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Merkmalsgesteuerter Grammatikerwerb Eine Untersuchung zum

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Erste eigenständige Modelle der Spracherwerbsforschung 50<br />

4.6 Die Neubestimmung der interdisziplinären Beziehungen<br />

In den 70er und frühen 80er Jahren ließen sich drei Grundtypen von Reaktionen auf das<br />

Scheitern der ersten Kooperation von Grammatiktheorie und Erwerbsforschung beobachten:<br />

(i) der völlige Verzicht auf Kooperation, (ii) die Beschränkung des interdisziplinären Aus-<br />

tausches auf die Modellebene und (iii) die Fortsetzung der Kooperation bei der Modell-<br />

entwicklung und der Erstellung struktureller Repräsentationen.<br />

Für einen völligen Verzicht auf Kooperation argumentiert man in der generativ orientierten<br />

theoretischen Linguistik am ehesten im Rahmen der GPSG, die eine rein formale deduktive<br />

Grammatiktheorie ohne Anspruch auf psychologische Realität zu entwickeln versucht (Gazdar/<br />

Klein/Pullum/Sag 1985). Dementsprechend wenig wird die GPSG zur Erklärung von Sprach-<br />

erwerbs- und Verarbeitungsprozessen herangezogen (vgl. allerdings z.B. Fodor 1992). Auch<br />

im Rahmen der HPSG (Pollard/Sag 1987, 1994) wurde zunächst weitestgehend auf die Aus-<br />

einandersetzung mit Erwerbsdaten verzichtet. Mittlerweile findet ein gewisser Austausch statt,<br />

allerdings primär auf der Ebene der Modelldiskussion (vgl. u.a. Wacholder 1995, Green<br />

1998).<br />

Das psycholinguistische Gegenstück zur rein formalen Grammatiktheorie bildet die rein<br />

deskriptiv orientierte Kindersprachforschung, die sich auf eine nicht linguistisch basierte<br />

Beschreibung der spezifischen Charakteristika der Kindersprache konzentriert (zur Diskussion<br />

vgl. Wasow 1983:191, Ingram 1989:60ff.). 12 Daß in dieser Forschungsrichtung der Bezug auf<br />

Theorien der Erwachsenengrammatik abgelehnt wird, ist bereits daran erkennbar, daß hier der<br />

Forschungsgegenstand nicht mit dem Terminus "language acquisition" bezeichnet wird, der ja<br />

auf ein zu erwerbendes Erwachsenensystem verweist, sondern mit dem Terminus "child<br />

language".<br />

Auch die Beschränkung des interdisziplinären Austausches auf die Modellebene läßt sich<br />

sowohl in linguistischen als auch in psycholinguistischen Ansätzen beobachten. So wurden z.B.<br />

in der formalen Lernbarkeitstheorie lediglich generelle Annahmen linguistischer Modelle, aber<br />

keine spezifischen Einzelanalysen überprüft. Umgekehrt zogen viele Linguisten aus dem Schei-<br />

tern der Theorie der derivationellen Komplexität den Schluß, man solle zwar ein psychologisch<br />

12 Vgl. z.B. Arbeiten zu Sprachentwicklungsnormen und <strong>zum</strong> Wortschatz in der Kindersprache<br />

(Augst/Bauer/Stein 1977, Hall/Nagy/Linn 1984 u.a.).

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