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Merkmalsgesteuerter Grammatikerwerb Eine Untersuchung zum

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Minimalismus und Spracherwerbsforschung 98<br />

(32a) oder (32c) weiter links angesiedelt als die Komplementposition. Bewegung in hierar-<br />

chisch höhere Positionen ist in rechtsverzweigenden Strukturen demnach stets nach links ge-<br />

richtet. Bewegung in hierarchisch niedrigere Positionen ist durch die Bindungstheorie ausge-<br />

schlossen. Diese verlangt nämlich, daß das bewegte Element sich in einer höheren Position<br />

befinden muß als seine Spur (vgl. u.a. Chomsky 1995).<br />

Ob Bewegungsprozesse overt oder verdeckt erfolgen, wird im Minimalistischen Programm<br />

auf die "Stärke" des betreffenden Merkmals zurückgeführt: Starke Merkmale müssen stets zu-<br />

sammen mit phonologischem Material, d.h. overt, bewegt werden; schwache Merkmale ver-<br />

langen hingegen keine overte Bewegung zur Merkmalsüberprüfung (vgl. u.a. Chomsky 1995,<br />

Schmidt 1995, Webelhuth 1995, Abraham et al. 1996). Somit ist allein die syntaktische Akti-<br />

vität und die Stärke grammatischer Merkmale für die typologische Variation im Bereich der<br />

Wortstellung verantwortlich.<br />

Über die Interpretation des Begriffs der "Stärke" gehen die Auffassungen allerdings noch<br />

auseinander, und es besteht kein Konsens darüber, wie Kinder erkennen können, ob ein<br />

Merkmal [+STARK] oder [-STARK] ist (vgl. Chomsky 1995, Webelhuth 1995, Abraham et<br />

al. 1996). Insbesondere wird diskutiert, ob es morphologische Auslöser für die Instantiierung<br />

des Merkmals [+STARK] gibt - d.h., ob Kinder an der morphologischen Form eines Ele-<br />

ments erkennen können, ob es bewegt wird. Für die Annahme eines solchen morphologischen<br />

Auslösers spricht, daß gewisse Korrelationen zwischen der Overtheit von Bewegungs-<br />

prozessen und dem Auftreten distinktiver morphologischer Markierungen bestehen: Overte<br />

Bewegung geht häufig mit "reicher" Flexion einher (vgl. u.a. Platzack/Holmberg 1989, van<br />

Gelderen 1993, Rohrbacher 1994, Vikner 1994, 1995, Roberts 1996, Sola 1996, Thráinsson<br />

1996, Bobaljik 1997).<br />

Die Morphologie erlaubt jedoch für sich genommen noch keinen Schluß auf das Auftreten<br />

von Bewegung. So weisen z.B. die meisten V2-Sprachen ein relativ reiches Verbflexions-<br />

system auf; es gibt allerdings auch V2-Sprachen ohne reiche Kongruenzflexion (z.B.<br />

Afrikaans; vgl. Raidt 1983). Dies deutet darauf hin, daß es keinen unabhängigen morpholo-<br />

gischen Auslöser für die Stärke grammatischer Merkmale gibt. Wenn dies so ist, genügt es<br />

nicht, die morphologische Realisierung eines Merkmals zu analysieren, um festzustellen, ob es<br />

overte Bewegung auslöst.

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