einkommensrückgängen, Arbeitslosigkeit oder<br />

Betriebsschliessungen, die aus dem Handel entstehen, sind noch nicht berücksichtigt.<br />

Hinzukommen weitere Aspekte wie z.B. die Kosten der Energieabhängigkeit (die für die<br />

USA auf ca. 0,17ct – 11 ct/Liter Benzin geschätzt werden [Handbook 2008, 100]).<br />

Schliesslich, und das ist eine ganz wesentliche Schwachstelle des Ansatzes werden bei<br />

den Klimagasen die Schadensvermeidungskosten herangezogen. Wenn diese wie in Teil 2<br />

dargestellt jedoch nur ein Zehntel der Schadenskosten ausmachen kann dies dazu<br />

führen, dass im Falle, dass eine Internalisierung so langsam wie vorangeht (wie dies die<br />

letzten Jahre der Fall war) und die Einnahmen nicht zur Prävention der Schäden<br />

verwendet werden (was durchaus möglich ist) eine massive Unterschätzung der externen<br />

Kosten vorliegt.<br />

Es ist zu beobachten dass das Beispiel Tirol mehr als irgend eine andere<br />

Region deutlich macht wie weit heute Erfordernisse einer nachhaltigen<br />

Verkehrsentwicklung und reale Entwicklung auseinanderklaffen können. Es<br />

wird deutlich wie teuer dem Bundesland der Transitverkehr, von dem es kaum<br />

einen Nutzen hat, zu stehen kommt: vermutlich über 163 Mio.€ p.a.<br />

Das Land macht auch deutlich wie weit der propagierte Nutzen des Handels<br />

vom tatsächlichen Nutzen entfernt ist. Es macht deutlich, dass in der Praxis<br />

eben keine Kompensationszahlungen erfolgen, es Gewinner und Verlierer<br />

gibt, wobei letztere nicht nur monetäre Nachteile (wie Einkommensrückgänge<br />

oder Arbeitsplatzverluste) haben, sondern auch mit ihrer Gesundheit<br />

bezahlen.<br />

86


Zeitenwende<br />

4.5 Grünbücher, Weißbücher, Wegekostenrichtlinien und die Zeit<br />

Mit dem Grünbuch von EU-Kommissar Neil Kinnock wurde bereits 1995 eine<br />

Internalisierung der externen Kosten gefordert. Dies wurde 2001 im Weißbuch Verkehr<br />

wiederholt. Getan hat sich jedoch in dieser Hinsicht nichts. Auch die neue<br />

Wegekostenrichtlinie von 2006 hat auf Betreiben der europäischen Verkehrsminister eine<br />

Internalisierung ausgeschlossen. Obskurerweise hat es Italien gar geschafft einen<br />

Vielfahrerbonus durchzusetzen. Wie dies wettbewerbspolitisch zu rechtfertigen ist bleibt<br />

schleierhaft, bedeutet es doch nichts anderes als Realtransfers an Großunternehmen oder<br />

Großspeditionen zulasten von Kleinunternehmen oder Kleinspeditionen. Es wurde (wieder<br />

einmal) ein Auftrag erteilt einen Vorschlag für die Kosteninternalisierung (bis 2008)<br />

vorzulegen und dann ab 2011 umzusetzen.<br />

Während die Kommission in ihrer Strategie für eine nachhaltige Entwicklung aus dem<br />

Jahr 2006 nachhaltige Ziele festlegt, ist sie in Ihrer Halbzeitbilanz zum Weißbuch Verkehr<br />

2001 (ebenfalls aus dem Jahr 2006) vom Ziel einer Entkopplung von Verkehr und<br />

Wirtschaft abgerückt.<br />

Nachhaltigkeitsstrategie (2006) Bericht zum Weißbuch (2006) Kommentar von T&E<br />

