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Merkmalsgesteuerter Grammatikerwerb Eine Untersuchung zum

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Der Erwerb der Possessivkonstruktion 444<br />

Der Befund in (ii) spricht gegen eine weitere Variante der Hypothese der vollständigen<br />

Kompetenz: Wenn Auslassungen funktionaler Elemente tatsächlich rein phonologisch bedingt<br />

wären, wie von Gerken (1996) und Crisma und Tomasutti (2000) angenommen, sollte das<br />

Auftreten von Possessivmarkierungen vom jeweiligen phonologischen Kontext abhängen. Dies<br />

scheint aber nicht der Fall zu sein. Vielmehr deutet die Beobachtung, daß Possessivmarkierun-<br />

gen anfänglich lexikalischen Beschränkungen unterliegen, darauf hin, daß Kinder anfangs zu-<br />

nächst Vollformeinträge für einzelne POSSESSOR-Nomina mit entsprechender Markierung<br />

schaffen und erst später eigenständige lexikalische Repräsentationen für Stämme und Posses-<br />

sivmarkierungen aufbauen, die es ihnen erlauben, für jeden POSSESSOR eine entsprechend<br />

markierte Form zu bilden. Die beobachteten lexikalischen Beschränkungen lassen sich somit<br />

direkt aus meiner Arbeitshypothese E-V ableiten, der zufolge Kinder zuerst Lexikoneinträge<br />

für flektierte Vollformen und erst später dekomponierte Einträge für Stämme und Affixe<br />

schaffen.<br />

Weder aus kategorienbasierten Strukturaufbauansätzen (vgl. Clahsen/Eisenbeiß/Vainikka<br />

1994) noch aus den Varianten der Hypothese der vollständigen Kompetenz, die von Verzöge-<br />

rungen der morphologischen Entwicklung ausgehen (Bottari/Cipriani/Chilosi 1993, Penner/<br />

Weissenborn 1996, Lleo 2001), ergibt sich eine vergleichbare Vorhersage ohne Zusatz-<br />

annahmen.<br />

Außerdem kann keine Variante der Hypothese der vollständigen Kompetenz den Befunden<br />

zur Wortstellung in frühen Possessivkonstruktionen gerecht werden. Die Befunde in (iii) bis (vi)<br />

deuten nämlich darauf hin, daß spracherwerbende Kinder anfangs nur Possessivkonstruk-<br />

tionen mit der Abfolge "POSSESSOR < POSSESSUM" produzieren - und zwar auch dann,<br />

wenn die Zielsprache andere Linearisierungen erlaubt bzw. erfordert. Im Rahmen der Analy-<br />

sen <strong>zum</strong> Erwerb des Griechischen konnte zwar keine Evidenz für eine solche Phase erbracht<br />

werden (vgl. Marinis 2000, 2002a); wie ich in Kapitel III.4.3 gezeigt habe, liegen für das<br />

Griechische aber auch keine sehr frühen Kombinationen von POSSESSOR und POSSES-<br />

SUM vor, deren Linearisierung untersucht werden könnte.<br />

Die anfängliche Beschränkung auf "POSSESSOR < POSSESSUM"-Strukturen spricht<br />

gegen die Hypothese der vollständigen Kompetenz, die eine frühe Beherrschung der jeweiligen<br />

zielsprachlichen Linearisierungsmöglichkeiten erwarten läßt. Daß Kinder beim Erwerb des<br />

Deutschen nicht von Anfang an von den beiden in der Zielsprache zugelassenen Lineari-

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