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Merkmalsgesteuerter Grammatikerwerb Eine Untersuchung zum

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Die Architektur der Grammatik 134<br />

neben dekomponierten Repräsentationen auch Vollformeinträge benötigt. Darüber hinaus<br />

besteht Uneinigkeit darüber, welche Rolle Vollformeinträge und dekomponierte Repräsenta-<br />

tionen bei den einzelnen Schritten des Verarbeitungsprozesses spielen.<br />

Diese Diskussionen sind für die folgenden Erwerbsüberlegungen nicht entscheidend.<br />

Wichtig ist lediglich die Annahme, daß man <strong>zum</strong>indest für solche Flexionsformen dekompo-<br />

nierte Repräsentationen benötigt, die ein sog. Defaultaffix enthalten - d.h. ein produktives, voll<br />

prädiktables Affix, das nicht auf eine bestimmte Flexionsklasse beschränkt ist (z.B. sag-t).<br />

Diese Annahme spielt nämlich eine zentrale Rolle in der Diskussion <strong>zum</strong> Entwicklungsproblem<br />

(vgl. Kapitel II.4 sowie Kapitel III und Kapitel IV.2). In dieser Diskussion werde ich im<br />

Anschluß an Pinker (1984, 1999) argumentieren, daß Kinder Flexionsformen zunächst als<br />

intern nicht analysierte Vollformen speichern, dann aber <strong>zum</strong>indest für Formen mit Default-<br />

affixen dekomponierte Repräsentationen aufbauen müssen. Wenn diese Annahme zutrifft, er-<br />

klärt sie nämlich <strong>zum</strong>indest <strong>zum</strong> Teil, warum der Erwerb zielsprachlicher Repräsentationen ein<br />

ausgedehnter Prozeß ist (vgl. Kapitel IV.2).<br />

Die Annahme, daß für Formen wie sag-t dekomponierte Repräsentationen vorliegen, wird<br />

in allen angesprochenen Varianten von dualen Modellen gemacht. 8 Sie steht zwar im Gegen-<br />

satz zu der Annahme von Manelis und Tharp (1977), Butterworth (1983), Rumelhart und<br />

McClelland (1986) und anderen, daß sämtliche flektierten Formen als Vollformen gespeichert<br />

sind und zu keinem Zeitpunkt im Erwerbsverlauf oder Verarbeitungsprozeß dekomponiert<br />

werden; mittlerweile liegt aber meines Erachtens ausreichende Evidenz für diese Annahme vor<br />

(vgl. u.a. Clahsen 1999, Pinker 1999 für einen Überblick): Insbesondere wird die Annahme<br />

von dekomponierten Repräsentationen für Formen mit Defaultaffixen durch empirische<br />

Befunde aus sog. Primingexperimenten zur englischen und deutschen Flexion unterstützt (vgl.<br />

z.B. Marslen-Wilson/Hare/Older 1993, Sonnenstuhl/Eisenbeiß/Clahsen 1999, Sonnenstuhl<br />

2001). In diesen Experimenten mußten Versuchspersonen entscheiden, ob das zweite Wort<br />

eines Wortpaares ein Wort(stamm) (z.B. agree) oder ein Nicht-Wort (z.B. plarpf) war.<br />

Wenn die beiden Wörter identisch waren (z.B. agree-agree) oder das erste Wort sich vom<br />

zweiten nur durch die Hinzufügung eines Defaultaffixes (z.B. agreed-agree) unterschied,<br />

8 Die Modelle unterscheiden sich lediglich in ihren Annahmen dazu, ob man für solche Formen auch<br />

Vollformrepräsentationen benötigt und welche Rolle diese Repräsentationen bei der Verarbeitung<br />

spielen (für einen Überblick vgl. u.a. Sonnenstuhl 2001).

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