„Entkopplung von<br />

Wirtschaftswachstum und der<br />

Transportnachfrage mit dem Ziel<br />

der Reduktion von<br />

Umweltbelastungen“<br />

„Um nachhaltige Niveaus des<br />

Energieverbrauchs und der<br />

Treibhausgasemissionen zu<br />

erreichen“<br />

„Das Ausmaß der Emissionen des<br />

Verkehrs auf ein Niveau zu<br />

reduzieren, welches Effekte auf die<br />

Gesundheit und/oder die Umwelt<br />

minimiert“<br />

„Den Lärm an der Quelle und durch<br />

Ausbreitungsmassnahmen zu<br />

reduzieren um die Wirkungen auf<br />

die Gesundheit zu minimieren“<br />

„Mobilität muß von ihren negativen<br />

Nebenwirkungen entkoppelt<br />

werden“<br />

„Eine europäische Energiepolitik,<br />

die die Wettbewerbsfähigkeit, die<br />

Versorgungssicherheit und<br />

Umweltschutz zum Ziel hat muß<br />

den Energieverbrauch reduzieren“<br />

„Die zukünftige Politik muß das<br />

Potential jedes Transportmittels<br />

optimieren um das Ziel eines<br />

sauberen und effizienten Verkehrs<br />

zu erreichen“<br />

„... Luftqualität, Lärm und<br />

Landverbrauch erfordern<br />

kontinuierliche Aufmerksamkeit“<br />

Quelle: http://www.transportenvironment.org/Article199.html vom 22.10.2008<br />

Die Nachhaltigkeitsstrategie spricht<br />

die Notwendigkeit der<br />

Beeinflussung der<br />

Transportnachfrage an, der Bericht<br />

zum Weißbuch 2006 tut dies nicht<br />

mehr<br />

Die Nachhaltigkeitsstrategie<br />

verfolgt ein konkretes Ziel:<br />

„nahhaltige Niveaus“, der Bericht<br />

zum Weißbuch 2006 tut dies nicht<br />

Die Nachhaltigkeitsstrategie<br />

verfolgt ein konkretes Ziel bzgl.<br />

Gesundheit und Natur, der Bericht<br />

zum Weißbuch 2006 tut dies nicht<br />

Die Nachhaltigkeitsstrategie<br />

verfolgt ein konkretes Ziel bzgl.<br />

Gesundheit, der Bericht zum<br />

Weißbuch 2006 tut dies nicht<br />

Es ist ein umweltpolitischer Skandal, dass die externen Kosten 13 Jahre nach dem<br />

Grünbuch – welches selber schon relativ spät kam - immer noch nicht angelastet werden<br />

dürfen. Nicht nachzuvollziehen ist auch, dass die Wegekosten in sensiblen<br />

Gebieten/Bergregionen zur Zeit nur um 15-25% (und dies auch nur wegen höherer<br />

Infrastrukturkosten) erhöht werden dürfen, wenn dort gleichzeitig die Effekte bis zehnmal<br />

so hoch sind (s.o.). Das Verkehrsprotokoll der Alpenkonvention entspricht<br />

Nachhaltigkeitsstandards (wie sie auch in der EU Strategie für eine nachhaltige<br />

87


Zeitenwende<br />

Entwicklung von 2006 zu finden sind): es wird ausdrücklich festgeschrieben, dass sich<br />

Belastungen an der Aufnahmefähigkeit der Umwelt zu orientieren haben und die<br />

Gesundheit der Menschen nicht beeinträchtigt werden dürfen.<br />

Zusammenfassend ist festzustellen, dass<br />

• zwar erkannt wurde, dass der Verkehr bzw. dessen Effekte einzuschränken<br />

sind,<br />

• die Transporte jedoch erleichtert und verbilligt wurden<br />

• und in der Folge in Tirol massiv angestiegen sind.<br />

Statt der längst überfälligen Kostenerhöhung werden nun Milliarden in den<br />

Brenner Basis Tunnel BBT investiert.<br />

Gelder die an anderer Stelle wesentlich mehr Nutzen entfalten könnten und<br />

erst Mitte der 2020er Jahre verkehrliche Wirkungen zeigen können. Ein<br />

Vorschlag wie man die gleichen Entlastungs-Effekte wesentlich schneller und<br />

billiger (d.h. effizienter) erreichen könnte findet sich bei Knoflacher 2007.<br />

Damit zeigt sich einmal mehr und beispielhaft wie verkehrspolitisch,<br />

umweltpolitisch und wirtschaftspolitisch fehlgesteuert wird.<br />

5. Wirtschaftpolitische Handlungsmöglichkeiten<br />

Die vielen Umbrüche, die wir im Text teilweise ausführlich beschrieben haben führen zur<br />

Frage, was man tun kann um Beschäftigung und Einkommen in der Region zu sichern.<br />

Wir haben bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass eine Erhöhung der Transportkosten<br />

diesen Effekt haben kann. Er ist durch eine ökologische Steuerreform zu verstärken.<br />

Im Rahmen der Ansätze zur Förderung des Wachstums hat sich ein Übergang von den<br />

sogenannten harten Ansätzen (Infrastrukturen) zu den weichen Ansätzen (Innovation,<br />

Qualifikation und Clusterbildung) vollzogen – dies gilt auch für die EU (Lissabon-<br />

Strategie).<br />

In wirtschaftshistorischer Perspektive wird die These vertreten, dass wir uns im Übergang<br />

zum 6.Kondratiew-Zyklus befinden, in dem Aspekte wie Umwelt und Gesundheit die<br />

wirtschaftliche Entwicklung dominieren werden. Von daher sind <strong>Innovationen</strong> und<br />

Nachhaltigkeit zentrale Themen einer zukunftsorientierten Wirtschaftspolitik. Ihre<br />

Schnittmenge sind nachhaltige <strong>Innovationen</strong>. Wir haben bereits in den vorherigen<br />

Gutachten eine Reihe von Optionen beschrieben, die geeignet sind, Beschäftigung und<br />

Einkommen zu sichern. Die Optionen werden nachfolgend kommentiert. Schwerpunkte<br />

88


Zeitenwende<br />

werden dabei im Bereich Energie, nachhaltige <strong>Innovationen</strong> und der Steuerung der<br />

Wirtschaftspolitik gesetzt.<br />

5.1 Forschungs- und Industriepolitik: <strong>Innovationen</strong>, nachhaltige<br />

<strong>Innovationen</strong> und Clean Technolgies<br />

5.1.1 Nachhaltige Märkte und Clean Technologies boomen<br />

Das Thema <strong>Innovationen</strong> wurde 1996 angesprochen. Es ist ein Mehrebenenthema: das<br />

