Sächsisches Archivblatt - Archivwesen - Freistaat Sachsen
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26. Archivpädagogenkonferenz<br />
in Dresden April 2012<br />
Der Arbeitskreis „Archivpädagogik und Historische<br />
Bildungsarbeit“ im Verband deutscher<br />
Archivarinnen und Archivare e.V. (VdA)<br />
hatte in Kooperation mit dem Sächsischen<br />
Staatsarchiv, dem Bundesbeauftragten für<br />
die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes<br />
der ehemaligen DDR (BStU), Außenstelle<br />
Dresden, dem Stadtarchiv Dresden und dem<br />
Sächsischen Staatsministerium für Kultus<br />
vom 19. – 21. April 2012 nach Dresden eingeladen.<br />
Die nunmehr 26. Archivpädagogenkonferenz<br />
widmete sich dem Thema „Geschichte<br />
hören, lesen und erforschen – Schüler im<br />
Spannungsfeld zwischen mündlicher und<br />
schriftlicher Überlieferung“. 85 Teilnehmer aus<br />
ganz Deutschland und der Schweiz verfolgten<br />
Fachvorträge und Praxisberichte.<br />
Bereits im Vorprogramm hatten die Teilnehmer<br />
Gelegenheit, sich mit der Thematik<br />
vertraut zu machen. Herr Konrad Felber, Leiter<br />
der BStU-Außenstelle Dresden, betonte<br />
in seinem einführenden Vortrag, dass die<br />
Überlieferungen eine sehr gute Möglichkeit<br />
darstellen, die jüngste deutsche Geschichte<br />
Schülern zu veranschaulichen. Frau Ilona<br />
Rau, die Leiterin des Archivs der BStU-Außenstelle<br />
Dresden erläuterte im anschließenden<br />
Rundgang sehr eindrucksvoll, welche<br />
Anstrengungen unternommen wurden und<br />
werden, um die Unterlagen des Ministeriums<br />
für Staatssicherheit der DDR zu archivieren<br />
und einer Nutzung zugänglich zu machen.<br />
Es wurde deutlich, dass sich die Archivarbeit<br />
aufgrund der persönlichen Betroffenheit<br />
<strong>Sächsisches</strong> <strong>Archivblatt</strong> Heft 2-2012 | 12<br />
der meisten Einsichtnehmenden deutlich<br />
vom Umgang mit „normalen Archivnutzern“<br />
unterscheidet.<br />
Frau Dr. Andrea Wettmann, Direktorin des<br />
Sächsischen Staatsarchivs, eröffnete die Tagung.<br />
In ihren begrüßenden Worten stellte<br />
sie fest, dass die Archivpädagogik neben der<br />
Vermittlung von historischem Wissen und von<br />
Methodenkompetenzen auch die Möglichkeit<br />
bietet, die Rolle der Archive als „Gedächtnis<br />
der Gesellschaft“ einem jungen Publikum zu<br />
vermitteln. Die Archive sehen sich dabei, so<br />
Wettmann, nicht mehr nur als Verwahrer von<br />
Geschichtsquellen, die u. a. dazu genutzt werden,<br />
die Aussagen der Zeitzeugen zu überprüfen.<br />
Zeitzeugenprojekte bildeten zunehmend<br />
eine wichtige Ergänzung zur klassischen Überlieferung.<br />
Im Namen der Sächsischen Staatsministerin<br />
für Kultus, Frau Brunhild Kurth, überbrachte<br />
Herr Dr. Dieter Herz ein Grußwort. Mit Bezug<br />
auf Bodo von Borries verwies Herr Dr. Herz<br />
auf den komplexen Vorgang der „Logik der<br />
Erinnerung“, der es notwendig macht, auch<br />
bei Zeitzeugenüberlieferungen quellenkritisch<br />
vorzugehen. Bei der „Zeitzeugen-Befragung“ –<br />
so der Terminus in den sächsischen Lehrplänen<br />
– sei eine gründliche Vor- und Nachbereitung<br />
im Unterricht unabdingbar. Das Archiv<br />
sei im Spannungsfeld zwischen mündlicher<br />
und schriftlicher Überlieferung wichtiger Ansprechpartner<br />
und gewinne als außerschulischer<br />
Lernort weiter an Attraktivität.<br />
Grußwort von Herrn Dr. Dieter Herz, Referatsleiter im Sächsischen Staatsministerium für Kultus<br />
Die Reihe von Vorträgen wurde von Frank<br />
Richter, Direktor der Sächsischen Landeszentrale<br />
für Politische Bildung, eröffnet. Anhand<br />
von Beispielen aus der Praxis verdeutlichte<br />
er, wie schwierig es ist, unter den Bedingungen<br />
von Schule als Zeitzeuge, aber auch<br />
als historischer Bildungsträger zu agieren.<br />
Häufig entstünde nicht wirklich ein Zeitzeugen-Gespräch.<br />
Unzureichendes Wissen zum<br />
historischen Kontext und fehlende Fragekompetenzen<br />
auf der einen Seite stehen der<br />
veränderten Erinnerung und der zunehmenden<br />
Routine auf der anderen Seite gegenüber.<br />
Nicht immer gelinge es, Zeitzeugen als das zu<br />
sehen, was sie sind: Menschen, die an einem<br />
bestimmten Punkt ihres Lebens Dinge erlebt<br />
haben, die sie weitergeben möchten. Zu oft<br />
stehe an den Zeitzeugen die Forderung nach<br />
der Beurteilung des eigenen Handelns, eine<br />
Tatsache, die Multiperspektivität erschwert,<br />
da die „Täter- und Opferrolle“ bereits verteilt<br />
sind und ein entsprechendes Verhaltensschema<br />
erwartet wird.<br />
Frau Professor Dr. Sylvia Mebus, Professorin<br />
für Didaktik der Geschichte an der TU Dresden<br />
und Direktorin des Werner-Heisenberg-<br />
Gymnasiums in Riesa, zeigte in ihrem Beitrag<br />
„Wie passen Zeitzeugengespräche und kompetenzorientiertes<br />
historisches Lernen zusammen“,<br />
unter welchen Bedingungen erfolgreiche<br />
Zeitzeugeninterviews im Unterricht nicht<br />
nur möglich, sondern auch notwendig sind.<br />
Prof. Dr. Susanne Freund von der Fachhochschule<br />
Potsdam (Studiengang Archiv) stellte<br />
Frank Richter, Prof. Dr. Susanne Freund,<br />
Prof. Dr. Sylvia Mebus (Fotos Sylvia Reinhardt)