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Sächsisches Archivblatt - Archivwesen - Freistaat Sachsen

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Podiumsgespräch „Der 8. Oktober 1989 – ein Zeitzeugengespräch“<br />

(v. l. n. r.: Frank Richter, Robert Ide, Detlef Pappermann)<br />

dar, wie Studenten im Rahmen ihres Studiums<br />

an Zeitzeugenbefragungen herangehen.<br />

Im „Oral-History-Projekt“ werden Interviews<br />

nach wissenschaftlichen Standards erschlossen<br />

und einer breiten Nutzung zugänglich<br />

gemacht. Den Abschluss des Vormittagsprogramms<br />

bildeten Führungen durch das kürzlich<br />

sanierte Gebäude des Hauptstaatsarchivs<br />

Dresden.<br />

Am Nachmittag begrüßte Herr Thomas Kübler,<br />

Leiter des Stadtarchivs Dresden, die Teilnehmer<br />

der Tagung in seinem Haus. Zeitzeugeninterviews,<br />

die von 1995 bis 1997 durch ein<br />

Projekt des Sächsischen Landesbeauftragten<br />

für die Stasi-Unterlagen entstanden und<br />

heute Bestandteil der Überlieferung sind,<br />

wurden durch Dr. Nils Brübach vom Sächsischen<br />

Staatsarchiv, Hauptstaatsarchiv Dresden<br />

vorgestellt. Auch die BStU verwendet<br />

Zeitzeugeninterviews in Verbindung mit den<br />

Stasi-Akten. Konrad Felber verdeutlichte in<br />

seinem Vortrag, dass die dabei auftretenden<br />

Widersprüchlichkeiten einer genaueren Untersuchung<br />

bedürfen. Ganz anders nutzt das<br />

Schulmuseum Leipzig Zeitzeugen. Elke Urban<br />

zeigte anschaulich, wie im Ergebnis von<br />

Projekten mit Zeitzeugen Dokumentar- und<br />

Spielfilme entstanden sind, die das Schulmuseum<br />

für Bildungszwecke zur Verfügung stellt.<br />

Anschließend ließ es sich Herr Kübler nicht<br />

nehmen, den Konferenzteilnehmern persönlich<br />

auf seine unnachahmliche Weise das Haus<br />

und ausgewählte, beeindruckende Archivalien<br />

zu zeigen.<br />

Die Brisanz der Thematik wurde am Abend<br />

deutlich. Robert Ide vom Tagesspiegel Berlin<br />

moderierte eine Podiumsdiskussion mit Zeitzeugen<br />

des 8. Oktober 1989 in Dresden. Frank<br />

Richter, Direktor der Sächsischen Landeszentrale<br />

für politische Bildung, damals auf Seiten<br />

der Demonstranten, und Detlef Pappermann,<br />

am 8. Oktober 1989 Oberleutnant der Deutschen<br />

Volkspolizei, stellten ihre Sicht auf die<br />

Ereignisse auf der Prager Straße dar und leiteten<br />

damit eine kontrovers geführte Diskussion<br />

und Fragerunde ein.<br />

Die Mitgliederversammlung des Arbeitskreises<br />

Archivpädagogik und Historische Bildungsarbeit<br />

im VdA fand in den Vormittagsstunden<br />

des Samstags unter der Leitung von Frau<br />

Dr. Annekatrin Schaller statt. Im Anschluss<br />

wurde anhand von Praxisbeispielen aus Schulen<br />

und von historischen Bildungsträgern der<br />

derzeitige Stand der historischen Arbeit mit<br />

Kindern und Jugendlichen an gelungenen Beispielen<br />

veranschaulicht.<br />

Frau Ina Gabler von der „Talsperrenschule<br />

Thoßfell“ zeigte in ihrem Beitrag, dass geschichtliche<br />

Forschungsarbeit bereits mit<br />

Grundschülern möglich ist. Die Kinder haben<br />

zum in der Talsperre versunkenen Ort Pöhl<br />

geforscht und so erste Einblicke in die Archivarbeit<br />

und die Befragung von Zeitzeugen<br />

bekommen. Wichtig war aus ihrer Sicht, dass<br />

sie ergebnisoffen an die Arbeit gegangen sind<br />

und so feststellen konnten, dass viele der ehemaligen<br />

Einwohner des Ortes das notwendige<br />

Verlassen als nicht skandalös ansehen. Das Bildungswerk<br />

für Kommunalpolitik <strong>Sachsen</strong> e.V.<br />

unterstützt Schüler bei der Erforschung der<br />

Regionalgeschichte. Herr Schmidt erläuterte<br />

die Wichtig- und Notwendigkeit dieser Vereinstätigkeit.<br />

Stellvertretend verdeutlichte<br />

Frau Schmidt an einem konkreten Beispiel, wie<br />

es gelungen ist, wichtige Akteure der Wendezeit<br />

in Zeitzeugengesprächen zu befragen.<br />

Lehrerin Ina Gabler mit Schülern der Talsperrenschule<br />

Thoßfell (Fotos Gisela Petrasch)<br />

Dabei stieß man auf widersprüchliche Aussagen<br />

und Sichtweisen, welche die Notwendigkeit<br />

der Überprüfung anhand schriftlicher<br />

Quellen deutlich machten. Werner Imhof von<br />

der Stiftung Brücke / Most ist Projektleiter für<br />

„Zeitzeugenbegegnungen und historische<br />

Spurensuche“ von deutschen und tschechischen<br />

Schülern, die sich mit der gemeinsamen<br />

Historie beschäftigen. Herr Imhof legte<br />

dar, dass ein Teil der Schwierigkeiten, die es<br />

gegeben hatte, aus einer ungenügenden Vorbereitung<br />

der Zeitzeugengespräche und aus<br />

der Erwartungshaltung gegenüber den Zeitzeugen<br />

seitens der Schulen resultierten. Daher<br />

bietet der Verein Fortbildungen für Lehrkräfte<br />

zu dieser Thematik an. Am gelungenen Beispiel<br />

verdeutliche Herr Imhof, wie mit dem<br />

tschechischen Zeitzeugen Vojen Syrovátka<br />

und seiner Familiengeschichte für Schüler<br />

das Spannungsfeld zwischen mündlicher<br />

und schriftlicher Überlieferung erlebbar und<br />

Geschichte für sie konkret, hör-, les- und erforschbar<br />

wurde. Frau Dr. Annekatrin Schaller<br />

dankte in ihrem Schlusswort den Organisatoren,<br />

insbesondere Frau Merit Kegel, Archivpädagogin<br />

am Hauptstaatsarchiv Dresden,<br />

für die gelungene, interessante 26. Archivpädagogenkonferenz.<br />

Michael Günther<br />

(Staatsarchiv Chemnitz)<br />

(Anm. der Redaktion: Gegenwärtig ist die archivpädagogische<br />

Arbeit des Staatsarchivs<br />

nur sehr stark eingeschränkt möglich, da die<br />

Abordnung der als Archivpädagogen tätigen<br />

Lehrer für das Schuljahr 2012 / 13 nicht verlängert<br />

wurde.)<br />

<strong>Sächsisches</strong> <strong>Archivblatt</strong> Heft 2-2012 | 13

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