Thema ist für die volkswirtschaftliche, die regionale und die betriebliche Ebene relevant,<br />

wobei auf jeder Ebene eigene Handlungsmöglichkeiten bestehen.<br />

Im Rahmen der Theorie der langen Wellen wurde in den 90er Jahren von Nefiodow<br />

vermutet, dass der 6.Kondratiew-Zyklus – der nächste große langfristige Aufschwung -<br />

im Bereich der Umwelt und Gesundheit stattfindet und ab ca. 2010 beginnen soll<br />

[Nefiodow 2001]. Die mittlerweile zu beobachtenden Entwicklungen im Bereich des<br />

Marktwachstums <strong>nachhaltiger</strong> <strong>Innovationen</strong> stehen im Einklang mit dieser Hypothese.<br />

Die Frage, wie man mit grünen Ideen schwarzen Zahlen schreiben kann, wurde erst seit<br />

Anfang der 90er Jahre intensiver diskutiert. Bis dahin war allgemeine Vorstellung, dass<br />

Umweltschutz Kosten verursacht. Dies hing wesentlich damit zusammen, dass zu dieser<br />

Zeit v.a. „end-of-the-pipe“-Technologien (Filter- und Klärtechnologien bzgl. Abfall,<br />

Abwasser, Abluft) im Mittelpunkt der Betrachtung standen. Zwar wurden den<br />

sogenannten Umwelttechnologien große Wachstumschancen prognostiziert,<br />

nichtsdestotrotz wurden sie v.a. als Kostenfaktor diskutiert. Neben den<br />

Umwelttechnologien wurden nachhaltigkeitsorientierte Produktbeispiele vorgestellt,<br />

Notwendigkeiten und Anforderungen an ökologische Produkte beschrieben und Elemente<br />

des Öko-Marketings erörtert Die konkreteste Arbeit zum Thema (realisierten) Markterfolg<br />

grüner Produkte stammte von A.D. Little und stellte sechs Erfolgsgeschichten vor:<br />

Tengelmann (Lebensmittel), AEG (Haushaltsgeräte), Öko-Bank (Finanzen), Auro<br />

Pflanzenchemie (Lacke/Farben), Frosch (Putzmittel) und den Body-Shop (Kosmetik)<br />

[A.D.Little 1993; A.D. Little 1997]. Wie diese Beispiele zeigen, werden hier auch<br />

Branchen einbezogen, die sich nicht unter dem Begriff der Umwelttechnologie<br />

subsumieren lassen. Mittlerweile hat sich der Markt für Nachhaltigkeitstechnologien und<br />

seine Wahrnehmung stark verändert. Die technologische Entwicklung hat viele<br />

Technologien hervorgebracht, die derartige oft mit Kostensteigerungen verbundenen<br />

Filtertechnologien überflüssig machen und durch intelligente Designs sogar<br />

Kostensenkungen ermöglichen. Hinzu kam im neuen Jahrtausend der Boom der<br />

erneuerbaren Energien, die Ihre Take-off-Phase erreichten. Diese neuen Technologien<br />

werden oft unter dem Begriff der Clean Technologies zusammengefasst.<br />

89


Zeitenwende<br />

Nach einer Studie von Roland Berger und Prognos aus dem Jahre 2006 werden diese<br />

CleanTech-Technologien in den nächsten 13 Jahren ein grösseres Marktvolumen als die<br />

klassischen deutschen Lead-Branchen Fahrzeugbau und Maschinenbau erreichen und<br />

damit zur wichtigsten „Branche“ in Deutschland. Die jährliche Wachstumsrate soll bei 8%<br />

liegen, das wäre zwei- bis dreimal höher als diejenige von Fahrzeug- und Maschinenbau.<br />

Das heutige Marktvolumen für Clean Tech in Deutschland wird auf 170 Mrd.€ beziffert,<br />

für das Jahr 2030 werden 1000 Mrd.€ erwartet. Der Marktanteil soll dementsprechend<br />

von 4% auf 16% steigen.<br />

Umsatzprognose Deutschland für „Clean Technologies“ Quelle: BMU 2006c, 10<br />

Mit der Verschiebung von den End-of-the-pipe-Technologien zu den Clean Technologies<br />

hat sich auch die Branchengliederung verändert. Allerdings gibt es weder im Bereich der<br />

Clean Technologies noch im Bereich der nachhaltigen <strong>Innovationen</strong> ein allgemein<br />

anerkanntes Gliederungsschemata für diese Branchen. Was die nachhaltigen<br />

<strong>Innovationen</strong> anbelangt so wurde von der European Environment Agency 2006 zum<br />

Thema „Eco-Innovation Indicators“ festgestellt: „Currently the field of eco-innovations<br />

lacks statistics and indicators“. Die Europäische Kommission hat deswegen ein eigenes<br />

Forschungsprogramm aufgelegt [EIW 2006, 1].<br />

Die Analyse einiger wichtiger <strong>nachhaltiger</strong> Wachstumsmärkte in Deutschland macht<br />

deutlich, dass diese Märkte schon heute in vielen Fällen die Milliardengrenze<br />

