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Merkmalsgesteuerter Grammatikerwerb Eine Untersuchung zum

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Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 414<br />

Der Befund, daß sich bei Komplementen dativzuweisender Präpositionen in den deutschen<br />

Kindersprachdaten häufig Akkusativübergeneralisierungen zeigten, liefert Evidenz für die<br />

Hypothese, daß der Akkusativ - wie z.B. von Stiebels (2002) angenommen - im Deutschen<br />

der Defaultkasus für das niedrigere Argument von Verben und Präpositionen ist. Wäre der<br />

Dativ als Defaultkasus für Präpositionskomplemente zu analysieren (vgl. u.a. Bierwisch 1988),<br />

hätten systematische Dativübergeneralisierungen auf Komplemente akkusativzuweisender Prä-<br />

positionen vorkommen sollen. Dies war jedoch nicht der Fall.<br />

Insgesamt betrachtet sprechen die Befunde zu Fehlerraten und Fehlertypen beim Kasus-<br />

erwerb somit <strong>zum</strong> einen dafür, daß Dativmarkierungen eine [+hr,+lr]-Spezifikation tragen und<br />

daher als Defaultkasusmarkierungen für indirekte Objekte fungieren können; <strong>zum</strong> anderen<br />

deuten diese Befunde darauf hin, daß Dativmarkierungen bei verbalen und präpositionalen<br />

Komplementen durch [+hr]-Spezifikationen an einem höheren Argument oder durch [+lr]-<br />

Spezifikationen an einem niedrigeren Argument zustande kommen können. Somit ist für Dativ-<br />

markierungen eine einheitliche lexikalische Repräsentation anzunehmen, die Basis für die<br />

Verwendung dieser Markierungen ist aber nicht einheitlich. Vielmehr können Dativmarkierun-<br />

gen sowohl auf Defaultspezifikationen basieren als auch auf zwei Typen von lexikalischen<br />

Spezifikationen.<br />

Wenn der Dativ tatsächlich der Defaultkasus für das mittlere Argument dreiwertiger Ver-<br />

ben ist, sollten zu seinem Erwerb Inputdaten mit dreiwertigen Verben und ihren Argumenten<br />

erforderlich sein. Solche Daten können den Überlegungen in Kapitel II.3.5 und Kapitel II.4<br />

zufolge zugleich Evidenz für die Nominativ/Akkusativ- bzw. Absolutiv/Ergativdistinktion<br />

liefern. Zum Erwerb dieser Distinktionen genügen hingegen Inputdaten mit transitiven und<br />

intransitiven Verben und ihren Argumenten, die nicht <strong>zum</strong> Dativerwerb beitragen können.<br />

Somit sollten die Inputdaten für den Dativerwerb weniger leicht zugänglich sein als die Input-<br />

daten für den Erwerb der Nominativ/Akkusativ- bzw. Absolutiv/Ergativdistinktion. Dativ-<br />

markierungen sollten daher nicht vor der Etablierung dieser Distinktionen erworben werden.<br />

Dies scheint tatsächlich der Fall zu sein, wie die Befunde (vii) und (viii) zeigen. Dabei<br />

scheint die Beobachtung, daß Dativmarkierungen erst nach dem Erwerb von Markierungen für<br />

Subjekte und direkte Objekte auftreten, sowohl für Akkusativsysteme als auch für Ergativ-<br />

systeme zu gelten. Außerdem scheint sie unabhängig davon zu sein, wie die betreffenden<br />

Kasus morphologisch realisiert werden: durch Flexive am Nomen selbst (Russisch, Litauisch),

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