Diplomarbeit pdf - Sina
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Fachhochschule Brandenburg<br />
Fachbereich Technik<br />
Magdeburger Str. 50<br />
14770 Brandenburg<br />
<strong>Diplomarbeit</strong><br />
vorgelegt von<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera<br />
Geb. 25.10.1969<br />
aus Luckenwalde<br />
Strukturierung Strukturierung Strukturierung Strukturierung ausgewählter ausgewählter ausgewählter ausgewählter Materialien Materialien Materialien Materialien<br />
mit mit mit mit kleiner kleiner kleiner kleiner thermischer thermischer thermischer thermischer Ausdehnung<br />
Ausdehnung<br />
Ausdehnung<br />
Ausdehnung<br />
durch durch durch durch nassch nasscheeeemisches nassch nassch misches misches misches Ätzen Ätzen Ätzen Ätzen<br />
betreut durch:<br />
Prof. Dr. sc. nat. Klaus-Peter Möllmann<br />
Dr. rer. nat. Winfried Arens<br />
bereitgestellt durch:<br />
Berliner Glas KGaA<br />
Abt. Physikalisch-optische Entwicklung<br />
Waldkraiburger Straße 5<br />
12347 Berlin<br />
Berlin im August 2004
Erklärung<br />
Erklärung<br />
Ich versichere, dass ich diese <strong>Diplomarbeit</strong> mit dem Thema „Strukturierung ausgewählter Materialien<br />
mit kleiner thermischer Ausdehnung durch nasschemisches Ätzen“ selbständig verfasst<br />
habe. Die Arbeit ist nicht anderweitig für Prüfungszwecke vorgelegt. Es wurden keine<br />
weiteren als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt. Wörtliche und sinngemäße Zitate<br />
habe ich als solche gekennzeichnet.<br />
Berlin, den 25.08.2004<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 2
Danksagung<br />
Danksagung<br />
Ich bedanke mich bei Herrn Prof. Dr. Klaus-Peter Möllmann für die Erteilung der Aufgabenstellung<br />
und für die Betreuung von Seiten der Fachhochschule.<br />
Ich danke Herrn Volker Schmidt für die Vermittlung und Bereitstellung der Diplomaufgabe in<br />
der Berliner Glas KGaA.<br />
Besonderer Dank gilt Herrn Dr. Winfried Arens für die Einführung in das Unternehmen, für<br />
die Betreuung der Arbeit und für die Bereitschaft als zweiter Gutachter mitzuwirken. Herr Dr.<br />
Arens führte mich außerdem in die Bedienung diverser Messtechnik im Unternehmen ein.<br />
Besonders wertvoll waren seine vielen Hinweise und Anregungen, die die Arbeit immer wieder<br />
vorantrieben.<br />
Ich danke Frau Geserick für das unkomplizierte Bereitstellen des Versuchsarbeitsplatzes, für<br />
die begleitende Beratung und für das Vermitteln von Erfahrungen aus der laufenden Fertigung<br />
und aus vorausgegangenen Versuchen im Unternehmen. Mein Dank gilt auch Frau Berg und<br />
Frau Eifler für die wichtigen kleinen Hinweise zwischendurch.<br />
Ich bedanke mich bei den vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Berliner Glas KGaA,<br />
die mir durch ihre Erfahrungen und kleinen Hilfestellungen zur Seite standen. Dazu gehören<br />
Herr Illgen mit seinen Vorschlägen und Hinweisen zur Durchführung von Ätzreihen und Herr<br />
Paliwal für die Beratung im Ätzraum sowie Frau Sattler, Herr Trappmann, Herr Harnisch und<br />
Herr Reisberg, die die Messtechnik ihrer Abteilungen bereitstellten. Ich bedanke mich bei<br />
Herrn Buchelt und Herrn Trautner für das Zurichten der Materialproben und für das Verständnis<br />
für die damit einhergehenden Sonderwünsche.<br />
Außerdem bedanke ich mich bei Heiko, der mir für die Zeit der Arbeit familiär den Rücken<br />
freihielt und mit seinem routiniertem Blick für Satz und Gestaltung die schriftliche Ausarbeitung<br />
zum Abrunden brachte.<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 3
Inhaltsverzeichnis<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Einleitung ................................................................................................................................................................6<br />
1. Einführung ..........................................................................................................................................................7<br />
1.1 Strukturieren von Glasoberflächen ................................................................................................................7<br />
1.2 Glas................................................................................................................................................................8<br />
1.2.1 Definition: Was ist Glas? .......................................................................................................................8<br />
1.2.2 Ausgewählte Eigenschaften von Gläsern ...............................................................................................9<br />
1.2.3 Silikatgläser..........................................................................................................................................12<br />
1.3 Glaskeramik .................................................................................................................................................16<br />
1. 4 Zur Reaktionskinetik ...................................................................................................................................17<br />
1.5 Chemische Reaktion von Flusssäure mit SiO2 .............................................................................................20<br />
1.5.1 Fluorwasserstoff in wässriger Lösung..................................................................................................20<br />
1.5.2 Die chemische Reaktion von Flusssäure mit SiO2 ...............................................................................21<br />
1.5.3 Angriff der Glasoberfläche durch saure Lösungen...............................................................................22<br />
2. Die Wafertafel ...................................................................................................................................................24<br />
3. Fertigungsschritte für die Strukturierung der Wafertafel............................................................................25<br />
3.1. Herstellung der kleinen Noppen..................................................................................................................25<br />
3.2 Herstellung der Noppen und Stege...............................................................................................................27<br />
3.3 Reinigen und Vermessen ..............................................................................................................................28<br />
4. Werkstoffe - Versuchsmaterialien...................................................................................................................29<br />
4.1 Keramiken mit kleiner thermischer Ausdehnung allgemein.........................................................................29<br />
4.2 Zerodur ® ......................................................................................................................................................30<br />
4.3 ULE ® ............................................................................................................................................................31<br />
4.4 LE 102 ® ........................................................................................................................................................32<br />
4.5 Zusammenfassung der Materialparameter ..................................................................................................32<br />
5. Strukturieren ausgewählter Materialien ........................................................................................................34<br />
5. 1 Ablauf und Aufbau der Ätzversuche an Probekörpern................................................................................34<br />
5.1.1 Vorbereiten der Probekörper für das strukturierte Nassätzen..................................................................35<br />
5.1.2 Versuchsreihen zur Untersuchung der Ätzgeschwindigkeit in Abhängigkeit von der Ätzdauer................37<br />
5.1.3 Versuchsreihen zur Untersuchung der Ätzgeschwindigkeit in Abhängigkeit von der Temperatur im<br />
Ätzbad ................................................................................................................................................................39<br />
5.1.4 Versuchsreihen zur Untersuchung der Ätzgeschwindigkeit in Abhängigkeit von Säurekonzentration und –<br />
zusammensetzung...............................................................................................................................................40<br />
5.2 Ergebnisse............................................................................................... Fehler! Textmarke nicht definiert.<br />
5.2.1 Einfluss der Ätzdauer ........................................................................... Fehler! Textmarke nicht definiert.<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 4
Inhaltsverzeichnis<br />
5.2.2 Einfluss der Temperatur....................................................................... Fehler! Textmarke nicht definiert.<br />
5.2.3 Einfluss von Säurekonzentration und Säuremischverhältnis.....................................................................53<br />
5.2.4 Einfluss der Materialoberfläche auf das Ätzverhalten..............................................................................57<br />
5.2.5 Sonstige Einflüsse und Beobachtungen.....................................................................................................59<br />
5.2.5.1 Ablagerungen an Zerodur ® ................................................................................................................59<br />
5.2.5.2 Verhalten der Ätzmaske aus Vacrel 1840 .........................................................................................60<br />
6. Zusammenfassung und Vergleich der Ergebnisse beim Strukturieren der gewählten Materialien..........62<br />
6.1 ULE ® ............................................................................................................................................................62<br />
6.2 LE 102 ® ........................................................................................................................................................63<br />
7. Diskussion anderer Verfahren für die Strukturierung der gewählten Materialien....................................65<br />
8. Anhang...............................................................................................................................................................69<br />
Anlage 1 Messmittel..........................................................................................................................................69<br />
Anlage 2 Fehlerrechnung für die Herstellung der Standardsäurelösung ..........................................................70<br />
Anlage 3 Mischungsrechnen für Konzentrationsreihen .....................................................................................72<br />
9. Quellenverzeichnis............................................................................................................................................76<br />
10. Formelzeichen .................................................................................................................................................80<br />
11. Abkürzungen...................................................................................................................................................81<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 5
Einleitung<br />
Einleitung<br />
Der Trend zur fortschreitenden Miniaturisierung von Schaltkreisen führt zu steigenden Anforderungen<br />
an die Auflösung und Genauigkeit bei der Herstellung. Die Dimension der Schaltelemente<br />
und Leitbahnen auf den Mikrochips liegt im Nanometerbereich. Während die Halbleiterindustrie<br />
derzeit in der Produktion noch UV-Laser mit 248 nm und 193 nm Wellenlänge<br />
einsetzt, ist man bereits dabei, Lithografieanlagen für den Bereich des extremen Ultraviolett<br />
(EUV) mit einer Belichtungsstrahlung von 11 nm bis 14 nm Wellenlänge zu entwickeln. In<br />
derartigen Anlagen der neuen Generation werden deshalb hohe Forderungen an die Positionier-<br />
und Lagegenauigkeit während der Schaltkreisfertigung gestellt.<br />
Die Berliner Glas KGaA fertigt für einen Hersteller von Lithografieanlagen verschiedene Maschinenkomponenten,<br />
zu denen auch die Wafertafel gehört. Die Wafertafel ist die Auflagefläche<br />
für das Schaltkreissubstrat in Waferform. In Kapitel 2 wird die Wafertafel näher beschrieben.<br />
Mit der Verkleinerung der Schaltkreise steigt gleichzeitig die Größe der Wafer. Möglichst<br />
viele Schaltelemente sollen in rationalisierten Arbeitsgängen hergestellt werden können. Das<br />
bedeutet, dass nicht nur die Fertigungstoleranzen und damit Positionierstufen der Wafertafeln<br />
kleiner werden, sondern auch Maßhaltigkeit über eine größere Fläche gefordert ist.<br />
Diese Entwicklung führte dazu, dass nach neuen Materialien gesucht wurde, die ihre Geometrie<br />
unter Temperatureinfluss nicht ändern, durch ihre Festigkeit Vibrationen vermeiden und<br />
Emission von Staubpartikeln unterbinden. Nicht unwesentlich ist die Tatsache, dass viele<br />
Werkstoffe mit kleiner thermischer Ausdehnung zu elektrostatischer Aufladung neigen. Solche<br />
Eigenschaft hat zur Folge, dass ein Wafer auf einer Wafertafel anhaftet und Staubpartikel<br />
aus der Umgebung förmlich angezogen werden.<br />
Zerodur ® als Werkstoff konnte bisher den Ansprüchen für die Fertigung einer Wafertafel genügen.<br />
Wegen der genannten steigenden Materialanforderungen jedoch untersucht die Berliner<br />
Glas KGaA das Material ULE ® der Firma Corning Incorpuration für den Einsatz als neuen<br />
Werkstoff für die Herstellung der Wafertafeln. Weiterführend soll auch die Eignung des Keramikwerkstoffes<br />
LE 102 ® der Firma Sumikin Ceramics & Quartz Co., LTD geprüft werden.<br />
Beide Materialien besitzen einen extrem geringen thermischen Ausdehnungskoeffizienten. Sie<br />
werden in Kapitel 4 ausführlich beschrieben.<br />
Schwerpunkt der Untersuchungen sind Strukturierversuche an den gewählten Materialien<br />
durch nasschemisches Ätzen. Die Ergebnisse an ULE ® und LE 102 ® sollten verglichen werden<br />
mit den im Unternehmen vorhandenen Erfahrungen sowie eigenen Versuchen bei der<br />
Bearbeitung von Zerodur ® . Die Ergebnisse sind in Abschnitt 5.2 und Kapitel 6 nachzulesen.<br />
Für die Versuche wurden Probekörper aus den gewählten Materialien angefertigt. An ihnen<br />
wurden Ätzversuche durchgeführt, die ermöglichen sollten, Einflüsse aus der Fertigungsumgebung<br />
einzuschätzen. Die Durchführung der Ätzversuche ist in Abschnitt 5.1 beschrieben.<br />
Aus den Versuchen konnten erste Grenzbedingungen für die Anwendung des Nassätzverfahrens<br />
an den gewählten Materialien abgeleitet werden.<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 6
1. Einführung<br />
1. Einführung<br />
1.1 Strukturieren von Glasoberflächen<br />
Seit Jahrtausenden stellt der Mensch Glas her und noch heute arbeiten Wissenschaftler und<br />
Ingenieure daran, seine Eigenschaften zu optimieren bzw. ihm neue zuzuweisen. Die Entwicklung<br />
von Glaskeramiken im vergangenen Jahrhundert war ein weiterer Schritt und erweiterte<br />
die Anwendungsbereiche des Werkstoffs enorm. Ebenso vielfältig aber auch sehr spezifisch<br />
sind die Bearbeitungsmöglichkeiten von Glas und Glaskeramik.<br />
Das äußerst spröde Verhalten setzt Grenzen vor allem in mechanischer Formbarkeit und<br />
Feinbearbeitung. Will man auf bekannte und nützliche Eigenschaften von Glas und Keramik<br />
nicht verzichten, müssen Technologien und Verfahren gefunden werden, die die Nachteile<br />
mechanischer Einwirkung (z. B. Rissbildung, innere Spannung) nicht übernehmen. Nicht unwesendlich<br />
dabei ist, dass die Gesichtspunkte ausreichender Effektivität Berücksichtigung<br />
finden müssen.<br />
Prinzipiell gibt es zwei Wege, solche Technologien zu entwickeln. Entweder der Materialabtrag<br />
selbst wird durch ein anderes geeignetes Verfahren ersetzt oder das Glas wird in seiner<br />
Struktur und chemischen Zusammensetzung so verändert, dass es bekannte Abtragsverfahren<br />
optimiert anwenden lässt und nachteilige Eigenschaften mindert oder kompensiert. Letzteres<br />
führte zu der enormen Vielfalt an Glas- und Glaskeramiksorten.<br />
Zielsetzung einer Glasstrukturierung ist es, Strukturen vorgegebener Geometrie in eine Oberfläche<br />
einzuarbeiten, ohne dabei das Werkstück zu trennen. Nachfolgend soll eine kleine<br />
Auswahl an Verfahren, welche zur Strukturierung von Glaswerkstoffen geeignet sind, genannt<br />
und kurz erläutert werden.<br />
Im Ablauf mechanischen Abtrags- und Trennverfahren sehr ähnlich ist die Glasbearbeitung<br />
durch Laserstrahlung [32]. Der Abtrag selbst erfolgt jedoch durch thermische Prozesse, welche<br />
entstehen, wenn Licht durch einen Festkörper in hohem Maße absorbiert wird. Da Glas<br />
eine sehr hohe Schmelz- bzw. Verdampfungstemperatur besitzt, sind hohe Leistungsdichten<br />
des Laserstrahls notwendig. Außerdem sind viele Glaswerkstoffe über große Wellenlängenbereiche<br />
hindurch transparent. Dadurch ist zwar eine punktuelle 3D-Bearbeitung von Glas möglich<br />
(z. B. Innengravuren), für eine Oberflächenstrukturierung jedoch wird für einen effektiven<br />
Glasabtrag Laserstrahlung in einer Wellenlänge, die vom Glaswerkstoff absorbiert wird, zum<br />
Einsatz kommen (z. T. werden die Gläser vorbehandelt, um den Absorptionsbereich zu verschieben).<br />
Laserapplikationen sind bevorzugt für Schneidanwendungen geeignet. Ein gleichmäßiger<br />
Flächenabtrag in definierter Tiefe erfordert sehr gute Stabilität der Strahlintensität.<br />
Außerdem verdampft Glas in diesem Prozess nicht nur, es wird auch flüssige Phase verspritzt.<br />
Sandstrahlen von Glas ist ein bekanntes Verfahren sowohl in der Industrie als auch im Kunstgewerbe.<br />
Dieses Verfahren ist überwiegend maskengestützt, so dass verdeckte Oberflächen<br />
vom Abtrag verschont bleiben, während ungeschützte Glasoberflächen durch den Sandaufprall<br />
erodieren. Der Abtrag erfolgt punktweise durch jedes einzelne Sandkorn, dass ausreichend<br />
Energie mitführt, um Material herauszuschlagen. Je nach Härte des Glases bzw. der Glaskeramik<br />
liefert das Sandstrahlen einen schnellen und effektiven Abtrag. Dem Präzisionsabtrag<br />
sind jedoch Grenzen gesetzt, da äußerst feine Körnung – wie in [26] von Stephen W. Attaway<br />
ausgeführt – zu einer begrenzten Abtragsrate führt.<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 7
1. Einführung<br />
Der chemische Abtrag von Glas und Glaskeramik ist ein weiteres Verfahren. Je nach Zusammensetzung<br />
des Ätzmittels kann in guter Geschwindigkeit und Homogenität, aber auch in<br />
feinster Menge, der Abtrag einer Materialoberfläche stattfinden. Dass dies auch mit äußerster<br />
Präzision und Auflösung im Submikrometerbereich möglich ist, zeigen Anwendungen in der<br />
Mikrosystemtechnik.<br />
Ein strukturierender Oberflächenabtrag ist stets maskengestützt. Der chemische Abtrag von<br />
Silikaten erfolgt überwiegend durch in Verbindung vorliegende Fluoride. Diese Verbindungen<br />
werden in den Anwendungen durch ihren Aggregatzustand unterschieden. So werden gasförmige<br />
Fluoride (z. B. CF4) in Trockenätzverfahren wie das Plasmaätzen eingesetzt. Der Materialabtrag<br />
ist durch Gasstrom und elektromagnetische Felder sehr gut steuerbar. Besonderer<br />
Vorteil ist das spektroskopische Monitoring, das Real-Time-Informationen über den Verlauf<br />
des Ätzprozesses ausgibt. Das Trockenätzen setzt aufwendige Anlagen voraus. Unter hohen<br />
Sicherheitsvorkehrungen muss sichergestellt werden, dass die hoch giftigen Reaktionsstoffe<br />
nicht in die Atemluft gelangen und umweltgerecht entsorgt werden.<br />
Fluoride in flüssiger Lösung werden beim chemischen Nassätzen eingesetzt. Ätzmittel für<br />
Glas und Glaskeramik ist häufig Flusssäure (HF). Die zu strukturierende Oberfläche wird in<br />
die Lösung getaucht. Die Steuerung des Ätzprozesses erfolgt über Parameter wie Temperatur,<br />
Druck, Konvektion und Konzentration sowie Zusammensetzung der Ätzbäder. Die Ätzmittel<br />
sind Gefahrenstoffe, die einen äußerst umsichtigen Umgang mit der chemischen Lösung und<br />
dessen Reaktionsprodukte voraussetzen. Die Handhabung ist jedoch sehr viel einfacher als bei<br />
gasförmigen Ätzmitteln, sofern sich nicht giftige Dämpfe bilden.<br />
Ionenimplantation bzw. Diffusion gibt die Möglichkeit, Glas zu strukturieren, ohne dabei Material<br />
abzutragen. Dabei werden Zonen der Glasoberfläche unter Verwendung einer Maske mit<br />
Ionen beschossen oder es wird örtlich begrenzt ein Stoff auf die Oberfläche aufgetragen, dessen<br />
Ionen in das Glas diffundieren. Durch das Injizieren fremder Ionen werden Glaseigenschaften<br />
(z. B. Brechzahl, Absorptionsverhalten) örtlich gezielt verändert.<br />
1.2 Glas<br />
1.2.1 Definition: Was ist Glas?<br />
In [8] wird Glas folgendermaßen definiert: „… ein harter, spröder, meist lichtdurchlässiger<br />
Stoff aus einem Gemisch von hochschmelzenden Oxiden …, das aus dem Schmelzfluss<br />
amorph erstarrt ist. Glas hat keinen definierten Schmelzpunkt wie kristalline Stoffe, sondern<br />
geht mit steigender Erwärmung kontinuierlich vom festen in einen immer plastischeren Zustand<br />
über und wird schließlich flüssig. … Bei zu langsamer Abkühlung kann eine Kristallbildung<br />
eintreten, das Glas ‚entglast’. …“<br />
Zur Herstellung werden die zerkleinerten Rohstoffe:<br />
♦ Netzwerkbildner, z. B. SiO2, B2O3<br />
♦ Netzwerkwandler, z. B. Na2O, Li2O<br />
♦ Flussmittel, wie Alkalimetallkarbonate, -sulfate, -nitrate (z. B. Soda, Pottasche)<br />
♦ Stabilisatoren, z. B. Oxide von Erdalkalimetallen (wie MgO), Blei- oder Aluminiumoxid<br />
in gewählten Mengenverhältnissen gemischt. Netzwerkbildner bilden das Grundgerüst – eine<br />
unregelmäßige Netzstruktur. Für die Bildung gibt es Regeln, die von verschiedenen Wissenschaftlern<br />
erkannt wurden und im weiteren Abschnitt noch genannt werden.<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 8
1. Einführung<br />
Netzwerkwandler lockern das Netzwerk auf und erzeugen größere „Maschen“. Scholze [24]<br />
erläutert, dass sich dabei je nach Ladung eines eingelagerten Kations ein oder mehrere Sauerstoffatome<br />
aus der Sauerstoffbrückenbindung lösen. Dies führe zur Änderung von transportbezogenen<br />
Eigenschaften wie Diffusion, Viskosität, elektrische Leitfähigkeit und chemische<br />
Korrosion.<br />
Durch Zugabe der Flussmittel kann die Glasschmelze bei technisch erreichbaren Temperaturen<br />
durchgeführt werden. Glas ohne Stabilisatoren wäre chemisch nicht beständig.<br />
Die Rohstoffmasse wird unter Zusatz geringer Mengen an Läuterungs- und Entfärbungsmittel<br />
bei Temperaturen zwischen 1400 °C und 1600 °C geschmolzen. Danach steht sie zur Abkühlung<br />
ab bis sie die Entnahme- bzw. Verarbeitungstemperatur erreicht hat.<br />
Vogel erwähnt in [3] G. Tammann als ersten Forscher (1903), der sich mit der Konstitution<br />
der Gläser näher beschäftigte. Nach dessen Formulierungen müsse man Gläser als stark unterkühlte<br />
Flüssigkeiten ansehen. Die Glasschmelze wird zu schnell abgekühlt und nur bei sehr<br />
langsamem Erkalten würde Kristallisation einsetzen. Vogel [3] bezieht sich weiter auf V. M.<br />
Goldschmidt (1926), der erste Regeln für die Glasbildung aufstellte. Nach dessen Auffassung<br />
sollen die Größenverhältnisse der Ionen ausschlaggebend sein. Goldschmidt stellte fest, dass<br />
ein Oxid oder eine einfache Verbindung nur dann zu Glasbildung fähig ist, wenn das Radienverhältnis<br />
von Kation zu Anion im Bereich von 0,2 bis 0,4 liegt. Gläser müssen also entgegen<br />
[8] nicht zwingend Oxide sein. Als Glas bekannt sind Fluoride wie BeF2 und Sulfide wie<br />
As2S3.<br />
