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Merkmalsgesteuerter Grammatikerwerb Eine Untersuchung zum

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Quantitative und linguistische Methoden in der Spracherwerbsforschung 16<br />

(responses) auf bestimmte Reize (stimuli). Was zwischen Reiz und Reaktion im Organismus<br />

geschieht, galt als nicht direkt beobachtbar (black box) und daher als wissenschaftlich nicht<br />

beschreibbar. Die empiristische Orientierung bestimmte neben Gegenstand und Methode auch<br />

die theoretischen Grundannahmen des Behaviorismus. Angeborene mentale Inhalte und kom-<br />

plexe Fähigkeiten wurden nicht nur aus dem <strong>Untersuchung</strong>sbereich ausgeschlossen, sondern<br />

auch geleugnet.<br />

In der Grammatiktheorie führten die Forderungen des Logischen Empirismus in den 20er<br />

Jahren zur Entwicklung des amerikanischen Strukturalismus durch Linguisten wie Sapir<br />

und Bloomfield (vgl. Sapir 1921, Bloomfield 1933). Im Rahmen dieser linguistischen Theorie<br />

betrachtete man Sprache als ein autonomes, präzise erfaßbares relationales System formaler<br />

Elemente und versuchte dementsprechend, ein operationalistisches Verfahren zur Erstellung<br />

von Grammatiken zu entwickeln, eine mechanisch anwendbare, logisch aufgebaute Prozedur<br />

zur Analyse sprachlicher Elemente und ihrer Beziehungen.<br />

Zentral waren dabei drei Analyseschritte: Zuerst erhob man eine repräsentative Sammlung<br />

von Sprachdaten, ein Korpus. Anschließend wurden die darin enthaltenen komplexen sprach-<br />

lichen Einheiten segmentiert, d.h. in kleinste sprachliche Elemente zerlegt, und klassifiziert,<br />

indem sie Distributionsklassen zugeordnet wurden. Hierzu suchte man zunächst nach sog.<br />

Minimalpaaren, also nach Paaren von Strukturen, die sich nur minimal voneinander unter-<br />

scheiden, wie die folgenden Paare von Adjektiven: kleinen/kleines, dünnes/dünnen, kleinen/<br />

dünnen, kleines/dünnes. Dann faßte man alle Ausdrücke, die in den ermittelten Minimal-<br />

paaren gegeneinander ausgetauscht werden können, zu einer Distributionsklasse zusammen:<br />

klein- und dünn- sowie -es und -en.<br />

Dabei durften bei allen drei Schritten nur operationalisierbare Begriffe verwendet werden.<br />

Daher wurden die Beschreibungskategorien des Strukturalismus nicht aus anderen Gramma-<br />

tiken übernommen, sondern aus der Korpusanalyse abgeleitet. Dieses Vorgehen sollte die un-<br />

voreingenommene <strong>Untersuchung</strong> unbekannter Sprachen ermöglichen. In der Praxis führte es<br />

jedoch zu einer einseitigen Betonung sprachlicher Variation. Die Existenz sprachlicher Univer-<br />

salien wurde bestritten, so daß nur induktive Generalisierungen über die Distribution von<br />

Oberflächenelementen in Einzelsprachen erlaubt waren (Bloomfield 1933; vgl. Newmeyer<br />

1980, 1996).

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