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Merkmalsgesteuerter Grammatikerwerb Eine Untersuchung zum

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Erste eigenständige Modelle der Spracherwerbsforschung 33<br />

behalten haben auch die deskriptiven Generalisierungen über die Erwerbsreihenfolge gramma-<br />

tischer Morpheme, die in zahlreichen Studien zur Theorie der derivationellen Komplexität<br />

aufgestellt wurden (vgl. z.B. Brown/Hanlon 1970, Brown 1973): Die durch quantitative<br />

Analysen abgesicherte Beobachtung, daß ein Affix systematisch vor einem anderen erworben<br />

wird, blieb bestehen, unabhängig davon, wie man die betreffenden Strukturen analysierte und<br />

den Einfluß der syntaktischen Komplexität auf den Erwerbsprozeß einschätzte.<br />

Trotz ihrer relativ hohen Robustheit hatten solche Ergebnisse der Spracherwerbsforschung<br />

einen eher geringen Einfluß auf die linguistische Theoriebildung. Im allgemeinen wurden<br />

höchstens Ergebnisse von Studien aufgegriffen, welche die Grundannahmen der generativen<br />

Grammatik bestätigten - z.B. die Befunde von Brown und Hanlon (1970) zur relativen<br />

Frequenzunabhängigkeit von Erwerbsreihenfolgen oder Berkos Nachweis der regelgeleiteten<br />

Produktivität in der Kindersprache (Berko 1958). Beobachtungen, die linguistischen Annah-<br />

men widersprachen, führten nie direkt zu deren Aufgabe oder Revision. So wurde auch die<br />

Standardtheorie der generativen Grammatik nicht aufgrund des Scheiterns der Theorie der<br />

derivationellen Komplexität aufgegeben, sondern aufgrund der diskutierten theorieinternen<br />

konzeptuellen Probleme.<br />

Diese Zurückhaltung war beim damaligen Stand der Psycholinguistik nicht unberechtigt. Die<br />

Datenerhebungs- und Analysemethoden waren noch nicht sehr ausgereift, und es war um-<br />

stritten, welcher Datentyp am ehesten Aufschluß über die sprachliche Kompetenz von Kindern<br />

geben könnte (vgl. u.a. Brown/Fraser 1963, Fraser/Bellugi/Brown 1963). Struktur und<br />

Funktionsweise des Spracherwerbsmechanismus waren bislang ebensowenig untersucht wor-<br />

den wie die Auswirkungen außersprachlicher Faktoren auf Spracherwerb, -produktion und<br />

-verstehen. Es war somit völlig unklar, welche Beziehungen zwischen den verschiedenen<br />

Typen von Kindersprachdaten sowie zwischen der Kindersprachgrammatik und der Erwach-<br />

senengrammatik bestehen.<br />

Diese Unklarheiten und die von der Grammatiktheorie übernommenen deskriptiven und<br />

konzeptionellen Probleme führten zur Aufgabe der einseitigen Orientierung der Grammatik-<br />

erwerbsforschung an der generativen Linguistik. Annahmen <strong>zum</strong> Erwerbsmechanismus wurden<br />

nicht mehr unreflektiert aus der linguistischen Theorie übernommen. Vielmehr wurden sie mit<br />

Hilfe von empirischen <strong>Untersuchung</strong>en und formalen Modellen überprüft und weiterentwickelt.<br />

Den Ausgangspunkt bildete hierbei das "poverty of stimulus"-Argument Chomskys:

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