Weitere Wissenschaftler wie W. J. Zachariasen, B. E. Warren, A. Dietzel und A. A. Lebedew<br />
entwickelten Modelle für die Netzwerk- und Kristallitstruktur in Gläsern und verfeinerten die<br />
Theorie der Glasbildung. In Vogel [3] werden weitere Regeln für die Ausbildung von Glasnetzwerken<br />
genannt, die insbesondere durch W. J. Zachariasen manifestiert wurden:<br />
♦ Es besteht eine Neigung zur Glasbildung, wenn die kleinste Baueinheit des Oxids oder<br />
der Verbindung leicht polyedrische Baugruppen bildet.<br />
♦ Zwei der Polyeder dürfen nur eine Ecke gemeinsam haben.<br />
♦ Die Anionen (z. B. O 2- , S 2- oder F - ) dürfen maximal an 2 Zentralatome eines Polyeders<br />
gebunden sein. Die Polyeder sind über ein gemeinsames Anion verknüpft. Die Anionen<br />
bilden auf diese Weise Brücken zwischen je zwei Polyedern.<br />
♦ Mindestens 3 Ecken eines Polyeders müssen über Brückenanionen mit Nachbarpolyedern<br />
verknüpft sein.<br />
♦ Die Zahl der Ecken der Polyeder muss kleiner 6 sein.<br />
Die Entstehung einer Polyederform wird auf die Ionenradienverhältnisse der Bindungsatome<br />
zurückgeführt.<br />
Theorien zur Glasstruktur werden in Abschnitt 1.2.3 am Beispiel von Silikatglas fortsetzend<br />
beschrieben.<br />
1.2.2 Ausgewählte Eigenschaften von Gläsern<br />
In diesem Kapitel sollen zwei wichtige physikalische Eigenschaften genannt werden.<br />
Nach Themenstellung dieser Arbeit unterliegt das zu untersuchende Glas nicht der optischen<br />
Anwendung, sondern erhält in seinem Einsatz als Wafertafel mechanische Funktion in einer<br />
Lithografieanlage. Deshalb werden die zwei physikalischen Eigenschaften Wärmedehnung<br />
und mechanische Festigkeit gesondert erwähnt.<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 9
1. Einführung<br />
► Wärmedehnung<br />
Parameter der Wärmedehnung sind der Längenausdehnungskoeffizient (auch liniearer Wärmeausdehnungskoeffizient)<br />
und der Volumenausdehnungskoeffizient (auch kubischer Ausdehnungskoeffizient).<br />
Die Längenausdehnung ist definiert durch folgende Gleichung:<br />
αΔT =<br />
1 Δl<br />
⋅<br />
l ΔT<br />
0<br />
Dabei ist l0 die Anfangslänge des Körpers und Δl die Längenänderung nach einer Änderung<br />
der Temperatur um ΔT. α ist abhängig vom Temperaturbereich. Das bedeutet, dass der Wert α<br />
für die gleiche Temperaturdifferenz in tiefen Temperaturen anders ausfällt als in hohen Temperaturen.<br />
Die Volumenausdehnung ist definiert durch die Gleichung<br />
γΔT =<br />
1 ΔV<br />
⋅<br />
V ΔT<br />
0<br />
Sie berücksichtigt die mittlere dreidimensionale Ausdehnung eines Körpers durch Wärme.<br />
Hier ist V0 das Anfangsvolumen. ΔV ist die Volumenänderung nach einer Temperaturänderung<br />
um ΔT. Auch Δγ ist wie Δα abhängig vom Temperaturbereich.<br />
Die Ausdehnung eines Körpers durch Wärme entsteht durch Atomschwingungen. Die Amplituden<br />
der Schwingungen nehmen mit der Temperatur zu. Dabei kommt die interatomare<br />
Wechselwirkung zum Tragen, die bewirkt, dass die Schwingungen asymmetrisch verlaufen.<br />
Mit zunehmender Temperatur hat der Schwingungsmittelpunk eines Atoms einen größeren<br />
Abstand zum benachbarten Atom (damit es nicht mit ihm zusammenstößt). Die Stärke der<br />
Abb. 1.2 einfaches Modell für die Entstehung der negativen thermischen<br />
Ausdehnung. Dargestellt ist eine kubische Gitterstruktur aus<br />
Oktaedern.<br />
Bild links: vor der Wärmeinwirkung<br />
Bild rechts: nach der Wärmeeinwirkung<br />
Die Oktaeder schwingen rotierend. Die Kristallstrukturen sind jeweils<br />
mit einer Ecke des benachbarten Kristallbausteins verbunden.<br />
Dadurch drehen sich die benachbarten Bausteine in entgegen ge-<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 10
1. Einführung<br />
Schwingung ist abhängig von der Bindungsstärke zwischen den Atomen. Weil Kristalle eine<br />
geordnete, also keine isotrope, Anordnung von Atomen besitzen, ist in diesen Stoffen die<br />
Wärmeausdehnung anisotrop, also richtungsabhängig. Da die Bausteine (Polyeder) der Kristalle<br />
miteinander vernetzt sind, haben Schwingungen stets auch Einfluss auf benachbarte<br />
Strukturbausteine oder Atome. Es ist möglich, dass einzelne Bauteile eine Rotationsschwingung<br />
ausführen und sich Bindungswinkel ändern. Die Änderung des Bindungswinkels führt zu<br />
einer neuen Anordnung der Kristallbausteine, die in einzelnen Fällen dazu führen kann, dass<br />
der Längenausdehnungskoeffizient in eine Richtung negativ wird. In Abb. 1.2 ist das Prinzip<br />
stark vereinfacht dargestellt. Der Volumenausdehnungskoeffizient, der die Längenausdehnung<br />
über alle Raumrichtungen mittelt, bleibt jedoch fast immer positiv.<br />
Bestandteile polykristalliner Werkstoffe wie Glaskeramiken können in der Zusammensetzung<br />
so abgestimmt werden, dass der mittlere Ausdehnungskoeffizient gegen Null geht. Beispiele<br />
solcher Materialien sind in Kapitel 4 aufgeführt.<br />
Beispiele für Längenausdehnungskoeffizienten α, entnommen aus [33] und [12]:<br />
Aluminium: 23 * 10 -6 K -1 bei Raumtemperatur<br />
Holz (Eiche): 8 * 10 -6 K -1 bei Raumtemperatur<br />
Fensterglas: 7,6*10 -6 K -1 bei 20 °C<br />
ULE: ± 0,03 * 10 -6 K -1 über einen Temperaturbereich von 5 °C bis 35 °C<br />
► mechanische Festigkeit<br />
Die Festigkeit ist abhängig von der Stärke der chemischen Bindung. In Gläsern wirken vorrangig<br />
atomare Bindungen der Netzwerkbildner. Eine Ausnahme bilden Invertgläser, bei denen<br />
Bindungskräfte zwischen eingelagerten Metall-Kationen und Sauerstoff-Anionen für die<br />
Festigkeit des Materials sorgen.<br />
Glas verhält sich gegenüber mechanische Belastung sehr spröde. Es verfügt bis zu einer recht<br />
hohen Festigkeit über elastische Eigenschaften. Ihm fehlt jedoch genügende Zähigkeit, um<br />
Spannungsspitzen durch plastische Prozesse abzubauen.<br />
Vogel [3] zitiert M. Polany, der bei seinen Berechnungen der theoretischen Festigkeit davon<br />
ausging, dass jeder Bruch bzw. Riss von einer Oberflächenvergrößerung und somit von einer<br />
Vergrößerung der Oberflächenenergie begleitet wäre. Ein Objekt wäre nicht zu zerbrechen,<br />
wenn diese zusätzliche Energie nicht in Form der Energie der elastischen Verformung vorläge,<br />
und zwar in einer Schicht, deren Dicke gleich der des innermolekularen Abstandes a ist. Die<br />
Formel für seinen theoretischen Ansatz lautet:<br />
Festigkeittheoretisch =<br />
4σE<br />
a<br />
Hier betrüge das Elastizitätsmodul E eines gewählten Glases ca. 68650 MPa, die Oberflächenspannung<br />
σ bei Zimmertemperatur 10 -3 N/mm und der Molekülabstand a = 0,36 nm. Der resultierende<br />
Festigkeitswert läge dann bei etwa 29420 MPa – die theoretische Grenze, ab der<br />
der Körper unzerstörbar wäre.<br />
Dass theoretische Festigkeitswerte unter realen Bedingungen bei Gläsern selten erreicht werden,<br />
hängt mit der ungleichmäßigen Glasnetzstruktur, mit Fehl- und Störstellen sowie mit verschiedensten<br />
Verarbeitungs- und Belastungsvorgängen, die Oberflächenschäden verursachen,<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 11
1. Einführung<br />
zusammen. Vogel [3] merkt an, dass die Festigkeitswerte von Gläsern um ein Vielfaches ansteigen,<br />
wenn man die Dimension bzw. die Größe des Prüfkörpers verkleinere. Es würden für<br />
das spröde Verhalten weniger die Glasstruktur als vielmehr Vorschädigungen der Glasoberfläche,<br />
zu denen neben Mikrorissen auch feinste Entmischungszonen zählen, verantwortlich sein.<br />
Diese Oberflächendefekte konzentrieren die Oberflächenspannung und schwächen den Widerstand<br />
des Werkstoffs gegen mechanische Einwirkung. Sie entstehen häufig unmittelbar nach<br />
der Herstellung durch thermische Spannung beim Abkühlen, durch mechanische Beanspruchung<br />
z. B. bei Lagerung und Transport oder durch chemische Wechselwirkung mit Stoffen<br />
der Umgebung (Luft und Luftfeuchte). Nicht unwesentlich ist der Einfluss von Korngrenzen<br />
und Porosität in Glaskeramiken. Je kleiner die Kristallite des Werkstoffs sind, um so früher<br />
kommt ein Risswachstum an Korngrenzen zum stehen. Ebenso führen unterschiedliche Wärmeausdehnungskoeffizienten<br />
einzelner Stoffphasen der Keramik zu Spannungen an den Phasengrenzen.<br />
Für das Bearbeiten von Glas ergeben sich aus diesen Ursachen heraus spezifische Anforderungen,<br />
die durch Bearbeitungstechnologien berücksichtigt werden müssen.<br />
Bei Pavluškin ist in [2] zu erfahren, dass die Festigkeit eines Glases nach Oberflächenbearbeitung<br />
mit einem Schleifmittel nur 14 % des unbeschädigten Glases ausmacht. Dagegen betrage<br />
die Festigkeit einer Vitrokeramik nach dem Schleifen immer noch 80 % der Festigkeit eines<br />
unbearbeiteten Materials. (Vitrokeramik ist eine von vielen Bezeichnungen für polykristalline<br />
Materialien auf Glasbasis.) Ferner merkt Pavluškin an, dass ein Anätzen dieser Keramiken mit<br />
Flusssäure keinen Einfluss auf die Festigkeit hat. Dagegen führe das Anätzen einer Glasprobe<br />
nach anschließender Kristallisation zu einer wesentlichen Festigkeitssteigerung.<br />
1.2.3 Silikatgläser<br />
Das Grundbauelement aller Silikate ist das SiO4-Tetraeder. Es ist eine Struktureinheit, in dessen<br />
Zentrum ein Siliziumatom steht. Das Siliziumatom wir von vier Sauerstoffatomen umgeben.<br />
Alle vier Sauerstoffatome berühren gleichzeitig das Siliziumatom und die jeweiligen<br />
gleichen Koordinationspartner.<br />
Abb. 1.3 das SiO4-Tetraeder, dargestellt ist<br />
das Siliziumatom (rot), das von den eng<br />
gepackten Sauerstoffatomen (blau) umhüllt<br />
wird, Zeichnung nach [3]<br />
Abb. 1.4 das SiO4-Tetraeder mit Bindungswinkeln und<br />
Ionenabständen (Abb. nach Vogel [3])<br />
Die Punkte sind die Schwerpunkte der Ionen.<br />
Lt. Vogel [3] betragen die Bindungswinkel zwischen je 2 Sauerstoffatomen 109° 28’, der Bindungsabstand<br />
Siliziumatom-Sauerstoffatom 160 pm und die Kantenlänge des SiO4-Tetraeders<br />
262 pm.<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 12
1. Einführung<br />
Hinsichtlich der Elektronenverteilung beim Silizium ergibt sich folgendes Bild: 1s² 2s² 2p 6 3s²<br />
3p². Vogel [3] sagt aus, dass relativ geringe Energien ausreichen, um den Grundzustand 3s²<br />
3p² in den Valenzzustand 3s 1 3p 3 mit 4 ungepaarten Elektronen zu überführen. Hierbei findet<br />
eine Hybridisierung des kugelförmigen s-Orbitals und der drei gestreckten p-Orbitale statt. Die<br />
somit zustande kommenden gleichberechtigten vier Hybridorbitale weisen in die vier Ecken<br />
eines Tetraeders.<br />
Bei Sauerstoffatomen als Koordinationspartner würde unter diesen Umständen das SiO4-<br />
Grundbauelement als stabile Baueinheit gebildet. Hinsichtlich der Art der Bindung wird eine<br />
Mischbindung für wahrscheinlich gehalten. Bei Silikaten wurde ein Bindungswinkel für die Si<br />
– O – Si-Verknüpfung von 130° bis 140° bestimmt [3].<br />
Vogel [3] unterscheidet drei Grenzformen der Bindung im SiO4-Komplex:<br />
O 2-<br />
2- O Si 4+ O 2-<br />
O 2-<br />
O<br />
O Si O<br />
O<br />
O<br />
O Si O<br />
O<br />
a) polare Form<br />
b) kovalente Form<br />
c) Doppelbindungsform<br />
Unter Zugrundelegung dieser dargelegten Bindungszustände könnten sich an einen SiO4-<br />
Komplex Metalle, die Elektronen mitbringen, zu Neutralisation anlagern. Oder die Tetraeder<br />
verknüpfen sich untereinander über Brückensauerstoffatome unter Oktettbildung selbst.<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 13
1. Einführung<br />
In Bezug auf Vogel [3] werden folgende Grundformen für eine Komplexbildung unterschieden.<br />
Die Silikatgrundbausteine sind als Tetraeder abgebildet:<br />
Inselsilicate (auch Neso-Silicate genannt)<br />
Abb. 1.5<br />
Gruppensilicate (auch Soro-Silicate genannt)<br />
Abb. 1.6<br />
Ringsilicate (auch Cyclo-Silicate genannt)<br />
Beispiele:<br />
Abb. 1.7 Dreierring Abb. 1.8 Sechserring<br />
Kettensilicate (auch Ino-Silicate genannt) = eindimensionale Verknüpfung<br />
Beispiele:<br />
Abb. 1.9 Einfachkette Abb. 1.10 Doppelzweierkette<br />
Schichtsilicate (auch Phyllo-Silicate genannt) = zweidimensionale Verknüpfung<br />
Beispiel:<br />
Abb. 1.11<br />
Einfachschicht<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 14
1. Einführung<br />
Gerüstsilicate (auch Tekto-Silicate genannt) = dreidimensionale Verknüpfung<br />
Beispiel:<br />
Abb. 1.12 Gerüstsilikat in gerader<br />
Anordnung, als Verbindung zwischen<br />
den Ebenen stehen die Spitzen der<br />
Tetraeder aufeinander<br />
In weiteren Varianten können die<br />
Tetraeder zueinander verdreht sein und<br />
sowohl mit mehr als auch mit weniger<br />
als 6 Tetraederbausteinen einen Ring<br />
bilden.<br />
Bei den Schicht- und Gerüstsilikaten handelt es sich bereits um Strukturen höherer Ordnung.<br />
Nur Kristalle und Kristallite besitzen eine solche Fernordnung.<br />
In amorphem Glas sind SiO4-Bausteine ungeordnet miteinander vernetzt.<br />
Abb. 1.13 Netzstruktur von amorphem Glas nach [3]<br />
entsprechend der Theorie von W. J. Zachariasen und<br />
B. E. Warren. Die Strukturen weisen nur Nahordnung,<br />
keine Fernordnung auf. Kleinste Baugruppen des SiO2<br />
sind Tetraeder mit einem Siliziumatom (rot) im Zentrum.<br />
Mindestens ein Sauerstoffion (blau) eines Tetraeders<br />
bildet die Brücke zur Ebene darüber bzw. darunter.<br />
Lt. Theorie müssen mindestens drei Ecken der<br />
Baugruppe über Brückenanionen (hier O 2- ) mit benachbarten<br />
Tetraedern verbunden sein. Benachbarte<br />
Tetraeder dürfen nur über eine Ecke gekoppelt sein.<br />
Die Anionen dürfen mit maximal zwei Zentralatomen<br />
(hier Si) verbunden sein.<br />
Die Eigenschaften von Glas allgemein können durch Zusätze oder Dotierung entscheidend<br />
verändert werden. Wie anfangs beschrieben handelt es sich beim SiO4-Tetraeder um eine besonders<br />
dicht gepackte Struktur. Ein Fremdatom bzw. –ion muss also etwa den kleinen Radius<br />
des Siliziumions besitzen, um zwischen den Sauerstoffatomen Platz zu finden. In Alumosilikatgläsern<br />
ersetzen in definierter Häufung Aluminiumionen Al 3+ das Siliziumion Si 4+ , ihre<br />
Ionenradien sind nur geringfügig größer. Ein Alkaliion, z. B. das Lithiumion Li + , sorgt für den<br />
Ladungsausgleich (siehe Abb. 1.14).<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 15
1. Einführung<br />
│ │ │<br />
─ O ─ Si ─ O ─ Si ─ O ─ Si ─<br />
│ │ │<br />
O Li O O<br />
│ │ │ │<br />
─ O ─ Si ─ O ─ Al ─ O ─ Si ─<br />
│ │ │<br />
O O O<br />
│ │ │<br />
─ O ─ Si ─ O ─ Si ─ O ─ Si ─<br />
│ │ │<br />
Abb. 1.14 schematische Abbildung für ein Quarzgitter<br />
mit Einlagerungen von Aluminium und Lithium nach R. Rykart [4]<br />
Der Einbau von Titan mit den Ionen Ti 3+ oder Ti 4+ erweist sich nach Rykart [4] als schwierig<br />
und nur unter hohen Temperaturen möglich. Titanoxid in SiO2 führt bei Abkühlung zur Entmischung.<br />
Bei der Herstellung von Glaskeramiken jedoch wird genau diese Eigenschaft genutzt.<br />
Hier werden Keimbildner für die Bildung von Kristalliten benötigt.<br />
An dieser Stelle sollen noch einmal die in Abs. 1.2.1 genannten Begriffe Netzwerkbildner und<br />
Netzwerkwandler erwähnt werden. Netzwerkbildner bauen durch die Anordnung ihrer Polyeder<br />
(bei den Silikatgläsern also die SiO4-Tetraeder) Netzwerke auf. Dabei verbinden sie sich<br />
über Sauerstoffbrücken nach den von W. J. Zachariasen aufgestellten Regeln (siehe Abs.<br />
1.2.1). Netwerkwandler sprengen diese Sauerstoffbrücken auf. Ihre alkalischen oder erdalkalischen<br />
Kationen bilden den Ladungsausgleich zu den nicht in Brücken gebundenen Sauerstoffionen.<br />
Dabei binden Alkaliionen entsprechend ihrer Wertigkeit ein, Erdalkaliionen zwei Ionen<br />
des Sauerstoffs.<br />
Lt. Scholze [24] gibt es Oxide, die sowohl als Netzwerkbildner als auch als Netzwerkwandler<br />
auftreten können. Dazu gehört beispielsweise Al2O3. Das dreiwertige Kation Al 3+ des Oxids<br />
kann sich ebenso wie Si 4+ in ein Tetraeder einordnen. Für den Ladungsausgleich sorgen ein<br />
oder mehrere zusätzliche Kationen, die sich in unmittelbarer Nähe des Aluminiumions befinden.<br />
Sind solche Kationen nicht vorhanden, wirkt das Aluminiumion als Netzwerkwandler.<br />
1.3 Glaskeramik<br />
Nach Definition in [8] wird Glaskeramik „aus bestimmten Gläsern durch gesteuerte Kristallisation<br />
mittels einer Komponenten…, die bei einer bestimmten Temperatur als Keimbildner<br />
wirkt, hergestellt. Je nach Zusammensetzung, Temperatur der Wärmebehandlung und Technik<br />
der Herstellung entstehen homogene, mikrokristalline Werkstoffe mit speziellen Eigenschaften.<br />
…“ Die Kristallite sind in der Regel nicht größer als 1µm.<br />
Vogel [3] unterscheidet zwei Gruppen von Keimbildern. Durch die eine Stoffgruppe werden<br />
Entmischungserscheinungen und damit die Keimbildung begünstig. Zu ihr gehören Fluoride<br />
und Phosphate. Zur zweiten Gruppe gehören Verbindungen, welche sich bei hohen Temperaturen<br />
in der Glasschmelze zwar lösen, bei Abkühlen jedoch wegen Übersättigung in reiner<br />
Form ausgeschieden werden. Dazu gehört z. B. Titanoxid.<br />
Weiterführend sind in Kapitel 4 Keramiken mit kleiner thermischer Ausdehnung beschrieben.<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 16
1. Einführung<br />
1. 4 Zur Reaktionskinetik<br />
Die Umwandlung von Stoffarten wird allgemein als chemische Reaktion bezeichnet. Hierbei<br />
ändern sich Stoffeigenschaften wesentlich. Mit welcher Wahrscheinlichkeit eine Reaktion<br />
stattfindet, unter welchen Ausgangsbedingungen und unter welchen äußeren Einflüssen die<br />
chemische Reaktion zeitlich verläuft, beschreibt die Reaktionskinetik. Durch bekannte Gesetzmäßigkeiten<br />
der Reaktionskinetik ist es möglich, den Ablauf einer chemischen Reaktion<br />
und damit Reaktionsergebnisse vorauszusagen.<br />
Zu den Grundsatzgleichungen der Kinetik in der Chemie gehört die so genannte Arrhenius-<br />
Gleichung für die Reaktionsgeschwindigkeitskonstante.<br />
k = A ⋅ e<br />
mit:<br />
k = Reaktionsgeschwindigkeitskonstante<br />
A = Frequenzfaktor, Arrhenius-Faktor<br />
EA = Aktivierungsenergie [J/mol]<br />
R = allgemeine Gaskonstante = 8,314 J/(K mol)<br />
T = Temperatur [K]<br />
−<br />
RT<br />
Durch diesen Zusammenhang wird die Temperaturabhängigkeit der chemischen<br />
Reaktionsgeschwindigkeitskonstante k deutlich.<br />
Von der Reaktionsgeschwindigkeitskonstanten k kann die Reaktionsgeschwindigkeit r abgeleitet<br />
werden. Die Reaktionsgeschwindigkeit wird definiert als die Änderung der Stoffmenge<br />
eines Reaktionspartners oder -produktes über einen Zeitintervall:<br />
dn<br />
r =<br />
dt<br />
Für eine Reaktion A + B → C + D gilt:<br />
dnA dnB dnC dnD r = - =- = =<br />
dt dt dt dt<br />
Solange das Volumen V konstant gehalten wird, kann wegen n = c · V die Beziehung<br />
dc A dcB dcC dcD r = - =- = =<br />
dt dt dt dt<br />
zu den Konzentrationen c angenommen werden.<br />
Ein Zusammenhang zwischen Reaktionsgeschwindigkeit r und Reaktionsgeschwindigkeitskonstante<br />
besteht durch das Geschwindigkeitsgesetz:<br />
r = k · cA a dc A<br />
= -<br />
dt<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 17<br />
E A
1. Einführung<br />
Dabei werden die Konzentrationen mit der Reaktionsordnung a potenziert. Die Reaktionsordnung<br />
muss meist experimentell über Zeitverläufe der Konzentration der Reaktanden ermittelt<br />
werden.<br />
Mit dem Ziel, möglichst effizient ein bestimmtes Reaktionsprodukt zu erhalten, werden alle<br />
Faktoren untersucht, die Einfluss auf die Reaktionsgeschwindigkeit haben.<br />
In H.-G. Winkler [19] werden folgende Einflüsse aufgeführt und mit Beispielen chemischer<br />
Reaktionen unterlegt:<br />
- Einfluss der Stoffart<br />
- Einfluss des Aggregatzustandes<br />
- Einfluss der Bindungsart<br />
- Einfluss der Molekülgestalt<br />
- Einfluss der Temperatur<br />
- Einfluss des Druckes<br />
- Einfluss der Konzentration<br />
- Einfluss der Spannung<br />
- Einfluss der Lichtes<br />
- Einfluss des Lösungsmittels<br />
Dass die Stoffart Einfluss auf die chemische Reaktion hat, ist allgemein klar, denn nicht jeder<br />
Stoff reagiert chemisch überhaupt mit jedem anderen Stoff. Ursachen sind vor allem die spezifische<br />
Art der Bindung des jeweiligen Stoffs und die Beweglichkeit von Elektronen oder auch<br />
Ionen. Auch der Aggregatzustand spielt eine wesentliche Rolle. Die Beweglichkeit von<br />
Stoffteilchen ist in Gasen am höchsten, während sie in festen Stoffen äußerst gering ist. Die<br />
Wahrscheinlichkeit für den Ablauf einer chemischen Reaktion wird wesentlich von der Molekülgestalt<br />
beeinflusst. Nach Aussage in H.-G. Winkler [19] besteht bei Molekülen, die einen<br />
Dipolmoment ausbilden, eine höhere Wahrscheinlichkeit für ein Zusammentreffen von Teilchen<br />
und damit für das Stattfinden einer chemischen Reaktion. Ebenso beeinflussend ist die<br />
Richtung, aus der ein Reaktionspartner auf ein Molekül trifft.<br />
Die drei hier zuerst genannten Einflussfaktoren einer chemischen Reaktion werden in der Reaktionskinetik<br />
mit einer reaktionsspezifischen Konstanten beschrieben. Diese Konstante erhält<br />
in der Literatur vielerlei Bezeichnungen, z. B. Häufigkeitsfaktor, Frequenzfaktor, Stoßzahl<br />
oder Arrhenius-Faktor und entspricht dem Faktor A in der oben erwähnten Arrehnius-<br />
Gleichung. Lt. H.-G. Winkler [19] stellt dieser Parameter die maximale Geschwindigkeitskonstante<br />
dar. Er kann meist nur experimentell ermittelt werden.<br />
Die Art der Bindung hat Einfluss auf die Energie, die für den Start und die Geschwindigkeit<br />
einer chemischen Reaktion notwendig ist. In der o. g. Arrhenius-Gleichung wird sie durch die<br />
Aktivierungsenergie EA berücksichtigt.<br />
Als weiterer Einflussfaktor für die Reaktionsgeschwindigkeit wird von H.-G. Winkler [19] die<br />
Temperatur genannt. H.-G. Winkler bestätigt die allgemeine Regel, dass sich mit jedem Anstieg<br />
der Temperatur um 10 K die Reaktionsgeschwindigkeit verdoppelt bis verdreifacht. Daraus<br />
lässt sich schließen, dass die Temperatur einen sehr wesentlichen Einfluss auf den Reaktionsverlauf<br />
hat. Die Arrhenius-Gleichung gibt an, dass der Logarithmus der Reaktionsgeschwindigkeitskonstanten<br />
proportional zur reziproken Temperatur ist.<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 18
1. Einführung<br />
Erhöhter Druck beschleunigt Diffusionsprozesse, die an Grenzflächen zwischen zwei Stoffen<br />
unterschiedlicher Zusammensetzung auftreten, so dass ein Mischen zweier Reaktionspartner<br />
schneller fortschreitet. H.-G. Winkler weist in [19] darauf hin, dass durch Druckerhöhung bei<br />
kompressiblen Stoffarten das Volumen verkleinert wird und reaktionsfähige Teilchen näher<br />
zusammengebracht werden.<br />
Mit Erhöhung der Konzentration stehen in einem gegebenen Volumen mehr Reaktionsteilchen<br />
zur Verfügung, so dass die Wahrscheinlichkeit für das Zusammentreffen von Teilchen<br />
steigt. Da sich zu Beginn einer chemischen Reaktion die Konzentration der beteiligten Stoffe<br />
stetig ändert, ändert sich fortlaufend auch die Reaktionsgeschwindigkeit bis zu einem Zeitpunkt,<br />
an dem die Konzentration konstant bleibt. Der Zustand konstanter Konzentrationen ist<br />
das chemische Gleichgewicht.<br />
Eng in Zusammenhang mit der Konzentration der Reaktionspartner steht die Größe der<br />
Grenzfläche zwischen den Reaktanden. Eine nahezu unendlich große Grenzfläche haben lt.<br />
H.-G. Winkler [19] gasförmige und flüssige Reaktionsstoffe beim Vermischen. Ist einer der<br />
Reaktionspartner ein fester Stoff, stellen sich zusätzliche Effekte ein, die zu beachten sind. In<br />
Bezug auf den Oberflächenabtrag durch Nassätzen bedeutet eine große zu ätzende Oberfläche<br />
eine hohe Reaktionsgeschwindigkeit. Klar wird dieses Verhalten, wenn man sich verdeutlicht,<br />
dass eine chemische Reaktion an Feststoffen in Pulverform sehr viel schneller abläuft als an<br />
Feststoffen in kompakter Form. Die chemische Reaktion kommt zum Erliegen, wenn die Reaktionspartner<br />
unmittelbar an der Grenzfläche umgesetzt worden sind und die Diffusion weiterer<br />
