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Merkmalsgesteuerter Grammatikerwerb Eine Untersuchung zum

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Arbeitshypothesen 187<br />

nehme ich aber an, daß die von Kindern im Erwerbsverlauf erzeugten Repräsentationen<br />

anfangs noch unterspezifiziert sein können.<br />

Diese Arbeitshypothese folgt aus der Annahme, daß sich die syntaktische Struktur von<br />

Sätzen nicht aus einem festen Inventar von Kategorien und Projektionen, grammatischen<br />

Regeln oder Satzstrukturschablonen ergibt, sondern aus der Interaktion von Metaprinzipien<br />

und Vollform- bzw. Affixeinträgen, die bestimmte Merkmalsspezifikationen enthalten. Wenn<br />

diese Annahme zutrifft, müssen spracherwerbende Kinder nämlich die Merkmalsspezifika-<br />

tionen der Zielsprache identifizieren und entsprechende Lexikoneinträge für Vollformen bzw.<br />

Affixe aufbauen, in die sie diese Spezifikationen integrieren können. Dies läßt sich als ein<br />

schrittweiser Prozeß konzipieren, bei dem es zu Entwicklungsdissoziationen und Untergenera-<br />

lisierungen kommen kann:<br />

Erstens gibt es in einem rein lexikonbasierten Grammatikmodell ohne Satzstrukturschablo-<br />

nen keinen Grund für die Annahme, daß alle Lexikoneinträge für funktionale Elemente <strong>zum</strong><br />

selben Zeitpunkt erworben werden müssen (vgl. auch Roeper 1996). Dementsprechend sind<br />

Entwicklungsdissoziationen beim Erwerb von lexikalischen Elementen zu erwarten. Beispiels-<br />

weise könnte ein Kind über einen Lexikoneintrag L1 für ein funktionales Element F1 verfügen,<br />

aber noch keinen Lexikoneintrag L2 für das funktionale Element F2 aufgebaut haben. Dann<br />

sollten zu diesem Zeitpunkt Strukturen mit der funktionalen Projektion L1P belegt sein, Projek-<br />

tionen von L2 sollten hingegen nicht vorkommen. So könnten Kinder z.B. unbestimmte Artikel<br />

vor bestimmten Artikeln erwerben. Dann sollten sie im gleichen Zeitraum sowohl Nominal-<br />

phrasen mit unbestimmtem Artikel und einer entsprechenden funktionalen Projektion als auch<br />

bloße NP-Projektionen mit ausgelassenem D-Element produzieren.<br />

Zweitens besteht in einem merkmalsbasierten Grammatikmodell ohne ein festes universelles<br />

Merkmalsinventar oder entsprechende Satzstrukturschablonen die Möglichkeit, daß in einer<br />

Sprache S1 zwei Merkmale M1 und M2 syntaktisch aktiv sind und projizieren, in einer Sprache<br />

S2 hingegen nur das Merkmal M1 und in einer Sprache S3 nur das Merkmal M2. Ebenso<br />

müssen zwei Merkmale M1 und M2, die in einer Sprache zusammen projizieren, im Erwerb<br />

nicht notwendigerweise <strong>zum</strong> selben Zeitpunkt instantiiert werden. Dementsprechend sind Ent-<br />

wicklungsdissoziationen bei der Instantiierung der zielsprachlichen Merkmale zu erwarten. So<br />

könnte ein Kind bereits über Lexikoneinträge mit dem Merkmal M1 verfügen und entspre-<br />

chende Strukturen benutzen, während M2 noch nicht syntaktisch aktiv ist. Wie ich in Kapitel

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