überschritten haben, damit langsam aus der Nische wachsen und dabei Wachstumsraten<br />

im zweistelligen Bereich erzielen konnten.<br />

Markt Volumen Wachstum<br />

90


Zeitenwende<br />

Photovoltaik 3,00 Mrd.€ 20%<br />

Solarthermie 0,75 Mrd.€ 5%<br />

Windkraft 4,50 Mrd.€ 15%<br />

Lebensmittel 3,50 Mrd.€ 14%<br />

Automobile (Hybrid) 0,10 Mrd.€ 25%<br />

Geldanlagen 6,00 Mrd.€ 20%<br />

Risikokapital 0,05 Mrd.€ 30%<br />

Nachwachsende Rohstoffe 14,40 Mrd.€ 3%<br />

SUMME/Durchschnitt ca. 40 Mrd.€ 16%<br />

Insgesamt haben die betrachteten Märkte ein Volumen von 40 Mrd.€ und weisen ein<br />

Wachstum in Höhe von ca. 16% aus. Bezieht man die 170 Mrd.€, die von Roland Berger<br />

und Prognos als Volumen für Clean Technologies genannt werden, mit in die<br />

Markteinschätzung ein so kann (aufgrund von Überschneidungen) der Gesamtmarkt für<br />

nachhaltige Produkte auf ca. 200 Mrd.€ geschätzt werden. Damit haben die<br />

Nachhaltigkeitsmärkte sowohl vom Volumen als auch von den Wachstumsraten eine<br />

beachtenswerte Größe erreicht. Es lässt sich damit nachweisen, dass nachhaltige<br />

<strong>Innovationen</strong> erfolgreich sind.<br />

5.1.2 Zum Engpaß Diffusion des Innovations-Know-Hows<br />

<strong>Innovationen</strong> könnten wesentlich erfolgreicher umgesetzt werden wenn man anwenden<br />

würde, was man über Innovations-Management weiß. Der weltweit führende<br />

Innovationsforscher R.G.COOPER schrieb 1999 nach 25 Jahren <strong>Erfolgsfaktoren</strong>forschung in<br />

einer kritischen Betrachtung des Innovationsmanagements: „Die Projektteams für neue<br />

Produkte (...) scheinen in die gleichen Fallen zu treten wie Ihre Vorgänger in den 70er<br />

Jahren. Es gibt kaum eine Evidenz dafür, dass die Erfolgsquoten deutlich angestiegen<br />

wären (...) die Stimme des Kunden fehlt immer noch, die innerbetrieblichen Vorarbeiten<br />

werden nicht erledigt (...) klare Definitionen fehlen... [COOPER 1999, 115]“. Er benennt<br />

sieben Hemmnisse, die dafür verantwortlich sind:<br />

1. Ignoranz: man weiß nicht, was zu tun ist<br />

2. Fähigkeits-Defizite: man weiß nicht, wie es zu tun ist<br />

3. Fehlerhafte Prozesse: Abläufe des Innovations-Managements sind lückenhaft oder<br />

überbürokratisch<br />

4. Zu sicher: man glaubt schon alles zu wissen<br />

5. Defizit an Disziplin: keine Führung<br />

6. Große Eile: man glaubt Dinge weglassen zu müssen, weil die Zeit drängt<br />

7. Zu viele Projekte und zu wenig Ressourcen: Überlastung<br />

91


[vgl. COOPER 1999, 116].<br />

Zeitenwende<br />

Alle sieben Faktoren sollten durch professionelles Management zu beheben sein.<br />

Voraussetzung dafür ist, dass (zukünftige) Manager und Unternehmer dieses Wissen auch<br />

vermittelt bekommen. Vermutlich liegt ein tieferer Grund für den geschilderten Zustand<br />

in der fehlenden Diffusion des Innovations-Know-Hows.<br />

Eine solide Ausbildung im Innovations-Management ist ein wichtiger<br />

Ansatzpunkt für die erfolgreiche Umsetzung von Innovationsstrategien. Die<br />

genannten Defizite klingen so als ob sie aus dem Bereich der Politik stammen<br />

würden. Die Situation ist vermutlich ähnlich.<br />

Innovations-Fähigkeit ist sowohl im privaten als auch öffentlichen Sektor von<br />

Bedeutung.<br />

5.1.3 Internationale Technologiestudien setzen auf Nachhaltigkeit<br />

Das VDI-Technologiezentrum kommt 2006 in der Auswertung einer Vielzahl<br />

internationaler Technologiestudien zur Einschätzung, dass die Themen Umwelt und<br />

Nachhaltigkeit länderübergreifend eine Spitzenposition erobert haben, und die<br />

Themenbereiche Bio – Nano - Material – IuK verdrängt haben [VDI 2006, 205]. D.h., dass<br />

mittlerweile in vielen Ländern das Thema Nachhaltigkeit erkannt wurde und Technologien<br />

in dieser Richtung forciert werden. Dies lässt eine weitere Zunahme <strong>nachhaltiger</strong><br />