reaktiver Teilchen an die Grenzfläche des festen Stoffes durch abgelagerte Reaktionsprodukte<br />
verhindert wird. Diese Beobachtung wird als Loading-Effekt bezeichnet. Den Effekt<br />
kann man umgehen, wenn Ätzlösung ständig neu nachgeführt wird und Reaktionsprodukte<br />
dabei weggespült werden. Meist reicht ein einfaches Rühren.<br />
Der Einflussfaktor Spannung findet Anwendung in Elektrolysereaktionen. Dieses Verfahren<br />
wird innerhalb der <strong>Diplomarbeit</strong> nicht zur Anwendung kommen. Auch der Einflussfaktor<br />
Licht soll nicht näher betrachtet werden. Er kommt bei Reaktionen zum Tragen, in denen<br />
Strahlungsenergie in chemische Energie umgewandelt wird.<br />
Beim Nassätzen wird weitestgehend mit Lösungen gearbeitet. Flüssige Lösungen lassen sich<br />
meist einfacher handhaben als z. B. Gase. Häufiges Lösungsmittel ist Wasser. Wasser hat<br />
nach H.-G. Winkler [19] wegen seines polaren Molekülaufbaus günstigen Einfluss auf Reaktionsabläufe.<br />
Es erleichtert z. B. das Annähern von Ionen. Stoffe mit ebenfalls polarem Molekülaufbau<br />
lassen sich gut darin lösen.<br />
Beim Angriff fester Oberflächen durch Säure treten weitere spezifische Effekte auf, die beispielsweise<br />
in [35] von M. S. Kulkarni und H. F. Erk beschrieben werden. Die beiden Wissenschaftler<br />
beschäftigten sich mit kinetischen Vorgängen beim Ätzen eines SiO2-Wafers durch<br />
Säure. Sie gehen davon aus, dass es an der Grenzschicht zwischen Ätzflüssigkeit und SiO2<br />
einen Film gibt, in dem sich Transportprozesse der Reaktionsstoffe und der Reaktionsprodukte<br />
abspielen. Die Dicke und Stabilität dieses Massetransportfilms hat Einfluss auf die Oberflächenrauheit<br />
des SiO2-Wafers nach dem Ätzprozess. So könne ein Massetransportfilm, der höher<br />
ist als die Rauheit der Oberfläche, die Oberflächenrauheit senken. (Der Wafer wird poliert.)<br />
Als Reaktionsprodukt entstehen Gasblasen, die sich bis zu einer bestimmten Größe an<br />
die SiO2-Oberfläche haften. Die Blasen schirmen die SiO2-Oberfläche vor einem weiteren<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 19
1. Einführung<br />
Angriff durch die Säure ab und wirken daher wie eine Maske. Durch die Bewegung der Ätzlösung<br />
kann dieses Anhaften minimiert werden. Ein Bewegen der Ätzflüssigkeit führt allerdings<br />
zu einem dünneren Massetransportfilm, so dass ein Optimum für die Rührgeschwindigkeit<br />
(oder Rotationsgeschwindigkeit des Wafers in der Ätzlösung) gefunden werden muss, wenn<br />
hohe Anforderungen an die Oberflächenbeschaffenheit bestehen.<br />
Viele chemische Reaktionen verlaufen unter Teilreaktionen. Davon musste auch beim Ätzen<br />
sehr komplexer Materialien, wie sie für diese <strong>Diplomarbeit</strong> zu untersuchen waren, ausgegangen<br />
werden. Ein einfaches Beispiel wird in Kapitel 1.5.2 „Die chemische Reaktion von<br />
Flusssäure mit SiO2 näher erläutert.<br />
Die Geschwindigkeit einer Gesamtreaktion wird immer von derjenigen Teilreaktion bestimmt,<br />
die am langsamsten abläuft. In der Reaktionskinetik werden Reaktionen in Ordnungen unterschieden,<br />
die sich aus der Anzahl der Reaktanden und der Reaktionsart ergeben.<br />
Innerhalb dieser Arbeit sollte die Variation der stoffabhängigen Einflussfaktoren Stoffart, Aggregatzustand,<br />
Bindungsart und Molekülgestalt nur begrenzt stattfinden. Sie ergab sich dadurch,<br />
dass bei den Versuchen verschiedene Materialien verglichen wurden bei einer chemischen<br />
Reaktion mit einem vorgegebenen Stoffsystem.<br />
Wesentlich war es zu untersuchen, welche Umgebungsbedingungen während der Fertigung<br />
Einfluss auf den Ätzprozess haben könnten. Dazu gehörte der Einfluss der Temperatur. In der<br />
Berliner Glas KGaA werden Ätzdauern der Fertigungsprozesse den Umgebungstemperaturen<br />
(Raumtemperatur oder Temperatur des Ätzmittels) angepasst.<br />
In der Fertigung der Berliner Glas KGaA wird für die verschiedenen Produkte mit sehr unterschiedlichen<br />
Ätzmittelgemischen gearbeitet. Das hängt mit den sehr unterschiedlichen Zielen<br />
der Ätzmethoden zusammen. Dabei soll das Ätzmittel im Überfluss vorliegen, denn der Ätzvorgang<br />
lässt sich leichter definieren, wenn die Konzentration des Ätzmittels annähernd konstant<br />
bleibt. Bekannt ist, dass eine hohe Säurekonzentration in kurzer Zeit eine hohe Ätztiefe<br />
erzielt. Allerdings kommt es durch hohe Reaktionsgeschwindigkeit auch zu hoher Fehlerabweichung.<br />
Die Reaktionen laufen an den verschiedenen Mikrostrukturen (z. B. Korn- und<br />
Kristallgrenzen, Rillen aus der Schleif- und Polierbearbeitung, unterschiedliche Stoffbindungen<br />
innerhalb des Glases bzw. der Glaskeramik) verschieden schnell ab. Die Differenz wird<br />
mit steigender Reaktionsgeschwindigkeit umso deutlicher. Es muss also ein Optimum zwischen<br />
Qualität der Ätzung und Ätzmittelkonzentration gefunden werden.<br />
1.5 Chemische Reaktion von Flusssäure mit SiO2<br />
1.5.1 Fluorwasserstoff in wässriger Lösung<br />
Christen definiert in [5] den Begriff Säuren: „Alle Teilchen, die imstande sind, Protonen<br />
(Wasserstoffionen) abzugeben, bezeichnet man als Säuren.“ Zur Klassifizierung wird auch der<br />
Begriff „Protonendonator“ verwendet.<br />
Diese Definition ist der Theorie des dänischen Chemikers Johannes N. Brønsted entlehnt.<br />
Fluorwasserstoff ist ein Gas. Im Molekül von Fluorwasserstoff ist ein Wasserstoffatom mit<br />
einem Fluoratom verbunden, indem das Elektronenorbital des Wasserstoffs mit dem einfach<br />
besetzten Elektronenorbital des Fluors eine Elektronenpaarbindung bildet. Diese Bindung wird<br />
Atombindung oder kovalente Bindung genannt.<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 20
1. Einführung<br />
Christen [5] gibt an, dass Fluor und Wasserstoff eine unterschiedliche Elektronegativität haben.<br />
Das führt dazu, dass sich beide Atome unterschiedlich stark anziehen und das HF-Molekül<br />
polar wird. Fluor hat die höchste Elektronegativität (= 4,0) von allen Elementen im Periodensystem.<br />
Da der Atomrumpf des Fluors sehr klein und stark geladen ist, werden Elektronen<br />
besonders stark gebunden. In einer Fluorverbindung werden also die Elektronen – auch jene<br />
des Bindungspartners – in Richtung des Fluors gezogen. Im Fluor-Wasserstoff-Molekül entstehen<br />
ein positiver und ein negativer Pol. Die Bindung des Fluorwasserstoffs ist polar.<br />
Bereits das Lösen von Fluorwasserstoff in Wasser ist eine chemische Reaktion. Da sowohl<br />
Fluorwasserstoff als auch Wasser polar gebundene Moleküle sind, lassen sich beide gut mischen.<br />
In Anlehnung der Aussagen von Christen in [5] findet keine Dissoziation statt, sondern<br />
Fluorwasserstoff in Wasser reagiert zu Hydroxoniumionen und Fluorionen:<br />
HF + H2O → F - + H3O +<br />
bzw.<br />
F +<br />
H<br />
O<br />
H<br />
→<br />
-<br />
F<br />
H +<br />
H O<br />
Dieser Vorgang wird Protolyse genannt, weil ein Proton auf das Wassermolekül übertragen<br />
wird. Weil Fluorwasserstoff in der Lage ist, ein Proton abzugeben, handelt es sich entsprechend<br />
der oben erwähnten Definition um eine Säure.<br />
Beim Zusammenstoß des Fluoratoms mit einem Wassermolekül löst sich die Bindung zwischen<br />
Wasserstoff und Fluor. Es verbleibt das Fluorion, das ein zusätzliches Elektron aufnimmt<br />
und Wasser, das durch das freie Elektronenpaar ein Proton (ein Wasserstoffion) an sich<br />
binden kann. Wegen der positiven Ladung kann das Hydroxoniumion kein weiteres Proton<br />
mehr aufnehmen, obwohl noch ein freies Elektronenpaar existiert. Die neue O-H-Bindung ist<br />
stärker polar als die vorherige H-F-Bindung und das Hydroxoniumion bildet mit den Wassermolekülen<br />
Wasserstoffbrücken (Man sagt auch, es hydratisiert, weil dieses Ion besonders gut<br />
von Wassermolekülen gebunden und umhüllt wird). Beides bewirkt, dass die Reaktion exotherm<br />
abläuft.<br />
In Wasser gelöster Fluorwasserstoff wird als Flusssäure bezeichnet. Konzentrierte Flusssäure<br />
besteht zu 45% aus Fluorwasserstoff und hat eine Dichte von 1,17 g/ml.<br />
1.5.2 Die chemische Reaktion von Flusssäure mit SiO2<br />
In [7] wird die Reaktion für das Zusammenführen von Flusssäure und SiO2 wie folgt dargestellt.<br />
Beim Ätzen von Quarz mit Flusssäure laufen demnach mehrere chemische Reaktionen<br />
ab.<br />
SiO2 + 4 HF → SiF4 + 2 H2O<br />
Quarz und Flusssäure reagieren zu Siliziumtetrafluorid und Wasser. Flusssäure als Ausgangsprodukt<br />
liegt dabei stets in Lösung vor. (siehe dazu auch im vorhergehenden Abschnitt<br />
1.5.1 „Fluorwasserstoff in wässriger Lösung“)<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 21<br />
H<br />
H<br />
+
1. Einführung<br />
Parallel dazu führt Siliziumtetrafluorid in Anwesenheit von Wasser zu einer weiteren<br />
Reaktion.<br />
SiF4 + 2 H2O → SiO2↓+ 4 HF<br />
Dieser chemische Ablauf ist eine Rückreaktion. Dabei wird das SiO2 nicht wieder<br />
angelagert, sondern es fällt in einem farblosen Niederschlag aus. Die Lösung wird<br />
trübe.<br />
Gleichzeitig läuft eine chemische Reaktion zwischen Flusssäure und Siliziumtetrafluorid<br />
ab.<br />
4 HF + SiF4 → H2SiF6<br />
Es entsteht Hexafluorokieselsäure, die nur als Lösung in Wasser existiert.<br />
H2SiF6 + 2 H2O → 2 [H3O] + + [SiF6] 2-<br />
Das Hydroxoniumion bildet mit den Wassermolekülen der Lösung Wasserstoffbrücken.<br />
Hexafluorokieselsäure greift das Quarz nicht wieder an.<br />
1.5.3 Angriff der Glasoberfläche durch saure Lösungen<br />
Prof. Dr. rer. nat. Armin Petzold beschreibt in [6] den Angriff durch Säuren (mit Ausnahme<br />
von Phosphor- und Flusssäure) auf silikatische Gläser als Austausch von Alkali-Ionen des<br />
Glasnetzwerks mit H-Ionen der Säure und gibt folgendes Beispiel für natriumhaltiges Glas an:<br />
│ │<br />
─ Si ─ O ─ Na + H3O + Na + + ─ Si ─ OH + H2O<br />
│ │<br />
Petzold sagt aus, dass der Austausch durch die Diffusionsfähigkeit der Kationen (Alkali-<br />
Ionen) und Protonen (H + ) möglich ist. Ionen der Erdalkalimetalle würden kaum teilnehmen, da<br />
ihre Diffusionsgeschwindigkeit nur etwa 1/10 von der der Alkalimetalle beträgt.<br />
Petzold beschreibt die Kinetik dieses Auslaugprozesses durch folgende Beziehung:<br />
Δ m = K ⋅<br />
mit der Zeit t und einer Konstante K<br />
t<br />
Durch den Ionenaustausch entstünde auf der Glasoberfläche eine alkaliarme, wasserhaltige<br />
Schicht (Kieselgelschicht), die den weiteren Angriff der sauren Lösung hemmt. Lt. Petzold<br />
nimmt die Auslaugung mit der Säurestärke und der Temperatur gemäß der folgenden arrheniusschen<br />
Gleichung zu:<br />
Δ<br />
m = K ⋅ e<br />
−<br />
E<br />
RT<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 22
1. Einführung<br />
Hierbei ist E die Aktivierungsenergie, R die allgemeine Gaskonstante und T die Temperatur.<br />
Besonders stark würde der Angriff bei ständiger Erneuerung der Flüssigkeit oder unter erhöhtem<br />
Druck.<br />
Werden die von der sauren Lösung aufgenommenen Alkalien nicht ausreichend abgeführt, ist<br />
es möglich, dass diese Alkalien wieder in das Glas diffundieren und in ihrer Funktion als<br />
Netzwerkwandler das Glasnetzwerk der Oberfläche aufspalten.<br />
Beim Angriff durch Flusssäure findet ein direkter Abtrag des SiO2-Netzwerkes statt. Dabei<br />
umhüllen vier Fluorionen der gelösten Flusssäure ein Siliziumion und bilden Siliziumtetrafluorid.<br />
Drei Protonen des Wasserstoffs binden sich mit Sauerstoff zu einem Hydroxoniumion.<br />
Wie in Abs. 1.5.2 aufgeführt, findet eine weitere Reaktion mit Flusssäure statt, bei der Hexafluorokieselsäure<br />
entsteht. Es bildet sich das Ion [SiF6] 2- , bei dem die Fluoratome das Siliziumatom<br />
völlig umhüllen und keine weitere Reaktion durch die Fluorionen stattfindet.<br />
Der Abbau des SiO2 durch Flusssäure ist der Hauptabtragsprozess. Dass Gläser unterschiedlich<br />
nach ihrer Zusammensetzung abgetragen werden können, zeigt, dass der zuvor genannte<br />
Prozess des Ionenaustauschs parallel ablaufen und den Abtrag einer Glasoberfläche forcieren<br />
kann.<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 23
2. Die Wafertafel<br />
2. Die Wafertafel<br />
Abb. 2.1 Wafertafel der Berliner Glas KGaA<br />
In den 90er Jahren stieg das Unternehmen Berliner<br />
Glas KGaA in die Fertigung von Maschinenteilen<br />
für Lithografieanlagen ein. Zu den Bestandteilen<br />
dieser Anlagen gehört die Wafertafel (bzw. Wafertable).<br />
Sie ist die Auflagefläche des Siliziumwafers<br />
im Waferstepper während des Bearbeitungsgangs<br />
der Lithografie.<br />
In der aktuellen Größe, wie sie für 8’’-Wafer benötigt<br />
wird, hat die Wafertafel einen Durchmesser<br />
von rund 21 cm.<br />
Zu belichtende Siliziumwafer werden auf die Tafel<br />
aufgelegt. Zwischen Wafer und Wafertafel wird<br />
Unterdruck erzeugt, so dass der Wafer auf der<br />
Tafel anhaftet. Auf diese Weise liegt er stabil und<br />
kann durch die Positioniermechanik der Lithografieanlage<br />
in Bearbeitungsposition gebracht werden.<br />
Die Wafertafel ist sowohl auf der Ober- als auch auf der Unterseite strukturiert. Ringe, Gräben<br />
und Bohrungen sind notwendig, um Vakuum zwischen Wafer und Wafertafel zu erzeugen und<br />
aufrecht erhalten zu können.<br />
Polierte Siliziumwafer neigen dazu, sich wegen Adhäsionskräften an glatte Flächen festzuhaften.<br />
Deshalb liegt der Wafer nicht auf der gesamten Tafelfläche auf, sondern es werden so<br />
genannte Noppen eingearbeitet. Sie sind jeweils etwa 0,15 mm hoch und haben einen Durchmesser<br />
von etwa 0,5 mm. Die eigentliche Auflagefläche für den Wafer ist dadurch extrem<br />
verkleinert. Die Noppen sind nahezu über die gesamte Fläche der Wafertafel verteilt. An deren<br />
Höhe werden hohe Anforderungen an Planparallelität über die gesamte Tafel hinweg gestellt.<br />
Der Siliziumwafer muss auf jeder Noppe aufliegen können, damit sich die Kräfte, die beim<br />
Aufliegen wirken, auf alle Noppen gleichmäßig verteilen und ein schonendes Halten und Entfernen<br />
des dünnen und äußerst empfindlichen Siliziumwafers möglich ist. Entsprechend hoch<br />
sind auch die Anforderungen an die Noppenoberfläche. Es ist eine Rauheit von einigen Nanometern<br />
vorgeschrieben. Eine noch geringere Rauigkeit allerdings würde dazu führen, dass<br />
sich der Siliziumwafer mit der Wafertafel verbindet und beide nicht mehr ohne Zerstörung<br />
trennbar wären. Dieses Verhalten wird auch ‚Ansprengen’ genannt.<br />
Ferner untersucht die Berliner Glas KGaA z. Z. verschiedene Modifikationen von Beschichtungen,<br />
die Einfluss auf die Funktionalität der Wafertafeln haben sollen.<br />
Weiterführend werden in Kapitel 3 „Fertigungsschritte für die Strukturierung der Wafertafel“<br />
einzelne Details der Wafertafel erwähnt.<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 24
3. Fertigungsschritte für die Strukturierung der Wafertafel<br />
3. Fertigungsschritte für die Strukturierung der Wafertafel<br />
Der Rohling für die Wafertafel ist eine Scheibe aus Zerodur ® . Das Werkstück wird im Unternehmen<br />
geschliffen und poliert, bekommt Bohrungen und Kerben und wird einseitig mit<br />
Chrom bedampft. Mit diesem Fertigungsstand erhält die Fertigungsgruppe der Strukturierung<br />
das Werkstück.<br />
Abb. 3.1 Modell einer Wafertafel<br />
Die Wafertafel wird vor Beginn der Strukturierung<br />
nach Fehlern untersucht.<br />
Die Vorgehensweise zum Einarbeiten der Oberflächenstruktur<br />
in die Wafertafel ist in den folgenden Abschnitten<br />
3.1 bis 3.4 beschrieben. Die lithografischen Schritte<br />
sind in Abs. 3.1 ausführlich erläutert.<br />
Die Wafertafel hat eine so genannte<br />
Vorderseite und eine Rückseite. Die<br />
Vorderseite ist die Auflagefläche eines<br />
Wafers, die Rückseite ist die Auflagefläche<br />
der Wafertafel auf dem<br />
Waferstage in der Lithografieanlage.<br />
Beide Seiten müssen bei der Fertigung<br />
unterschieden werden.<br />
Abb. 3.2 schematischer Querschnitt<br />
einer Noppe<br />
Die Anhebung in der Mitte der Noppe<br />
ist die so genannte kleine Noppe<br />
3.1 Herstellung der kleinen Noppen<br />
Das Werkstück erhält im ersten Schritt eine Ätzmaske im Lithografieverfahren. Die Ätzmaske<br />
ist eine 38 µm dicke Fotoresistfolie. Wegen der Lichtempfindlichkeit dieser Folie über einen<br />
Wellenlängenbereich von 320 bis 450 nm wird unter gelber Raumbeleuchtung gearbeitet. Da<br />
die Wafertafel bis zum Strukturierschritt bereits Bohrungen enthält, ist es nicht möglich flüssige<br />
bzw. viskose Fotolacke aufzuschleudern.<br />
Die mit Chrom beschichtete Vorderseite wird zunächst mit Ethanol und einem Tuch gereinigt.<br />
Der Fotoresist wird bei 100 °C bis 115 °C auf die Vorderseite der Wafertafel laminiert. Die<br />
Folie besitzt eine transparente Schutzfolie, die kurz vor dem Entwickeln entfernt wird.<br />
Die laminierte Wafertafel wird in der Belichtungsanlage mit UV-Licht bestrahlt. Dazu wird<br />
die Belichtungsmaske auf den Einschub des Belichters gelegt und durch Beschweren oder<br />
Ankleben mit Klebestreifen darauf befestigt. Obenauf wird die Wafertafel mit der Vorderseite<br />
(laminierte Seite) nach unten gelegt. Anhand der Bohrungen der Wafertafel wird das Werkstück<br />
durch Verschieben mit der Hand auf das Strukturiermuster der Belichtungsmaske ausgerichtet.<br />
Die Belichtungsmasken sind Filme, die zwar im Unternehmen entsprechend der Vorgaben<br />
durch technische Zeichnung des Auftraggebers entworfen werden, jedoch extern angefertigt<br />
werden.<br />
Die Belichtung erfolgt von unten. Der Belichter ist eine Anlage mit einer Quecksilberhochdrucklampe.<br />
Das Licht strahlt überwiegend im UV-A-Bereich. Für die Belichtungszeit gibt es<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 25
3. Fertigungsschritte für die Strukturierung der Wafertafel<br />
eine Arbeitsvorschrift. Ihr kann entnommen werden, wie lange in Abhängigkeit von Sorte und<br />
Dicke der lichtempfindlichen Folie optimal belichtet wird. Das Belichtungsverfahren ist ein<br />
Negativ-Verfahren. Fällt Licht mit einer Wellenlänge von 320 bis 450 nm auf das Polymer,<br />
ändert sich deren Mikrostruktur. Es bilden sich für das Entwicklungsbad und in gewissen<br />
Grenzen für Ätzlösungen schwer lösliche Polymere. Die Belichtungsmaske muss also die inverse<br />
Struktur enthalten.<br />
Belichtete und unbelichtete Bereiche können auf der Folie im visuellen Eindruck unterschieden<br />
werden.<br />
Die Wafertafel wird auf der Rückseite laminiert. Hier soll zunächst keine Oberflächenstruktur<br />
erzeugt werden. Deshalb erfolgt eine Belichtung mit UV-Licht über etwa 10 s ohne Belichtungsmaske.<br />
Die Laminierung dient als Schutz beim späteren ersten Ätzschritt.<br />
Die Wafertafel muss nach dem Belichtungsschritt entsprechend der Empfehlung des Fotoresist-Herstellers<br />
mindestens 30 Minuten lagern.<br />
Der nächste lithografische Schritt ist das Entwickeln der Ätzmaske. Dabei sollen sich unbelichtete<br />
Zonen im Entwicklungsbad ablösen. Das Entwicklungsbad ist eine 1 %ige Natriumcarbonatlösung.<br />
Natriumcarbonat ist auch unter dem Begriff Soda bekannt. Die Schutzfolie<br />
der Laminierung wird entfernt. Das Entwickeln erfolgt in einer Entwicklungsanlage. Über<br />
Rollentransport wird hier das Werkstück durch die Anlage hindurchgeführt. Die Sodalösung<br />
sprüht während dessen von oben und/oder unten unter einstellbarer Temperatur und einstellbarem<br />
Druck auf das Werkstück. Wann die Ätzmaske fertig entwickelt ist, kann durch Beobachten<br />
des Arbeitsganges beurteilt werden. Sind alle unbelichteten Bereiche der Ätzmaske vollständig<br />
entfernt, ist die Entwicklung abgeschlossen. Selbstverständlich verfügt hier das Fertigungspersonal<br />
über spezifische Erfahrungen. So soll die Entwicklung über die Dauer einer<br />
Durchlauflänge abgeschlossen sein. Die Durchlaufgeschwindigkeit kann variiert werden. Beginnend<br />
mit 0,45 m/min kann der Vorschub je nach Verbrauch des Sodas vermindert werden.<br />
Es existiert eine Arbeitsvorschrift, nach der empfohlen wird, das Entwicklungsbad zu erneuern,<br />
wenn das vollständige Ausentwickeln der Ätzmaske einen Durchlauf der Wafertafel bei<br />
0,20 m/min erfordert.<br />
Am Ende der Entwicklungsanlage wird das Werkstück mit deionisiertem Wasser abgespült<br />
und durch Luftdüsen getrocknet. Anhand des visuellen Eindrucks und stichprobenartig am<br />
Mikroskop wird anschließend kontrolliert, ob die Ätzmaske vollständig und gut entwickelt ist.<br />
Diese Ätzmaske enthält sehr kleine Kreisflächen, welche für das Herausarbeiten der kleinen<br />
Noppen notwendig sind.<br />
Fehlerhafte Ätzmasken könnten jetzt wieder entfernt und neu angefertigt werden.<br />
Der nächste Schritt ist das Chromätzen. In eine Wanne wird Chrom-Etch 18 gefüllt und die<br />
Wafertafel für einige Sekunden in die Lösung getaucht. Dabei kann man beobachten, wie die<br />
Chromschicht allmählich „verschwindet“. Nach dem Ätzbad wird die Ätzlösung mit deionisiertem<br />
Wasser abgespült. Die Ätzung der Chromschicht wird visuell beurteilt. Sind die Strukturen<br />
in der Chromschicht gut abgebildet, erfolgt das Ätzen der Glaskeramik. Es sollen Noppenstrukturen<br />
von 3 µm Höhe ausgearbeitet werden. Dafür wird eine Ätzlösung benötigt, die<br />
sich aus 73 %iger Flusssäure (HF), 37 %iger Salzsäure (HCl) und Wasser im Verhältnis 1,14 :<br />
1 : 3 zusammensetzt. Das Ätzen mit Flusssäure findet im Ätzraum unter einem Abzug statt.<br />
Zur Einschätzung der Ätzdauer wird die Temperatur des Ätzbades gemessen. Da mit steigender<br />
Temperatur auch die Ätzrate steigt, wird die sekundengenaue Ätzdauer bei höheren Raum-<br />
bzw. Lösungsbadtemperaturen leicht verkürzt. Für das Ätzen der Wafertafel gibt es eine Ring-<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 26
3. Fertigungsschritte für die Strukturierung der Wafertafel<br />
halterung mit Henkel. Das Tauchen in die Säurelösung lässt sich dadurch leicht handhaben,<br />
ohne dass mit Handschuhen in die Wanne mit dem Ätzbad gegriffen werden muss.<br />
Nach dem Ätzbad wird die Wafertafel in Soda-Lösung gespült. Soda ist alkalisch und neutralisiert<br />
die noch auf der Wafertafel befindliche Ätzlösung. Dann erfolgt Spülen mit deionisiertem<br />
Wasser. Mit einem Tauchbad von etwa einer Stunde in Kalilauge (KOH) wird die Ätzmaske<br />
vom Werkstück gelöst. Es folgt erneut ein Spülen mit deionisiertem Wasser. Die Wafertafel<br />
mit den kleinen Noppen auf der Vorderseite muss nun trocknen.<br />
3.2 Herstellung der Noppen und Stege<br />
Die Wafertafel wird mit Ethanol gereinigt und ihre Rückseite mit einem 100 µm dicken Trockenfilmresist<br />
bei etwa 85 °C bis 95 °C laminiert. Eine Belichtungsmaske wird auf den Einschub<br />
des Belichters gelegt und mit Klebefolie befestigt. Darauf wird die Wafertafel mit der<br />
laminierten Rückseite nach unten gelegt. Das Werkstück wird anhand der Bohrungen und der<br />
Noppen auf die Belichtungsmaske justiert. Das Justieren erfolgt durch vorsichtiges Schieben<br />
der Wafertafel mit der Hand. Dann wird der Einschub in den Belichter geschoben und der Fotoresist<br />
30 s lang von unten belichtet.<br />
Jetzt wird die Vorderseite der Wafertafel mit Ethanol gereinigt und doppelt laminiert. Dabei<br />
muss die Schutzfolie der ersten Laminierschicht abgezogen werden. Diese Fotoresistschicht ist<br />
die Schablone für das Sandstrahlen und muss deshalb sehr dick und robust sein.<br />
Die Wafertafel wird mit der Vorderseite nach oben auf den Einschub des Belichters gelegt. Da<br />
das Belichten von oben erfolgen wird, wird die Belichtungsmaske obenauf gelegt. Diese Umkehrung<br />
ist notwendig, weil die Laminierung der Rückseite nicht ausreichend transparent ist,<br />
um die Belichtungsmaske durch die Wafertafel hindurch an den Bohrungen ausrichten zu<br />
können. Die bereits erzeugten kleinen Noppen der Wafertafel müssen mittig zur Noppenstruktur<br />
der Maske ausgerichtet sein. Die Belichtungsmaske wird beschwert, damit sie beim Einschieben<br />
in den Belichter nicht verrutscht. Das Belichten erfolgt von oben über eine Zeit von<br />
