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Merkmalsgesteuerter Grammatikerwerb Eine Untersuchung zum

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Das logische Problem 466<br />

erwarten ist. Dafür, daß diese Annahme zutrifft, spricht die Beobachtung, daß Kinder beim<br />

Erwerb des Hebräischen nach einer Phase mit nicht-zielsprachlichen "POSSESSOR < POS-<br />

SESSUM"-Strukturen die zielsprachliche "POSSESSUM < POSSESSOR"-Abfolge verwen-<br />

den, bevor sie die morphologische Possessivmarkierung gebrauchen (vgl. Kapitel III.4). Diese<br />

Beobachtung deutet nämlich darauf hin, daß Kinder die Bewegungsprozesse, die für die ziel-<br />

sprachliche Linearisierung von POSSESSOR und POSSESSUM erforderlich sind, allein auf<br />

der Basis distributionaler Informationen und unabhängig vom Erwerb der entsprechenden mor-<br />

phologischen Markierung entdecken können.<br />

Die Annahme, daß Bewegungsprozesse auch ohne morphologischen Auslöser erworben<br />

werden können, steht auf den ersten Blick im Widerspruch zu der Beobachtung, daß sowohl<br />

in typologischer Hinsicht als auch im Erwerbsprozeß enge Zusammenhänge zwischen dem<br />

Vorliegen morphologischer Markierungen an Verben und dem Auftreten von Verbbewegung<br />

bestehen (vgl. Kapitel I). Zur Erfassung dieser Zusammenhänge muß man aber keine morpho-<br />

logischen Auslöser für die Entdeckung von Bewegungsprozessen annehmen; die vorliegenden<br />

Befunde deuten lediglich darauf hin, daß die morphologische Entwicklung bei der Generalisie-<br />

rung von Bewegungsprozessen im Erwerb eine Rolle spielt: 3<br />

Erstens haben typologische Studien zur Verbbewegung zwar nachgewiesen, daß diese<br />

häufig mit "reicher" Flexion einhergeht (vgl. u.a. Platzack/Holmberg 1989, Rohrbacher 1994,<br />

Vikner 1994, 1995); es gibt aber auch Sprachen mit overter Verbbewegung, die keine reiche<br />

Kongruenzflexion aufweisen (z.B. Afrikaans; Raidt 1983). Somit genügt es nicht, die morpho-<br />

logische Realisierung eines Elements zu analysieren, um festzustellen, ob es overt bewegt wor-<br />

den ist. Dies macht die Annahme plausibel, daß der Erwerb der Verbbewegung auf der Basis<br />

von distributionalen Informationen erfolgt und nicht durch morphologische Analysen ausgelöst<br />

wird.<br />

Durch solche Überlegungen ist aber noch nicht ausgeschlossen, daß <strong>zum</strong>indest bei<br />

Sprachen wie dem Deutschen, die sowohl morphologische Finitheitsmarkierungen als auch<br />

V2-Bewegung aufweisen, dem Erwerb der Verbmorphologie eine auslösende Funktion beim<br />

Erwerb der Verbbewegung zukommen könnte (vgl. Clahsen/Penke 1992). Dabei könnte der<br />

3 Vgl. auch die Argumentation von Clahsen, Eisenbeiß und Penke (1996:143) für einen indirekten<br />

Effekt des Flexionserwerbs auf den Wortstellungserwerb.

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