Technologieinnovationen erwarten.<br />

92


Quelle: VDI 2006, 175<br />

Zeitenwende<br />

Auch die Prognose von Prognos und R.Berger zu den Clean Technologies<br />

bestätigt mit den für 2020 erwarteten 1700 Mrd.€ Umsatz allein in<br />

Deutschland ebenfalls die Vermutung von Nefiodow, daß der nächste große<br />

Aufschwung (6.Kondratiew) mit den Themen Umwelt und Gesundheit<br />

verbunden ist. Falls es ncht zu einem großen Finanzcrash kommt werden viele<br />

nachhaltige <strong>Innovationen</strong> in den Märkten zu beobachten sein und nicht-<br />

nachhaltige Angebote und Unternehmen verdrängen.<br />

5.2 Umweltpolitik: energetische Modernisierung oder das<br />

Milliarden-Gewinn-Konzept<br />

93


Zeitenwende<br />

Während im Bereich der nachhaltige <strong>Innovationen</strong> deutliche Wachstumsmärkte zu<br />

beobachten sind, die sowohl importsubstituierend als auch exportgenerierend sind,<br />

betreten wir mit der energetischen Sanierung ein Feld, welches sich sowohl durch den<br />

Einsatz <strong>nachhaltiger</strong> <strong>Innovationen</strong> als auch traditioneller Handwerksarbeit und z.T.<br />

neuem Wissen im Bereich des Niedrigenergiebaus auszeichnet.<br />

Der Bereich energetische Modernisierung des Immobilienbestandes ist deswegen von<br />

besonderer Bedeutung als er fast jeden Einwohner betrifft und mit dem Thema<br />

Energieeinsparung, Umweltschutz und Beschäftigung verbunden ist. Die Immobilien eines<br />

Landes stellen dessen höchstes Vermögen dar. Sie stellen aber auch einen Ort dar, an<br />

dem in erheblichem Umfang Energie verbraucht wird. Die Kostensteigerungen der letzten<br />

Jahre haben hier viele deutlich getroffen. Von daher bieten sich in diesem Bereich beste<br />

Ansatzmöglichkeiten um die Ziele<br />

• Kostenersparnis<br />

• Senkung der Ölabhängigkeit<br />

• Senkung von Ölverkehren<br />

• Reduktion des Treibhauseffektes<br />

• lokale Beschäftigungssicherung<br />

umzusetzen.<br />

Dir KfW hat 2007 die Beschäftigungseffekte aus dem Bereich energetische<br />

Modernisierung errechnet. Hausbesitzer bekommen dabei günstigere Zinsen als am Markt<br />

üblich angeboten wenn ihre Modernisierungsmassnahmen zu einer durch ein Gutachten<br />

zu belegenden Energieeinsparung führt. Bei einem Kreditvolumen von 1,8 Mrd.€ wurde<br />

ein Beschäftigungseffekt in Höhe von 35000 Personenjahren erzielt, wovon der größte<br />

Teil auf den Mittelstand entfällt (83% des direkten Beschäftigungseffektes, 69% des<br />

gesamten Beschäftigungseffektes).<br />

Eine Zinsverbilligung von 2% für den Sanierer entspricht bei einer Laufzeit von 10 Jahren<br />

Kosten in Höhe von 11% des Kreditvolumens, das sind bei 1,86 Mrd.€ ca. 200 Mio.€. Bei<br />

94


Zeitenwende<br />

einem ausgelösten Investitionsvolumen von 2,14 Mrd.€ sind Steuereinnahmen in Höhe<br />

von 800 Mio.€ zu erwarten. Die volkswirtschaftliche Wertschöpfung und Beschäftigung<br />

dürfte aufgrund des Multiplikatoreffekts sogar um 50% höher liegen. Damit zeigt sich,<br />

dass ein derartiges Programm extrem rentabel ist, mehr Beschäftigung sichert als<br />

irgendein mir zur Zeit bekanntes „Infrastruktur“-Programm bzw. Konzept. Wenn 200<br />

Mio.€ 35000 Personenjahre an Arbeitsplatzvolumen schaffen (ohne Multiplikator) dann<br />

werden je Mrd.€ 175.000 Arbeitsplätze geschaffen. Im Strassenbau liegt der Effekt bei<br />

einem Bruchteil dessen.<br />

In Deutschland betrug 2002 das durchschnittliche Volumen einer Modernisierung eines<br />

Einfamilienhauses 40000€. In einer vor einigen Jahren durchgeführten<br />

Energiesparkampagne in Augsburg gelang es in kurzer Zeit mit Hilfe der lokalen<br />

Tageszeitung ca. 200 bis 300 Modernisierungen, die durch diese günstigen Kredite der<br />

staatlichen KfW und Teilzuschüssen gefördert wurden, zu initiieren. Das entsprach einem<br />

Konjunkturimpuls in Höhe von 8 bis 12 Mio.€. Das entspricht staatlichen<br />

Steuereinnahmen von ca. 3 bis 5 Millionen und regionalen Steuereinnahmen iHv 0,8 bis<br />

1,2 Mio.€ (ohne Multiplikatoreffekte).<br />

In Tirol wurden 91000 Gebäude vor 1971 errichtet, 117000 vor 1980. Damit dürften<br />

zwischen der Hälfte und zwei Drittel des Gebäudebestands energetisch<br />

sanierungsbedürftig sein. Das Investitionsvolumen beträgt mit den Erfahrungswerten aus<br />

Deutschland (wo das durchschnittliche Fördervolumen 2006 bei 91000€ lag) bei 100000<br />