50 s.<br />
Nach zweistündigen Lagern der Wafertafel wird die Sandstrahlmaske in der Entwicklungsanlage<br />
durch Soda-Lösung auf Vorder- und Rückseite entwickelt. Das Werkstück wird im Anschluss<br />
in der Anlage mit deionisiertem Wasser gespült und getrocknet. Mit bloßem Auge<br />
wird anschließend die Vollständigkeit der Sandstrahlmaske geprüft. Im Gegenlicht kann die<br />
Haftung der Folie auf dem Werkstück visuell beurteilt werden. Mit Hilfe des Mikroskops wird<br />
stichprobenartig Lage und Entwicklungszustand der Maske bewertet. Die Maskenstrukturen<br />
müssen zum Glas hin breiter werden und die Kreisstrukturen für die Noppen müssen mittig<br />
über den kleinen Noppen liegen.<br />
Die Wafertafel wird in die Sandstrahlanlage eingespannt. Das Sandstrahlen erfolgt mit einem<br />
Druck von 4,9 bar. Durch das Erodieren sollen 165 µm der Oberfläche abgetragen werden.<br />
Der Sand des Strahls besteht aus Korund, einem natürlich vorkommenden Aluminiumoxid<br />
(Al2O3).<br />
Das Abtragen der Oberfläche erfolgt für die Vorder- und Rückseite der Wafertafel in getrennten<br />
Arbeitsschritten.<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 27
3. Fertigungsschritte für die Strukturierung der Wafertafel<br />
3.3 Reinigen und Vermessen<br />
Um die Sandstrahlmaske zu entfernen, wird die fertig strukturierte Wafertafel für etwa eine<br />
Stunde in Kalilauge gelegt. Das Werkstück wird mit deionisiertem Wasser gespült und danach<br />
in ein Ätzbad aus Chrom-Etch 18 gelegt. Auf diese Weise werden Reste der Chrommaske aus<br />
der Fertigung der kleinen Noppen entfernt. Die Wafertafel wird mit deionisiertem Wasser gespült.<br />
Als weiterer Reinigungsschritt folgt ein Säurebad in 18,5 %iger Salzsäurelösung. Auch<br />
danach wird das Werkstück erneut mit deionisiertem Wasser gespült. Es folgt eine Sichtkontrolle<br />
der durch das Sandstrahlen erzeugten Strukturen. Die Wafertafel wird anschließend<br />
gründlich von Sandstrahlresten befreit, indem sie in Handarbeit unter Leitungswasser gebürstet<br />
wird. Die Wafertafel darf keine Schmutzteilchen enthalten, die sich nach Einbau in einen<br />
Waferstepper im Vakuum lösen oder den Wafer beschädigen könnten. Sandstrahlreste führen<br />
außerdem zu Messfehlern in der anschließenden Qualitätskontrolle.<br />
In der Video-Präzisionsmessanlage Smart Scope wird die Toleranzlage der Strukturgeometrien<br />
überprüft. Dafür ist ein Messprogramm eingerichtet worden, dass stichprobenartige Messergebnisse<br />
liefert.<br />
Die Planität der Wafertafel wird an einem Fizeau-Interferometer gemessen. Für diesen Parameter<br />
gibt es hohe Anforderung an die Maßhaltigkeit. Vor dem Messen wird die Wafertafel<br />
mit Stickstoff-Druckluft und einem Reinigungsstein gesäubert. Als Referenzfläche wird ein<br />
mit Chrom beschichteter hochplanarer Zerodur ® -Wafer auf die Wafertafel aufgelegt und angesaugt.<br />
Der Ansaugdruck wird gemessen. Über ihn kann die Tiefe der Absaugkanäle, die in die<br />
Wafertafel eingearbeitet wurden, abgeschätzt werden.<br />
Durch das Ansaugen gleicht sich der Zerodur ® -Wafer der Oberfläche der Wafertafel an. Jede<br />
Unebenheit und Verschmutzung der Wafertafel führt zu einer Verformung des Wafers aus der<br />
planaren Ebene heraus. Vertiefungen können Hinweise auf fehlende Strukturen sein, kleinere<br />
Anhebungen sind beispielsweise auf Verschmutzungen auf der Vorderseite der Wafertafel<br />
zurückzuführen, breitere Anhebungen auf Verschmutzungen der Rückseite. Verschmutzungen<br />
(meist Staub) sind während des Messens häufig zu beobachten. Sie führen dazu, dass Messungen<br />
am Interferometer mehrmals wiederholt werden müssen. Sie sind zu erkennen an ihrer<br />
örtlichen Verschiebung bei unterschiedlichen Messaufnahmen.<br />
Liegen alle gemessenen Parameter innerhalb der Toleranz, wird die Wafertafel zur Beschichtung<br />
in die nächste Fertigungsabteilung weitergegeben.<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 28
4. Werkstoffe - Versuchsmaterialien<br />
4.1 Keramiken mit kleiner thermischer Ausdehnung allgemein<br />
In [16] wird ausgeführt, dass Werkstoffe mit kleiner thermischer Ausdehnung zu 60 % bis<br />
99,9 % aus Cordierit (Mg2Al4Si5O18), Eukryptit (LiAl[SiO4]), Spodumen (LiAl[Si2O6]) oder<br />
einer Kombination daraus bestehen. Bei kleinerem Mengenanteil würde der thermische Ausdehnungskoeffizient<br />
steigen. Eukryptit hat einen negativen Ausdehnungskoeffizienten, Spodumen<br />
einen schwach positiven. Die restliche Glasphase dehnt sich bei Temperaturerhöhung,<br />
insbesondere mit steigendem SiO2-Gehalt, ebenfalls positiv aus.<br />
Um höhere Werkstoff- und Verschleißfestigkeit zu erhalten, werden Zusatzstoffe aus Karbid,<br />
Nitrid, Borid oder Silikat der Titangruppe, Vanadiumgruppe bzw. der Chromgruppe sowie<br />
Borkarbid gewählt. Speziell Wolframkarbid wird bevorzugt verwendet wegen der hohen Härte<br />
und Festigkeit, wegen der erwünschten elektrischen Leitfähigkeit und auch für eine schwarze<br />
Färbung. Alle Zusatzstoffe sollten nicht mehr als 40% im Werkstoff ausmachen und dürfen<br />
0,1 % nicht unterschreiten, wenn gewünschte Eigenschaften erhalten bleiben sollen. Insbesondere<br />
wenn gute elektrische Leitfähigkeit gefordert ist, sollte der Anteil des Zusatzstoffs nicht<br />
kleiner als 5 % sein. Um die Menge an Zusatzstoffen zu verringern wird Kohlenstoff zugesetzt.<br />
Das hat den Vorteil, die elektrische Leitfähigkeit zusätzlich zu erhöhen. So könne der<br />
spezifische Widerstand auf 10 8 Ωcm und weit darunter gesenkt werden. Dadurch würde verhindert,<br />
dass sich der Werkstoff elektrostatisch auflädt. Der Kohlenstoffanteil sollte 0,1 % bis<br />
3% betragen. Liegt der Anteil darunter kann der geringe elektrische Widerstand nicht erreicht<br />
werden, liegt er darüber, verschlechtert sich die Festigkeit und das Material wird porös.<br />
Abb. 4.1 Sinterstruktur eines Materials mit kleiner thermischer<br />
Ausdehnung aus [16]<br />
Mit 1 sind Kristallkörner aus Cordierit, Eukryptit bzw. Spodumen<br />
bezeichnet, in 2 sind Kristallkörner der Zusatzstoffe dargestellt.<br />
In elektrisch gut leitenden Werkstoffen sollten die Kristallitdurchmesser<br />
d1 3 µm bis 20 µm und d2 0,1 µm bis 0,5 µm betragen.<br />
Das Verhältnis d1 zu d2 sollte 15 bis maximal 200 betragen.<br />
Für die Herstellung der Keramik liegen alle Rohstoffe als Pulver vor. Sie werden miteinander<br />
vermischt, unter Zufuhr von Alkohol oder Wasser gemahlen und anschließend getrocknet. Das<br />
Pulver wird unter hoher Temperatur gepresst. Cordierit beispielsweise wird lt. [16] in einer<br />
Stickstoff- oder Argonatmosphäre bei 1300 °C bis 1450 °C und einem Druck von 490 Pa bis<br />
4900 Pa erzeugt. Je nach gewünschten Materialeigenschaften sind auch andere Sintermethoden<br />
möglich. Für Glaskeramiken gibt es lt. Vogel [3] andere Vorgehensweisen zum Erzeugen<br />
der Kristallitstruktur. Nach dem Abkühlen und Erstarren der Glasschmelze erfolgt ein erneutes<br />
Aufheizen bis zur so genannten Keimbildungstemperatur. Diese liegt unterhalb der Kristallisationstemperatur<br />
(ca. 800 °C), so dass das Glas zunächst blank und durchsichtig bleibt. Erst bei<br />
einer weiteren Temperung bis zur Kristallisationstemperatur (1100 °C bis 1200 °C) wandelt
4. Werkstoffe - Versuchsmaterialien<br />
sich das Glas in die mikrokristalline Keramik um. In Abb. 4.2 ist der zeitliche Ablauf grafisch<br />
verdeutlicht. Jedoch gibt es auch viele weitere Möglichkeiten der Herstellung von Glaskeramiken.<br />
Abb. 4.2 schematische Darstellung<br />
der Entstehung einer Glaskeramik in<br />
Abhängigkeit von Zeit und Temperatur<br />
in den Etappen I bis IV nach<br />
Vogel [3] mit Bezug auf Stookey<br />
[3a]<br />
I Verarbeitung des Glases<br />
II Keimbildung<br />
III Kristallisation<br />
IV Abkühlung des Endproduktes<br />
Glaskeramiken sind häufig dann transparent, wenn zwischen ausgeschiedenen Kristallen und<br />
Restglasphase geringer Brechzahlunterschied besteht.<br />
Werkstoffe mit kleiner thermischer Ausdehnung werden überall dort eingesetzt wo über gewisse<br />
Temperaturbereiche hinweg hohe Anforderungen an die Beständigkeit der Werkstückgeometrie<br />
gestellt werden oder hohe Temperaturunterschiede innerhalb eines Werkstücks auftreten<br />
und zu keinen irreparablen Schäden führen dürfen. Klassische Beispiele sind der Einsatz<br />
als Spiegelträger und die Verwendung in Kochfeldern.<br />
4.2 Zerodur ®<br />
Zerodur ® ist eine bernsteinfarbene, durchsichtige Glaskeramik. Ziel bei der Entwicklung von<br />
Zerodur ® war es, den Wärmeausdehnungskoeffizient bis an den Wert nahe Null heranzubringen.<br />
Zerodur ® besteht lt. [11] zu 70 bis 78 Gewichtsprozent aus kristalliner Phase mit Hochquarzstruktur.<br />
Diese hat eine negative thermische Längenausdehnung, während sich die Glasphase<br />
unter Erwärmen ausdehnt.<br />
Für die Herstellung von Zerodur ® werden als Basis-Rohstoffe SiO2 (55 % – 66 %), Al2O3 (19<br />
% bis 27 %) und Li2O (3 % bis 5,5 %) verwendet. Die restlichen Bestandteile sind Na2O, K2O<br />
SrO, BaO, B2O3, TiO2, ZrO2, P2O5 und Fe2O3 in geringen Mengen [9]. Entsprechend den üblichen<br />
Methoden der Glastechnologie werden die Rohstoffe geschmolzen, geläutert (dabei werden<br />
Blasen ausgetrieben), homogenisiert und heiß geformt. Nach dem Abkühlen und Entspannen<br />
des Glasrohlings folgt eine Temperaturbehandlung, bei der das Glas durch kontrollierte<br />
Kristallisation in eine Glaskeramik überführt wird. Hier bilden sich im Inneren des Glases<br />
Keime, auf denen Kristalle aufwachsen. Kristall- und Glasphase gemeinsam ergeben die Glaskeramik<br />
Zerodur ® . Hersteller und Lieferant der Glaskeramik ist die Firma Schott Glas.<br />
Zerodur ® ist in seinen mechanischen und thermischen Eigenschaften weitestgehend homogen.<br />
Die sehr kleinen Kristalle und der geringe Brechzahlunterschied zwischen Kristall- und Glasphase<br />
ermöglichen eine hohe Transmission. Für ein Werkstück mit der Dicke von 5 mm liegt<br />
lt. [11] die Transmission im Wellenlängenbereich von etwa 600 nm bis 2100 nm über 90 %.<br />
Vom Hersteller [10] werden gute Bearbeitbarkeit und Polierbarkeit, Eignung für Beschichtun-<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 30
4. Werkstoffe - Versuchsmaterialien<br />
gen, Porenfreiheit und gute chemische Beständigkeit als weitere gute Eigenschaften genannt.<br />
Spezielle Materialparameter werden in Abschnitt 4.5 Zusammenfassung der Materialparameter“<br />
aufgeführt.<br />
Typische Einsatzbeispiele für Zerodur ® als Werkstoff sind lt. Hersteller [10] die Anwendung<br />
als<br />
• Spiegelträger, sowohl für erdgebundene als auch für orbitale Anwendungen wie z. B. bei<br />
Großteleskopen der Klasse 20 m bis 100 m und Röntgensatelliten<br />
• als bewegliches Element in Wafer-Steppern und –Scannern sowie als Substratmaterial<br />
für reflektierende Optiken in Anlagen der Lithografie im extremen Ultraviolett (EUV)<br />
• Maßverkörperung in Messgeräten<br />
• Werkstücke mit sehr komplexen Geometrien<br />
Da der Hersteller bei der Beschreibung des Zerodur ® von Hochquarzstruktur spricht, soll dieser<br />
Begriff etwas erläutert werden. In Kapitel 1.2.3 “Silikatgläser“ ist die Struktur und Anordnung<br />
im SiO4 beschrieben und in Abb. 1.3 anschaulich dargestellt. Quarz in seiner kristallinen<br />
Form hat eine regelmäßige Struktur. Dabei ist die Bindung Si-O-Si nicht geradlinig. Die Sauerstoffatome<br />
sind in einem bestimmten Winkel angeordnet, der sich aus der Größe der Atomradien<br />
und den Wechselwirkungen zwischen den Bindungsatomen ergibt. R. Rykart [4] gibt<br />
für so genannten Tiefquarz (auch α-Quarz genannt) einen Si-O-Si-Winkel von 152,8° an,<br />
während er für Hochquarz (auch β-Quarz genannt) 143,52° betragen soll. Aus diesem Grund<br />
gibt es eine verschieden starke Drehung bei der Anordnung der SiO4-Tetraeder im Quarzkristall.<br />
Die Bindungsabstände sind bei Hochquarz (= 0,161 nm) kleiner als bei Tiefquarz (= 0,172<br />
nm).<br />
4.3 ULE ®<br />
ULE ® ist die Abkürzung für Ultra Low Expansion. Das Glas transparent und besteht lt. [18] zu<br />
92,5 % aus amorphem SiO2 und zu 7,5 % aus TiO2. Bei diesem Mengenverhältnis tritt die<br />
namensgebende äußerst geringe Wärmeausdehnung auf. ULE ® ist vollständig amorph. Dabei<br />
ist das TiO2 vollständig in das Siliziumoxidgefüge gebunden, ohne konzentrierte Inseln darin<br />
zu bilden.<br />
Hersteller des ULE ® ist die Corning Incorpuration mit Hauptsitz in New York. 1943 veröffentlichte<br />
Corning Glass Works ein Patent für die Herstellung von Glas mit kleinerer thermischer<br />
Ausdehnung als man es von Quarz kannte. Man stellte ein Verfahren vor, bei dem SiO2 mit 5<br />
% bis 11 % TiO2 und einigen Spuren von Al2O3, B2O3 und ZrO2 dotiert wird. Das Material<br />
wurde in den Jahren darauf mit der Motivation optimiert, ein Trägersubstrat für riesige Spiegel<br />
zu finden. 1988 wurde das Patent zur Herstellung des ULE ® veröffentlicht [28].<br />
In der Patentschrift wird die Herstellung von ULE ® durch ein sogenanntes Sol-Gel-Verfahren<br />
beschrieben. Als Ausgangsstoff dient eine homogene wässrige Alkalikieselsäurelösung. Sie<br />
wird hergestellt aus Kalium (3/4 am Gesamtanteil), einem SiO2-haltigen Kolloid, Wasser und<br />
Formamid (eine organische Verbindung mit Aminogruppe). Dieser Lösung wird unter gleichmäßigem<br />
Rühren kolloides TiO2 zugeführt. Die Masse wird in zwei Portionen geteilt. Die eine<br />
lagert über Nacht, die andere wird unter Zugabe von Ethylformiat gelatiert. Dieses Gel kondensiert<br />
über Nacht. Bei einer Wärmbehandlung von 80 °C über zwei Stunden findet für beide<br />
Portionen eine Polymerisation statt. Das Gel wird in Ammoniumnitrat, Salzsäure und schließ-<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 31
4. Werkstoffe - Versuchsmaterialien<br />
lich in heißem Wasser gespült. Um anschließend Wasserbestandteile und organische Verbindungen<br />
auszutreiben, wird es auf weit über 1000 °C erhitzt. Das Glas wird auf Raumtemperatur<br />
abgekühlt und mit einer Rate von 20 K je Minute auf 1450 °C erhitzt. Danach wird es unter<br />
Heliumathmosphare bei 1625°C 10 Minuten lang gesintert und wieder auf Raumtemperatur<br />
abgekühlt.<br />
Das Glas hat neben der geringen Wärmeausdehnung eine hohe Festigkeit bei kleinem Gewicht<br />
[12]. ULE ® ist in fast allen modernen Spiegelteleskopen der Welt zu finden. Zunehmende Bedeutung<br />
jedoch erhält dieser Werkstoff in der Halbleiterindustrie als Maskenwerkstoff und als<br />
Trägermaterial für Präzisionsoptiken der EUV-Lithografie.<br />
4.4 LE 102 ®<br />
LE 102 ® ist der Markenname für ein Cordierit der Firma Sumikin Ceramics & Quartz Co.,<br />
LTD. Cordierit ist ein Aluminium-Magnesium-Silikat. Die chemische Zusammensetzung wird<br />
mit der Formel Mg2Al5Si5O18 angegeben.<br />
Der japanische Hersteller wirbt in [13] für sein Produkt, indem er mit Al2O3-Keramik vergleicht.<br />
Demnach zeichnet sich LE 102 ® aus durch:<br />
- eine niedrige thermische Ausdehnung<br />
- extrem feine mikroskopische Struktur<br />
- Porenfreiheit<br />
- geringe statische Elektrizität<br />
Der japansche Hersteller Kyocera Corp. beschreibt in [15] die Herstellung einer Sinterkeramik<br />
aus Cordierit. In zur Bildung von Cordierit geeigneten Mengen wird hier Magnesiumoxid<br />
(MgO), Aluminiumoxid (Al2O3) und Siliziumoxid (SiO2) gemischt und mit einem Sinterhilfsmittel,<br />
z. B. einem Oxid eines Seltenerdeelements, SiO2, CaO (Kalziumoxid) oder MgO<br />
versetzt. Das Gemisch wird in vorgegebener Gestalt geformt und in dieser Form bei 1000 °C<br />
bis 1400 °C gebrannt bzw. gesintert. Erst während des Sinterprozesses findet die chemische<br />
Reaktion zwischen MgO, Al2O3 und SiO2 zur Bildung von Cordierit statt.<br />
Cordierit besitzt siliziumhaltige Tetraeder (siehe Kapitel 1.2.3), die zu Sechserringen formatiert<br />
sind. Diese Sechserringe sind über aluminiumreiche Tetraeder und Magnesium-Oktaeder<br />
miteinander verbunden. Bei Temperaturerhöhung kommt es zu einer Verzerrung innerhalb der<br />
Kristallstrukturen, nicht jedoch zu einer Kontraktion des Kristalls, da sich positive und negative<br />
Wärmeausdehnungen im Mittel gegen Null aufheben.<br />
4.5 Zusammenfassung der Materialparameter<br />
In der Berliner Glas KGaA bestehen langjährige Erfahrungen in der Bearbeitung von Zerodur<br />
® . Auch ULE ® wird bereits seit einiger Zeit als Werkstoff eingesetzt. Das Verwenden von<br />
nicht transparenter Cordierit-Keramik, insbesondere für die Fertigung von Wafertafeln, ist<br />
noch in der Testphase. In der nachfolgenden Tabelle wird eine Auswahl an Materialparametern<br />
der drei Werkstoffe gegenübergestellt.<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 32
Eigenschaft Einheit<br />
ZERODUR ®<br />
[11]<br />
ULE ®<br />
[12]<br />
LE 102 ®<br />
[13]<br />
Dichte<br />
g/cm 3<br />
bei Raumtemperatur<br />
2,53 2,21 2,53<br />
thermischer Ausdehnungskoeffizient<br />
(CTE)<br />
in 10 -6 /K 0,02<br />
≥ 0,015<br />
(von 5 bis 30°C)<br />
- 0,025 bis +<br />
0,027<br />
spezifischer Widerstand bei<br />
20°C<br />
Ω cm nicht angegeben 10 11,6 10 4 bis 10 7<br />
Wärmeleitfähigkeit W/(m*K)<br />
1,46<br />
(bei 20°C)<br />
1,31<br />
(bei 25°C)<br />
4,1<br />
(bei 25°C)<br />
Temperaturleitzahl bei 20°C m 2 /s 0,72*10 -6 nicht angegeben nicht angegeben<br />
Wärmekapazität J/(g*K) 0,8 0,767 nicht angegeben<br />
Elastizitätsmodul GPa<br />
90,3<br />
(bei 20°C)<br />
67,6<br />
(bei 25°C)<br />
138<br />
Poissonzahl 0,243<br />
0,17<br />
(bei 25°C)<br />
nicht angegeben<br />
Knoophärte 0,1/20 kg/mm² 620 460 nicht angegeben<br />
Vickershärte GPa 4,8 nicht angegeben 9,8 – 10,8<br />
Tabelle 4.1<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 33
5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />
5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />
Für das Untersuchen des Ätzverhaltens am Material ULE ® und LE 102 ® wurden zunächst<br />
Richtwerte gesucht. Dazu bot es sich an, auf Erfahrungswerte für das Ätzen von Zerodur ®<br />
zurückzugreifen. Das Ätzen von Zerodur ® gehört bereits seit langem zu den in der Berliner<br />
Glas KGaA eingesetzten Fertigungstechnologien. Fertigungsvorschriften und Arbeitsanweisungen<br />
zum Nassätzen liegen für die einzelnen zu bearbeitenden Produkte vor, nicht jedoch<br />
allgemeingültige Tabellen, von denen sich das Ätzverhalten unter bestimmten Umgebungsbedingungen<br />
und für bestimmte Ätzmittelzusammensetzungen ableiten ließe. Der Hersteller von<br />
Zerodur ® , das Unternehmen Schott Glas, gibt keine Ätzparameter für das Behandeln von Zerodur<br />
® vor, sondern vergibt lediglich Empfehlungen, die auf wenigen Versuchsreihen für das<br />
Ätzverhalten an Zerodur ® beruhen.<br />
Es bot sich an, eigene Versuchsreihen durchzuführen. Zu diesem Zweck wurde die Anfertigung<br />
von Probeteilen aus Zerodur ® im Unternehmen in Auftrag gegeben. Die Probeteile wurden<br />
in der gleichen Geometrie und Größe angefertigt wie sie auch für die Versuchsreihen an<br />
ULE ® verwendet werden sollten. Dadurch sollte ein besserer Vergleich zwischen den Versuchsergebnisse<br />
an Zerodur ® und den Ergebnissen an ULE ® möglich sein. Für Versuche an<br />
LE 102 ® stand Material in geringerer Menge zur Verfügung, so dass die Probekörper kleiner<br />
angefertigt wurden. Die Strukturen, die auf der Oberfläche der Materialien erzeugt wurden,<br />
waren jedoch für alle Versuchskörper gleich.<br />
Standardätzmittel war eine Säurelösung, welche auch bei der Fertigung von Wafertafeln eingesetzt<br />
wird. Sie bestand zu 16 % aus Flusssäure (HF) und 7% aus Salzsäure (HCl). Während<br />
durch Flusssäure das SiO2 und weitere Oxidbestandteile aufgelöst werden, sorgt HCl für einen<br />
notwendigen Glanz der Oberfläche des geätzten Materials, indem sie die Bildung störender<br />
Salzablagerungen mindert. Die durch die Reaktion entstandenen Chloride sind besser löslich<br />
als Fluoride und können zusammen mit der Ätzflüssigkeit entfernt werden.Salzsäure verursacht<br />
auf der Haut ein brennendes Gefühl, so dass ein Kontakt mit der Ätzlösung sofort bemerkt<br />
werden kann. Dieser Effekt ist für den Arbeitsschutz relevant, denn ein Hautkontakt mit<br />
kleinen Mengen an reiner Flusssäurelösung wird zunächst häufig kaum bemerkt.<br />
Die eingesetzten Messmittel sind in den nachfolgenden Ablaufbeschreibungen genannt. Sie<br />
sind im Anhang in Anlage 1 kurz beschrieben.<br />
Die Zusammenfassung der Ergebnisse zum Ätzen an den einzelnen Keramiken kann in Kap. 6<br />
nachgelesen werden.<br />
5. 1 Ablauf und Aufbau der Ätzversuche an Probekörpern<br />
Im Unternehmen wurden Probekörper aus Zerodur ® , ULE ® und LE 102 ® angefertigt. Sie hatten<br />
eine Höhe von etwa 5 mm und eine polierte Fläche von 35 x 35 mm bei Zerodur ® und<br />
ULE ® bzw. unterschiedliche Flächen mit ca. 20 x 20 mm und kleiner bei LE 102 ® . Für die<br />
polierte Fläche wurde für alle Teile eine Rauheit Ra von ca. 6 nm gemessen.<br />
Die einzelnen Strukturierungsschritte aus der Fertigung wurden innerhalb der Versuchsreihen<br />
modellhaft nachvollzogen. Durch die Probekörper konnten zunächst Verhaltenstendenzen des<br />
Nassätzens festgestellt werden, nicht jedoch spezielle Fertigungsparameter für die Strukturierung<br />
einer Wafertafel.<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 34
5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />
5.1.1 Vorbereiten der Probekörper für das strukturierte Nassätzen<br />
Um definierte Strukturen auf der Körperoberfläche zu erhalten,<br />
müssen entsprechend des gewünschten Musters Zonen<br />
der Oberfläche abgedeckt werden, um sie vor dem Angriff<br />
durch das Ätzmittel zu schützen. Der Höhenunterschied, der<br />
sich aus geschützter und ungeschützter Oberfläche nach dem<br />
Ätzen ergibt, gibt Auskunft über die Ätzrate. Wie auch in<br />
der Fertigung von Wafertafeln wurde dafür ein Lithografieverfahren<br />
eingesetzt. Als Strukturierungsmaske (Belichtungsmaske)<br />
wurde eine Folienmaske verwendet (siehe Abb.<br />
5.5 und 5.6). Die Strukturen enthielten breite Linien und<br />
Kreise. Sie sollten die Strukturen einer Wafertafel nachempfinden.<br />
Die Kreise hatten einen Durchmesser von etwa 0,93<br />
mm, die Breite der Linien betrug etwa 0,62 mm lt. Messung<br />
am Smart Scope (ein Video-Messmikroskop).<br />
Die Probeteile wurden zunächst mit Ethanol-Lösung und<br />
einem Tuch gereinigt und im Anschluss mit der Folie Vacrel<br />
1840 bei 30 °C laminiert. Vacrel ist eine Fotoresist-<br />
Negativfolie mit einer Dicke von 100 µm. Sie ist im unbelichteten<br />
Zustand grün und leicht transparent. Die Folie verändert<br />
ihre Mikrostruktur bei einer Belichtung im Wellenlängenbereich<br />
von 320 nm bis 450 nm. Dabei ändert sich<br />
das Polymer in ein schwerer lösliches langkettiges Polymer.<br />
Auf der Folie befindet sich zunächst eine weitere transparente<br />
Schutzfolie, die nach dem Belichten und vor dem<br />
Entwickeln entfernt wird. Vacrel 1840 hat sich für die Fertigung<br />
von Wafertafeln aus Zerodur ® als ausreichend stabil,<br />
säureresistent, gut haftend und leicht handhabbar erwiesen<br />
und wurde deshalb auch für die Strukturierung der Versuchsproben<br />
verwendet.<br />
Die Belichtungsmaske wurde auf den Einschubtisch der<br />
Belichtungsanlage gelegt und mit Klebefolie befestigt, damit<br />
sie beim Hineinschieben in den Belichter nicht verrutscht.<br />
Auf die Maske wurde der Probekörper mit der laminierten<br />
Seite nach unten gelegt. Er wurde von 30 s von unten mit<br />
UV-Licht belichtet. Die belichteten Bereiche sind durch ein<br />
leicht verblasstes Grün (siehe Abb. 5.7) und durch kleine<br />
Dellen an der Laminatoberfläche zu erkennen.<br />
Die belichteten Probeteile mussten nun für mindestens 30<br />
Minuten ruhen. Erst unmittelbar vor dem Entwickeln wurde<br />
die transparente Schutzfolie entfernt. In die Entwicklungsanlage<br />
wurde ein Korb auf die Transportrollen gelegt. Darin<br />
