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Merkmalsgesteuerter Grammatikerwerb Eine Untersuchung zum

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Der Erwerb von Kasusmarkierungen und nominalphraseninterner Kongruenz 407<br />

ad (iii) Das Ordnungsproblem beim Genuserwerb<br />

Daß sich bei den vorgestellten Analysen <strong>zum</strong> Erwerb der Nominalphrasenflexion keine festen<br />

universellen Erwerbsreihenfolgen zeigten bedeutet - wie bereits in Kapitel II.4 erläutert - nicht,<br />

daß die Erwerbsreihenfolgen bei der morphologischen Entwicklung keinerlei Beschränkungen<br />

unterlagen. Dies verdeutlichen die folgenden Beobachtungen:<br />

(i) In den Korpusanalysen <strong>zum</strong> Deutschen sowie in entsprechenden Studien <strong>zum</strong> Erwerb des<br />

Französischen und Griechischen ließen sich Genusdistinktionen bei D-Elementen nur bei<br />

Kindern nachweisen, bei denen sich auch Evidenz für Numerusdistinktionen fand (Müller<br />

2000, Stephany 1997).<br />

(ii) Sowohl bei den Analysen der deutschen Korpora als auch in vorliegenden Studien <strong>zum</strong><br />

Erwerb des Englischen, Deutschen, Französischen, Griechischen, Hebräischen und<br />

Niederländischen waren Genusdistinktionen bei Personalpronomina erst dann zu beobachten,<br />

wenn auch sich auch andere Distinktionen (insbesondere Persondistinktionen)<br />

nachweisen ließen (Brown 1973, Mills 1985, Berman 1985, Stephany 1997, deHouwer/<br />

Gillis 1998, Ricard/Girouard/Decarie 1999).<br />

(iii) <strong>Eine</strong> systematische Kongruenzflexion an den Adjektiven und Verben, die mit Nomina<br />

kongruieren, zeigte sich in Levys (1983) Studie <strong>zum</strong> Erwerb des Hebräischen erst dann,<br />

als sich auch eine systematische Verwendung von Pluralmarkierungen an Nomina nachweisen<br />

ließ. Dabei waren Numerusdistinktionen bei der Kongruenzflexion vor Genusdistinktionen<br />

zu beobachten.<br />

(iv) Die Genusspezifikationen, die in der hebräischen Erwachsenensprache als Inputbedingungen<br />

für nominale Pluralmarkierungen fungieren, wurden Levy (1983) zufolge beim<br />

Erwerb dieser Markierungen anfangs nicht berücksichtigt. Vielmehr wurde das<br />

Mask.Pl.-Affix für Nomina beider Genera des Hebräischen gebraucht. Danach war<br />

zwar ein Kontrast zwischen zwei Pluralaffixen der Zielsprache zu beobachten; die Distribution<br />

dieser beiden Formen richtete sich aber nicht nach dem Genus des betreffenden<br />

Nomens, sondern nach dem Auslaut seiner Singularform.<br />

Die Befunde in (i) bis (iii) bestätigen die Arbeitshypothese O-I, der zufolge Genusdistinktionen<br />

vorgenommen werden, wenn Kinder beim Aufbau von Trägerelementparadigmen auf Form-<br />

distinktionen stoßen, die nicht aus Unterschieden in den Outputspezifikationen der kontrastie-<br />

ren Formen abgeleitet werden können. Aus dieser Arbeitshypothese folgt nämlich, daß Kinder<br />

Genusmerkmale erst dann etablieren, wenn sie relationale oder funktionale Merkmale instan-<br />

tiieren und auf der Basis dieser Merkmale morphologische Paradigmen aufbauen. So sollten<br />

vor dem Auftreten der ersten Person-, Numerus- oder Kasusdistinktionen keine Genusdistink-<br />

tionen erkennbar sein. Dies erklärt die Befunde (i) und (ii).<br />

Die Beobachtungen in (i) und (ii) sind hingegen nicht zu erwarten, wenn man davon ausgeht,<br />

daß der Genuserwerb völlig unabhängig von anderen morphologischen Distinktionen erfolgt.

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