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Merkmalsgesteuerter Grammatikerwerb Eine Untersuchung zum

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Einleitung<br />

Das Verhältnis von Spracherwerbsforschung und theoretischer Linguistik war lange<br />

Jahre sehr unausgeglichen. Die Spracherwerbsforschung verwendete seit den 60er<br />

Jahren linguistische Analysen als Beschreibungsrahmen für Daten aus der Kinder-<br />

sprache und zog linguistische Modelle der Sprachkompetenz Erwachsener zur Er-<br />

klärung des kindlichen Spracherwerbs heran. Umgekehrt stellte die Grammatiktheorie<br />

zwar theoretische Modelle für die Spracherwerbsforschung bereit und erhob den<br />

Anspruch, daß diese Modelle psychologisch real seien; wenn es darum ging, für ein<br />

spezifisches linguistisches Modell oder eine bestimmte grammatiktheoretische Analyse<br />

zu argumentieren, führte man im allgemeinen jedoch abstrakte Lernbarkeitsüber-<br />

legungen an. Der Gedanke, daß man auch konkrete Spracherwerbsdaten zur Theorie-<br />

bildung heranziehen könnte, blieb den meisten theoretischen Linguisten weitgehend<br />

fremd.<br />

In den letzten Jahren läßt sich jedoch eine zunehmende Annäherung zwischen Lin-<br />

guistik und Spracherwerbsforschung beobachten. Mehr und mehr Spracherwerbs-<br />

forscher bemühen sich nicht nur um eine linguistisch basierte Beschreibung und Erklä-<br />

rung des kindlichen Spracherwerbs; sie versuchen auch, durch Lernbarkeitsüberlegun-<br />

gen und Evidenz aus dem Spracherwerb einen Beitrag zur linguistischen Theorie-<br />

bildung zu leisten. Umgekehrt suchen theoretische Linguisten in zunehmendem Maße<br />

die Kooperation mit der Erwerbsforschung und berufen sich auf Lernbarkeitsüber-<br />

legungen und empirische Evidenz aus Spracherwerbsstudien.<br />

Dies bedeutet jedoch nicht, daß die Grenzen zwischen den Disziplinen verschwinden<br />

und ein homogenes Feld mit einheitlicher Methodik und Gegenstandsbestimmung ent-<br />

steht. Vielmehr leisten die einzelnen Disziplinen, die sich mit dem Spracherwerb<br />

befassen, jeweils auf ihre eigene spezifische Weise einen Beitrag zur Entwicklung von<br />

integrativen Modellen der menschlichen Sprach(erwerbs)fähigkeit. Jede Disziplin bringt<br />

dabei natürlich ihre eigenen Erkenntnisinteressen, Fragestellungen, Methoden und<br />

Erklärungskonzepte in die Diskussion ein.<br />

So betont man z.B. in der Entwicklungspsychologie den dynamischen Charakter der<br />

sprachlichen Entwicklung und versucht, durch Studien zur Sprachentwicklung generelle<br />

Gesetzmäßigkeiten von Entwicklungsprozessen zu entdecken und diese Regularitäten<br />

auf generelle kognitive Mechanismen zurückzuführen. In der theoretischen Linguistik<br />

besteht hingegen eine starke Tendenz dazu, spezifische genetische Prädispositionen für<br />

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