Sächsisches Archivblatt - Archivwesen - Freistaat Sachsen
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Sichere Heimstatt für Pirnas Stadtarchiv<br />
nach Jahrhundertflut<br />
Zehn Jahre Stadtarchiv in zwei Interimsquartieren<br />
liegen hinter seinen Mitarbeiterinnen,<br />
die durch das Elbehochwasser 2002 mit dem<br />
Gesamtbestand an Archivalien aus dem bisherigen<br />
Archivstandort Klosterhof evakuiert<br />
werden mussten (vgl. dazu <strong>Sächsisches</strong> <strong>Archivblatt</strong>,<br />
Heft 2/2003, S. 5–9, ebenso S. 11–16).<br />
Während die erste Notunterkunft – die ehemalige<br />
Haußner-Mittelschule – bereits vor einigen<br />
Jahren einem Spielplatz wich, stehen von dem<br />
zweiten Interimsquartier, der maroden Juri-<br />
Gagarin-Schule in Pirna-Copitz, nur noch ein<br />
paar Mauern. Der Abrissbagger ist am Werk.<br />
Beim notwendigen Umzug des Stadtarchivs<br />
in die „Krone“ von Pirna, das Schloss Sonnenstein<br />
(vgl. nebenstehenden Artikel), wechselten<br />
u. a. 18.571 Archivboxen, 8.664 Karten,<br />
Pläne und Plakate sowie 97,84 Meter Bücher<br />
– insgesamt 3.300 Meter Unterlagen – ihren<br />
Platz. Vier Wochen blieben für den eigentlichen<br />
Standortwechsel vom Altstandort in<br />
den Neubau, in welchem dem Stadtarchiv<br />
eineinhalb Magazinetagen zur Verfügung<br />
stehen. Die Roll regalanlage besitzt ein Fassungsvermögen<br />
von 5.000 Metern. Damit<br />
verfügt das Stadtarchiv nunmehr auch über<br />
eine zukunftsorientierte Aufnahmekapazität.<br />
In der vielhundertjährigen Geschichte des<br />
Stadtarchivs ist es das erste Mal, dass die Archivalien<br />
katastrophensicher untergebracht<br />
sind. Wurden die wichtigsten Privilegien der<br />
Stadt seit der Mitte des 13. Jahrhunderts im<br />
„Fache“ aufbewahrt, lesen wir 1629 von einer<br />
eichenen Holzlade für Urkunden. 1676 wird<br />
ein geheimes „Aktenstübgen“ erwähnt, 1701<br />
ein feuerfester Raum für Akten angelegt. Als<br />
Dr. Pfotenhauer 1868 bei seinen Vorarbeiten<br />
zum Codex Diplomaticus den Urkundenbestand<br />
sichtete, fand er die Pergamenturkunden<br />
in einer finsteren Ecke des Rathausbodens<br />
achtlos in zwei Kartoffelsäcke gesteckt.<br />
Sicher verwahrt liegen nun unsere archivalischen<br />
Kostbarkeiten in klimatisierten<br />
Magazinen. Dazu zählen nicht nur der Urkundenbestand,<br />
die Stadtbücher und Innungsunterlagen,<br />
sondern auch die Karten<br />
und Pläne. Aus diesem Fundus schöpften<br />
Architekten und Bauingenieure bei der Sanierung<br />
des Schlosses Sonnenstein. Das Foyer<br />
des Landratsamtes schmückt momentan eine<br />
Ausstellung mit Reproduktionen historischer<br />
Schlossansichten, ergänzt durch erläuternde<br />
Texte. Hier hängen neben den berühmten Veduten<br />
Canalettos eine Darstellung Alexander<br />
Plan der Königlichen Heilanstalt Sonnenstein, 1888 (Stadtarchiv Pirna, Sign. K I-II-XI, 589.4.)<br />
Thieles, deren Originale sich in der Gemäldegalerie<br />
Alte Meister bzw. im Kupferstichkabinett<br />
Dresden befinden, auch Bauzeichnungen,<br />
die im Sächsischen Staatsarchiv, Hauptstaatsarchiv<br />
Dresden und im Stadtmuseum Pirna<br />
verwahrt werden. Für vier der Reproduktionen<br />
stellte das Stadtarchiv Pirna die Originalzeichnungen<br />
aus dem umfangreichen Bestand<br />
K I-II-XI, Heil- und Pflegeanstalt Sonnenstein,<br />
zur Verfügung. Zu sehen ist u. a. ein kolorierter<br />
Plan der Königlichen Heilanstalt aus dem Jahr<br />
1888 (siehe Abb.).<br />
Bereits am 2. April 2012 öffneten wir den Lese-<br />
saal – 1907 errichtet, diente er den Patienten<br />
der Heil- und Pflegeanstalt Sonnenstein als<br />
offener Aussichtspavillon – für die Benutzer.<br />
Schon zeigen sich die positiven Effekte des Archivverbundes:<br />
An vier Wochentagen stehen<br />
jeweils ein Kreis- und ein Stadtarchivar bereit,<br />
um Kunden zu beraten und aus den vielfältigen<br />
und umfangreichen Beständen von vereinten<br />
Kreisarchiven und einem Stadtarchiv<br />
Archivalien bereitzustellen.<br />
Angela Geyer<br />
(Archivverbund Pirna, Stadtarchiv)<br />
<strong>Sächsisches</strong> <strong>Archivblatt</strong> Heft 2-2012 | 7