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Merkmalsgesteuerter Grammatikerwerb Eine Untersuchung zum

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Der Erwerb von D-Elementen 235<br />

früher als im Deutschen (2;0,5, MLU: 1,1 vs. 2;4,9, MLU: 1,6), dauert dafür aber länger an<br />

(7 Monate und 10 Tage vs. 3 Monate und 6 Tage). Diese Unterschiede in den Entwicklungs-<br />

verläufen für das Deutsche und Italienische können bei Lukas, anders als beim Vergleich ver-<br />

schiedener monolingualer Kinder, nicht auf das jeweilige individuelle Erwerbstempo zurück-<br />

geführt werden. Außerdem zeigt Lukas ähnliche Entwicklungskurven für MLU-Werte in den<br />

beiden Sprachen. Dies spricht dafür, daß die beobachteten Unterschiede nicht dadurch be-<br />

dingt sind, daß eine der beiden Zielsprachen - <strong>zum</strong>indest zeitweise - dominant ist.<br />

Dafür, daß die von Müller et al. (2002) beobachteten Unterschiede zwischen dem Erwerb<br />

deutscher und italienischer D-Elemente prosodisch bedingt sind, sprechen die Analysen von<br />

Lleo (1998, 2001) und Lleo und Demuth (1999). Diesen beiden Autorinnen zufolge beginnen<br />

deutsche Kinder erst mit ca. 1;10, D-Elemente zu gebrauchen; spanische und italienische Kin-<br />

der produzieren hingegen bereits ca. fünf bis sechs Monate früher phonetisch undifferenzierte<br />

D-Elemente. Dieser Unterschied kann Lleo und Demuth zufolge nicht darauf zurückgeführt<br />

werden, daß deutsche Artikel ein komplexeres morphologisches Paradigma aufweisen als<br />

italienische Artikel und z.T. aus mehreren Silben bestehen (vgl. z.B. eine, einen). Auch beim<br />

Erwerb des Englischen, das nur einsilbige unflektierte Artikel hat, finden sich Lleo und Demuth<br />

(1999) zufolge nämlich erst relativ spät D-Elemente.<br />

Die beiden Autorinnen führen diese Beobachtung auf prosodische Faktoren zurück. Ins-<br />

besondere bilden D-Elemente im Deutschen entweder selbst eine metrische Einheit aus einer<br />

betonten und einer unbetonten Silbe (z.B. einen) oder sie werden an das vorangehende Wort<br />

klitisiert (z.B. aufs, beim). Spanische D-Elemente bestehen hingegen typischerweise aus einer<br />

unbetonten Silbe, die an das folgende Wort klitisiert werden kann, wodurch im allgemeinen ein<br />

dreisilbiges phonologisches Wort entsteht (z.B. la 'pala 'die Schaufel'). Dreisilbige Wörter mit<br />

einer unbetonten Anfangssilbe sind aber im Spanischen frequent und werden auch von Kindern<br />

relativ früh verwendet. Dies könnte erklären, warum D-Elemente beim Erwerb des Spani-<br />

schen so früh zu beobachten sind.<br />

Insgesamt betrachtet sprechen die diskutierten <strong>Untersuchung</strong>en somit dafür, daß proso-<br />

dische Faktoren einen Einfluß auf die Realisierungsraten der verschiedenen D-Elemente in den<br />

jeweiligen Zielsprachen haben. Für diesen Befund sind meines Erachtens aber mindestens drei<br />

Erklärungen möglich: D-Elemente in romanischen Sprachen könnten aufgrund der diskutierten<br />

prosodischen Eigenschaften einfacher und früher erworben werden als in germanischen

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