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Merkmalsgesteuerter Grammatikerwerb Eine Untersuchung zum

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Das Bootstrappingproblem 498<br />

4 Das Bootstrappingproblem<br />

Wie ich bereits in Kapitel I.4 erläutert habe, reicht selbst die Annahme von angeborenen sub-<br />

stantiellen und formalen Universalien für sich genommen noch nicht aus, um den Erwerb der<br />

zielsprachlichen Grammatik zu erfassen. Es muß nämlich noch geklärt werden, wie Kinder In-<br />

stanzen dieser Kategorien im Input identifizieren. Der Lösungsansatz, den Pinker (1984) für<br />

dieses Problem vorgeschlagen hat, basiert auf der Hypothese des semantischen Bootstrapping.<br />

Dieser Hypothese zufolge können Kinder unabhängig vom <strong>Grammatikerwerb</strong> die Bedeutung<br />

einiger Inhaltswörter lernen und mit Hilfe von Kontextinformationen erste semantische Reprä-<br />

sentationen für Inputsätze konstruieren. Davon ausgehend können sie dann morphologische<br />

Realisierungen von angeborenen Kategorien im Input ermitteln, da sie bestimmte Korrelationen<br />

zwischen diesen Kategorien und angeborenen semantischen Konzepten erwarten.<br />

Die anfänglichen Annahmen über Korrelationen zwischen Konzepten und grammatischen<br />

Kategorien müssen Pinkers Auffassung nach im Verlauf des Erwerbs allerdings revidiert<br />

werden, da in natürlichen Sprachen keine strikten 1:1-Beziehungen zwischen Konzepten und<br />

grammatischen Kategorien bestehen. So werden zwar Handlungen prototypischerweise durch<br />

Verben ausgedrückt, und Namen von Personen oder Dingen werden im allgemeinen durch<br />

Nomina realisiert; zur Bezeichnung von Handlungen dienen aber nicht nur Verben wie tanzen,<br />

sondern auch Nomina wie Tanz. Daher müssen Kinder, nachdem sie die Grundstruktur ihrer<br />

Zielsprache ermittelt haben, durch strukturabhängiges distributionelles Lernen auch solche Ele-<br />

mente kategorisieren, für die keine einfachen Abbildungen von Konzepten auf grammatische<br />

Kategorien gelten - wie z.B. das Nomen Tanz.<br />

In den vorangegangenen Kapiteln hatte ich Pinkers Annahme übernommen, daß Beziehun-<br />

gen zwischen konzeptuellen und morpho-syntaktischen Repräsentationen eine zentrale Rolle<br />

beim Einstieg ins zielsprachliche grammatische System spielen; auf die Annahme angeborener<br />

Verknüpfungen von grammatischen Kategorien und grammatikalisierbaren Konzepten hatte<br />

ich aber verzichtet. Statt dessen habe ich für eine minimalistische Analyse argumentiert, bei der<br />

nur das Relationserhaltungsprinzip die Abbildungen zwischen konzeptuellen, semantischen und<br />

morpho-syntaktischen Repräsentationen und deren Erwerb beschränkt.<br />

Außerdem hatte ich zwei Modifikationen vorgenommen, die ich in den vorangegangenen<br />

Kapiteln konzeptuell und empirisch begründet habe: Zum einen habe ich keinen kategorien-

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