wurden anschließend die Probeteile gelegt und zwar in Reihenfolge<br />
der Nummerierung für den Fall, dass sich die Be-<br />
Abb. 5.1 laminierte Probe<br />
Abb. 5.2 laminierte Probe mit<br />
Belichtungsmaske<br />
Die Probe wird mit UV-Licht<br />
belichtet.<br />
Abb. 5.3 Entwickeln der Folienmaske<br />
mit Soda<br />
Abb. 5.4 fertige Ätzmaske<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 35
5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />
schriftung der Proben im Entwicklungsbad löst.<br />
Der Entwickler ist eine 1 %ige Natriumcarbonat-Lösung.<br />
Natriumcarbonat ist auch unter dem Begriff ‚Soda’ bekannt.<br />
Das Entwicklerbad wurde auf 28 °C geheizt. Die Probeteile<br />
wurden in der Entwicklungsanlage bei einer Vorschubgeschwindigkeit<br />
von rund 30 m/min mit dem Entwickler unter<br />
einem Druck von 2 bar von oben besprüht. Das Entwickeln<br />
war beendet, wenn sich der gesamte unbelichtete Fotoresist<br />
abgelöst hatte. Das dauerte bei einer einfachen Laminierschicht<br />
aus Vacrel 1840 etwa 3 bis 4 min.<br />
Nach dem Entwickeln wurde die Soda-Lösung mit Leitungswasser<br />
abgespült. Die Probeteile wurden zum Trocknen<br />
abgestellt.<br />
1 mm<br />
Abb. 5.5 Mikroskopaufnahme der<br />
Folienmaske<br />
Für die Strukturierung wurden<br />
Kreise, die den Noppen einer<br />
Wafertafel entsprechen sollen,<br />
und Linien, die den Stegen der<br />
Wafertafel entsprechen sollen,<br />
verwendet.<br />
0,5 mm<br />
Abb. 5.6 Mikroskopaufnahme der<br />
Folienmaske mit einer Kreisstruktur<br />
Gut erkennbar sind die Stufen des<br />
Kreisumfangs. Die Aufnahme<br />
erfolgte mit Durchlicht. Die<br />
schwarze Zone lässt kein Mikroskoplicht<br />
hindurch. Es wurden<br />
keine Fehler der Maske gefunden.<br />
Abb. 5.7 Foto eines belichteten<br />
Folienresists, hier Vacrel 1840<br />
Die Aufnahme erfolgte bei Weißlicht<br />
am SmartScope. Die Kreisform,<br />
die nach dem Entwickeln<br />
stehen bleiben wird, ist schwach zu<br />
erkennen.<br />
Die Rückseite der Probeteile wurde mit weißer Klebefolie überklebt, um zu verhindern, dass<br />
diese Seite vom Ätzmittel angegriffen wird.<br />
Auf den meisten Proben sollten mehrere Ätztiefen erzeugt werden können. Deshalb wurden<br />
für die Versuche Zonen mit Klebefolie abgeklebt, um das Ätzen in diesen Bereichen zunächst<br />
zu verhindern. Auf die Klebefläche wurde ein Stückchen Seidenpapier geklebt, damit die<br />
Ätzmaske nach dem Entfernen der Klebefolie nicht an der weißen Folie kleben bleibt. Dadurch<br />
blieb für die Abdeckfolie lediglich ein Kleberand übrig. Nach jedem Ätzen wurde die<br />
Klebefolie abgezogen und eine neue kleinere Folie aufgeklebt. Diese kleineren Folien wurden<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 36
5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />
für die Ätzversuche im Voraus vorbereitet. Außerdem wurde jedes Probeteil mittig auf einen<br />
etwa 30 cm langen Klebestreifen geklebt. Dieser Klebestreifen war zum Hantieren der Proben<br />
beim Tauchen in die Ätzbäder gedacht.<br />
Ätzmaske<br />
Abb. 5.8 präpariertes Probeteil<br />
Erst in den Versuchen an LE 102 ® wurde die Fotoresistfolie eine Stunde lang bei 150 °C<br />
wärmebehandelt. Das Tempern der Folie wurde bisher in der Berliner Glas KGaA nicht praktiziert<br />
und deshalb in den Versuchen zunächst nicht ausgeführt. Es stellte sich aber heraus,<br />
dass dieser Arbeitsschritt notwendig war, wenn die Folie über mehrere Minuten dem Ätzbad<br />
ausgesetzt werden sollte. Abb. 5.9 zeigt eine Ätzmaskenstruktur auf ULE ® nach der Temperung.<br />
5.1.2 Versuchsreihen zur Untersuchung der Ätzgeschwindigkeit in Abhängigkeit von der<br />
Ätzdauer<br />
Für das Ätzen von Zerodur ® , ULE ® und LE 102 ® wurden Probeteile mit einer Oberflächenrauheit<br />
von ca. 6 nm verwendet. Für jeden Messpunkt wurden bis zu drei Proben unter den<br />
gleichen Bedingungen geätzt.<br />
Diese Versuchsreihen beschränkten sich darauf, das aktuelle Fertigungsverfahren abzubilden.<br />
Deshalb wurde als Ätzmittel die Standardlösung lt. Arbeitsanweisung eingesetzt. Sie wird<br />
zusammengesetzt aus:<br />
1,14 Teile 73 %-ige Flusssäurelösung (HF)<br />
entspricht ca. 16 % HF in der Gesamtlösung<br />
1 Teil 37%-ige Salzsäurelösung (HCl)<br />
entspricht ca 7 % HCl in der Gesamtlösung<br />
3 Teile entionisiertes Wasser<br />
Klebefolie<br />
Abb. 5.9 getemperte Trockenfilmfolie<br />
Vacrel 1840, Durchmesser<br />
ca. 930 µm<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 37
5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />
Für den Versuchsaufbau wurden benötigt:<br />
- Metallbehälter für das Ätzbad<br />
- 2 Plastikwannen für Spülbäder<br />
- Stoppuhr<br />
- 73 %-ige Flusssäure<br />
- 37%-ige Salzsäure<br />
- entionisiertes Wasser<br />
- Messbecher<br />
- Leitungswasser<br />
- Natriumcarbonat<br />
- Tücher<br />
- Klebefolie<br />
- säureresistentes Thermometer<br />
Die Plastikwannen für die Spülbäder wurden mit Leitungswasser gefüllt. In eine der Wannen<br />
wurde etwas Natriumcarbonat gegeben, so dass eine Soda-Lösung entstand, die die Säure,<br />
welche nach dem Ätzbad an den Proben haftete, leicht neutralisierte.<br />
Die Versuche und die Herstellung der Ätzlösung<br />
erfolgten unter einem Abzug. Die Ätzlösung wurde<br />
für die Versuche frisch angefertigt. Je nach benötigter<br />
Menge an Gesamtätzlösung (150 bis 250 ml) wurde<br />
die nötige Menge der Lösungskomponenten in den<br />
Messbecher gefüllt und anschließend über einen<br />
Trichter in einen verschließbaren Plastikbehälter<br />
gegossen. Beim Vermischen der einzelnen<br />
Flüssigkeiten entsteht Wärme, so dass der Plastikbehälter<br />
mit der Ätzlösung zunächst in ein<br />
Wasserbad gestellt wurde bis die Ätzlösung Zimmertemperatur<br />
(ca. 24 °C) erreicht hat. Die Ätzlösung<br />
wurde in einen Metallbehälter gefüllt.<br />
Die Stoppuhr wurde gestartet und das Probeteil in die<br />
Ätzlösung getaucht. Während des Tauchens wurde das<br />
Testteil leicht bewegt. Nach vorgegebener Zeit wurde<br />
die Probe herausgenommen und wenige Male durch die<br />
schwache Sodalösung gezogen und im Wasserbad<br />
gespült. Mit einem Tuch wurde die Probe vorsichtig<br />
getrocknet. Bevor die Probe weiterverwendet werden<br />
konnte, musste die Klebefolie auf der Oberseite entfernt<br />
und die Probe erneut gespült werden. Nach dem<br />
Trocknen wurde eine neue kleinere Folie, die bereits<br />
zurechtgeschnitten bereit lag, aufgeklebt. Im letzten<br />
Schritt wurde die Ätzmaske durch ein mindestens einstündiges<br />
Bad in Kalilauge (KOH) entfernt und die<br />
Proben unter Leitungswasser gespült.<br />
Angemerkt werden muss, dass durch das Ausnutzen<br />
eines Probekörper für mehrere Messpunkte zwar Mate-<br />
Abb. 5.10 Versuchsarbeitsschritte für<br />
das Strukturieren durch Nassätzen<br />
Als Ausgangspunkt dient eine Materialprobe<br />
mit einer Ätzmaske, welche<br />
alle Oberflächenbereiche abdeckt, die<br />
nicht bearbeitet werden sollen (a).<br />
Es erfolgt der Abtrag der Oberfläche<br />
durch eine Säure. (b)<br />
Die Ätzmaske wird durch Kalilauge<br />
entfernt. (c)<br />
Bild (d) zeigt das Probestück mit fertiger<br />
Struktur.<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 38<br />
(c)<br />
(a)<br />
(b)<br />
(d)
5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />
rial gespart werden konnte; die Messversuche zeigten aber, dass die Folie nicht immer ausreichend<br />
dicht hält. Das führte dazu, dass die Unsicherheit für die Messergebnisse stark anstieg,<br />
und zwar immer auf den Zonen der Probekörper, die am längsten mit Klebefolie abgedeckt<br />
wurden. Beim Material mit schnellerer Reaktion wie Zerodur ® waren außerdem Unebenheiten<br />
auf der Oberfläche zu sehen, die darauf schließen ließen, dass Säure in diese Zonen eingedrungen<br />
sein muss. Einzelmessungen aus den Zonen, die während allen Ätzschritten gar nicht<br />
abgedeckt wurden, waren weitestgehend übereinstimmend und in der Aussage zuverlässiger.<br />
5.1.3 Versuchsreihen zur Untersuchung der Ätzgeschwindigkeit in Abhängigkeit von der<br />
Temperatur im Ätzbad<br />
Eine einfache Regel der Reaktionskinetik, die so genannte Reaktionsgeschwindigkeit-<br />
Temperatur-Regel, sagt aus, dass sich die Reaktionsgeschwindigkeit um das 2- bis 3-fache<br />
erhöht, wenn sich die Temperatur für eine chemische Reaktion um 10 K erhöht.<br />
Der Umgang mit heißen Ätzbädern erfordert erhöhten Arbeitsschutz. Aus Gründen der Arbeitssicherheit<br />
und den im Unternehmen vorhandenen instrumentellen Voraussetzungen im<br />
Ätzlabor wurden Ätzmitteltemperaturen bis 40°C untersucht. Die Dämpfe sind giftig und dürfen<br />
nicht eingeatmet werden. Das Hantieren mit der Säure erfolgte unter dem Abzug.<br />
Für den Versuchsaufbau wurden benötigt:<br />
- Metallbehälter für das Ätzbad<br />
- 1 Plastikwanne für das Spülbad<br />
- 1 Plastikwanne für das Wasserbad zum Temperieren des Ätzbades<br />
- Stoppuhr<br />
- 73 %-ige Flusssäure<br />
- 37%-ige Salzsäure<br />
- entionisiertes Wasser<br />
- Messbecher<br />
- Leitungswasser, heiß und kalt<br />
- säurebeständiges Thermometer<br />
- Tücher<br />
- Klebefolie<br />
Als Ätzmittel wurde 150 ml der Standardätzlösung mit 16 % Flusssäure hergestellt. Die Temperierung<br />
erfolgte in einem Bad aus kühlem bzw. heißem Wasser aus der Leitungsversorgung.<br />
Es wurden Wassertemperaturen von 18 °C aus der Kaltwasserleitung und 60 °C aus der<br />
Warmwasserleitung gemessen. Wegen des Ausgleichs der Wasserbad- bzw. Ätzbadtemperatur<br />
mit der Umgebungstemperatur war es außerhalb der aktuellen Raumtemperatur nur bedingt<br />
möglich, die Versuche bei völlig konstanten Temperaturbedingungen durchzuführen. Die Proben<br />
wurden unmittelbar vor dem Ätzen in das Wasser getaucht, damit sie annähernd mit der<br />
Ätzbadtemperatur vortemperiert waren. Vor dem Eintauchen in das Ätzbad wurden sie kurz<br />
mit einem Tuch getrocknet. Es wurde eine Ätzdauer von einer Minute gewählt.<br />
Die Probeteile aus Zerodur ® und ULE ® waren in vier Sektoren geteilt, die bei unterschiedlichen<br />
Temperaturen geätzt wurden. Die übrigen Bereiche wurden mit Klebefolie verklebt. Für<br />
jeden Temperaturmesspunkt wurden je 3 Proben aus ULE ® und 3 Proben aus Zerodur ® verwendet.<br />
Auf jeder Probe wurde zunächst eine Zone geätzt. Dann wurde die Abdeckfolie entfernt<br />
und das Teil noch einmal im Wasserbad gespült. Mit einem Holzstäbchen wurde die<br />
Ätzmaske entfernt und die Oberfläche mit einem Tuch gesäubert. Vor weiteren Ätzversuchen<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 39
5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />
in den anderen Oberflächenzonen wurde die Ätztiefe am Weißlichtinterferometer gemessen<br />
und die Ergebnisse notiert. Mindestens fünf Noppenstrukturen wurden je Probteil ausgemessen.<br />
Danach wurde das Probeteil wieder mit Folie verklebt, so dass ein neuer Bereich der Oberfläche<br />
geätzt werden konnte. Die Versuchsreihen für beide Materialien erstreckten sich über vier<br />
Tage.<br />
Für die Messungen an LE 102 ® standen nur je eine Probe für jeden Temperaturpunkt zur Verfügung.<br />
Die Probeteile wurden für eine stabilere Ätzmaske getempert. Sie wurden für nur ein<br />
Ätzbad verwendet; es erfolgte keine Unterteilung der Oberfläche für eine Mehrfachnutzung<br />
der Probe. Dadurch sollte die Zuverlässigkeit der Messungen gewährleistet sein. Nach dem<br />
Ätzbad wurden die Teile unter Druckluft getrocknet. Durch 3%ige NaOH-Lösung wurde die<br />
Ätzmaske entfernt. Für das Strippen war etwa eine Stunde notwendig. Nach einem weiteren<br />
Spülgang unter Leitungswasser wurden die Proben mit Druckluft getrocknet. Die Messung der<br />
Ätztiefe erfolgte am Weißlichtinterferometer. Diese Versuchsreihe erstreckte sich über zwei<br />
Tage.<br />
Für die ersten Testreihen an Zerodur ® und ULE ® wurde mit der höheren Temperatur zuerst<br />
begonnen. Das hatte den Vorteil, dass sich tiefere Temperaturen durch den Ausgleich mit der<br />
Umgebungstemperatur von selbst einstellten und die Versuchsabfolge relativ zügig durchgeführt<br />
werden konnte. Verhängnisvoll jedoch war die Tatsache, dass sowohl die weiße Abdeckfolie,<br />
die die Probeteile in Sektoren untergliederte, als auch die Folie der Ätzmaske bei den<br />
höheren Temperaturen nicht mehr zuverlässig abdeckten. Dies führte zum Verlust von für die<br />
Auswertung brauchbaren Ätzstrukturen. Bei den Versuchen an LE 102 ® wurden diese Erfahrungen<br />
berücksichtigt. Die Ätzmaske wurde getempert und die Messreihe startete mit 20 °C.<br />
Die Messreihe für ULE ® wurde parallel dazu ein zweites Mal durchgeführt.<br />
5.1.4 Versuchsreihen zur Untersuchung der Ätzgeschwindigkeit in Abhängigkeit von<br />
Säurekonzentration und –zusammensetzung<br />
Da ULE ® sehr viel langsamer in der Standardätzlösung reagiert als Zerodur ® , war es notwendig<br />
zu untersuchen, ob eine geforderte Strukturhöhe bzw. Ätztiefe auf ULE ® unter höher konzentrierter<br />
Flusssäurelösung erreicht würde. Bei den Versuchen zum Einfluss der Ätzdauer<br />
(siehe 5.2.1) hatte sich herausgestellt, dass sich die Ätzmaske noch vor Erreichen der Zieltiefe<br />
von 3 µm ablöst. Zu untersuchen war also, ob Flusssäure selektiv auf das Material der Ätzmaske<br />
reagiert. Da ULE ® zum größten Teil aus SiO2 besteht, beschränkten sich die Untersuchungen<br />
zunächst auf das Ätzverhalten durch Flusssäure. Für jeden Messpunkt standen zwei<br />
ULE ® -Proben zur Verfügung.<br />
Bei der Zusammensetzung des Ätzmittels wurde der Salzsäureanteil annähernd konstant<br />
gehalten und der Flusssäureanteil variiert.<br />
Folgende Lösungen wurden angefertigt:<br />
a) 2 Teile 73 %-ige Flusssäurelösung (HF)<br />
entspricht ca. 36 % HF in der Gesamtlösung<br />
1 Teil 37%-ige Salzsäurelösung (HCl)<br />
entspricht 9 % HCl in der Gesamtlösung<br />
1 Teil entionisiertes Wasser<br />
b) 6 Teile 73 %-ige Flusssäurelösung (HF)<br />
entspricht ca. 50 % HF in der Gesamtlösung<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 40
5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />
1,7 Teile 37%-ige Salzsäurelösung (HCl)<br />
entspricht ca. 7 % HCl in der Gesamtlösung<br />
1 Teil entionisiertes Wasser<br />
c) 1 Teil 73 %-ige Flusssäurelösung (HF)<br />
entspricht ca. 8 % HF in der Gesamtlösung<br />
1,75 Teile 37%-ige Salzsäurelösung (HCl)<br />
entspricht ca. 7 % HCl in der Gesamtlösung<br />
6,6 Teile entionisiertes Wasser<br />
d) 1 Teil 73 %-ige Flusssäurelösung (HF)<br />
entspricht ca. 2 % HF in der Gesamtlösung<br />
7 Teile 37%-ige Salzsäurelösung (HCl)<br />
entspricht ca. 7 % HCl in der Gesamtlösung<br />
29,25 Teile entionisiertes Wasser<br />
Die Konzentration der Flusssäure, die zum Zusammenstellen der Lösungen verwendet wird,<br />
ist vom Hersteller mit 71% bis 75% angegeben.<br />
Für den Versuchsaufbau wurden benötigt:<br />
- Behälter für das Ätzbad<br />
- 2 Plastikwannen für Spülbäder<br />
- Stoppuhr<br />
- 73 %-ige Flusssäure<br />
- 37%-ige Salzsäure<br />
- entionisiertes Wasser<br />
- 50 ml Messbecher<br />
- Trichter<br />
- Leitungswasser<br />
- Tücher<br />
- Klebefolie<br />
Die Plastikwannen für die Spülbäder wurden mit Leitungswasser gefüllt. Die Versuche und<br />
die Herstellung der Ätzlösung erfolgten unter dem Abzug. Flusssäure hoher Konzentration ist<br />
rauchend.<br />
Für Gesamtätzlösung (150 ml) wurde die nötige Menge der Lösungskomponenten in den<br />
Messbecher gefüllt und jeweils über einen Trichter in einen verschließbaren Plastikbehälter<br />
gegossen. Das Gemisch im Plastikbehälter wurde im Wasserbad gekühlt bis es Zimmertemperatur<br />
erreicht hatte.<br />
Die Ätzlösung wurde in den Metallbehälter gefüllt. Die Stoppuhr wurde gestartet und ein Probeteil<br />
in die Ätzlösung getaucht. Dabei wurde die Ätzmaske beobachtet, denn es sollte vermieden<br />
werden, dass sie sich während der Versuche ablöst. Die Proben wurden nach gegebener<br />
Zeit herausgenommen und in den Wasserbädern gespült. Die Klebefolie zur Trennung von<br />
zwei Bearbeitungszonen auf dem Probestück wurde entfernt. Die Proben wurden erneut gespült<br />
und mit dem Tuch vorsichtig getrocknet. Der Ätzvorgang wurde wiederholt.<br />
In Anbetracht der Ergebnisse aus den Versuchen an ULE ® mit variierter Flusssäurekonzentration<br />
(siehe Abs. 5.2.3) wurde überlegt, ob es möglich ist, die Komponente Salzsäure durch<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 41
5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />
eine andere Säure zu ersetzen. Salzsäure wird in der Fertigung aus Gründen des Arbeitsschutzes<br />
und zum Erzielen eines gewünschten Glanzeffekts auf der Materialoberfläche verwendet.<br />
Es wurde recherchiert, dass TiO2 sich sowohl in HNO3 als auch H2SO4 auflösen lässt. Folgende<br />
Ätzlösungen wurden angefertigt:<br />
e) 3 Teile 73 %-ige Flusssäurelösung (HF)<br />
entspricht ca. 16 % HF in der Gesamtlösung<br />
1,4 Teile 65%-ige Salpetersäurelösung (HNO3)<br />
entspricht ca. 7 % HNO3 in der Gesamtlösung<br />
9 Teile entionisiertes Wasser<br />
f) 2,2 Teile 73 %-ige Flusssäurelösung (HF)<br />
entspricht ca. 15 % HF in der Gesamtlösung<br />
1 Teil 97%-ige Schwefelsäure (H2SO4)<br />
entspricht ca. 9 % H2SO4 in der Gesamtlösung<br />
7,7 Teile entionisiertes Wasser<br />
Die Konzentration der Salpetersäure wird vom Hersteller mit 95 % bis 98% angegeben.<br />
Die Versuche wurden wie zuvor beschrieben durchgeführt. Die Proben wurden in zwei verschiedenen<br />
Ätzdauern der Ätzlösung ausgesetzt. Zusätzlich wurde beobachtet, ab welcher Zeit<br />
sich die Ätzmaske vom Substrat löst.<br />
Für die Versuche an LE 102 ® mit getemperter Ätzmaske wurden drei verschiedene Ätzlösungen<br />
angefertigt:<br />
g) 3 Teile Standardätzlösung<br />
1,17 Teile 73%ige Flusssäurelösung (HF)<br />
0,28 Teile 37%-ige Salzsäurelösung (HCl)<br />
entspricht ca. 30 % HF, 7 % HCl<br />
h) 4 Teile der Ätzlösung aus g)<br />
7,04 Teile 73%ige Flusssäurelösung (HF)<br />
1,68 Teile 37%-ige Salzsäurelösung (HCl)<br />
entspricht ca. 50% HF, 7% HCl<br />
i) 4 Teile 20%ige Flusssäurelösung (HF)<br />
entspricht ca. 8% HF<br />
1,9 Teile 37%ige Salzsäurelösung (HCl)<br />
entspricht ca. 7% HCl<br />
4,1 Teile entionisiertes Wasser<br />
Die verschiedenen Säurelösungen wurden bereits am Tag zuvor hergestellt. Dadurch kühlten<br />
sie ausreichend ab und hatten in den Ätzversuchen die gleiche Temperatur.<br />
Für die Strukturierung bei gleicher Säurezusammensetzung standen jeweils drei Proben aus<br />
LE 102 ® zur Verfügung. Es wurde der gleiche Versuchsaufbau wie für die ULE ® -Proben eingesetzt.<br />
Die Ätzdauer betrug für alle Proben 60 s. Nach dem Ätzen und Spülen wurden die<br />
Teile mit Druckluft getrocknet. Die Ätzmaske wurde durch ein einstündiges Bad in KOH-<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 42
5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />
Lösung entfernt. Die Proben wurden erneut unter Leitungswasser gespült und mit Druckluft<br />
getrocknet.<br />
Beim Berechnen der Ätzbadzusammensetzung wurde das Mischungsrechnen eingesetzt. Beispiele<br />
dazu können im Anhang in Anlage 3 nachgelesen werden.<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 43
5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />
5.2 Ergebnisse<br />
5.2.1 Einfluss der Ätzdauer<br />
Die erste Messreihe an Zerodur ® enthielt wenige Messpunkte, die zunächst zur Orientierung<br />
für den Entwurf weiterer Versuchsreihen dienen sollten. Die Probekörper wurden von 1 min<br />
bis 75 min in das Ätzbad gelegt. Die Ätzbadtemperatur wurde während dieser Zeitsequenz<br />
stichprobenartig gemessen. Sie blieb während der Versuche konstant. Die Ätzlösung wurde<br />
nicht gerührt, die Probekörper wurden aber im Abstand von einigen Minuten innerhalb der<br />
Lösung leicht bewegt.<br />
Die Noppen dieser ersten Proben wurden mit dem TESA-µhite (ein Höhenmesstaster) zum<br />
Ermitteln der Noppenhöhe und mit dem Smart Scope (ein Video-Messmikroskop) zum Ermitteln<br />
des Noppendurchmessers vermessen.<br />
Bereits diese ersten Messungen an Zerodur ® ergaben, dass die Ätzrate mit zunehmender Verweildauer<br />
der Proben im Ätzbad abnimmt. Dieses Ergebnis stimmt mit vorangegangenen Untersuchungen<br />
im Unternehmen, nach denen die Ätzgeschwindigkeit annähernd konstant sein<br />
soll, nicht überein. Auch nach 75 min Ätzzeit ist die Tendenz der Ätzgeschwindigkeit immer<br />
noch fallend.<br />
Die Messungen an Zerodur ® und ULE ® ergaben einen potentiellen Abfall der Ätzrate mit<br />
steigender Ätzdauer (siehe Abb. 5.12). In früheren Versuchen im Unternehmen wurde erklärt,<br />
dass die Ätztiefe linear mit der Ätzdauer zunimmt. Durch die Ergebnisse der Ätzversuche zu<br />
dieser Arbeit muss jedoch diese Aussage eingegrenzt werden (siehe Abb. 5.11). Nur für bestimmte<br />
Zeitsequenzen kann für Abschätzungen einer zu erzielenden Ätztiefe die Linearität<br />
angenommen werden, z. B. für die Ätzdauern zwischen 60 s und 30 min (siehe dazu auch<br />
Diagramm im Anhang Anlage 4).<br />
Die Ätzrate wurde ermittelt, indem die gemessene Ätztiefe durch die Ätzdauer dividiert wird<br />
(Ätzgeschwindigkeit). Die Angabe erfolgt in nm je s. Die Ätzrate ist stets gemittelt über den<br />
vorgegebenen Zeitraum angegeben. (Die Momentangeschwindigkeit bzw. –rate müsste sich<br />
durch Differenzieren der Gleichung für den Verlauf der Ätztiefe ergeben, sie ist aber für die<br />
Fertigung nicht relevant.) Aus dem Verlauf der Kurve kann aber abgeleitet werden, dass die<br />
Geschwindigkeit zu Beginn der Ätzreaktion höher sein muss als am Ende des Ätzvorgangs.<br />
Die Abnahme der Ätzrate kann durch Diffusionsvorgänge an Festkörperoberflächen begründet<br />
werden. Diffusion beruht auf einen Teilchenstrom, der zu einem Konzentrationsausgleich zwischen<br />
zwei Stoffen führt. Da der Konzentrationsgradient durch diesen Ausgleich über die Zeit<br />
abnimmt, verringert sich auch der Teilchenstrom über diesen Zeitintervall. Die Wahrscheinlichkeit,<br />
dass ein Teilchen bis in tiefere Zonen diffundiert, nimmt mit der Tiefe der Festkörperschicht<br />
ab. Diffusion vollzieht sich entsprechend Petzold [6] an Oberflächen am leichtesten,<br />
weil dort die Zahl von Fehlstellen durch Strukturfehler besonders hoch ist. Ist eine fehlstellenreiche<br />
Oberflächenschicht z. B. durch eine Säure abgebaut, findet die weitere Diffusion<br />
der Säure also langsamer statt. (Im Übrigen erfolgt auf diese Weise keine Glättung der Oberfläche.<br />
Die schnellere Diffusion an Fehlstellen führt zu größeren Diffusionsschwankungen<br />
verteilt über die Oberfläche. Die dadurch entstandenen Unebenheiten setzen sich bei weiterem<br />
Kontakt mit der Ätzflüssigkeit fort.)<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 44
5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />
Durch das Diagramm in Abb. 5.12 ist ersichtlich, dass ULE ® sehr viel langsamer als Zerodur ®<br />
durch Flusssäure abgetragen wird. Die Versuchsreihen an ULE ® ergaben, dass das Ätzen hier<br />
im Mittel um das 11-fache langsamer verläuft als an Zerodur ® .<br />
Ätztiefe in nm<br />
6000<br />
5000<br />
4000<br />
3000<br />
2000<br />
1000<br />
Ätztiefe als Funktion der Ätzdauer<br />
für Zerodur ® und ULE ®<br />
Zerodur<br />
Erfahrungswert<br />
aus Fertigung WT<br />
Zerodur<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 45<br />
ULE<br />
0<br />
0 20 40 60 80 100<br />
Ätzdauer in s<br />
Abb. 5.11 Diagramm der Ätztiefe über verschiedene Ätzdauern aufgetragen für Zerodur ®<br />
und ULE ® mit polierter Oberfläche<br />
Beim Ätzen von ULE ® und Zerodur ® in Standardätzlösung gibt es deutliche Unterschiede in<br />
der Geschwindigkeit. Der steile Anstieg des Graphen von Zerodur ® deutet auf eine sehr viel<br />
schnellere Abtragsgeschwindigkeit als an ULE ® . Durch den schnelleren Abtrag kam es an<br />
Zerodur ® auch zu größeren Messwertschwankungen. Der Erfahrungswert zum 3-µm-Ätzen<br />
auf der Zerodur ® -Wafertafel liegt im Bereich des Graphen aus den eigenen Messreihen.
