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Merkmalsgesteuerter Grammatikerwerb Eine Untersuchung zum

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Die Entstehung der Spracherwerbsforschung 14<br />

Naturwissenschaftler (Darwin). Linguistisch motivierte Hypothesen für den Verlauf des<br />

Spracherwerbs existierten daher praktisch noch nicht, und die bevorzugte <strong>Untersuchung</strong>s-<br />

methode der Spracherwerbsforschung war das Führen eines Sprachtagebuchs. Diese<br />

Methode war kaum durch linguistische Analyseverfahren beeinflußt, sondern eher deskriptiv<br />

und explorativ. Daß Tagebuchstudien nur selten durch experimentelle Verfahren ergänzt<br />

wurden, ergab sich aus dem Fehlen einer linguistischen Theorie mit Vorhersagekraft für den<br />

Spracherwerb und dem in dieser Zeit sehr ausgeprägten Mißtrauen gegenüber experimentellen<br />

Methoden zur <strong>Untersuchung</strong> mentaler Prozesse (vgl. Stern/Stern 1928).<br />

Die Analyse der Tagebuchdaten führte zu ersten Generalisierungen über Verlauf und<br />

Mechanismen der kindlichen Sprachentwicklung. Darüber hinaus zeigte sie, daß Kinder zwar<br />

sprachliche Formen und Strukturen produzieren, die sie noch nicht gehört haben, echte Neu-<br />

schöpfungen aber eher die Ausnahme sind. Im allgemeinen erwiesen sich die Neologismen, die<br />

von den Intellektualisten als spontane Neuschöpfungen analysiert wurden, als Analogie-<br />

bildungen oder Verbindungen bekannter Elemente (vgl. Kegel 1974). So lassen sich z.B.<br />

Übergeneralisierungen regulärer Flexive (gegeht, gelauft, ...) als analogie- oder regelbasierte<br />

Formen auffassen. Die Tagebuchstudien lieferten somit Evidenz für restringierte sprachliche<br />

Kreativität. Die Tagebuchdaten waren nicht mit Hilfe linguistischer Methoden und Kategorien,<br />

sondern eher intuitiv analysiert worden. Daher waren die empirischen Befunde aus den ver-<br />

schiedenen Studien aber kaum untereinander vergleichbar und zu linguistischen Theorien in<br />

Bezug zu setzen.<br />

Es gab jedoch auch Studien, in denen systematische Abweichungen von der Zielsprache<br />

(wie z.B. Übergeneralisierungen) durch zahlreiche Belege dokumentiert wurden, und solche<br />

Daten konnten reanalysiert und interpretiert werden, sobald spezifischere linguistische und<br />

psycholinguistische Hypothesen zu den betreffenden Phänomenen vorlagen. So wurden z.B.<br />

Übergeneralisierungen regulärer Flexive (gegeht, gelauft, ...), die aus Interesse an Analogie-<br />

bildungen dokumentiert wurden, später als Evidenz für regelbasierte Grammatikmodelle heran-<br />

gezogen (vgl. Berko 1958, Pinker/Prince 1988). Quantitative Auswertungen, die zur Ein-<br />

schätzung der Repräsentativität solcher "Fehler" erforderlich sind, waren dabei jedoch nicht<br />

möglich. Bei der Erhebung der Tagebuchdaten wurde nämlich weder auf die Repräsentativität<br />

der dokumentierten Daten geachtet, noch versuchte man, möglichst alle Äußerungen eines be-<br />

stimmten Strukturtyps zu erfassen.

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