Gebäuden 9,1 Milliarden €. Bei einer analogen Variante zur Kfw dürfte ein<br />

Modernisierungs-Programm 1 Mrd.€ kosten und 4 Mrd. an Steuereinnahmen erbringen,<br />

die jedoch zu einem erheblichen Teil nach Wien fliessen. Nachdem in der BRD die Kosten<br />

der Zinszuschüsse durch den Bund getragen werden, haben derartige regional genutzte<br />

Programme dennoch eine sehr hohe Rentabilität für die Region, da die Kosten durch den<br />

BUND getragen werden, die Regionen jedoch einen Teil der Steuereinnahmen bekommen.<br />

95


10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

Zeitenwende<br />

100.000 Häuser Programm<br />

Investitionen Zinszuschüsse Steuereinnahmen<br />

Bei einer Umstellung auf regionale regenerative Energien sind auch erhebliche<br />

langfristige regionalwirtschaftliche Potenziale zu vermuten. So wurde in einer<br />

Musterrechnung für die Region Oberland (Bad Tölz und Miesbach in Bayern) festgestellt,<br />

dass eine derartige Umstellung eine regionale Wertschöpfung von 291 Mio.€ p.a.<br />

ermöglichen würde. Rechnet man diese Zahlen anhand der Einwohner auf Tirol um so ist<br />

ein Effekt in Höhe von ca. 1 Mrd.€ zu erwarten. Sicher ist die Situation in Tirol eigens zu<br />

prüfen, aber es zeigen sich die Chance und Grössenordnung, die in einem solchen Ansatz<br />

liegen.<br />

Quelle: TLA 2004, S.23<br />

96


Zeitenwende<br />

5.3 Steuerpolitik: weitergehende ökologische Steuerreform und<br />

Kosteninternalsierung überfällig<br />

Wir hatten 1996 die ökologische Steuerreform gefordert. Daran hat sich bis heute nichts<br />

geändert. Die staatlichen Steuereinnahmen beruhen immer noch zum allergrößten Teil<br />

auf den Einnahmen aus der Lohnsteuer und der Mehrwertssteuer (während<br />

Gewinnsteuern sanken). Die Öko-Steuern betrugen 2006 immerhin 10% am gesamten<br />

Steueraufkommen und sind damit schon deutlich wahrnehmbar. Die folgende Abbildung<br />

zeigt die vergleichbare Verteilung des Steueraufkommens auf Arbeit, Kapital und Natur in<br />

Deutschland:<br />

Quelle: FÖS 2007, 1<br />

Die ökologische Steuerreform, die mit den Einnahmen entweder die energetische<br />

Modernisierung vorantreibt oder die Lohnnebenkosten entlastet ist heute so interessant<br />

wie 1996. Die deutsche Bundesbank schrieb in einer Bewertung der ökologischen<br />

Steuerreform: „So lagen Arbeitnehmer und Arbeitgeberanteil für die Renten-, Kranken-,<br />

Pflege- und Arbeitslosenversicherung Anfang 1991 noch durchschnittlich bei 35,2 % des<br />

sozialversicherungspflichtigen Entgelts. 1998 waren dies bereits 42,1 %. Erst seit 1999<br />

ist dieser Trend rücklaufig. Ohne die Ökosteuer hatte 2003 und 2004 der<br />

Rentenbeitragssatz um 1,7 Prozentpunkte hoher festgelegt werden müssen. Somit<br />

verbessern sich durch die Ökosteuer die Rahmenbedingungen für die Schaffung neuer<br />

Arbeitsplatze, wovon mittelbar auch die nicht sozialversicherungspflichtigen<br />

und mit der Ökosteuer belasteten Bürgerinnen und Burger profitieren. Denn mehr<br />

Arbeitsplatze bedeuten weniger Ausgaben für Arbeitslosengeld und mehr Einnahmen<br />

97


ei der Einkommensteuer“ [BMF 2004, 36].<br />

5.4 Regional-Politik<br />

Zeitenwende<br />

Auf regionaler Ebene hatten wir regionale Verwertungskooperationen, regionales<br />

Marketing, Netzwerkbildung und Clusteraufbau vorgeschlagen.<br />

5.4.1 Regionales Marketing – regionale Endprodukt-Märkte<br />

Regionales Marketing hat sich insbesondere im Lebensmittelsektor stark verbreitet.<br />

Dabei dürften auch die Lebensmittelskandale eine nicht unerhebliche Rolle gespielt<br />

haben. Das Label „aus der Region“ dürfte für viele schon interessanter als „Bio“ geworden<br />

sein. Der Trend wird sich ziemlich sicher verstärken. Ähnlich wie bei den<br />

Verwertungskooperationen bleibt die Wertschöpfung vollständig in der Region. Im<br />

Vergleich von regionalen und importierten Lebensmitteln dürften die regionalen<br />

Lebensmittel eine drei bis fünffache regionale Wertschöpfung haben.<br />

Die ökologischen und regionalen Anbieter erleben zur Zeit einen Boom, der noch lange<br />

nicht ausgereizt ist. Nach einer aktuellen Studie bekunden 77% der Befragten<br />

Wechselbereitschaft zu nachhaltigen Produkten.<br />

Quelle: Ernst & Young 2007, 28<br />

Dabei ist jedoch entscheidend, dass diese Angebote in der Nähe und nicht allzu viel mehr<br />

kosten. Märkte die darauf eingehen – und es werden immer mehr – ziehen hieraus Ihren<br />