5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />
Ätzrate in nm/s<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
Ätzrate als Funktion der Ätzdauer<br />
Zerodur<br />
Erfahrungswert<br />
aus Fertigung WT<br />
Zerodur<br />
ULE<br />
0<br />
0 20 40 60 80 100<br />
Ätzdauer in s<br />
Abb. 5.12 Diagramm der Ätzrate nach Ätzdauer aufgetragen für Zerodur ® und ULE ® mit<br />
polierter Oberfläche<br />
Beim Ätzen von ULE ® und Zerodur ® in Standardätzlösung gibt es deutliche Unterschiede in<br />
der Ätzrate. Bei beiden jedoch wird der Materialabtrag mit zunehmender Ätzzeit langsamer.<br />
Die stellenweise hohen Fehlerangaben sind vermutlich durch unzulängliches Abdichten zu<br />
verdeckender Probenzonen verursacht. Jede Probe wurde in vier Zonen geteilt, die zunächst<br />
verklebt werden mussten. Sie wurden für die einzelnen Ätzzeiten nacheinander aufgedeckt.<br />
Die Zonen, die am längsten abgedeckt werden mussten, haben die höchste Unsicherheit<br />
(also von rechts jeder vierte Messpunkt im Diagramm), weil vermutlich Ätzlösung die abgeklebten<br />
Zonen durchdrungen hat.<br />
Der Erfahrungswert zum 3-µm-Ätzen auf der Wafertafel aus Zerodur ® weicht nur geringfügig<br />
ab.<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 46
5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />
Ätzrate v in nm/s<br />
17<br />
16<br />
15<br />
14<br />
13<br />
12<br />
11<br />
10<br />
9<br />
8<br />
7<br />
6<br />
ULE ® - Ätzrate<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 47<br />
ULE<br />
5<br />
0 20 40 60 80 100<br />
Ätzdauer t in s<br />
Abb. 5.13 Auftrag der Ätzrate als Funktion der der Ätzdauer für poliertes ULE ®<br />
Die Raten-Achse wurde im Vergleich zu Abb. 5.12 gespreizt. Der Verlauf der<br />
Messpunkte wird dadurch dem Zerodur ® sehr ähnlich. Hier werden auch die Messwertschwankungen<br />
deutlich, die vermutlich durch das unzulängliche Abkleben von<br />
Probenzonen verursacht sind.<br />
Innerhalb der Versuchsreihe an ULE ® mit einer Ätzdauer von maximal 1,5 Minuten wurde die<br />
erforderliche Ätztiefe von 3 µm – wie sie bei einer Fertigung einzelner Strukturen auf der Wafertafel<br />
(siehe Kap. 3) notwendig ist – an ULE ® nicht erreicht. Deshalb wurden neue Versuche<br />
mit einer Ätzdauer von 9 bis 12 Minuten durchgeführt. Geht man davon aus, dass der zeitliche<br />
Verlauf der Ätztiefe linear ist, wurde eine Ätzdauer von ca. 9 min prognostiziert. Bei einem<br />
linearen Verlauf gäbe es jedoch für den Beginn des Ätzprozesses einen Offset von ca. 30 nm -<br />
ein Hinweis, dass der Materialabtrag nur über einen begrenzten Zeitraum als annähernd linear<br />
betrachtet werden kann. Es war damit zu rechnen, dass die Zunahme der Ätztiefe mit der Zeit<br />
leicht abnimmt, so dass für die Zieltiefe von 3 µm eine längere Ätzzeit als berechnet zu erwarten<br />
war. Im Ergebnis dieser Versuche wurde die Zieltiefe bei etwas unter 10 min erreicht. Leider<br />
löste sich die Ätzmaske aus Vacrel 1840 während der Versuche, so dass die Ausbeute an<br />
messbaren Strukturen gering ausfiel.<br />
LE 102 ® hat im Vergleich zu Zerodur ® und ULE ® ein völlig entgegengesetztes Abtragsverhalten<br />
durch Flusssäure (siehe Abb. 5.14). Bis etwa 40 s Ätzzeit steigt die Zunahme der Ätz-
5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />
tiefe an. Erst danach ist das Abtragsverhalten bis 2 min Ätzdauer annähernd linear. Weitere<br />
Versuche hatten gezeigt, dass ab zwei Minuten der Anstieg beständig kleiner wird, die Ätzrate<br />
also abnimmt.<br />
Die Ätzrate (siehe Abb. 5.15) nimmt bis ca. 15 bis 20 s ab. Dabei verliert die Oberfläche ab<br />
spätestens 10 s Ätzdauer völlig ihren Glanz. Bei höherer Ätzdauer steigt die Ätzrate rapide an.<br />
Der Anstieg flacht jedoch ab ca. einer Minute wieder ab.<br />
Bei Ätzzeiten über zwei Minuten verlangsamt sich die Ätzrate und fällt bei weiterer Säureeinwirkung<br />
ab.<br />
Ätztiefe in nm<br />
14000<br />
12000<br />
10000<br />
8000<br />
6000<br />
4000<br />
2000<br />
Ätzdauer für Zerodur ® und LE 102 ®<br />
Zerodur<br />
LE102<br />
0<br />
0 20 40 60 80 100 120<br />
Ätzdauer in s<br />
Abb. 5.14 Auftrag der Ätztiefe als Funktion der Ätzdauer für poliertes LE 102 ® . Im Gegensatz<br />
zu Zerodur ® steigt die Zunahme der Ätztiefe mit der Zeit leicht an.<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 48
5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />
Ätzrate in nm/s<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
Messreihe Ätzdauer<br />
für Zerodur ® und LE 102 ®<br />
Zerodur<br />
LE102<br />
0<br />
0 20 40 60 80 100 120<br />
Ätzdauer in s<br />
Abb. 5.15 Auftrag der Ätzrate als Funktion der Ätzdauer für poliertes LE 102 ®<br />
Bis ca. 15 s bis 20 s Ätzzeit nimmt die Ätzrate ab. Danach nimmt sie deutlich zu, wobei der<br />
Anstieg mit der Zeit leicht abnimmt. Ab ca. 50 s Ätzdauer ist die Ätzrate des LE 102 ®<br />
schneller als bei Zerodur ® .<br />
Für alle drei Versuchsmaterialien wurde die Oberflächenrauheit nach dem Ätzen mit dem<br />
Perthometer (ein Rauhigkeitsmessgerät) vermessen. Der Ra-Wert an polierten Oberflächen<br />
verschlechterte sich nach dem Ätzen bei allen drei Materialien wesentlich. Nach wenigen Sekunden<br />
trat bei Zerodur ® und ULE ® die Polier- bzw. Schleifrichtung hervor. Schon mit bloßem<br />
Auge sind ab etwa 10 Sekunden Ätzzeit Streifen sichtbar. Unter starker Vergrößerung<br />
sind an dieser Stelle viele kleine Kerben bzw. Risse zu sehen (siehe Abb. 5.16). Dadurch stieg<br />
der Ra-Wert bei ULE ® nach z. B. einminütigem Ätzen um das rund 1,5-fache.<br />
Abb. 5.16 Noppenstruktur auf ULE ® nach 12-minütigem Ätzen<br />
Zu erkennen sind viele kleine Risse. Sie haben sich an Schleifrillen, die in<br />
vorangegangenen Prozessen der Oberflächenbearbeitung entstanden waren,<br />
angeordnet. Vor dem Ätzen sind solche Risse unter gleicher Vergrößerung<br />
nicht erkennbar. Vermutlich wurden Beschädigungen, die durch<br />
Schleifprozesse entstanden, sind nicht völlig auspoliert, so dass die saure<br />
Lösung in die schadhaften Stellen eingedrungen ist und von dort aus ein<br />
annähernd isotroper Abtragprozess stattfinden konnte.<br />
Die Oberfläche der Noppe wurde ebenfalls angegriffen, zu erkennen an<br />
den durchgehenden Rissen über die Noppe hinweg. Die Ätzmaske war<br />
während des Ätzens abgefallen.<br />
Der Durchmesser der Noppe beträgt etwa 930 µm.<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 49
5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />
Beim Vermessen der Oberflächenrauheit an Zerodur ® wurde auffällig, dass nach langem Ätzbad<br />
die Profilspitzen in der Oberflächenstruktur gerundet erscheinen. Feine Rillen verschwinden<br />
und nur die grobe Oberflächenlandschaft bildet sich nach dem Ätzen noch ab (siehe auch<br />
Abb. 5.17)<br />
Abb. 5.17 Noppenstruktur auf Zerodur ® nach 15-minütigem<br />
Ätzen der unpolierten Oberfläche (Ra = 1,1 µm) in Standardsäurelösung<br />
Nach dem Ätzen entstanden die hier sichtbaren konkaven<br />
Ausbuchtungen auf der Oberfläche.<br />
Am Smart Scope wurde für diese Struktur ein Durchmesser<br />
von 817 µm gemessen.<br />
5.2.2 Einfluss der Temperatur<br />
Ein Anstieg der Ätzrate mit der Ätzbadtemperatur wurde durch die Versuche an allen drei<br />
Versuchsmaterialien bestätigt. In Abb. 5.18 sind die Ergebnisse für Zerodur ® , ULE ® und LE<br />
102 ® aufgetragen. Untersucht wurde der Temperaturbereich von 20 °C bis 40 °C im Abstand<br />
von 2 °C.<br />
Im Diagramm ist ersichtlich, dass der Anstieg der Ätzrate mit steigender Temperatur zunimmt.<br />
Diese Zunahme ist für alle drei untersuchten Materialien ähnlich. Die Ätzrate stieg alle 10<br />
Kelvin um das:<br />
- 1,8-fache bei Zerodur ®<br />
- 1,5-fache bei ULE ®<br />
- 1,7-fache bei LE 102 ®<br />
Die Steigungstendenz jedoch ist vergleichbar mit dem Versuchsergebnis an Zerodur ® . Bei<br />
den Messungen an Zerodur ® ergaben sich hohe Fehlerabweichungen. Sie sind darauf zurückzuführen,<br />
dass die weiße Abdeckfolie nur unzulänglich dem Säureangriff und dem Wärmeeinfluss<br />
standgehalten hat, so dass es zu ungewolltem Materialabtrag in Oberflächenbereichen<br />
kam, die für andere Messpunkte vorgesehen waren. Bei den Messungen an ULE ® und LE<br />
102 ® konnte dieser Einfluss durch zusätzliche Verstärkung der Abdeckfolie durch Klebeband<br />
verhindert werden.<br />
Außergewöhnlich ist das Ätzverhalten an LE 102 ® über 36 °C. Der Ätzabtrag ist bei 38 °C<br />
und 40 °C annähernd konstant geblieben, es fand kein weiterer Materialabtrag mehr statt (die<br />
momentane Ätzrate ist Null). Möglicherweise ist hier ein Optimum erreicht und der Säureangriff<br />
wird von Effekten überlagert, die den Temperatureinfluss kompensieren. Für die Messpunkte<br />
bei 20 °C, 30 °C und 40 °C wurde das Oberflächenätzen ein zweites Mal wiederholt.<br />
Auch hier lag die Ätztiefe bzw. die Ätzrate in der gleichen Größenordnung.<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 50
5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />
Ätzrate in nm/s<br />
220<br />
200<br />
180<br />
160<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
Ätzrate als Funktion der Temperatur<br />
bei einer Ätzdauer von 60 s<br />
0<br />
280 290 300 310 320<br />
Temperatur in K<br />
Zerodur<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 51<br />
ULE<br />
LE 102<br />
Abb. 5.18 Auftrag der Ätzrate an Zerodur ® , ULE ® und LE 102 ® in Abhängigkeit von der Ätzbadtemperatur<br />
Unter Verwendung der Temperatur-Reaktionsgeschwindigkeit-Regel würde folgende Aussage gelten: Die Ätzrate<br />
steigt je 10 K bei<br />
Zerodur ® um das 1,8-fache<br />
ULE ® um das 1,5-fache<br />
LE 102 ® um das 1,7-fache
5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />
Durch das Ätzen an LE 102 ® entstand schwarzer Staub auf der Oberfläche, der sich durch<br />
Druckluft z. T. entfernen ließ. Bei den Proben mit hoher Ätzrate, also bei höheren Temperaturen<br />
nahe 40 °C, lösten sich unter Druckluft sogar feine Splitter.<br />
Da damit zu rechnen war, dass sich noch lose Schichten auf der strukturierten Cordieritoberfläche<br />
befanden, wurde die Oberfläche unter warmem Leitungswasser ca. eine Minute<br />
lang gebürstet. Infolge dessen stiegen die Messwerte der Ätztiefe leicht, der Verlauf in Abhängigkeit<br />
von der Temperatur änderte sich jedoch unwesentlich.<br />
Die Ätzrate ist nicht unmittelbar gleichzusetzen mit der Reaktionsgeschwindigkeit, jedoch soll<br />
einmal versucht werden, das Verhalten beim Oberflächenätzen mit den Gesetzen der Reaktionskinetik<br />
zu vergleichen. Aus der Arrhenius-Gleichung und dem Geschwindigkeitsgesetz<br />
(siehe Abs. 1.4) lässt sich folgende Gleichung aufstellen:<br />
c<br />
r<br />
a<br />
E A<br />
−<br />
RT<br />
A<br />
= A ⋅ e bzw. Reaktionsgeschwindigkeit r = ⋅ e a<br />
c<br />
Es gibt also eine Proportionalität zwischen ln(r) und 1/T. Diese Abhängigkeit ist auch von<br />
Diffusionsprozessen bekannt. In Diagramm Abb. 5.19 ist die Ätzrate logarithmisch gegen die<br />
reziproke Temperatur aufgetragen. Für alle Materialien ergibt sich in dieser Aufstellung eine<br />
Gerade mit einem Abstieg in ähnlicher Größenordnung. Möglicherweise jedoch ist eine verbindliche<br />
Aussage über diesen geringen Temperaturbereich noch nicht möglich.<br />
LN der Ätzrate<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0,0031 0,0032 0,0033 0,0034 0,0035<br />
Temperatur in 1/K<br />
Zerodur<br />
E A<br />
−<br />
RT<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 52<br />
ULE<br />
LE 102<br />
Abb. 5.19 logarithmischer Auftrag<br />
der Ätzrate über die reziproke<br />
Temperatur
5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />
5.2.3 Einfluss von Säurekonzentration und Säuremischverhältnis<br />
Zwischen Strukturhöhe und Flusssäurekonzentration gibt es einen quadratischen Zusammenhang.<br />
Im Diagramm Abb. 5.20 ist die Abhängigkeit der Ätztiefe von der Flusssäurekonzentration<br />
für ULE ® abgebildet. Hier wurde der Zusammenhang beispielhaft für eine Ätzdauer von<br />
einer Minute dargestellt. Aus der Anordnung der Messwerte ließ sich eine Gleichung der Form<br />
h = k * [c%HF]²<br />
ableiten. Dabei ist h die Strukturhöhe bzw. die Ätztiefe und c%HF die Konzentration der Flusssäure<br />
im Ätzbad in Prozent. Der Faktor k gibt einen Wert an, der bei konstanter Temperatur<br />
und Abtragsfläche abhängig von der Ätzdauer ist. Er steigt mit längerer Ätzzeit linear an.<br />
Ätztiefe in nm<br />
5000<br />
4000<br />
3000<br />
2000<br />
1000<br />
Ätztiefe an ULE ® über HF-Konzentration<br />
h = 1,35 [c%HF]²<br />
0<br />
0 10 20 30 40 50 60<br />
HF-Konzentration in %<br />
5.20 Diagramm zur Abhängigkeit der Ätztiefe von der Flusssäurekonzentration für<br />
das Beispiel einer einminütigen Ätzung einer ULE-Probe<br />
1 min Ätzdauer<br />
Trend<br />
Die Versuche haben deutlich gemacht, dass Flusssäure wenig selektiv zwischen der Ätzmaske<br />
und dem zu ätzenden Glaswerkstoff wirkt. Zwar wird die Ätzmaske in der Ätzlösung nicht<br />
aufgelöst, die Ätzmaske dehnt sich jedoch während des Tauchens in der Lösung aus, insbesondere<br />
bei höherer Flusssäurekonzentration. Auf der Folie entstehen Blasen (siehe Abb. 5.30<br />
in Abschnitt 5.2.5.2). Die Ätzmaske blasst aus und fällt bald darauf ab.<br />
Die Folie löste sich mit steigender Konzentration potentiell schneller ab. Die Zeit, nach der<br />
sich die Folie vom ULE ® -Substrat ablöste, ließ sich in Abhängigkeit von der Flusssäurekonzentration<br />
in einem Diagramm darstellen. (siehe Abb. 5.21)<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 53<br />
Abb.
5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />
Ätzdauer in s<br />
3500<br />
3000<br />
2500<br />
2000<br />
1500<br />
1000<br />
500<br />
t Ä = 12000 c%[HF] -3/2<br />
ULE ®<br />
Ätzdauer bis zum<br />
Ablösen der Ätzmaske<br />
0<br />
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90<br />
HF-Konzentration in %<br />
Abb. 5.21 Auftrag der Zeit bis zum Ablösen der Ätzmaske aus Vacrel 1840<br />
als Funktion der Flusssäurekonzentration<br />
Wegen des Ablösens der Ätzmaske aus Vacrel 1840 war es nicht möglich, eine Ätztiefe von 3<br />
µm in ULE ® sicher zu erreichen. Das wird deutlich, wenn die Ätzdauern, die unter bestimmten<br />
Flusssäurekonzentrationen notwendig waren, im Diagramm Abb. 5.21 einträgt. Siehe dazu<br />
Diagramm Abb. 5.22. Das Problem des Ablösens der Ätzmaske stellt sich an Zerodur ® nicht.<br />
Die Ätzmaske haftet hier wesentlich besser bei höherer Ätzgeschwindigkeit als an ULE ® .<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 54
5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />
Ätzdauer t Ä in s<br />
5000<br />
4000<br />
3000<br />
2000<br />
1000<br />
.<br />
ULE<br />
Ätzdauer bis zum<br />
Ablösen der Ätzmaske<br />
Ätzdauer für 3 µm<br />
Ätztiefe<br />
0<br />
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90<br />
HF-Konzentration in %<br />
t Ä für 3µm = 125000 c%[HF] -2<br />
t Ä = 12000 c%[HF] -3/2<br />
Abb. 5.22 Vergleich der Verläufe für das Ablösen der Ätzmaske aus Vacrel 1840 und für die Strukturhöhe<br />
von 3 µm an ULE ® . Aufgetragen ist die Ätzdauer als Funktion der Flusssäurekonzentration. Innerhalb der<br />
Flusssäurekonzentration von 0 % bis 100 % kreuzen sich die Hyperbeln nicht. Der Graph der Ätzung auf 3<br />
µm Strukturhöhe liegt stets über dem Verlauf der Ablösezeitpunkte der Ätzmaske. Das bedeutet, dass die<br />
Ätzmaske schon abgefallen ist, bevor 3 µm erreicht wurden. Die Daten für 3µm Strukturhöhe wurden z. T.<br />
extrapoliert aus den Messdaten mit kleinerer Strukturhöhe, z. T. blieben in den Versuchen vereinzelt Teile<br />
der Ätzmaske auch bis zum Erreichen von 3 µm stehen<br />
In weiteren Versuchsreihen wurde untersucht, ob die Kombination mit anderen Säuren günstigere<br />
Ätzergebnisse bringt. Bisher wurde in der Ätzlösung außer Flusssäure Salzsäure verwendet.<br />
Sie sorgt für einen notwendigen Glanz der Oberfläche des zu ätzenden Materials. Für den<br />
Arbeitsschutz lässt sich der Effekt ausnutzen, dass Salzsäure auf der Haut ein brennendes Gefühl<br />
verursacht, so dass ein Kontakt mit der Ätzlösung sofort bemerkt werden kann.<br />
Es wurde recherchiert, dass TiO2, welches in ULE ® zu ca. 9 % enthalten ist, auf Salpetersäure<br />
(HNO3) bzw. Schwefelsäure (H2SO4) geringfügig reagiert (verwendet werden meist heiße<br />
Suspensionen). Für die Versuche wurde der Anteil an Salzsäure in der Standardlösung durch<br />
die genannten Säuren ersetzt.<br />
Die Ergebnisse brachten jedoch keine wesentliche Änderung der Ätzrate (siehe Abb. 5.23) an<br />
ULE ® . Ein Versuch, bei dem Probeteile in Königswasser getaucht wurden, zeigten sich sowohl<br />
ULE ® als auch Zerodur ® über einen Zeitraum bis zu drei Minuten als sehr beständig. Es<br />
konnte keine Struktur auf der Oberfläche nachgewiesen werden. Königswasser ist ein Gemisch<br />
aus Salz- und Salpetersäure im Verhältnis 3:1.<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 55
5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />
Dieses Ergebnis bestätigt, dass ein nennenswerter Materialabtrag an Zerodur ® und ULE ® einzig<br />
durch das Vorhandensein von Fluoridionen verursacht wird.<br />
Ätzgeschwindig<br />
keit in nm/s<br />
8,0<br />
6,0<br />
4,0<br />
2,0<br />
Ätzdauer<br />
6,2<br />
Ätzgeschwindigkeit auf ULE®<br />
mit unterschiedlichen Säuregemischen<br />
5 min 2 min<br />
Abb. 5.23 Vergleich von Strukturierungsergebnissen an ULE ® beim Ätzen mit Säuregemischen aus<br />
der Hauptkomponente Flusssäure und einer gewählten zweiten Säure in geringerer Konzentration<br />
Die Abweichungen sind unwesentlich und vermutlich durch schwankende Versuchsbedingungen wie<br />
Raumtemperatur und leicht unterschiedliche Flusssäurekonzentration verursacht.<br />
In unterschiedlichen Quellen werden weitere flüssige Ätzlösungen zum Ätzen von Keramik<br />
allgemein vorgeschlagen. Dazu gehört z. B. das Ätzen mit Natronlauge (NaOH), Kalilauge<br />
(KOH) oder Phosphorsäure (H3PO4). In diesen Lösungen wird die Korrosionsbeständigkeit<br />
der Keramiken erst in siedenden Ätzbädern und unter hoher Konzentration aufgehoben. Für<br />
das Hantieren mit solchen Bädern sind im Unternehmen keine geeigneten Versuchsarbeitsplätze<br />
vorhanden. Außerdem ist unter solchen Ätzbadbedingungen davon auszugehen, dass<br />
auch hier die Ätzmaske aus Vacrel 1840 nicht beständig bleiben wird. Die Folie löste sich<br />
bereits bei einer Temperatur von über 38 °C vom Substrat. Die Resistfolie lässt sich außerdem<br />
durch NaOH- und KOH-Lösungen entfernen (strippen).<br />
In Abb. 5.24 ist die Ätzrate in Abhängigkeit von der Flusssäurekonzentration für LE 102 ® und<br />
ULE ® aufgetragen. Der quadratische Zusammenhang des ULE ® ergibt sich für LE 102 ® nicht.<br />
Oberhalb 30 % HF wird der Anstieg der Ätzrate kleiner. Dieses Abflachen trat auch beim Ätzen<br />
in Standardlösung (16 % HF) bei Ätzdauern größer 60 s auf. Offensichtlich treffen Effekte,<br />
die den Abtrag durch Flusssäure hemmen, bei höherer Flusssäurekonzentration schneller<br />
auf. Dieser Effekt muss mit der Ätzrate zusammenhängen.<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 56<br />
5,6<br />
5,3 5 5,6<br />
0,0<br />
HCl HNO3 H2SO4<br />
HF wurde gemischt mit ...<br />
Konzentration HF: ca. 15 - 16 %<br />
Konzentration zweite Säure: 7 - 9<br />
5,9
5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />
Ätzrate in nm/s<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
Ätzrate in Abhängigkeit von der HF-Konzentration bei einer<br />
Ätzdauer von 60 s<br />
0<br />
0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6<br />
HF-Anteil in der Ätzlösung<br />
LE102<br />
Abb. 5.24 Abhängigkeit der Ätzrate für ULE ® und LE 102 ® vom Anteil an Flusssäure in<br />
der Ätzbadlösung<br />
Die Ätzrate bezieht sich Ätztiefen bei 60 s Ätzdauer.<br />
Zu den Ergebnissen sei angemerkt, dass durch das Herstellen kleiner Mengen an Säure jeweils<br />
Fehlerabweichungen der Konzentration entstehen, die sich z. T. erheblich auf die erreichte<br />
Ätztiefe auswirken. In Anlage 2 im Anhang ist eine Berechnung des Fehlers, der durch das<br />
Herstellen der Ätzlösung entsteht, aufgeführt.<br />
5.2.4 Einfluss der Materialoberfläche auf das Ätzverhalten<br />
Aus der Reaktionskinetik war zu erwarten, dass Reaktionen an rauen Oberflächen schneller<br />
verlaufen als an glatten Flächen. Der Grund dafür ist die vergrößerte Oberfläche bei hoher<br />
Rauheit. Außerdem führen Materialsenken bzw. –spitzen zu einem schnelleren Abtrag durch<br />
nasschemischen Ätzen, weil der Abtrag von allen Richtungen gleichermaßen - isotrop – erfolgt,<br />
also auch seitlich. Einmal vorhandene Oberflächenfehler werden durch Nassätzen nicht<br />
korrigiert, sondern eher verstärkt. Für alle Versuche an den Materialien Zerodur ® , ULE ® und<br />
LE 102 ® wurde vor und nach der Säurebehandlung der Oberflächenrauheit am Perthometer<br />
gemessen. Nach allen Versuchen stieg der Ra-Wert durch das Ätzen an.<br />
Bei den Proben aus Zerodur ® und ULE ® mit einem Ra von ca. 6 nm wurde beobachtet, dass<br />
die Schleifrichtung aus vorausgegangenen Fertigungsschritten wieder sichtbar wird. Die vergrößerte<br />
Abbildung einer Noppenstruktur in Abb. 5.25 kann das verdeutlichen. Die vor dem<br />
Säureangriff geschützte Oberfläche zeigt bei einer vergrößerten Aufnahme durch das Smart<br />
Scope keinerlei Oberflächenschäden. Dagegen sind rings um die Struktur viele kleine Risse<br />
und Kerben zu sehen, die sich in Schleif- bzw. Polierrichtung anordneten.<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 57<br />
ULE
5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />
Durch eine Versuchsreihe an Zerodur ® -Probekörpern mit verschiedenen Oberflächenbeschaffenheiten<br />
konnte der Nachweis erbracht werden, dass höhere Oberflächenrauheit höhere Ätzraten<br />
zur Folge hat. Zur Verfügung standen Proben mit polierter Oberfläche (Ra ≈ 6 nm) und<br />
Proben mit geschliffener Oberfläche (Ra ≈ 1,1 µm). In Diagramm Abb. 5.26 ist ein Auszug aus<br />
den Ergebnissen dargestellt. Darin wird deutlich, dass ein Abtrag von polierten Oberflächen<br />
wesentlich langsamer verläuft.<br />
Ätzrate in nm/s<br />
150<br />
100<br />
50<br />
Zerodur Ra = 0,0065 µm<br />
Abb. 5.25 Noppenstruktur auf ULE ® , Aufnahme<br />
mit dem Smart Scope, Durchmesser der Kreisfläche:<br />
ca. 900 µm<br />
Die Noppenfläche zeigt unter Vergrößerung<br />
keinerlei Oberflächenschäden. Sie wurde während<br />
des Ätzbades durch die Ätzmaske vor dem<br />
Säureangriff geschützt. Die umgebende Oberfläche<br />
dagegen zeigt zahlreiche Risse und Kerben,<br />
die nach 15-minütigem Ätzen entstanden und<br />
vor der Säurebehandlung unter gleicher Vergrößerung<br />
nicht zu erkennen waren.<br />
Zerodur® - Ätzraten im Vergleich bei<br />
unterschiedlicher Oberflächenrauheit<br />
Zerodur Ra = 1,1 µm<br />
0<br />
1 10 100 1000 10000<br />
Ätzdauer in s<br />
Abb. 5.26 Auftrag der Ergebnisse zweier Messreihen für die Abhängigkeit der Ätzrate von<br />
der Ätzdauer<br />
Dem Ätzbad in Standardsäurelösung wurden Zerodur ® -Proben mit polierter und geschliffener<br />
Oberfläche ausgesetzt<br />
In einer weiteren kleinen Versuchsreihe wurde untersucht, ob die Größe der Probekörper Einfluss<br />
auf die Ätzrate hat. Dafür standen polierte Proben aus Zerodur ® in drei verschiedenen<br />
Flächengrößen (12,25 cm², 28,00 cm² und 51,84 cm²) zur Verfügung. Da die größeren Proben<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 58
5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />
in den Metallbecher der vorangegangenen Versuche nicht hineinpassten, erfolgte das Ätzbad<br />
in einer Wanne. Sie wurde während des Ätzens leicht bewegt. Die Zerodur ® -Proben wurden<br />
eine Minute in Standardätzlösung getaucht, dabei wurden Ätztiefen von 3,8 µm erreicht.<br />
