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Merkmalsgesteuerter Grammatikerwerb Eine Untersuchung zum

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Erste eigenständige Modelle der Spracherwerbsforschung 37<br />

eingeschränkter Input, der nur wenige unterschiedliche syntaktische Strukturen enthält, mit<br />

mehr Generalisierungen vereinbar als ein Input, der ein größeres Inventar von Strukturen bietet<br />

(Wexler/Culicover 1980, Wexler 1982). Dementsprechend liefert ein eingeschränkter Input<br />

weniger Hinweise darauf, welche Generalisierungen die richtigen sind. Damit erschwert er den<br />

Syntaxerwerb eher, als daß er ihn erleichtert. Auf der anderen Seite beschränkt sich die<br />

empirische Basis der Motherese-Hypothese auf die Beobachtung, daß Kinder, in deren Input<br />

bestimmte syntaktische Strukturen sehr frequent sind, diese Strukturen häufiger benutzen als<br />

Kinder, in deren Input sie seltener auftreten. Aus solchen Korrelationen läßt sich aber kein<br />

Kausalzusammenhang und keine Inputsteuerung der syntaktischen Entwicklung ableiten. Es<br />

könnte z.B. genausogut sein, daß die Mütter bestimmte Strukturen häufiger produzieren, weil<br />

ihre Kinder sie immer verwenden. Außerdem gibt es auch eine Reihe von Korrelationen<br />

zwischen der Häufigkeit von Inputstrukturen und der Häufigkeit bestimmter Strukturen in den<br />

Kinderäußerungen, die keine Evidenz für eine Inputsteuerung liefern (Newport/Gleitman/<br />

Gleitman 1977, Newport 1977). So gebrauchen z.B. Kinder um so weniger Verben, je mehr<br />

Verben ihre Mütter benutzen.<br />

Darüber hinaus macht die Annahme eines systematisch syntaktisch vereinfachten Inputs das<br />

Lernbarkeitsproblem lediglich zu einem "Lehrproblem" für die Erwachsenen. Diesen muß dann<br />

nämlich die Fähigkeit zugeschrieben werden, den jeweiligen Entwicklungsstand des Kindes zu<br />

erkennen und die grammatische Form ihrer Äußerungen darauf abzustimmen. Diese Kritik<br />

betrifft auch Bruners (1983) schwache Version der Interaktionshypothese, der zufolge die<br />

Sprachgemeinschaft Kinder durch ein biologisch und kulturell fundiertes Hilfssystem für den<br />

Spracherwerb unterstützt, das für eine systematische Aufbereitung des Inputs sorgt und so das<br />

Funktionieren des Erwerbsmechanismus gewährleistet.<br />

Insgesamt betrachtet haben die empirischen Befunde des Interaktionismus somit zu einer<br />

realistischeren Einschätzung der Qualität des Inputs und der kommunikativen Einbettung des<br />

Spracherwerbs geführt; die Annahme, daß die systematische syntaktische Vereinfachung des<br />

Inputs eine notwendige und zugleich hinreichende Voraussetzung des Spracherwerbs ist, ließ<br />

sich jedoch nicht aufrechterhalten.

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