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Merkmalsgesteuerter Grammatikerwerb Eine Untersuchung zum

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Die Übertragung linguistischer Modelle auf Erwerbsdaten 24<br />

Grammatiken. 5 Als Kriterium für die Einteilung von Phasen, für die Grammatiken geschrieben<br />

wurden, verwendeten sie dabei die mittlere Äußerungslänge, gemessen in Morphemen pro<br />

Satz (MLU = mean length of utterance; Brown 1973). Dieses Kriterium war durch den Bezug<br />

auf die Kategorie "Morphem" zwar etwas stärker linguistisch fundiert als die Kriterien der<br />

behavioristischen Spracherwerbsforschung, aber immer noch stark oberflächenorientiert. Es<br />

diente daher lediglich einer vorläufigen Strukturierung der Korpora. Das eigentliche Ziel war<br />

die Erfassung des sich entwickelnden Regelsystems des Kindes.<br />

Auf dieses Ziel waren auch die Datenerhebungsmethoden ausgerichtet. Den Ausgangspunkt<br />

bildete die Analyse von Spontansprachdaten, wobei man - anders als in der Pivot-Gramma-<br />

tik - nicht nur die Distribution der Oberflächenelemente berücksichtigte, sondern auch die zu-<br />

grundeliegenden, bedeutungsrelevanten Strukturen ("rich interpretation"; vgl. Bloom 1970,<br />

Brown 1973). Dadurch konnten erstmals strukturelle Ambiguitäten erfaßt werden. So läßt sich<br />

z.B. mommy in (4a) als Genitivattribut zu sock analysieren, in (4b) hingegen als Subjekt. <strong>Eine</strong><br />

rein oberflächenorientierte Analyse könnte dies nicht adäquat beschreiben, da sie beide Sätze<br />

gleichbehandeln müßte.<br />

(4) (a) mommy sock (Das Kind zeigt auf die Strümpfe der Mutter.)<br />

(b) mommy sock (Die Mutter zieht dem Kind die Strümpfe an.)<br />

Um die Rolle von Performanzfaktoren besser einschätzen zu können, aber auch, um Aufschluß<br />

über den Erwerb selten auftretender Konstruktionen zu erhalten, machte man sich die<br />

Fortschritte der experimentellen Psychologie zunutze und ergänzte die Spontansprachdaten<br />

durch Imitations-, Verstehens- und Produktionsexperimente (vgl. z.B. Berko 1958, Brown/<br />

Fraser 1963, Fraser/Bellugi/Brown 1963). 6 Mit Hilfe dieser Experimente konnte überzeugend<br />

nachgewiesen werden, daß Kinder ihre Muttersprache nicht rein imitativ erlernen. Vielmehr<br />

können sie bereits in der Zwei-Wort-Phase Morpheme und Strukturen der Zielsprache inter-<br />

pretieren und korrekte Flexionsformen von Wörtern bilden, die sie nicht im Input gehört<br />

haben. So zeigte z.B. Berko (1958), daß Kinder von Kunstwörtern wie wug regulär flektierte<br />

Pluralformen wie wugs bilden können. Solche Befunde liefern Evidenz gegen die Annahmen<br />

5 Vgl. z.B. Menyuk (1963), Klima/Bellugi (1966), McNeill (1966), Bellugi (1967), Bloom (1970), Brown/<br />

Cazden/Bellugi (1968).<br />

6 <strong>Eine</strong>n Überblick über die zentralen experimentellen Studien der 60er und 70er Jahre und die erzielten<br />

Befunde gibt z.B. Ingram (1989).

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