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Merkmalsgesteuerter Grammatikerwerb Eine Untersuchung zum

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Minimalismus und Spracherwerbsforschung 99<br />

Ein morphologischer Auslöser für Bewegungsprozesse ist aber meines Erachtens nur dann<br />

erforderlich, wenn man nicht von universeller Rechtsverzweigung ausgeht und keine Beschrän-<br />

kungen für die Richtung und Lokalität von Bewegungsprozessen zugrunde legt. Um zu<br />

ermitteln, ob Elemente bewegt worden sind, müßte ein Kind dann nämlich (i) alle möglichen<br />

Kombinationen von Basisabfolgen für Köpfe, Komplemente und Spezifizierer in Betracht<br />

ziehen, (ii) müßte es alle linksgerichteten und alle rechtsgerichteten Bewegungen berechnen,<br />

die auf der Grundlage dieser Basisabfolgen möglich sind, und (iii) müßte es die so kon-<br />

struierten Abfolgen mit den beobachteten Linearisierungen vergleichen. Dies wäre eine extrem<br />

komplexe Aufgabe.<br />

Relativ einfach wäre die Ermittlung von Bewegungsprozessen hingegen, wenn alle syntak-<br />

tischen Repräsentationen tatsächlich rechtsverzweigend sind und Bewegungsprozesse links-<br />

gerichtet sind. Dann muß ein spracherwerbendes Kind nämlich nur noch feststellen, ob ein X 0 -<br />

oder XP-Element α weiter links steht als ein X 0 - oder XP-Element β, obwohl die Basis-<br />

position von β hierarchisch höher anzusiedeln ist als die Basisposition von α. 32 Ist dies der<br />

Fall, muß α bewegt worden sein. D.h., um zu ermitteln, ob ein Merkmal [+STARK] ist, muß<br />

ein Kind nur feststellen, ob die Linearisierung der involvierten Elemente ihrer Hierarchie ent-<br />

spricht, oder ob das Element mit dem betreffenden Merkmal weiter links auftaucht, als es von<br />

seiner hierarchischen Position her zu erwarten ist. 33<br />

Somit ergeben sich die beobachteten Wortstellungsmuster in einem merkmalsbasierten<br />

grammatiktheoretischen Modell aus der Interaktion von einzelsprachspezifischen gramma-<br />

tischen Merkmalsspezifikationen mit den X-bar-Prinzipien, dem Prinzip der Rechtsverzwei-<br />

gung und den Prinzipien, die eine Überprüfung von grammatischen Merkmalen fordern. <strong>Eine</strong><br />

solche Herleitung von einzelsprachlichen grammatischen Eigenschaften aus der Interaktion von<br />

universellen Prinzipien mit einzelsprachspezifischen Merkmalsspezifikationen ist nicht nur für<br />

das Minimalistische Programm charakteristisch; sie ist auch in der HPSG und der LFG zu<br />

beobachten (vgl. Pollard/Sag 1987, 1994 bzw. Bresnan 1982). Im Rahmen dieser Ansätze<br />

32 Die Basispositionen von Argumenten ergeben sich aus ihrer Position in der semantischen Struktur;<br />

vgl. u.a. Bierwisch (1988), Wunderlich (1997) sowie die Dis kussion in Kapitel II. Zur Hierarchie<br />

funktionaler Projektionen vgl. u.a. Bybee (1985), Wunderlich (1993).<br />

33 Vgl. u.a. Chomsky (1981) zu der Frage, ob man Bewegungsprozesse annehmen sollte, die man mit<br />

dem angegebenen Verfahren nicht entdecken kann. Ein solcher Prozeß wäre z.B. die Bewegung<br />

eines Verbs von I 0 nach C 0 bei gleichzeitiger Bewegung des Subjekts von SpecIP nach SpecCP. Bei<br />

diesen beiden Bewegungsprozessen bliebe die Abfolge der betreffenden Elemente unverändert.

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