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Merkmalsgesteuerter Grammatikerwerb Eine Untersuchung zum

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Erste eigenständige Modelle der Spracherwerbsforschung 49<br />

anzunehmen. Es muß noch geklärt werden, wie Kinder Instanzen dieser Kategorien im Input<br />

identifizieren. Pinker löst dieses Problem, das sog. Bootstrappingproblem, durch die Hypo-<br />

these des semantischen Bootstrapping (Grimshaw 1981, MacNamara 1982, Pinker<br />

1984, 1987). Dieser Hypothese zufolge wird die Kategorisierung von Inputelementen durch<br />

bestimmte Erwartungen über Korrelationsbeziehungen zwischen Formen und Funktionen<br />

gesteuert. So gehen Kinder Pinker (1984:41ff.) zufolge von der Erwartung aus, Handlungen<br />

würden prototypischerweise durch Verben, Namen von Personen oder Dingen durch<br />

Nomina, Attribute durch Adjektive und räumliche Relationen durch Präpositionen ausge-<br />

drückt. Diese anfänglichen Annahmen müssen im Verlauf des Erwerbs revidiert werden, da in<br />

natürlichen Sprachen keine strikten 1:1-Beziehungen zwischen grammatischen Kategorien und<br />

semantischen Konzepten bestehen. Das semantische Bootstrapping ist für Pinker somit ledig-<br />

lich eine frühe Lernstrategie, die den Einstieg in das syntaktische System ermöglicht. Sobald<br />

die Grundstruktur der Sprache ermittelt ist, können seiner Auffassung nach auch Elemente<br />

erworben werden, für die keine einfachen Beziehungen zwischen Formen und Funktionen<br />

gelten, z.B. Nomina wie Tanz, die Handlungen bezeichnen. Dies geschieht dadurch, daß das<br />

Kind die Distribution dieser Elemente in den bereits bekannten Strukturen analysiert, d.h.<br />

durch strukturabhängiges distributionelles Lernen.<br />

Der dritte Aspekt von Pinkers Modell, der für die weitere Diskussion relevant ist, ist die<br />

Erklärung von Entwicklungsfortschritten, die trotz der angenommenen Kontinuität des<br />

Erwerbsmechanismus zu beobachten sind. Pinker entwickelt hierfür das Konzept des Lexika-<br />

lischen Lernens: Daß einige grammatische Regeln relativ spät erworben werden, wird darauf<br />

zurückgeführt, daß die lexikalischen Elemente, über denen sie operieren, erst erworben wer-<br />

den müssen. Zur Beschreibung des Erwerbs lexikalischer und morphologischer Eigenschaften<br />

greift Pinker auf Konzepte aus der linguistischen Theorie - z.B. auf das Konzept des morpho-<br />

logischen Paradigmas - zurück. Er entwickelt somit nicht nur eine eigenständige Erwerbs-<br />

theorie, sondern bezieht diese stets auf linguistische Modelle.

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