Vorteil.<br />

98


Zeitenwende<br />

5.4.2 Unternehmensgründungen und Produktinnovationen<br />

Unternehmensgründungen und Produktinnovationen wurden bereits mit dem<br />

Thema Clean Technologies berührt. Für regionale Gründungen gibt es neben den<br />

Umwelttechnologien ein breites Spektrum von Betätigungsmöglichkeiten. In diesem<br />

Zusammenhang sind zwei besonders wichtige Aspekte anzusprechen:<br />

1. das nach wie vor bestehende Finanzierungs- und Managementproblem:<br />

mangelnde Finanzierung und fehlende Managementqualifikationen sind nach wie<br />

vor zentrale Engpässe von Gründern. Hier sollten zum einen beratungs- bzw.<br />

besser Betreuungsprojekte intensiviert werden (Coaching-Programme), zum<br />

anderen sind mit Betreuung in Verbindung stehende Finanzierungsprogramme für<br />

Risikoinvestitionen auszuweiten. Bei gleichzeitiger Nutzung des vorliegenden<br />

Innovations-Management-Know-Hows können die Flopraten gesenkt, der Nutzen<br />

gesteigert werden.<br />

2. Globalisierung sollte weniger im Anstieg der Warenströme als im Anstieg der<br />

Wissenströme bestehen. In Europa, den USA und Japan wurden viele Patente<br />

entwickelt, die brach liegen. Dem müsste nicht so sein. Statt dessen sollten<br />

internationale Patentverwertungs- und Technologietransferstellen auf- und<br />

ausgebaut werden, die für eine regionale Nutzung weltweit vorliegenden Know-<br />

Hows sorgen.<br />

5.4.3 Netzwerkbildung und Cluster<br />

Netzwerkbildung und Clusteraktivitäten, bei denen Österreich schon lange mit<br />

führend ist, haben nach dem Boom Ende der 90er Jahre zwar nicht mehr ganz die<br />

Aufmerksamkeit erfahren, nichtsdestotrotz läuft ein Großteil der Förderung heute über<br />

diese Ansätze. Hauptmanko ist von daher weniger, dass es nicht gemacht wird, sondern<br />

eher, dass es z.T. falsch gemacht wird. Die Richtung stimmt, es gibt jedoch deutliche<br />

Verbesserungsmöglichkeiten (Personalauswahl, Mittelausstattung, Abstimmung/<br />

Koordination).<br />

Regionen, die einen Clusteraufbau erwägen sollten folgende <strong>Erfolgsfaktoren</strong><br />

berücksichtigen. <strong>Erfolgsfaktoren</strong> für einen gelungen Clusterstart sind:<br />

Erfolgsfaktor Einschätzung für die Region<br />

Kritische Masse / Leitbetriebe<br />

99


unternehmerische Führung<br />

Fokussierung auf bestimmte Marktsegmente<br />

Geographische Abgrenzung:<br />

Vertrauen<br />

Anfangssubventionen<br />

Finanzierung durch Clustermitglieder<br />

Wissenschaft mit Praxisbezug<br />

Cluster-Benchmarking<br />

Medienarbeit (intern wie extern)<br />

Zeitenwende<br />

Die einzigen auffindbare Studien, die sich mit der Kosten-Nutzen-Situation von<br />

Clusterinvestitionen beschäftigen – „South Australian Business Vision 2010: Industry<br />

Clusters Program: A Review“ sowie „The Competitiveness Institute in Sri Lanka: The<br />

Economic Impact of Cluster Initiatives“ - belegen eine hohe Wirtschaftlichkeit des<br />

Cluster-Aufbaus. Die Situation der australischen Clusterinitiativen :<br />

D.h. dass in sechs Jahren 15 Mio.$ investiert wurden, die 475 Mio.$ an Wertschöpfung<br />

erbrachten. Das ergibt ein Kosten-Nutzen-Verhältnis von 1:30. Bei einer Steuerquote von<br />

30% ergibt sich für den Staat ein Kosten-Nutzen-Verhältnis von 1:10. Anders dargestellt<br />

ergibt sich eine Verzinsung in Höhe von 900%.<br />

Für Sri Lanka wurde ein Kosten-Nutzen-Verhältnis von 1:10 ermittelt. Bei einer<br />

Steuerquote von 30% ergibt sich für den Staat ein Kosten-Nutzen-Verhältnis von 1:3,3.<br />

Anders dargestellt ergibt sich eine Verzinsung in Höhe von 230%.<br />

100


Zeitenwende<br />

5.4.4 Verwertungskooperationen und Zero-Emissions-Cluster<br />

Der Bereich der regionalen Verwertungskooperationen und Zero-Emissions-Cluster<br />

scheint nach wie vor interessant. Es ist aber in den letzten 12 Jahren noch insgesamt<br />

wenig Bewegung in dieser Richtung festzustellen gewesen. Allerdings liegen die<br />

Anstrengungen in Österreich (insbesondere des BMVIT) deutlich über denjenigen, die in<br />

Deutschland oder anderen europäischen Ländern zu beobachten waren. Am weitesten<br />

scheint hier Japan zu sein. Die Zeit scheint insgesamt noch nicht reif gewesen zu sein. Es<br />

ist jedoch eine Zunahme der Aktivitäten in den nächsten 10 Jahren zu erwarten.<br />