Im Ergebnis wurde keine flächenabhängige Tendenz der Ätzrate festgestellt (siehe Abb.<br />
5.27). Beim Vermessen der Ätzstrukturen am Weisslichtinterferometer konnten jedoch geringfügige<br />
Tendenzen der Ätztiefe über die Oberfläche einer Probe hinweg festgestellt werden. So<br />
fiel die Ätztiefe bei den beiden größeren Proben zur Mitte hin um 1,5 % bis 3 %. Vermutlich<br />
resultieren die Abweichungen aus einer ungleichmäßigen Bewegung der Säurelösung.<br />
Ätzrate in nm/s<br />
60,0<br />
40,0<br />
20,0<br />
0,0<br />
1225<br />
Fläche in mm²<br />
2800<br />
5.2.5 Sonstige Einflüsse und Beobachtungen<br />
5184<br />
Zerodur<br />
Abb. 5.27 Ätzraten bei<br />
unterschiedlichen Flächengrößen<br />
Die Versuchsreihe wurde<br />
an Zerodur ® durchgeführt.<br />
Es gibt keine flächenabhängige<br />
Tendenz der<br />
Ätzrate.<br />
5.2.5.1 Ablagerungen an Zerodur ®<br />
Mit bloßem Auge war zu erkennen, dass es nach Ätzbädern über viele Minuten stellenweise<br />
und vor allem an den Strukturkanten weiße Ablagerungen gab. Die Ablagerungen ließen sich<br />
durch einfaches Abspülen nicht entfernen. In Abb. 5.28 sind sie in einer Smart-Scope-<br />
Fotografie an einer Noppe vergrößert zu sehen.<br />
Abb. 5.28 Fotografie einer<br />
Noppe nach 15-minütiger<br />
Ätzung in Zerodur®<br />
Die Noppe hat einen Durchmesser<br />
von etwa 770 µm.<br />
Gut zu erkennen sind die weißen<br />
Ablagerungen, die als<br />
Reaktionsprodukt der chemischen<br />
Reaktion zwischen Zerodur®<br />
und dem Ätzmittel zu<br />
verstehen sind.<br />
Bei Betrachtung der Reaktionspartner ist davon auszugehen, dass es sich bei den Ablagerungen<br />
um Salze wie Chloride oder Fluoride handeln muss. Für Zerodur ® kommen dabei die beiden<br />
Metalle Lithium bzw. Aluminium, deren Oxide in Zerodur ® enthalten sind, für die Bil-<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 59
5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />
dung der Ablagerungen in Betracht. SiCl4 dagegen ist in Normalumgebung flüssig und das<br />
gasförmige SiF4 wird in Wasser gelöst (und reagiert in HF zu Hexafluorokieselsäure) – beide<br />
Reaktionsprodukte könnten aus SiO2 bei der Reaktion mit Salz- bzw. Flusssäure entstehen.<br />
Nach dem Spülen der Zerodur ® -Proben in Leitungswasser im Anschluss an das Ätzen bilden<br />
sich während des Trocknens an Luft schillernde Farben auf der Oberfläche. Sie sind ein Hinweis<br />
auf das Ablagern einer dünnen Schicht, die möglicherweise erst an der Luft oder durch<br />
das Wasser (z. B. durch Reaktion mit in Leitungswasser enthaltenem Kalk) entsteht. Die<br />
Schicht lässt sich weder durch Reinigen mit Alkohol noch mit leichtem Kratzen mit dem Fingernagel<br />
entfernen. Auf den ULE ® -Proben wurde diese Beobachtung nicht gemacht, auch das<br />
Messen am Spektrometer ergab bei den ULE ® -Flächen keinen Hinweis auf eine solche<br />
Schicht.<br />
5.2.5.2 Verhalten der Ätzmaske aus Vacrel 1840<br />
Während des Nassätzprozesses vergrößert sich die Ätzmaske. Schon nach kurzer Zeit insbesondere<br />
bei erhöhter Säurekonzentration bilden sich Blasen auf der gesamten Oberfläche der<br />
Ätzmaske. Die Ränder der grünen Folienmaske verfärben sich mit zunehmender Ätzzeit gelblich<br />
grün.<br />
Dieses Ausdehnen kann vorteilhaft sein, denn nach den Versuchen an ULE ® stellte sich heraus,<br />
dass Noppenstrukturen in etwa die Größenordnung der Maskenstruktur vor dem Ätzen<br />
hatten, so dass hier Unterätzvorgänge durch das Ausdehnen der Masken kompensiert werden.<br />
Vermutlich jedoch ist dem Aufschwämmen der Ätzmaske zu verschulden, dass sie sich nach<br />
gewisser Ätzdauer und je nach Säurekonzentration völlig ablöst. Kurz vor dem Ablösen verfärbt<br />
sich die Maske in ein helles Grün, löst sich jedoch nicht im Ätzbad auf. (siehe Abb. 5.29<br />
und 5.30) Die Beobachtungen wurden durch ein kleines Experiment gestützt, bei dem ein<br />
Stück Trockenfilmfolie UV-belichtet und nach Entfernen der Schutzfolien 10 Minuten lang in<br />
Abb. 5.29 Fotografie der Ätzmaske für eine<br />
Noppe, Durchmesser der Struktur ist ca. 920 µm<br />
Der helle Rand ist auf die Seitenbeleuchtung bei<br />
der Aufnahme des Fotos am Smart Scope zurückzuführen.<br />
Beim Entwickeln der Ätzmaske<br />
entstehen keine scharfen Ränder, sondern nach<br />
innen gewölbte Strukturkanten.<br />
Abb. 5.30 Fotografie der Ätzmaske nach 15minütigem<br />
Ätzen einer Noppe, Durchmesser der<br />
Struktur ist ca. 960 µm<br />
Zu erkennen sind die schwache Aufhellung am<br />
Strukturrand und die Bläschen an der Oberfläche.<br />
Die Maskenstruktur vor der Ätzung (siehe<br />
links – es handelt sich jedoch nicht um die selbe<br />
Noppe) war etwas kleiner. Die durch die Maske<br />
geschützten Strukturen hatten bei dieser Ätzdauer<br />
einen Durchmesser von etwa 750 µm.<br />
Standardsäurelösung getaucht wurde. Nach 2 Minuten im Ätzbad rollte sich die Folie zusammen.<br />
Der getauchte Bereich verfärbte sich hellgrün. Außerdem dehnte sich die Folie aus und<br />
zwar um etwas über 1 mm je cm Folie (gemessen mit einem Lineal). Die Oberflächenstruktur<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 60
5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />
der behandelten und unbehandelten Folie kann in den Abbildungen 5.31 und 5.32 verglichen<br />
werden.<br />
Das ungewollte Ablösen der Ätzmaske ist verfahrenstechnisch beim Bearbeiten von Zerodur ®<br />
nicht problematisch, da hier Ätztiefen von einigen Mikrometern in kurzer Zeit erreicht werden.<br />
Außerdem hat sich während der Versuche herausgestellt, dass die Ätzmaske aus Vacrel<br />
1840 wesentlich länger auf Zerodur ® haftet als auf ULE ® . Für ULE ® war es nicht mehr möglich,<br />
die erforderliche Ätztiefe von 3 µm ohne Verlust der Ätzmaske zu erreichen, weil neben<br />
der Folienhaftung auch die Ätzrate wesentlich geringer ist als bei Zerodur ® .<br />
Abb. 5. 31 Trockenfilmresist<br />
Vacrel 1840 nach 30 s Belichtung<br />
200 µm 200 µm<br />
Abb. 5. 32 Trockenfilmresist<br />
Vacrel 1840 nach 30 s Belichtung<br />
und 10-minütgem Tauchen<br />
in Flusssäurelösung (Standardsäurelösung)<br />
Dieses Ergebnis bot Anlass, über den Einsatz anderer Ätzmasken oder Strukturierungsmethoden<br />
nachzudenken. In kleinen Versuchen wurde das Tempern des Folienresists und Kerzenwachs<br />
als Ätzmaske getestet. Beide Methoden führten zu einer ausreichend säureresistenten<br />
Ätzmaske. Für alle darauf folgenden Versuche – dazu zählten alle Ätzversuche an LE 102 ® -<br />
wurde die Ätzmaske aus Vacrel 1840 vor jeder Ätzbehandlung bei 150 °C bis 200 °C eine<br />
Stunde lang im Temperofen ausgehärtet.<br />
In einem Einzelversuch wurde eine ULE ® -Probe einem Ätzbad mit Standardsäurelösung ausgesetzt<br />
bis sich die Ätzmaske löste. Die Ätzbadtemperatur betrug 27°C. Nach 20 Minuten<br />
löste sich die Maske ab. In dieser Zeit wurde eine Ätztiefe von 9 µm erreicht.<br />
Theoretische Überlegungen zu anderen Strukturierungsmethoden sind in Kap. 8 diskutiert.<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 61
6. Zusammenfassung und Vergleich der Ergebnisse beim Strukturieren der gewählten<br />
Materialien<br />
6. Zusammenfassung und Vergleich der Ergebnisse beim Strukturieren der<br />
gewählten Materialien<br />
Für das Ätzen von Zerodur ® bestehen im Unternehmen bereits langjährige Erfahrungen. Viele<br />
Ätzschritte durch korrodierende Flüssigkeiten sind bereits für die speziellen Fertigungsvarianten<br />
optimiert. Das Ätzverhalten an Zerodur ® soll i. W. als Referenz dienen. Das Strukturieren<br />
durch chemisches Nassätzen an den beiden Materialien ULE ® und LE 102 ® soll mit dem<br />
Strukturieren an Zerodur ® aus eigenen Versuchen verglichen werden. Sofern es möglich war,<br />
wird in den folgenden Absätzen versucht, Ursachen für bestimmte Ätzverhalten der Materialien<br />
aufzuzeigen.<br />
6.1 ULE ®<br />
ULE ® hat im Vergleich zu Zerodur ® eine sehr geringe Ätzrate, die auch durch erhöhte Flusssäurekonzentration<br />
oder Temperaturerhöhung nicht die Größenordnung der Ätzraten an Zerodur<br />
® erreicht. Die Ätzrate war in Standardlösung etwa 11mal langsamer als bei Zerodur ® . Die<br />
Zieltiefe von 3 µm wurde nicht erreicht, ohne die Ätzmaske aus Vacrel 1840 zu verlieren.<br />
Deshalb ist es notwendig, die Ätzmaske vor jedem Ätzprozess bei 150 °C bis 200 °C auszuhärten.<br />
Dieser zusätzliche Prozessschritt erfordert ohne Abkühlen etwa eine Stunde. Sollte das<br />
nasschemische Ätzverfahren für die Strukturierung einer ULE ® -Oberfläche für zukünftige<br />
Fertigungsprozesse geplant sein, sollte dieser Prozessschritt speziell für dieses Material und<br />
für den spezifischen Einsatz des geplanten Produktes weiter untersucht und optimiert werden.<br />
Es sei erwähnt, dass der Hersteller des Trockenfilmresists eine weitere Aushärtung durch intensive<br />
UV-Bestrahlung empfiehlt.<br />
Durch den langsamen Materialabtrag des ULE ® können Zieltiefen bzw. –höhen von Strukturen<br />
feiner eingestellt werden. Aus den Versuchen war zu ersehen, dass die absoluten Toleranzen<br />
der Messergebnisse wesentlich kleiner ausfielen. Dadurch haben schwankende Umgebungs-<br />
bzw. Fertigungsbedingungen schwächeren Einfluss auf das Ätzergebnis.<br />
Es stellt sich die Frage nach dem Grund für die unterschiedliche Reaktion von Zerodur ® und<br />
ULE ® auf den Säureangriff. Die beiden Materialien unterscheiden sich durch zwei wesentliche<br />
Fakten. Beide sind zwar i. W. Silikate, haben aber eine unterschiedliche chemische Zusammensetzung.<br />
Des Weiteren ist ULE ® rein amorph, während Zerodur ® als Glaskeramik in über<br />
70 % aus kristalliner Phase besteht.<br />
Aus einem Informationsblatt der Firma Schott Glas zu chemischen Eigenschaften optischer<br />
Gläser [21] ist zu erfahren, dass Gläser, die SiO2, Al2O3, TiO2 oder Oxide der Seltenerden<br />
(Lanthanoide) enthalten, sehr korrosionsbeständig sind. Dagegen sorgen Oxide der Alkali- und<br />
Erdalkalimetalle für einen leichteren chemischen Angriff. Da ULE ® besteht überwiegend aus<br />
SiO2 und TiO2, Zerodur ® neben SiO2 und Al2O3 auch aus Li2O. Die unterschiedliche chemische<br />
Zusammensetzung könnte also ein Grund für das verschiedene Verhalten sein. Alkalimetalle<br />
in Gläsern bzw. Glaskeramiken verhalten sich im Glasnetzwerk als Netzwerkwandler<br />
(siehe Abs. 1.2.3). In Abs. 1.5.3 wurde erklärt, wie die Reaktion von Glas mit Säuren abläuft.<br />
Dabei kommt es zusätzlich zum Abtrag des Glasmaterials durch Fluoride zu einer Auslaugung<br />
durch Ionenaustausch. Sind im säurebehandelten Glasmaterial hohe Anteile an alkalischen<br />
oder erdalkalischen Ionen vorhanden, erhöht sich durch den Ionenaustausch der Anteil von<br />
Alkali- und Erdalkali-Ionen in der sauren Lösung. Diese aufgenommenen Kationen sind wie-<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 62
6. Zusammenfassung und Vergleich der Ergebnisse beim Strukturieren der gewählten<br />
Materialien<br />
derum in der Lage, das Glasnetz aufzulösen (Netzwerkwandler). Auf diese Weise wird der<br />
Abtrag von Glas forciert. Bei ULE ® ist der Anteil an Netzwerkwandlern nur in Spuren vorhanden.<br />
Der Säureabtrag wird durch materialeigene Netzwerkwandler kaum unterstützt.<br />
6.2 LE 102 ®<br />
Beim Strukturieren von LE 102 ® durch saure Lösung kann der Materialabtrag nur über kleine<br />
Zeitintervalle als linear angenommen werden. Deshalb ist es schwierig, genaue Ätztiefen unter<br />
gegebenen Ätzbedingungen zu prognostizieren bzw. das Ätzverhalten mathematisch zu beschreiben.<br />
Die Ätzrate nimmt unter Standardätzlösung (16 % HF) bei Ätzdauern über wenige<br />
Sekunden ab. Sie ist in diesem Zeitbereich etwa halb so groß wie die Ätzrate des Zerodurs. Ab<br />
etwa 20 s Ätzdauer nahm in den Versuchen die Ätzrate rapide zu. Sie erreichte bei etwa 50 s<br />
die Größenordnung des Zerodurs, steigt jedoch mit zunehmender Ätzdauer weiter an. Bei einer<br />
Ätzdauer von ca. 2 min gibt es ein Ätzratenmaximum. Danach fällt die Ätzrate ab, ist jedoch<br />
bis mindestens 18 min immer noch höher als bei Zerodur ® . LE 102 ® lässt sich also durch<br />
die Flusssäurelösung sehr schnell abtragen. Das Material bedarf aber intensiver Versuche,<br />
wenn spezielle Zieltiefen beim Strukturieren durch nasschemisches Ätzen erreicht werden<br />
sollen. Auch bei den Untersuchungen zu temperatur- und säurekonzentrationsabhängigem<br />
Abtragsverhalten wurden nichtlineare Zusammenhänge festgestellt. Beispielsweise stagnierte<br />
der Ätzabtrag bei einer Säurelösung mit 16 % Flusssäure ab einer Ätzbadtemperatur von 38<br />
°C. (Temperaturen über 40 °C wurden nicht untersucht.)<br />
Als bedeutsam für das Abtragverhalten des LE 102 ® wird die sich durch Säureeinwirkung<br />
ändernde Oberflächenrauheit befunden. Durch vorausgegangene Versuche an Zerodur ® (siehe<br />
Abs. 5.2.4) wurde festgestellt, dass sich raue Oberflächen schneller abtragen lassen als polierte.<br />
Die Abhängigkeit der Oberflächenrauheit von der Ätzdauer in Standardätzlösung ist in<br />
Abb. 6.1 dargestellt. Auch hier ist kein lineares Verhalten festzustellen. Bereits nach 10 s Säureeinwirkung<br />
verloren die polierten Proben ihren Glanz. Die Rauheit nimmt durch weiteres<br />
Ätzbad rapide zu bis sie ab ca. einer Minute stagniert und nur noch langsam zunimmt.<br />
Rauheit R a in nm<br />
1000<br />
800<br />
600<br />
400<br />
200<br />
0<br />
LE 102 ®<br />
0 50 100 150 200 250 300 350<br />
Ätzdauer in s<br />
Abb. 6.1 Abhängigkeit der Oberflächenrauheit der LE 102 ® -Proben von der Dauer des<br />
Ätzens bei Standardätzlösung (16 % HF).<br />
Ausgangsmaterial war eine Probe mit polierter Oberfläche.<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 63
6. Zusammenfassung und Vergleich der Ergebnisse beim Strukturieren der gewählten<br />
Materialien<br />
Vermutlich hat nach dieser Zeit die Rauheit die Größenordnung der Materialkörnung angenommen.<br />
Cordierit enthält Kristallite, die von feinkörnigen Zuschlagstoffen umgeben sind.<br />
Die Materialphasen um die Kristallite lassen sich häufig sehr viel schneller ätzen als die<br />
Kristallite selbst. Sie enthalten einen hohen Anteil an Ladungsträgern in Form von ungebundenen<br />
Ionen und ermöglichen schnelle Diffusion wegen der kleinen Körnung und großen Anzahl<br />
von Strukturfehlern. Die Diffusion und chemische Reaktion einer sauren Lösung ist in<br />
diesen Bereichen deshalb sehr viel leichter möglich. Es entsteht der Eindruck, dass sich das<br />
Material mit der Säure wie ein Schwamm aufsaugt. Beim Ätzen von LE 102 ® entsteht ein<br />
feinkörniger schwarzer Staub bzw. Schlamm. Dieses Material wurde von der Säurelösung<br />
nicht umgesetzt, sondern löste sich durch Unterätzung der feinen Kornstruktur.<br />
Dieses Verhalten ist ein nicht unwesentlicher Nachteil des Keramikwerkstoffs LE 102 ®.<br />
Wird das Material durch Säure strukturiert, wird ein anschließender intensiver Reinigungsprozess<br />
notwendig sein, um lose Körnung des Materials zu entfernen. Dadurch geht ein Vorteil<br />
gegenüber dem Sandstrahlen verloren. Außerdem ist mit starker Unterätzung der Ätzmaske zu<br />
rechnen. In den Versuchen lösten sich erste Teile der Ätzmaske nach 20minütigem Einwirken<br />
der Standardätzlösung trotz vorheriger Temperaturaushärtung der Ätzmaske. Aufgrund der<br />
günstigen Ätzrate könnten jedoch Strukturen mit wenigen Mikrometern Tiefe innerhalb einiger<br />
Sekunden erreicht werden. Beispielsweise werden 3 µm Tiefe in etwa der gleichen Zeit<br />
wie bei Zerodur ® erreicht.<br />
Die relativ hohe und nichtlineare Ätzrate macht es schwierig, Fertigungstoleranzen im nasschemischen<br />
Abtragsverfahren einzuhalten. Temperatur und Flusssäurekonzentration sollten<br />
für eine hohe Prozesssicherheit möglichst konstant gehalten werden.<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 64
7. Diskussion anderer Verfahren für die Strukturierung der gewählten Materialien<br />
7. Diskussion anderer Verfahren für die Strukturierung der gewählten Materialien<br />
In den Versuchen zur <strong>Diplomarbeit</strong> wurde klar, dass die z. Z. verwendete Ätzmaske aus einer<br />
Polymerfolie ohne Temperaturbehandlung für längeres Ätzen mit Flusssäurelösungen ungeeignet<br />
ist. Für das Ätzen von ULE ® sollten deshalb zwei Lösungsansätze verfolgt werden.<br />
Entweder ist die Ätzmaske durch ein anderes Material zu ersetzen oder eine andere Ätzlösung<br />
sorgt für schnelleren Materialabtrag. In den Versuchen wurde festgestellt, dass sowohl die<br />
Erhöhung der Säurekonzentration als auch die Erhöhung der Ätzbadtemperatur keinen Einfluss<br />
auf die Selektivität der Maske zum abzutragenden Material hat. Die Gefahr, die Ätzmaske<br />
aus Folienresist noch vor Erreichen der Zieltiefe zu verlieren, stieg mit beiden Einflussparametern.<br />
Vom Hersteller der Trockenfilmfolie wird eine Temperung mit anschließender Aushärtung<br />
unter ultraviolettem Licht empfohlen. Allein die Wärmebehandlung führte bereits zu einer<br />
besseren Resistenz der Folie gegen Flusssäure. Sollte es jedoch notwendig sein, eine komplette<br />
Noppe mit der Höhe von 150 µm durch Nassätzen herzustellen, wird es voraussichtlich erforderlich,<br />
die Ätzmaske immer wieder aufzufrischen, die Struktur also stufenweise herzustellen.<br />
Eine solch hohe Zieltiefe wurde durch die Versuche innerhalb dieser <strong>Diplomarbeit</strong> nicht<br />
abgedeckt. Voraussichtlich würden rationellere Methoden als die bisher bei Berliner Glas eingesetzte<br />
wenig automatisierte Lithografie gefunden werden müssen.<br />
Nachfolgend sollen Verfahren der Oberflächenstrukturierung diskutiert werden. Sie können<br />
als Anregung dienen für weitere Überlegungen oder technologische Entwicklungen. Einsatzmöglichkeiten<br />
dieser Verfahren wurden in Bezug auf die Fertigung einer Wafertafel diskutiert.<br />
Ihre Größe, der Fertigungsstand vor der Strukturierung und die Strukturgeometrien geben<br />
Grenzen für die Anwendbarkeit vor.<br />
■ Grund, weshalb bei der Strukturierung der Wafertafel keine flüssigen Fotoresiste verwendet<br />
werden können, ist, dass mit dem Fertigungsstand bei Wareneingang in die Strukturierabteilung<br />
bereits Bohrungen auf der Scheibe vorhanden sind. Diese Bohrungen könnten vor der<br />
Strukturierung, vielleicht noch vor dem Polieren, mit einer Paste ausgefüllt werden, so dass<br />
die Oberfläche planar ist. Das Aufschleudern einer gleichmäßigen Fotoresistschicht wäre dann<br />
möglich. Zusätzlich zu diesem Lackauftrag ist ein Aushärten des Lackes in einem Temperofen<br />
notwendig. Dieser Arbeitsschritt wird auch für das Auftragen eines Trockenfilmresists vom<br />
Hersteller empfohlen, in der Berliner Glas KGaA jedoch nicht ausgeführt. Auch eine andere<br />
Entwicklerlösung als Soda wäre voraussichtlich notwendig. Anstelle von polymerisierenden<br />
Negativlacken könnten jedoch auch Positivlacke zum Einsatz kommen. Die Belichtung würde<br />
durch positive Belichtungsmasken durchgeführt; auf ihnen sind alle Strukturen, die nicht abgetragen<br />
werden sollen, schwarz eingezeichnet. Leichtere Justierung der Belichtungsmaske auf<br />
das Werkstück wäre bei der Herstellung von Wafertafelstrukturen vorstellbar. Positivlacke<br />
sind häufig geeigneter zum Erzeugen sehr feiner Strukturen, weil hier durch die Belichtung<br />
Moleküle des Lacks gespalten und nicht verkettet werden.<br />
Da die Oberfläche der Wafertafel vor dem Strukturieren planar ist, ist es vorstellbar, dass anstelle<br />
lichtempfindlicher Lacke auch Abdeckschichten in Flachfilm- oder Schablonendruck,<br />
vielleicht sogar in direktem Aufdruck durch Plotter aufgetragen werden. Alle Lithografieschritte<br />
würden dadurch gespart.<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 65
7. Diskussion anderer Verfahren für die Strukturierung der gewählten Materialien<br />
Ebenso wie eine Chromschicht zur Maskierung bei der Erzeugung der kleinen Wafertafelnoppen<br />
zum Einsatz kommt, ist auch eine metallische Maskierung beim Flusssäureätzen möglich.<br />
Beständig gegen Flusssäure sind z. B. Nickel, Platin und Gold. Da die zu erzeugenden Strukturen<br />
jedoch mehrere Mikrometer hoch sein sollen, wird eine relativ dicke und über die Fläche<br />
sehr homogene Schicht notwendig. Das Bedampfen ist deshalb sehr aufwendig. Außerdem<br />
sind für eine Haftung auf Glas häufig Haftvermittlerschichten notwendig, die möglicherweise<br />
durch Flusssäure angegriffen werden. Eine Haftfähigkeit auf ULE ® wäre zu untersuchen.<br />
Auch die metallische Maske muss zunächst über lithografische Schritte strukturiert werden,<br />
deshalb wäre der Strukturierungsgang um einige Arbeitsschritte erweitert.<br />
■ Für hohe Ätzraten ist ein Verfahren patentiert [30] worden, bei dem zum Ätzen von Glas<br />
neben Flusssäurelösung das Pentafluorbutan HFC-365mfc als Ätzmittel eingesetzt wird. Die<br />
Ätzraten würden noch gesteigert, wenn statt des Wassers Aceton als Lösungsmittel verwendet<br />
wird. Prinzipiell ist zu überlegen, ob das bei der Berliner Glas KGaA verwendete Ätzmittel für<br />
die Strukturierung von Wafertafeln in seiner chemischen Zusammensetzung weiter optimiert<br />
werden kann. Dazu bisher durchgeführte Versuche waren weitestgehend empirisch, chemische<br />
Abläufe und Ursachen für material- und ätzmittelspezifisches Abtragsverhalten durch Nassätzen<br />
sind kaum bekannt. Anhand der Ergebnisse der vorliegenden <strong>Diplomarbeit</strong> und nach Recherchen<br />
zu den Mechanismen beim chemischen Abtrag von Glas gab es Überlegungen, den<br />
Ätzablauf durch gepufferte Flusssäure (in vielen Quellen wird die Zugabe von NH4F vorgeschlagen)<br />
oder alkalische Salze zu steuern, insbesondere wenn hohe Ätztiefen in ULE ® gesucht<br />
sind. Zu berücksichtigen sei jedoch, dass Säurekonzentrationen – wie in dieser Arbeit<br />
festgestellt – die Beständigkeit der Folienätzmaske erheblich beeinflussen. Es ist möglich,<br />
dass diese Folie nur begrenzt gegen bestimmte Radikale (eben z. B. aus Fluoridverbindungen)<br />
resistent ist.<br />
■ Sehr viel sicherer wäre der Umgang mit Ätzmitteln, die nicht flüssig sind, und deshalb z. B.<br />
nicht spritzen, und die sich nicht verflüchtigen wie Gase. Im Patent [29] wird eine Ätzpaste<br />
vorgestellt, die auch für das Ätzen von Glas geeignet sein soll. Die Pasten lassen sich mit<br />
Drucktechniken aufbringen, so dass der Auftrag relativ homogen erfolgen kann. Ätzraten sind<br />
nicht erwähnt. Stellt man sich vor, eine solche Ätzpaste über eine Schablone auf das Glas aufzutragen,<br />
wird klar, dass man als Schablone eine Positiv-Maske benötigt. Alle Zonen, die<br />
durch die Maske verdeckt bleiben, würden nicht geätzt. Für die Noppenstruktur der Wafertafeln<br />
würde für jede Noppe eine freistehende Struktur notwendig sein. Das ist mit einer Schablone<br />
nicht möglich. Würde man wiederum diese Maske mit einer Folienmaske herstellen wollen,<br />
treten vermutlich die gleichen Probleme auf, die während der Versuche bezüglich dieser<br />
Arbeit deutlich wurden. Die Ätzradikale wirken wenig selektiv zwischen Glas und Folie. Ein<br />
direktes Aufdrucken der Ätzpaste in hoher Auflösung wäre eine Lösung.<br />
■ Eine Kombination aus mechanischem und chemischem Abtrag ist die Erosionslithografie.<br />
In einer Patentschrift [34] wird ein Strukturierverfahren beschrieben, bei dem hohe Aspektverhältnisse<br />
durch einen Gasstrahl, der Flüssigkeitströpfchen enthält, erzielt werden. Gas und<br />
Flüssigkeit liegen getrennt voneinander im Volumenverhältnis 1000 : 1 bis 500 000 : 1 vor.<br />
Der Strahl hat eine Geschwindigkeit von 100 m/s und eine Öffnungswinkel von höchstens 2°,<br />
damit möglichst senkrechte Seitenwände eingearbeitet werden können. Es wird erläutert, dass<br />
das zunächst unverbrauchte Lösungsmittel direkt auf den Boden der Strukturgräben einwirkt<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 66
