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Merkmalsgesteuerter Grammatikerwerb Eine Untersuchung zum

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Das Entwicklungsproblem 491<br />

aus der Interaktion von Metaprinzipien und Lexikoneinträgen mit bestimmten Merkmalsspezifi-<br />

kationen, müssen spracherwerbende Kinder nämlich die Merkmalsspezifikationen der Ziel-<br />

sprache identifizieren und entsprechende Lexikoneinträge für Vollformen bzw. Affixe auf-<br />

bauen, in die sie diese Spezifikationen integrieren können. Wie ich in Kapitel II.4 erläutert<br />

habe, läßt sich der Erwerbsprozeß auf der Basis dieser Annahmen als ein schrittweiser Prozeß<br />

konzipieren, bei dem es zu Entwicklungsdissoziationen, Übergeneralisierungen und Unter-<br />

generalisierungen kommen kann:<br />

Erstens gibt es in einem rein lexikonbasierten Grammatikmodell ohne Satzstrukturschablo-<br />

nen keinen Grund für die Annahme, daß alle Lexikoneinträge für funktionale Elemente <strong>zum</strong><br />

selben Zeitpunkt erworben werden müssen (vgl. Roeper 1996). Dementsprechend sind Ent-<br />

wicklungsdissoziationen beim Erwerb von lexikalischen Elementen zu erwarten. Beispielsweise<br />

könnte ein Kind über einen Lexikoneintrag L1 für ein funktionales Element F1 verfügen, aber<br />

noch keinen Lexikoneintrag L2 für das funktionale Element F2 aufgebaut haben. Dann sollten<br />

zu diesem Zeitpunkt Strukturen mit der funktionalen Projektion L1P belegt sein, Projektionen<br />

von L2 sollten hingegen nicht vorkommen. Daß dies der Fall ist, habe ich in Kapitel III.2 am<br />

Beispiel von D-Elementen gezeigt, für die ich Entwicklungsdissoziationen zwischen unbestimm-<br />

ten Artikeln und bestimmten Artikeln nachgewiesen habe.<br />

Zweitens besteht in einem merkmalsbasierten Grammatikmodell ohne festes universelles<br />

Merkmalsinventar die Möglichkeit, daß in einer Sprache S1 zwei Merkmale M1 und M2 syn-<br />

taktisch aktiv sind und projizieren, in einer Sprache S2 hingegen nur das Merkmal M1 und in<br />

einer Sprache S3 nur das Merkmal M2. Ebenso müssen zwei Merkmale M1 und M2, die in<br />

einer Sprache zusammen projizieren, im Erwerb nicht notwendigerweise <strong>zum</strong> selben Zeitpunkt<br />

instantiiert werden. Dementsprechend sind Entwicklungsdissoziationen bei der Instantiierung<br />

der zielsprachlichen Merkmale zu erwarten. So könnte ein Kind bereits über Lexikoneinträge<br />

mit dem Merkmal M1 verfügen und entsprechende Strukturen benutzen, während M2 noch<br />

nicht syntaktisch aktiv ist.<br />

Solche Entwicklungsdissoziationen habe ich u.a. für das System der deutschen D-Element-<br />

flexion dokumentiert: Zum einen habe ich nachgewiesen, daß die Instantiierung der [±FEM]-<br />

Distinktion vor dem Erwerb der [±MASK]-Distinktion erfolgen kann - und daß diese Ent-<br />

wicklungsdissoziation zu vorübergehenden Übergeneralisierungen von Maskulinformen auf<br />

Neutrumkontexte führen kann; <strong>zum</strong> anderen habe ich gezeigt, daß das Merkmal [±lr] bei den

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