25.02.2013 Aufrufe

Merkmalsgesteuerter Grammatikerwerb Eine Untersuchung zum

Merkmalsgesteuerter Grammatikerwerb Eine Untersuchung zum

Merkmalsgesteuerter Grammatikerwerb Eine Untersuchung zum

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Beschränkungen für die linguistische und psycholinguistische Theoriebildung 89<br />

wie Erwachsenendaten. Darüber hinaus sollten einzelne Beobachtungen nicht isoliert zur Über-<br />

prüfung linguistischer Annahmen herangezogen werden, sondern stets im Kontext der gesam-<br />

ten Grammatik des spracherwerbenden Kindes betrachtet werden.<br />

Insgesamt betrachtet ist die Bedeutung der Grammatiktheorie für die Erwerbsforschung<br />

somit maximal, wenn für sprachliche Wissenssysteme in frühen Erwerbsphasen dieselben<br />

formalen Prinzipien gelten wie für Erwachsenensprachen und man Beschränkungen des Hypo-<br />

thesenraums spracherwerbender Kinder auf diese Prinzipien zurückführen kann. Umgekehrt<br />

sind Spracherwerbsbefunde gerade dann besonders interessant für die linguistische Theorie-<br />

bildung, wenn die strukturellen Repräsentationen, die Kinder im Verlauf ihrer sprachlichen Ent-<br />

wicklung erzeugen, noch nicht denen der Erwachsenensprache entsprechen. Dann liefern<br />

Kindersprachdaten nämlich einen Typ von Evidenz, den die entsprechende Zielsprache nicht<br />

bereitstellt. Dies ist allerdings nur dann der Fall, wenn man von der Hypothese des Struktur-<br />

aufbaus ausgeht oder die Hypothese der vollständigen Kompetenz mit Zusatzannahmen<br />

verbindet - wie dies z.B. Rizzi (1993, 1994a, b, 1998, 2000) tut.<br />

Die Annahmen zur Kontinuität des Kategorieninventars haben nicht nur Auswirkungen für<br />

den Umgang mit Erwerbsdaten; sie bestimmen auch die Annahmen über den Einfluß der je-<br />

weiligen Zielsprache auf die Struktur von frühen Grammatiken. Wenn man von der Hypothese<br />

der Funktionalen Parametrisierung ausgeht, können Parameter nämlich nur auf der Basis von<br />

Eigenschaften funktionaler Kategorien festgelegt werden. Dementsprechend sollten Parameter<br />

erst fixiert werden können, wenn die entsprechenden funktionalen Kategorien syntaktisch aktiv<br />

sind. Vorher sollten sich keine Effekte der zielsprachlichen Parameterwerte beobachten lassen.<br />

Geht man von der Existenz einer präfunktionalen Phase, d.h. von der Small-Clause-Hypothese<br />

aus (vgl. die Diskussion zu Abb.I-5), gelangt man somit zu der Vorhersage, daß die Kern-<br />

grammatiken aller frühen Kindersprachen identisch sind. Wie ich bereits erläutert habe, gibt es<br />

jedoch bereits in sehr frühen Erwerbsphasen Evidenz für Anpassungen an die spezifischen<br />

Charakteristika der Zielsprache (vgl. u.a. Roeper 1973b, Penner/Schönenberger/Weissenborn<br />

1994, Schönenberger/Penner/Weissenborn 1997 und die Diskussion in Clahsen 1996).<br />

Wenn sich die Annahme einer frühen Orientierung an der zielsprachlichen Grammatik durch<br />

weitere Evidenz bestätigen läßt, ist die Hypothese der Funktionalen Parametrisierung somit<br />

nicht mit der Small-Clause-Hypothese zu vereinbaren. Man muß vielmehr entweder an-<br />

nehmen, daß <strong>zum</strong>indest ein Teil der zielsprachlichen funktionalen Kategorien bereits in frühen

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!