5.4.5 Betriebliches Stoffstrommanagement<br />

Betriebliche Ökobilanzen und Umweltmanagementsysteme haben in den letzten<br />

Jahren deutlich an Aufmerksamkeit verloren. Dabei liegt der Anteil der Rohstoffkosten in<br />

der Industrie deutlich über den Lohnkosten (16%). Die zur betrieblichen<br />

Stoffstromanalyse weiterentwickelten Datenerfassungs-, Kostenrechnungs- und<br />

Stoffstrommanagementsysteme sind heute weit entwickelt und erlauben deutlich<br />

wahrnehmbare Einsparungen.<br />

5.4.6 Nachwachsende Rohstoffe<br />

Nachwachsende Rohstoffe haben seit 1996 einen Boom erlebt, der noch lange nicht<br />

vorbei sein wird. Es werden immer mehr Anwendungsmöglichkeiten gefunden und<br />

kommerzialisiert. Es ist zu erwarten dass die sogenannten bioabbaubaren Verpackungen<br />

die heute noch zum Großteil aus Öl bestehenden Verpackungen ablösen und einen<br />

Milliardenmarkt erobern werden.<br />

Zusammenfassend kann festgestellt werden dass sich ein in einigen Bereichen<br />

deutliche Fortschritte abzeichnen (Gründungen, <strong>Innovationen</strong>, Clean<br />

Technologies, Cluster und Netzwerke, regionales Marketing, nachwachsende<br />

Rohstoffe), einige Bereiche stagnieren (Verwertungskooperationen, Öko-<br />

Bilanzen und Umweltmanagementsysteme). Insgesamt haben diese Bereiche<br />

nach wie vor erhebliche Potentiale für eine zukunftsfähige Entwicklung. Der<br />

energetischen Modernisierung der Bausubstanz und nachhaltigen<br />

<strong>Innovationen</strong> kommen dabei Schlüsselpositionen zu.<br />

101


Zeitenwende<br />

5.5 Systemische Hilfsmittel für die Steuerung der Wirtschaftpolitik<br />

Um das Problem der (Um-) Steuerung in komplexen Systemen in den Griff zu bekommen<br />

sind Instrumente hilfreich, die Überblick und Orientierung verschaffen. Neben den bereits<br />

erwähnten Systemmodellen sind Steuerungsräume von großem Nutzen. Eine guter<br />

Ansatz ist z.B. der „Operations Room“ wie er z.B. beim Malik Management Zentrum<br />

St.Gallen zum Einsatz kommt [HETZLER 2005].<br />

Operations-Room mit Systemmodell, VSM und Scoreboard [Hetzler 2005, 5]<br />

Mit dem Operations Room wird ein eigener Raum als Entscheidungsplattform geschaffen,<br />

in dem die wesentlichen Informationen (z.B. Abweichungen von Erwartungswerten) -<br />

soweit möglich - in Echtzeit gebündelt und im Rahmen eines Scoreboards transparent<br />

gemacht werden. Ein Systemmodell zur Prognose sowie ein Memory-Board (indem die<br />

letzten wichtigen Entscheidungen sowie die zugrunde gelegten Annahmen festgehalten<br />

sind) ergänzen die Situationsinterpretation durch den Blick nach vorne (Simulation) und<br />

nach hinten (Memory-Board). Diese Instrumente sind entwickelt, funktionsfähig und<br />

erprobt. Sie warten sozusagen auf Anwendung. Die regionale und nationale<br />

Wirtschaftspolitik sind hervorragende Anwendungsfelder.<br />

5.6 Fazit: auf in die Zukunft<br />

Alle diskutierten Politikfelder zeichnen sich dadurch aus, dass sie machbar, wirtschaftlich,<br />

nachhaltigkeits- und zukunftsorientiert sind. Sie entsprechen sowohl gegebenen<br />

Handlungsnotwendigkeiten als auch dem Stand des wirtschaftswissenschaftlichen<br />

102


Zeitenwende<br />

Wissens. Sie sind erwiesenermassen funktionsfähig und in einigen Fällen sogar höchst<br />

rentabel.<br />

Ein hervorragendes Buch zum Thema Innovations-Pioniere trägt den Titel „Will and<br />

vision“. Man sollte den Titel ergänzen: vision, will and skill. Mit konkreten Visionen, Wille<br />

und Fähigkeiten kann man Großes bewegen, neue Zeiten bewältigen und gestalten. Wenn<br />

uns die geschilderte Zeitenwende vor große Aufgaben stellt, dann zeigen uns nachhaltige<br />

<strong>Innovationen</strong> den Weg der Lösung.<br />

Dabei ist wichtig zu wissen, daß sich diese <strong>Innovationen</strong> nicht nur auf<br />

Produkte und Dienstleistungen, sondern auch auf den sozio-ökonomischen<br />

Rahmen beziehen. Nur nachhaltige Unternehmenss- und Politiksysteme<br />

werden nachhaltige Resultate erreichen können.<br />

103


Zeitenwende<br />

Anhang: alternative Masse des Wohlstandwachstums:<br />

ISEW und GPI<br />

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