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Sächsisches Archivblatt - Archivwesen - Freistaat Sachsen

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„Karl May und die Obrigkeit“<br />

im Hauptstaatsarchiv Dresden<br />

Zum 10. „Tag des gläsernen Regierungsviertels“<br />

am 18. August 2012 präsentierte das<br />

Hauptstaatsarchiv Dresden seinen Besuchern<br />

eine Kabinettsausstellung zum Thema „Karl<br />

May und die Obrigkeit“. Prägende Ereignisse<br />

aus Leben und Nachleben des sächsischen<br />

Abenteuerschriftstellers haben sich in den Akten<br />

sächsischer Behörden niedergeschlagen.<br />

Das Sächsische Staatsarchiv verfügt damit –<br />

vor allem an seinen Standorten in Dresden<br />

und Chemnitz – über einen bedeutenden<br />

Quellenfundus, den die Karl-May-Forschung<br />

in den vergangenen Jahren rege genutzt hat.<br />

Die Dresdner Präsentation zeigte eine Auswahl<br />

wertvoller archivalischer Dokumente aus<br />

dem Bestand des Hauptstaatsarchivs, die einige<br />

interessante Schlaglichter auf Leben und<br />

Werk Mays warfen.<br />

Während zweier Abschnitte seines Lebens<br />

durfte Karl May (1842–1912) als geradezu<br />

„gerichtsnotorisch“ bezeichnet werden. Als<br />

junger Hilfslehrer aus Ernstthal (seit 1898<br />

Hohenstein-Ernstthal) geriet er zwischen<br />

1859 und 1870 mehrfach wegen Betrugs<br />

und verschiedener Eigentumsdelikte in das<br />

Visier der Justizbehörden. In seinem letzten<br />

Lebensjahrzehnt war der mittlerweile zu internationalem<br />

Ruhm gelangte Schriftsteller in<br />

zahlreiche Zivil- und Strafprozesse verwickelt.<br />

Eine große Zahl dieser Verfahren wurde vor<br />

sächsischen Gerichten verhandelt, darunter<br />

häufig vor dem Amtsgericht Kötzschenbroda,<br />

das seinerzeit für Mays Wohnsitz Radebeul<br />

örtlich zuständig war. Die Prozessakten, die<br />

heute im Hauptstaatsarchiv Dresden verwahrt<br />

werden, betreffen vor allem die Auseinandersetzungen,<br />

die Karl May mit seinen<br />

publizistischen Widersachern auszufechten<br />

hatte. Hauptgegner des Schriftstellers war<br />

der Journalist Rudolf Lebius, der May in zahlreichen<br />

Pressebeiträgen als Fantasten und<br />

Betrüger diffamierte, nachdem May 1904 die<br />

Mitarbeit an der von Lebius in Dresden herausgegebenen<br />

Zeitung „<strong>Sachsen</strong>stimme“ verweigert<br />

hatte. Über Jahre hinweg überzogen<br />

sich Lebius und May vor den Kötzschenbrodaer<br />

Gerichtsschranken und andernorts gegenseitig<br />

mit Beleidigungsklagen. Aber auch<br />

gegen andere seiner literarischen Kritiker wie<br />

den katholischen Publizisten Ansgar Pöllmann<br />

ging May gerichtlich vor. Nach seinem Tod am<br />

30. März 1912 führte seine Witwe Klara den<br />

juristischen Kampf fort, der sich nun sogar<br />

gegen die Anwälte von Mays Kritikern richtete.<br />

Klara May ließ keine Gelegenheit verstreichen,<br />

um das Andenken ihres Ehemannes<br />

von dunklen Flecken reinzuwaschen. Im Juni<br />

1922 erwirkte sie die Vernichtung von bereits<br />

im Hauptstaatsarchiv verwahrten Untersuchungsakten<br />

des Amtsgerichts Mittweida, vor<br />

dem Karl May sich Anfang der 1870er Jahre<br />

mehrfach wegen Betrugs und Diebstahls hatte<br />

verantworten müssen. Die Schriftstücke,<br />

darunter auch die Verurteilung des Schriftstellers<br />

zu einer vierjährigen Zuchthausstra-<br />

fe im Jahr 1870, wurden auf Anordnung des<br />

Gesamtministeriums verbrannt – trotz des<br />

Widerstands des Archivdirektors. Im Sommer<br />

1937 ersuchte Klara May das Ministerium für<br />

Volksbildung um Aushändigung von Unterlagen<br />

bezüglich der Verfehlungen Karl Mays als<br />

Schüler des Seminars Waldenburg. Vermutlich<br />

mit Billigung des Reichsstatthalters in <strong>Sachsen</strong>,<br />

Martin Mutschmann, den Klara May im<br />

Dezember 1933 kennengelernt hatte, wurde<br />

ihrer Bitte um Vernichtung der entsprechen-<br />

Vollmacht Karl Mays für seinen Anwalt im Prozess gegen Rudolf Lebius u. a., 30. Dezember 1909 (<strong>Sächsisches</strong><br />

Staatsarchiv, Hauptstaatsarchiv Dresden, 11088 Amtsgericht Radebeul, Nr. 4)<br />

<strong>Sächsisches</strong> <strong>Archivblatt</strong> Heft 2-2012 | 25

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