25.02.2013 Aufrufe

Merkmalsgesteuerter Grammatikerwerb Eine Untersuchung zum

Merkmalsgesteuerter Grammatikerwerb Eine Untersuchung zum

Merkmalsgesteuerter Grammatikerwerb Eine Untersuchung zum

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Das logische Problem 477<br />

Daher können Kinder Genusmerkmale instantiieren, wenn sie Paradigmen für Träger-<br />

elemente von Genusmerkmalen aufbauen. Hierbei können sie nämlich in manchen Zellen des<br />

Trägerelementparadigmas auf mehr als eine phonologisch distinkte Form desselben Lexems<br />

stoßen - z.B. auf die Formen der, die und das in der Nom.Sg.-Zelle des deutschen bestimm-<br />

ten Artikels. Wenn sie für diese Formkontraste keine positiven funktionalen oder relationalen<br />

Merkmalsspezifikationen finden, in bezug auf die sich die kontrastierenden Formen unterschei-<br />

den, zwingt das Spezifizitätsprinzip Kinder dazu, nach Inputbedingungen für diese unterschied-<br />

lichen Formen zu suchen. So können sie herausfinden, daß das Auftreten einer bestimmten<br />

morphologischen Markierung davon abhängt, welches Nomen das markierte Element modifi-<br />

ziert. Davon ausgehend können sie feststellen, wie viele Genusmerkmale in ihrer jeweiligen<br />

Zielsprache syntaktisch aktiv sind und welche Elemente im Input positive Spezifikationen für<br />

diese Merkmale tragen.<br />

Unabhängig davon, um welchen Typ von Merkmal es sich jeweils handelt, sollten beim<br />

<strong>Grammatikerwerb</strong> keine Hypothesen aufgestellt werden, die nur mit Hilfe von negativer Evi-<br />

denz verworfen werden könnten. Dem wurde in Kapitel II durch die Annahme Rechnung ge-<br />

tragen, daß sämtliche grammatischen Prozesse und Strukturen allein durch lexikalisch gespei-<br />

cherte Merkmalsspezifikationen determiniert werden und alle lexikalischen Repräsentationen<br />

radikal unterspezifiziert sind, d.h. nur positive Spezifikationen enthalten. Wenn dies der Fall ist,<br />

sollten spracherwerbende Kinder nämlich von der Nullhypothese ausgehen können, daß die<br />

betreffende Sprache keine entsprechenden Distinktionen und Spezifikationen aufweist. Das<br />

Verwerfen dieser Nullhypothese, d.h. die Instantiierung positiver Merkmalsspezifikationen, er-<br />

folgt ausschließlich auf der Basis von Formkontrasten, d.h. aufgrund von eindeutiger positiver<br />

Evidenz; und negative Spezifikationen ergeben sich durch die paradigmatische Opposition zu<br />

positiv spezifizierten Flexionsformen.<br />

Somit sagt ein merkmalsbasierter Strukturaufbauansatz, wie er in den vorangegangenen<br />

Kapiteln entwickelt wurde, voraus, daß Kinder zu keinem Zeitpunkt nicht-zielsprachliche<br />

Spezifikation vornehmen, die sie dann revidieren müßten. Vielmehr sollten sich alle beobacht-<br />

baren Abweichungen von der Zielsprache aus der Unterspezifikation von Repräsentationen<br />

ableiten lassen. Dies scheint auch tatsächlich der Fall zu sein: Erstens lieferten die in Kapitel I<br />

angesprochenen Studien keine überzeugende Evidenz für nicht-zielsprachliche Spezifikationen<br />

in frühen Erwerbsphasen. So ließ sich beispielsweise die These von Hyams (1986), daß der

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!