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Merkmalsgesteuerter Grammatikerwerb Eine Untersuchung zum

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Das Bootstrappingproblem 501<br />

müssen, noch sollten sie sich bei der Analyse von Kasusmarkierungen anfangs auf Argumente<br />

mit den Θ-Rollen AGENS, ACTOR, PATIENS oder GOAL beschränken müssen und die so<br />

erworbenen Markierungen erst später durch distributionelles Lernen auf Argumente mit ande-<br />

ren Θ-Rollen generalisieren.<br />

Dabei stellen auch Äußerungen mit ausgelassenen Argumenten, die für [+pro-drop]-<br />

Sprachen charakteristisch sind, kein Problem dar. Kinder müssen diesem Ansatz zufolge näm-<br />

lich nicht für alle Äußerungen zwischen Argumenten transitiver und intransitiver Verben unter-<br />

scheiden können. Sie müssen lediglich feststellen, ob eine morphologische Markierung, die sie<br />

an einem DP-Argument vorfinden, mit dem Vorliegen einer [+hr]-, [+lr]- oder [+c]-Spezifika-<br />

tion an diesem Argument einhergeht. Nur diese positiven Spezifikationen werden nämlich in<br />

den Lexikoneintrag für die entsprechende Kasusmarkierung integriert. Dabei werden positive<br />

[+hr]- und [+lr]-Spezifikationen für ein Argument A1 nur dann angenommen, wenn dieses<br />

Argument A1 im Kontrast mit einem höheren oder niedrigeren Argument A2 steht. Wird das<br />

Argument A2 nicht overt realisiert, erhält A1 keine positive Spezifikation für die Merkmale<br />

[±hr] bzw. [±lr]. Dementsprechend wird keine positive Spezifikation in den Eintrag für die<br />

Kasusmarkierung an A1 aufgenommen. Diese Markierung wird aufgrund des Prinzips der<br />

radikalen Unterspezifikation aber auch nicht explizit negativ spezifiziert. Somit werden keine<br />

Spezifikationen vorgenommen, die später wieder überschrieben werden müßten. D.h., auch<br />

die Optionalität von overten Argumenten führt nicht zu Fehlanalysen, die später revidiert<br />

werden müßten. Äußerungen mit ausgelassenen Argumenten liefern lediglich keine positive<br />

Evidenz für den Aufbau von Lexikoneinträgen für Kasusmarkierungen. Dies kann aber durch<br />

andere Äußerungen mit overten Argumenten wieder ausgeglichen werden, ohne daß Revi-<br />

sionen vorheriger Analysen vorgenommen werden müßten.<br />

Die Erwerbsstudien in Kapitel III.3.4 haben gezeigt, daß Kinder Kasusmarkierungen nicht<br />

auf Argumente mit bestimmten syntaktischen Funktionen oder Θ-Rollen untergeneralisieren,<br />

wie man es bei Pinkers Analyse erwarten würde. Außerdem traten beim Erwerb von [+pro-<br />

drop]-Sprachen auch dann keine Erwerbsprobleme auf, wenn die betreffende Sprache - wie<br />

das Baskische - ein Ergativsystem aufwies. Dies spricht dafür, daß eine Analyse ohne distribu-<br />

tionelles Lernen und zusätzliche Strategien nicht nur ökonomischer ist als Pinkers Analyse,<br />

sondern auch den empirischen Befunden besser gerecht wird.

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