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Merkmalsgesteuerter Grammatikerwerb Eine Untersuchung zum

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Quantitative und linguistische Methoden in der Spracherwerbsforschung 18<br />

Vielmehr wurden idiosynkratische selbstentwickelte Kategorien sowie vortheoretische<br />

Begriffe von "Satz" und "Wort" verwendet, um den Umfang des Wortschatzes, die Korrektheit<br />

der Artikulation, die Anzahl der Wörter pro Satz sowie die Komplexität und Klassenzuge-<br />

hörigkeit der Sätze zu analysieren (vgl. Ingram 1989:13ff.). Dieser mangelnde Linguistikbezug<br />

hatte zwei Ursachen: Zum einen akzeptierte der von Skinner vertretene Radikale Behavioris-<br />

mus keinerlei linguistische Begriffe, sondern nur meßbare Reaktionen (Newmeyer 1980:11f.).<br />

Zum anderen war Sprache für Skinner eine Form des Verhaltens, die funktional und nicht mit<br />

formalen grammatischen Kategorien analysiert werden sollte.<br />

Die Daten behavioristischer Querschnittstudien mit Hilfe linguistischer Verfahren zu reanaly-<br />

sieren, war praktisch unmöglich, da meist auf die Dokumentation der Rohdaten verzichtet<br />

wurde. Linguistisch orientierte Spracherwerbsforscher wie Roger Brown erhoben daher neue<br />

Korpora und führten auf der Basis dieser Daten strukturalistische Distributionsanalysen durch<br />

(vgl. u.a. Braine 1963, Brown/Fraser 1963, Miller/Ervin 1964). Mit Hilfe solcher Analysen<br />

gelangte man im Rahmen des sog. Pivot-Grammatik-Ansatzes zu zwei Wortklassen, mit<br />

deren Hilfe sich die frühe Zwei-Wort-Phase charakterisieren läßt: die Pivot-Klasse, eine<br />

geschlossene Klasse von häufig auftretenden Wörtern, die entweder nur am Anfang oder nur<br />

am Ende der Zwei-Wort-Äußerungen vorkommen, 3 und eine umfangreiche, sich allmählich er-<br />

weiternde offene Klasse von selten auftretenden Wörtern, die sowohl die Anfangs- als auch<br />

die Endposition einnehmen oder aber isoliert vorkommen können. 4<br />

Die Verwendung linguistischer Analyseverfahren ermöglichte somit die Aufstellung von<br />

Generalisierungen über die formale Struktur der Kindersprache, was einen entscheidenden<br />

Fortschritt für die Spracherwerbsforschung darstellte. Im Gegensatz zu linguistischen Analyse-<br />

verfahren spielten linguistische Modelle im Rahmen der Pivot-Grammatik keine Rolle; es<br />

wurde vielmehr auf die Lerntheorie des Behaviorismus verwiesen. Es wurde auch nicht ver-<br />

sucht, mit Hilfe von Kindersprachdaten spezifische Analysen der Erwachsenensprache empi-<br />

risch zu überprüfen, da beide ja unabhängig zu beschreiben waren; allerdings wurde die<br />

3 Bei Braine (1963) werden diese Elemente "pivots" genannt, bei Brown und Fraser (1963) "functors"<br />

und bei Miller und Erwin (1964) "operators".<br />

4 Bei Braine (1963) heißen diese Elemente "X-words", bei Brown und Fraser (1963) "contentives" und<br />

bei Miller und Erwin (1964) "non-operators".

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