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Merkmalsgesteuerter Grammatikerwerb Eine Untersuchung zum

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Erste eigenständige Modelle der Spracherwerbsforschung 42<br />

4.4 Die Lernbarkeitstheorie<br />

Während sich psychologisch orientierte Ansätze der Spracherwerbsforschung kritisch mit den<br />

Prämissen von Chomskys "poverty of stimulus"-Argument auseinandersetzen, wird in der<br />

Lernbarkeitstheorie untersucht, ob die aus diesen Prämissen gezogenen Schlußfolgerungen<br />

wirklich logisch notwendig sind (für einen Überblick vgl. z.B. Bertolo 2001). Dabei abstrahiert<br />

man vom realen Erwerbsverlauf und konzentriert sich darauf, mit Hilfe mathematischer<br />

Modelle zu ermitteln, ob die formale sprachliche Kompetenz eines Erwachsenen auf der Basis<br />

von defizitärem Input tatsächlich nicht durch einen einfachen Lernmechanismus erworben wer-<br />

den kann bzw. welche Eigenschaften ein erfolgreicher Lernmechanismus aufweisen muß. Die in<br />

der Lernbarkeitstheorie entwickelten Modelle weisen stets drei zentrale Komponenten auf<br />

(vgl. Pinker 1979, 1984, Wexler/Culicover 1980, Atkinson 1992, Bertolo 2001): (i) eine<br />

Spezifizierung der Daten, die dem Lerner als Input zur Verfügung stehen, (ii) eine Charakte-<br />

risierung der Menge von Grammatiken, die der Lerner auf der Basis des verfügbaren Inputs<br />

erwerben kann, und (iii) eine Beschreibung des Erwerbsmechanismus, die sowohl Angaben<br />

über den Anfangszustand, d.h. über den Hypothesenraum des Lerners, als auch über einzelne<br />

Lernmechanismen enthält. Die Beschreibung dieser drei Komponenten unterliegt dabei Pinker<br />

(1979:218) zufolge den folgenden Adäquatheitskriterien:<br />

- Lernbarkeitsbedingung: Das Modell muß erklären, daß sowohl die zielsprachliche Grammatik<br />

als auch alle Übergangsgrammatiken lernbar sind.<br />

- Äquipotentialitätsbedingung: Es dürfen keine einzelsprachspezifischen Mechanismen angenommen<br />

werden, da jede natürliche Sprache erwerbbar ist.<br />

- Zeitbedingung: Der Erwerbsmechanismus muß es ermöglichen, die Zielsprache in der Zeitspanne<br />

zu erwerben, in der Kinder normalerweise die wesentlichen Elemente der zielsprachlichen<br />

Grammatik erlernen.<br />

- Inputbedingung: Der angenommene Mechanismus darf keinen Input benötigen, der sich qualitativ<br />

oder quantitativ von dem unterscheidet, der einem spracherwerbenden Kind zur Verfügung<br />

steht.<br />

- Entwicklungsbedingung: Die Theorie soll Vorhersagen über Zwischenstufen des Erwerbs<br />

machen, die mit empirischen Befunden übereinstimmen.<br />

- Kognitionsbedingung: Die Mechanismen sollen mit Befunden zu kognitiven Fähigkeiten von<br />

Kindern vereinbar sein.<br />

Die ersten lernbarkeitstheoretischen <strong>Untersuchung</strong>en befaßten sich v.a. mit der von Chomsky<br />

(1965) angenommenen Diskrepanz zwischen dem zu erwerbenden Wissenssystem und der<br />

Beschaffenheit der Inputdaten. Dabei wurde Chomskys Annahme übernommen, daß das zu

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