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Merkmalsgesteuerter Grammatikerwerb Eine Untersuchung zum

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Die Architektur der Grammatik 123<br />

Repräsentationsebene angesehen. Diese Annahme ist parallel zur Postulierung einer eigen-<br />

ständigen sprachspezifischen phonologischen Repräsentationsebene, die eine Schnittstelle <strong>zum</strong><br />

artikulatorisch-perzeptuellen System bildet und nicht mit der phonetischen Repräsentations-<br />

ebene gleichzusetzen ist (vgl. u.a. Bierwisch/Lang 1987, Bierwisch/Schreuder 1991:30f.).<br />

Für die Notwendigkeit, semantische und konzeptuelle Repräsentationen zu unterscheiden,<br />

spricht die Beobachtung, daß stets nur bestimmte Aspekte unserer konzeptuellen Repräsenta-<br />

tionen versprachlicht werden und die Auswahl dieser Aspekte von der jeweiligen Einzel-<br />

sprache abhängig ist (vgl. u.a. Levinson 1997): Erstens sind Sprachen durch zufällige lexika-<br />

lische Lücken und durch das systematische Fehlen von semantischen Feldern charakterisiert.<br />

So verfügt z.B. das Deutsche nur über das Wort "Onkel" und differenziert nicht zwischen<br />

Onkeln väterlicherseits und Onkeln mütterlicherseits etc.; und im Guugu Yimithirr fehlen<br />

bestimmte kausale und logische Konnektive wie "falls" (vgl. Levinson 1997).<br />

Zweitens zwingt die Verbalisierung von konzeptuellen Repräsentationen den Sprecher da-<br />

zu, bestimmte grammatische und semantische Distinktionen zu kodieren, die in der betreffen-<br />

den Sprache obligatorisch sind, in anderen Sprachen aber nicht ausgedrückt werden müssen.<br />

Z.B. muß man sich im Deutschen - anders als in vielen anderen Sprachen - bei der Anrede<br />

stets zwischen Du und Sie entscheiden.<br />

Drittens weisen Sprachen unterschiedliche Strategien für die Verbindung von konzeptuellen<br />

Elementen in Lexikoneinträgen auf. So wird beispielsweise bei englischen Bewegungsverben<br />

im allgemeinen auch die Art und Weise der Bewegung in die Bedeutung der Verben ein-<br />

bezogen (walk, run, swim); in romanischen Sprachen wird hingegen vor allem der Pfad der<br />

Bewegung berücksichtigt (vgl. z.B. die spanischen Verben subir 'aufsteigen' und bajar 'her-<br />

untersteigen'; Talmy 1985, 1992).<br />

Für sich genommen, rechtfertigen diese Beobachtungen allerdings noch nicht die Annahme<br />

einer eigenständigen Ebene der semantischen Repräsentation. Man könnte sie auch durch die<br />

Annahme erklären, daß bei der sprachlichen Realisierung von konzeptuellen Repräsentationen<br />

bestimmte Aspekte ausgewählt und miteinander kombiniert werden (vgl. u.a. Jackendoff<br />

1983, 1990, 1997). Man könnte die in semantischen Repräsentationen kodierte Information<br />

somit als bloße Teilmenge der Information betrachten, die in konzeptuellen Repräsentationen<br />

enthalten ist. Dies würde voraussetzen, daß semantische und konzeptuelle Repräsentationen<br />

isomorph sind.

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