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Merkmalsgesteuerter Grammatikerwerb Eine Untersuchung zum

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Erste eigenständige Modelle der Spracherwerbsforschung 46<br />

Culicover (1980) nach, daß strukturell vereinfachter Input, wie er im Motherese-Ansatz disku-<br />

tiert wird, nicht hilfreich, sondern eher hinderlich ist. Zweitens zeigte Pinker (1979), daß es zur<br />

Lösung des Negative-Evidenz-Problems nicht ausreicht anzunehmen, daß Kinder beim<br />

Syntaxerwerb auf semantische Informationen zurückgreifen. Kinder können nicht einfach - wie<br />

z.B. von MacNamara (1972) und Schlesinger (1971) angenommen - die intendierte Bedeu-<br />

tung von Sätzen aus dem nicht-sprachlichen Kontext ableiten und Regeln finden, um die<br />

Bedeutungen in Sätze umzuwandeln und umgekehrt. Erstens können Situationen auf ver-<br />

schiedene Weisen wahrgenommen bzw. kodiert werden, so daß unklar ist, wie es dem Kind<br />

gelingt, Situationen genau wie in der Erwachsenensprache zu kodieren (Kodierungsproblem).<br />

Zweitens müssen die semantischen Repräsentationen ein mit grammatischen Strukturen kom-<br />

patibles Format haben (Formatproblem). Die Nutzung semantischer Informationen setzt somit<br />

bereits ein gewisses Vorwissen über das Format syntaktischer Strukturen und das Syntax-<br />

Semantik-Verhältnis voraus.<br />

Die Verbindung der Ergebnisse von formaler Lernbarkeitstheorie und empirischer Sprach-<br />

erwerbsforschung führte somit zu einer Präzisierung der Annahmen Chomskys zur Diskrepanz<br />

zwischen Input und zu erwerbendem Wissen. Aus dem ursprünglichen "poverty of stimulus"-<br />

Argument (Chomsky 1965; vgl. (8)) wurde das "logische Problem" des Spracherwerbs (vgl.<br />

u.a. Fanselow/Felix 1987a:106, Baker 1979): Das Kind erwirbt eine beliebige natürliche<br />

Sprache, obwohl das zu erwerbende sprachliche Wissen in mehrfacher Hinsicht durch den In-<br />

put unterdeterminiert ist: Erstens ist die sprachliche Erfahrung des Kindes endlich; das Kind<br />

erwirbt jedoch die Fähigkeit, prinzipiell unendlich viele verschiedene Strukturen zu produ-<br />

zieren, zu verstehen und zu beurteilen (Quantitative Unterdeterminiertheit). Zweitens beruht die<br />

sprachliche Kompetenz eines Erwachsenen auf einem verinnerlichten Regelsystem; der Input<br />

des Kindes enthält jedoch nur konkrete Einzeläußerungen (Qualitative Unterdeterminiertheit).<br />

Drittens muß das Kind Generalisierungen über einer endlichen Menge von konkreten Daten<br />

vornehmen; die Beobachtungsdaten erlauben jedoch stets verschiedene Hypothesen. Darunter<br />

sind auch solche, die nur auf der Basis von negativer Evidenz zurückgewiesen werden können,<br />

d.h. aufgrund von Informationen über die Ungrammatikalität bestimmter Strukturen. Negative<br />

Evidenz ist jedoch nicht systematisch verfügbar und kann auch nicht durch vereinfachte Input-<br />

strukturen oder semantische Informationen ersetzt werden.

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