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Merkmalsgesteuerter Grammatikerwerb Eine Untersuchung zum

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Die Übertragung linguistischer Modelle auf Erwerbsdaten 25<br />

der behavioristischen Lerntheorie und deuten darauf hin, daß Kinder - wie in der generativen<br />

Grammatik angenommen - grammatische Regeln erwerben und anwenden.<br />

Die Evidenz für Regelanwendung in der Kindersprache bestätigte somit die wichtigste An-<br />

nahme der generativen Sprachtheorie; die auf spezifischeren linguistischen Annahmen basieren-<br />

den Hypothesen konnten aber nicht aufrechterhalten werden. Insbesondere zeigte sich -<br />

anders als von der Theorie der derivationellen Komplexität vorhergesagt - kein Zusammen-<br />

hang zwischen der Anzahl der für eine Konstruktion benötigten Transformationen und der<br />

Verarbeitungsgeschwindigkeit oder dem relativen Erwerbszeitpunkt (vgl. Fodor/Bever/Garrett<br />

1974, Ingram 1989: 435ff.). Brown und Hanlon (Brown/Hanlon 1970, Brown 1973) sowie<br />

deVilliers und deVilliers (1973) gelang es, in Studien <strong>zum</strong> Erwerb des Englischen lediglich<br />

nachzuweisen, daß die Erwerbsreihenfolgen für Satztypen bzw. grammatische Morpheme -<br />

wie von der Theorie der derivationellen Komplexität vorhergesagt - relativ stabil ist und nicht<br />

einfach auf die Häufigkeit im Input zurückgeführt werden kann. So zeigten diese Studien z.B.,<br />

daß die Artikel the und a nach den Präpositionen in und on erworben werden, obwohl Artikel<br />

die frequentesten Morpheme in den untersuchten Erwachsenensprachdaten sind und die bei-<br />

den untersuchten Präpositionen eine wesentlich niedrigere Frequenz aufweisen. Die Anzahl der<br />

involvierten Transformationen erlaubte aber für sich genommen keine Erklärung der beobach-<br />

teten Entwicklungsverläufe.<br />

Die Theorie der derivationellen Komplexität war somit als psycholinguistischer Erklärungs-<br />

ansatz gescheitert - und damit die direkte Anwendung der Standardtheorie auf Kindersprach-<br />

daten. Dennoch stellte die Entwicklung der Theorie der derivationellen Komplexität meines<br />

Erachtens einen entscheidenden Schritt bei der Entwicklung der interdisziplinären Kooperation<br />

dar. Im Rahmen dieser Theorie wurde nämlich erstmals versucht, Entwicklungssequenzen mit<br />

Hilfe von linguistischen Konzepten zu erklären, d.h. einen linguistisch basierten Ansatz für das<br />

sog. Ordnungsproblem zu entwickeln. Zuvor hatte man die Struktur des Erwerbsverlaufs ent-<br />

weder gar nicht ausführlicher diskutiert (wie z.B. in der Pivot-Grammatik), oder man hatte sie<br />

auf die generelle kognitive Entwicklung und den Erwerb der sprachlich ausgedrückten Kon-<br />

zepte zurückgeführt (wie z.B. in vielen Tagebuchstudien aus der Zeit um 1900; vgl. u.a. Stern/<br />

Stern 1928). Dementsprechend hoch waren dann auch die Erwartungen an die Anwendung<br />

eines linguistischen Modells auf Erwerbsdaten - und um so größer war nach dem Scheitern der<br />

Theorie der derivationellen Komplexität auch die Skepsis gegenüber einer solchen Vorgehens-

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