7. Diskussion anderer Verfahren für die Strukturierung der gewählten Materialien<br />
und die gebildete Lösung an den Seitenwänden als Film nach außen strömt. Das Lösungsmittel<br />
ist leicht flüchtig, so dass die Lösung nur noch wenig von den Seitenwänden ablösen kann.<br />
Als Maske kann ein Trockenfilmresist verwendet werden. Das Verfahren ist auf keramische<br />
und metallische Werkstoffe anwendbar. In der Patentschrift wird erwähnt, dass durch das Erosionsverfahren<br />
das Erzeugen von Mikrostrukturen in Glas mit Flusssäure möglich ist.<br />
■ Der Materialabtrag durch Ionenstrahlen wurde im Unternehmen der Berliner Glas KGaA an<br />
Zerodur ® getestet. Problematisch ist der Abtrag über eine große Fläche, die für die Fertigung<br />
einer Wafertafel notwendig wäre. Die Abtragsrate war zu langsam und nicht ausreichend homogen<br />
über die gesamte Wafertafel, so dass sich das Verfahren nicht rentiere. Durch den rein<br />
physikalischen Abtrag ist außerdem eine Maskenschicht notwendig, die eine Dicke in der<br />
Größenordnung der abzutragenden Höhe hat.<br />
■ In der Vorschriftensammlung aus [14] von Dr. Michael Köhler werden Parameter für verschiedene<br />
Trockenätzverfahren aufgeführt. Beim Ätzen unter Hochdruckplasma aus CF4 wird<br />
eine Ätzrate von 38 nm/s für SiO2 angegeben. In Plasmaätzverfahren entstehen Radikale erst<br />
durch das Erzeugen eines Plasmas in einem hochfrequenten elektromagnetischen Feld. Der<br />
Materialabtrag ist chemisch gestützt, so dass es möglich ist, zur Maskierung ein Material einzusetzen,<br />
das resistent gegenüber den Angriff durch das spezielle Ätzplasma ist. Da das Plasma<br />
entsprechend seiner Zusammensetzung in bestimmten Wellenlängenbereichen leuchtet,<br />
kann der Reaktionsverlauf über spektroskopische Echtzeit-Messungen beobachtet werden.<br />
Chemische Abtragsprozesse verlaufen stets isotrop. Deshalb ist bei hohen Abtragsmengen<br />
bzw. -tiefen mit einer starken Unterätzung der Maske zu rechnen.<br />
Das Plasmaätzverfahren lässt sich mit einem physikalischen Schichtabtrag durch Teilchenstrahlen<br />
kombinieren (Reaktives Ionenstrahlätzen – RIE). Dadurch erhält der Abtrag eine gerichtete<br />
(anisotrope) Komponente. Bei solchen Verfahren fallen lt. Köhler [14] die Ätzraten<br />
geringer aus als beim Plasmaätzen. Außerdem würde durch den physikalischen Abtrag, der<br />
sich wenig selektiv gegenüber das Maskenmaterial verhält, eine Maskenschichtdicke in der<br />
Größenordnung (oder geringfügig kleiner) der abzutragenden Höhe notwendig.<br />
■ Die Bearbeitung von Glas durch Laserstrahlung wird häufig als schwierig bewertet. Glas ist<br />
für Strahlung im VIS-Bereich transparent und absorbiert Licht je nach Zusammensetzung nur<br />
im UV- und IR-Bereich. Kristina Schmidt erläutert in [32] ihre Ergebnisse beim Strukturieren<br />
von Glas eines Li2O-B2O3-SiO2-Systems. Dort wird erklärt, dass Excimerlaser, die Licht im<br />
UV-Bereich emittieren, wegen hoher Impulsenergien und kleiner erreichbarer Fokusdurchmesser<br />
sehr gut für die Mikrostrukturierung von Glas geeignet sind. Durch geringe Abtragsraten<br />
je Puls (3 µm/Puls) würde das Glas ohne Entstehung von Mikrorissen abgetragen. Infolge<br />
dessen wird jedoch steigt die Bearbeitungszeit großer Flächen.<br />
Ein von Schmidt [32] analysiertes Verfahren ist der Einsatz eines Nd:YAG-Lasers (λ = 1,06<br />
µm) auf dotiertem Glas. Es wird eine Dotierung des Glases mit FeO und TiO2 vorgeschlagen.<br />
Auf diese Weise nimmt die Absorption im Wellenlängenbereich des Lasers zu. Im genannten<br />
Verfahren würden nicht nur die bestrahlten Oberflächenbereiche aufgeschmolzen und verdampft<br />
(wie bei Metallwerkstoffen), sondern es werden auch umliegende Zonen erwärmt und<br />
geschmolzen. Deshalb wird beim Auftreffen des energiereichen Lichtimpulses flüssiges Glas<br />
aus der Bearbeitungszone herausgeschleudert. Es empfiehlt sich eine Spülgasvorrichtung, die<br />
dieses Glasmaterial durch einen gerichteten Gasstrom von der Bearbeitungszone wegtransportiert.<br />
Ein Vorwärmen des Glases könne Schäden durch Temperaturspannungen zwischen be-<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 67
7. Diskussion anderer Verfahren für die Strukturierung der gewählten Materialien<br />
arbeiteter und umgebender Materialzone minimieren. Für einen Flächenabtrag sei es außerdem<br />
wichtig, Intensitätsschwankungen der Laserstrahlung auszuschließen.<br />
■ In einem dieser <strong>Diplomarbeit</strong> vorausgegangenen Praktikum sollte recherchiert werden, ob<br />
der Abtrag durch Funkenerosion möglich ist. Die Recherche bezog sich auf Keramiken wie<br />
SiC. Voraussetzung für den elektroerosiven Abtrag ist eine elektrische Leitfähigkeit von mindestens<br />
0,01 S/m. Bei den Gesprächen mit Mitarbeitern zweier Institute in Berlin-Adlershof<br />
kristallisierten sich jedoch Bedenken gegenüber dieses Verfahren heraus. Als bedeutender<br />
Nachteil wurde der notwendige große Flächenabtrag für die Herstellung einer Wafertafel genannt.<br />
Zum Beispiel könne das Dielektrikum zwischen Elektrode und Werkstück bei solch<br />
großer Fläche das abgetragene Material in dem kleinen Spalt nicht mehr ausreichend abtransportieren,<br />
es wäre damit zu rechnen, dass sich abgetragenes Material im Zentrum ansammelt<br />
und dort zu einer erhöhten Leitfähigkeit führt. Dadurch würde der erosive Abtrag im<br />
Wafertafelzentrum schneller erfolgen als in den Randbereichen. Alternativ könnten kleinere<br />
Elektroden eingesetzt werden, so dass die Wafertafel in wenigen Fertigungsschritten herausgearbeitet<br />
würde. Es ist jedoch fraglich, ob auf diese Weise die hohen Anforderungen an die<br />
Planität der Wafertafel erfüllt werden können, denn die einzelnen Elektroden müssten nach<br />
jedem Wechsel exakt die Position der vorausgehenden Elektrode einnehmen.<br />
■ Interessant sind die Forschungsarbeiten der Technischen Universität Ilmenau [31]. Dort<br />
werden fotostrukturierbare Glasmaterialien aus dem Grundglassystem Li2O-Al2O3-SiO2 entwickelt.<br />
Durch UV-Belichtung und thermische Behandlung werden im Glas partiell Zonen mit<br />
Kristallphase aus Lithiummetasilikat erzeugt. Diese Kristallphase ist in verdünnter Flusssäure<br />
höher löslich als die umgebende Glasmatrix. Auch die Ätztiefe kann gesteuert werden, indem<br />
die Belichtungsmasken Licht in definierter Transmission passieren lassen. Die Forschungsarbeit<br />
ist jedoch gerichtet auf Gläser mit erhöhter thermischer Ausdehnung, so dass unklar<br />
bleibt, ob es ebensolche Gläser mit geringer thermischer Ausdehnung geben könnte.<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 68
8. Anhang<br />
8. Anhang<br />
Anlage 1 Messmittel<br />
Folgende Messmittel kamen beim Vermessen der Ätzstrukturen zum Einsatz:<br />
A. Smart Scope<br />
Das Smart-Scope ist ein Video-Messmikroskop. Seine Software ermöglicht berührungsfreies<br />
zweidimensionales Vermessen von Werkstückgeometrien. Durch die Zoom-Optik ist das<br />
Mikroskop bis zur 200fachen Vergrößerung stufenlos einstellbar. Das Werkstück wird über<br />
einen x-y-Tisch unter der Optik durchgefahren. Für ständig wiederkehrende Messaufgaben<br />
können automatische Messroutinen aufgenommen und ausgeführt werden.<br />
Mit diesem Gerät wurden Ätzstrukturen unter Vergrößerung fotografiert und Strukturmaße mit<br />
einer Genauigkeit auf einige Mikrometer ermittelt.<br />
B. New View<br />
Das New View der Fa. Zygo ist ein kameragestütztes Weißlichtinterferometer. Es wird i. W.<br />
zur Oberflächeninspektion eingesetzt. Durch den Höhenscan ist es möglich, 3D-<br />
Vermessungen vom Mikro- bis Nanometerbereich durchzuführen.<br />
Der Aufbau des Weißlichtinterferometers entspricht wahlweise dem Michelson- oder Mirau-<br />
Prinzip. Bei der Michelson-Anordnung wird das weiße Licht über einen Strahlteiler auf zwei<br />
Lichtwege verteilt, ein Lichtstrahl strahlt auf das Objekt, der zweite auf eine Referenzebene.<br />
Beide Lichtstrahlen werden auf eine Kamera zurückgelenkt und kommen dort zur Überlagerung.<br />
Bei der Mirau-Anordnung ist die Referenzebene ein teildurchlässiger Spiegel. Während<br />
ein Teil des eingestrahlten Lichts von der Referenzfläche zur Kamera reflektiert wird, durchdringt<br />
ein weiterer Teil des Lichts diese Fläche und wird erst durch die Objektebene reflektiert.<br />
Der Rückweg verläuft durch den teildurchlässigen Spiegel hindurch zur Kamera. Auch<br />
bei diesem Aufbau kommen beide Lichtstrahlen zur Überlagerung. Ist der Lichtweg über das<br />
Objekt und über die Referenzebene gleich, entstehen Interferenzen. Die auftretenden Interferenzlinien<br />
werden durch bildverarbeitende Software zu einer Profil- bzw. Höheninformation<br />
verarbeitet. Durch das Scannen in z-Richtung, bei dem mehrere Ebenen gemessen werden,<br />
entsteht eine dreidimensionale Profildarstellung.<br />
Mit dem New View wurden alle Ätztiefen der Versuchsproben gemessen.<br />
C. Perthometer<br />
Das Perthometer ist ein tragbares Oberflächen-Tastschnitt- bzw. Rauhigkeitsmessgerät. Die<br />
Oberfläche eines Werkstücks wird in definierter Länge mit einer Spitze abgetastet. Das Gerät<br />
gibt die Ra- und Rz-Werte sowie deren Maxima aus. Es besteht die Option, ein Diagramm vom<br />
Messweg auszudrucken.<br />
D. TESA µ-hite<br />
Das TESA µ-hite ist ein Höhenmesstaster. Durch Wahl einer Referenzhöhe werden Höhenunterschiede<br />
zwischen zwei Punkten auf einem Werkstück mit einer Messspitze abgetastet.<br />
Der Messtaster kam beim Vermessen von hohen Strukturen durch Langzeitätzungen oder von<br />
Strukturen mit Oberflächenrauheiten Ra > 1 µm zum Einsatz.<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 69
8. Anhang<br />
Anlage 2<br />
Fehlerrechnung für die Herstellung der Standardsäurelösung<br />
Die Standardsäurelösung enthält 16 % Flusssäure (HF) und 7 % Salzsäure (HCl).<br />
In den Versuchen an ULE ® hat sich folgender Zusammenhang ergeben:<br />
h = k * [c%HF]²<br />
h = Ätztiefe<br />
k = von der Ätzdauer abhängiger Faktor<br />
[c%HF] = Konzentration an Flusssäure (HF) in der Ätzlösung<br />
Die Skalierung auf den Messbechern beim Abmessen der benötigten Lösungsmengen hat eine<br />
1-ml-Einteilung. Die abgemessene Lösungsmenge lässt sich nie vollständig in die Flasche, die<br />
zum Mischen verwendet wird, einfüllen. Es bleiben stets Tropfen im Messbecher und am<br />
Trichter zurück. Die Genauigkeit beim Abmessen der Lösungsmengen wird deshalb auf ± 1<br />
ml abgeschätzt. Entsprechend der Arbeitsanweisung werden für 200 ml Gesamtlösung 44,5 ml<br />
HF, 39 ml HCl und 117 ml destilliertes Wasser abgemessen. (Die vorhandenen Messbecher<br />
lassen kein Abmessen auf 1/10 ml zu, deshalb wird gerundet.)<br />
Die Konzentration von HF in der Gesamtlösung wird berechnet mit:<br />
c%HF =<br />
p ⋅ m<br />
mges<br />
p = Anteil HF in der gegebenen Flusssäurelösung<br />
m = Menge der zuzuführenden Flusssäurelösung<br />
m = Gesamtlösungsmenge<br />
Der Hersteller der Flusssäurelösung gibt einen Konzentrationsbereich von 71 % bis 75 % an.<br />
c%HF =<br />
0, 73⋅<br />
44,<br />
5ml<br />
200ml<br />
Δp = ± 2 %<br />
Δm = ± 1 ml<br />
= 16,2%<br />
Δmges = ± 3 ml (Fehler beim Vermessen aller drei Lösungskomponenten)<br />
Δc<br />
Δp<br />
Δm<br />
Δm<br />
= + +<br />
c p m m<br />
ges<br />
ges<br />
c%HF = 16,2 % ± 1,1 %<br />
=<br />
2%<br />
73%<br />
Fehler der Ätztiefe:<br />
Δh<br />
Δc<br />
= 2 = 2 ⋅ 0,<br />
065 = 0,13 = 13 %<br />
h c<br />
1ml<br />
3ml<br />
+ + = 0,065 = 6,5%<br />
44,<br />
5ml<br />
200ml<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 70
8. Anhang<br />
Ein absoluter Fehler von ±1% der Säurekonzentration führt also zu einem recht hohen Fehler<br />
in der Ätztiefe. Dieser Fehler kann zwischen Messreihen auftreten, die jeweils mit neu angesetzten<br />
Ätzlösungen durchgeführt wurden.<br />
Der absolute Fehler für die Ätztiefe wird kleiner, wenn die Ätzrate gering ist. Die Tiefenstrukturierung<br />
unterliegt dann kleineren Schwankungen, vorgegebene Fertigungstoleranzen lassen<br />
sich leichter einhalten.<br />
Anzumerken ist, dass Ätzlösungen für die Fertigung in größeren Mengen zusammengestellt<br />
werden. Dadurch wirkt sich die Ungenauigkeit beim Abmessen der Flüssigkeiten mit den<br />
Messbechern weniger aus.<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 71
8. Anhang<br />
Anlage 3<br />
Mischungsrechnen für Konzentrationsreihen<br />
Aufgabenstellung Beispiel 1<br />
Es soll eine Lösung hergestellt werden, die 8 % Flusssäure (HF) und 7 % Salzsäure (HCl) enthält.<br />
Lösungsmittel ist Wasser. Zum Mischen stehen 20%ige Flusssäurelösung und 37%ige<br />
Salzsäurelösung zur Verfügung.<br />
Übersicht der Anteile in den gegebenen<br />
und gesuchten Lösungen:<br />
Lösung x y z Soll<br />
HF 0,2 0,0 0,0 0,08<br />
HCl 0,0 0,37 0,0 0,07<br />
H2O 0,8 0,63 1,0 0,85<br />
Es wird ein Gleichungssystem aufgestellt:<br />
0,2x + 0,0y + 0,0z = 0,08<br />
0,0x + 0,37y + 0,0z = 0,07<br />
0,8x + 0,63y + 1,0z = 0,85<br />
vereinfacht :<br />
I 0,2x = 0,08<br />
II 0,37y = 0,07<br />
III 0,8x + 0,63y + z = 0,85<br />
aus I folgt: x = 0,4<br />
aus II folgt: y = 0,19<br />
x und y aus I und II werden in III eingesetzt:<br />
0,4*0,8 + 0,19*0,63 + z = 0,85<br />
z = 0,41<br />
Die Variablen ergeben die Anteile, die auf die gewünschte Gesamtmenge der Lösung anzurechnen<br />
ist.<br />
Beispiel für 250 ml Gesamtlösung<br />
Lösung x (20%ige HF) Y (37%ige HCl) z (H2O)<br />
Anteil 0,40 0,19 0,41<br />
Menge 100 ml 47,5 ml 102,5 ml<br />
100 ml 20%ige HF-Lösung, 47,5 ml 37%ige HCl-Lösung und 102,5 ml destilliertes Wasser<br />
müssen vermischt werden, um 250 ml einer 8%igen HF-Lösung mit 7% HCl zu erhalten.<br />
(Beim Herstellen der Lösung ist natürlich mit Wasser zu beginnen!)<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 72
8. Anhang<br />
Aufgabenstellung Beispiel 2<br />
Es soll eine Lösung hergestellt werden, die 30 % Flusssäure (HF) und 7 % Salzsäure (HCl)<br />
enthält. Lösungsmittel ist Wasser. Zum Mischen stehen die Standardsäurelösung (16%ige HF,<br />
7%ige HCl in H2O), 73%ige Flusssäurelösung und 37%ige Salzsäurelösung zur Verfügung.<br />
Übersicht der Anteile in den gegebenen<br />
und gesuchten Lösungen:<br />
Lösung x y z Soll<br />
HF 0,16 0,73 0,00 0,30<br />
HCl 0,07 0,00 0,37 0,07<br />
Es wird ein Gleichungssystem aufgestellt:<br />
I 0,16x + 0,73y + 0,00z = 0,30<br />
II 0,07x + 0,00y + 0,37z = 0,07<br />
III x + y + z = 1,00<br />
nach Erweitern von Gleichung I mit 7 und Gleichung II mit 16:<br />
I 1,12x + 5,11y = 2,1<br />
II 1,12x + 5,92z = 1,12<br />
Subtraktion<br />
I* 5,11y – 5,92z = 0,98<br />
I 0,16x + 0,73y = 0,30<br />
III 0,16x + 0,16y + 0,16z = 0,16<br />
Subtraktion<br />
II* 0,57y – 0,16z = 0,14<br />
Gleichung II* wird mit 9 erweitert :<br />
II* 5,13y – 1,44z = 1,26<br />
I* 5,11y – 5,92z = 0,98<br />
Subtraktion<br />
4,48z = 0,28<br />
z = 0,0625<br />
z eingesetzt in II*<br />
0,57y – 0,01 = 0,14<br />
y = 0,263<br />
z und y eingesetzt in III:<br />
x + 0,263 + 0,0625 = 1<br />
x = 0,6745<br />
Die Variablen ergeben die Anteile, die auf die gewünschte Menge einer der Ausgangslösungen<br />
anzurechnen ist.<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 73
8. Anhang<br />
Beispiel für 150 ml der Standardsäurelösung als Ausgang:<br />
Lösung x (Standardsäure) y (73%ige HF) z (37%ige HCl)<br />
Anteil 0,6745 0,263 0,0625<br />
Menge 150 ml 58,5 ml 14 ml<br />
Bei 150 ml Standardsäurelösung müssen 58,5 ml 73%ige HF-Lösung und 14 ml 37%ige HCl-<br />
Lösung zugefügt werden, um eine 30%ige HF-Lösung mit 7% HCl zu erhalten.<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 74
Anlage 4<br />
Ätztiefe in nm<br />
40000<br />
35000<br />
30000<br />
25000<br />
20000<br />
15000<br />
10000<br />
5000<br />
0<br />
Zerodur 13.05.04<br />
ULE 13.05.04<br />
Zunahme der Ätztiefe bei Zerodur ® und ULE ®<br />
Zerodur 25.05.04<br />
ULE 25.05.04<br />
0 100 200 300 400 500 600 700 800<br />
Ätzdauer in s<br />
Das Diagramm zeigt den Verlauf der Ätztiefen bei Ätzversuchen über 5 bis 90 s und über 9 bis 12 min an Zerodur ® und ULE ® . Über den Bereich von 1<br />
min bis 15 min kann die Zunahme der Ätztiefe als linear angenommen werden. Für Zerodur ® beträgt der Anstieg 45 nm/s, bei ULE ® beträgt er 5 nm/s. Bei<br />
kürzeren Ätzdauern nimmt die Ätztiefe schneller zu.
9. Quellenverzeichnis<br />
[1] Klaus Stierstadt,<br />
Physik der Materie, Kap. 8, 13, 15, 16<br />
VCH Verlagsgesellschaft mbH, Weinheim 1989<br />
[2] Prof. Dr. sc. techn. N. M. Pavluškin,<br />
Vitrokeramik<br />
Übersetzung aus dem Russischen: Dr.-Ing. Ralf Bruntsch<br />
VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig 1986, 1. Auflage<br />
[3] Werner Vogel,<br />
Glaschemie<br />
VEB Deutscher Verlag für die Grundstoffindustrie, Leipzig 1983, 2. Auflage<br />
[3a] S. D. Stookey<br />
Glastechn. Ber. 32 K<br />
(1959) 1 – 8<br />
[4] Rudolf Rykart,<br />
Quarz-Monographie,<br />
Ott Verlag Thun/Schweiz, 1. Auflage 1989<br />
[5] Hans Rudolf Christen,<br />
Struktur, Stoff, Reaktion<br />
Verlag Moritz Diesterweg GmbH & Co., Frankfurt/M. und Verlag Sauerländer<br />
AG, Aarau, Ausgabe E, 1987<br />
[6] Prof. Dr. rer. nat. Armin Petzold<br />
Physikalische Chemie der Silicate und nichtoxidischen Siliciumverbindungen<br />
Deutscher Verlag für die Grundstoffindustrie, Leipzig 1991<br />
[7] B. Frese<br />
Der Trennungsgang – Identifizierung von Elementen,<br />
Kapitel „Nachweis von Silikat-Ionen (SiO3) 2- ) – Wassertropfenprobe“<br />
Justus-Liebig-Universität Gießen, Juni 2001,<br />
www.uni-giessen.de/~ge1016/skripte/ac2/ac2_kapitel1.<strong>pdf</strong><br />
[8] Brockhaus ABC Naturwissenschaft und Technik<br />
VEB F. A. Brockhaus Verlag Leipzig DDR, 1980<br />
13. überarbeitete Auflage
9. Quellenverzeichnis<br />
[9] „Glaskeramik“,<br />
DE 10110225 A1,<br />
Offenlegungsschrift des Deutschen Patent- und Markenamts<br />
Anmelder: Schott Glas, Mainz<br />
Offenlegungstag: 26.09.2002<br />
[10] Internetpräsenz des Zerodur ® -Herstellers Schott Glas,<br />
www.schott.com/optics_devices/german/products/zerodur/<br />
Stand April 2004<br />
[11] Produktinformationsscript „Zerodur ® -Präzision aus Glaskeramik“ des Herstellers<br />
Schott Glas<br />
[12] Produktinformationsscript “ULE ® ” des Herstellers Corning, Stand 2000<br />
[13] Script zum Vortrag<br />
„Colloboration with Berliner Glas for Deep Sub Micron Lithography“,<br />
Stand 2002<br />
[14] Dr. Michael Köhler<br />
„Ätzverfahren für die Mikrotechnik“<br />
Viley-VCH-Verlag, Weinheim, 1998<br />
[15] „Keramisches Sinterprodukt und Verfahren zu seiner Herstellung“,<br />
DE 19849340 A1,<br />
Offenlegungsschrift des Deutschen Patentamts,<br />
Anmelder: Kyocera corp, Kyoto, Japan,<br />
Offenlegungstag: 29.04.1999<br />
[16] „Low Thermal Expansion Ceramic And Member For Exposure System“,<br />
EP 1323684 A1,<br />
European Patent Applicaton, Europäisches Patentamt,<br />
Anmelder: Sumitomo Metal Industries. LTD., Osaka, Japan,<br />
Offenlegungstag: 28.03.2002<br />
[17] IB Mineral Sciences<br />
Theory Of Thermal Expansion<br />
[18] Christine Heckle, Kenneth Hrdina, Bradford Ackerman, David Navan<br />
Development of Mask Materials for EUVL<br />
Corning Incorporated, Corning NY 14831<br />
22 nd Annual BACUS Symposium on Photomask Technology, Proceedings of<br />
SPIE Vol. 4889 (2002)<br />
[19] Hans-G. Winkler,<br />
Reaktionskinetik, eine experimentelle Einführung in Reaktionsgeschwindigkeit und<br />
Massenwirkungsgesetz<br />
Aulis Verlag Deubner & Co KG, Köln, 1979<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 77
9. Quellenverzeichnis<br />
[20] L. Holland,<br />
The properties of Glass Surfaces,<br />
Verlag Chapman and Hall London, 1964<br />
[21] Chemical properties of optical glass, Abs. 1.3<br />
Informationsblatt der Fa. Schott Glas, 2004<br />
[22] TI-18, Technische Information Optisches Glas<br />
Chemische Korrosion ausgewählter optischer Gläser durch handelsübliche Reinigungsmittel<br />
Schott Glaswerke, Mainz 1985<br />
[23] Helmut Mayer<br />
Keramische Werkstoffe<br />
Kap. „Beständigkeit oxidkeramischer Produkte in korrosiven Flüssigkeiten“<br />
Fachartikel der Fa. Friatec AG, Mannheim, März 1999<br />
http://www.friatec.de/content/Germany/friatec_neu/Frialit-<br />
Degussit/fachartikel/13.<strong>pdf</strong><br />
[24] Horst Scholze<br />
Glas – Natur, Struktur und Eigenschaften<br />
3. Auflage, Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg 1988<br />
[25] Niels Friede<br />
Untersuchungen an Gläsern des Systems CaF2-Al2O3-SiO2 und daraus hergestellten<br />
Glasionomerzementen<br />
Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades Doktoringenieur (Dr.-Ing.),<br />
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle, Feb. 2002<br />
[26] Stephen W. Ataway<br />
The Mystery of Gemstone Polish Part 1<br />
New Mexico, Mai 1999<br />
[27] Donald Golini, Stephen D. Jacobs<br />
Physics Of Loose Abrasive Microgrinding<br />
Applied Optics Vol. 30, No. 19, Juli 1991<br />
[28] Sol-Gel Method for Making Ultra-Low Expansion Glass<br />
US 4-786-618<br />
United States Patent<br />
Anmelder: Corning Glass Works, corning, N. Y.<br />
Patentdatum: 22. Nov. 1988<br />
[29] „Ätzpasten für anorganische Oberflächen“,<br />
DE 10101926 A1,<br />
Offenlegungsschrift des Deutschen Patent- und Markenamts,<br />
Anmelder: Merck Patent GmbH, 64293 Darmstadt,<br />
Offenlegungstag: 31.10.2001<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 78
[30] „Ätzverfahren“,<br />
DE 10026030 A1,<br />
Offenlegungsschrift des Deutschen Patent- und Markenamts<br />
Anmelder: Solvay Fluor und Drivate GmbH, Hannover<br />
Offenlegungstag: 02.05.2002<br />
[31] A. Harnisch, A. Ehrhardt, T. Leutbecher, H. Baumgart, D. Hülsenberg<br />
Mikrostrukturierbare Glaswerkstoffe und deren mechanische Eigenschaften<br />
und<br />
H. Baumgart / A. Ehrhardt / A. Harnisch / D. Hülsenberg<br />
Mikrostrukturierbarer Glaswerkstoff auf der Basis von Diffusionsprozessen<br />
43th International Scientific Colloquium,<br />
Technische Universität Illmenau, 1998<br />
[32] Kristina Schmidt<br />
Spezielle Verfahren der Mikrostrukturierung von Glas<br />
Dissertation, TU Illmenau, Institut für Glas/Keramik-Technik, Jena 1994<br />
[33] Tabellen und Formeln<br />
[34] „Verfahren zur Herstellung von Mikrostrukturen mit hohem Aspektverhältnis<br />
durch Erosionslithographie“<br />
DE 40 19 380 C1<br />
Patentschrift vom Deutschen Patentamt<br />
Patentinhaber: Du Pont de Nemours, Bad Homburg<br />
Veröffentlichungstag: 5.12.1991<br />
[35] Milind S. Kulkarni, Henry F. Erk<br />
MEMC Electronic Materials, Incorporated, Saint Peters, USA<br />
Acid-Based Etching of Silicon Wafers: Mass-Transfer and Kinetic Effects<br />
Journal of The Electrochemical Society, 147 (1), S. 176-188; 2000<br />
<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 79
10. Formelzeichen<br />
10. Formelzeichen<br />
a Atomabstand / Reaktionsordnung<br />
A Konstante, Arrheniusfaktor<br />
c Konzentration<br />
c%[HF] Konzentration der Flusssäure in Prozent<br />
E Energie / Elastizitätsmodul<br />
EA Aktivierungsenergie<br />
k Konstante, Reaktionsgeschwindigkeitskonstante<br />
l0<br />
Anfangslänge eines Körpers<br />
n Stoffmenge<br />
R allgemeine Gaskonstante<br />
Ra mittlere Rauheit einer Oberfläche<br />
r Reaktionsgeschwindigkeit<br />
T Temperatur [K]<br />
t Zeit<br />
V0 Anfangsvolumen<br />
Δl Längenänderung<br />
ΔT Temperaturintervall / Temperaturänderung<br />
ΔV Volumenänderung<br />
α Längenausdehnungskoeffizient<br />
αΔT Längenausdehnungskoeffizient im gegebenen Temperaturintervall<br />
γ Volumenausdehnungskoeffizient<br />
γΔT Volumenausdehnungskoeffizient im gegebenen Temperaturintervall<br />
λ Wellenlänge des Lichts<br />
σ<br />
Oberflächenspannung<br />
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11. Abkürzungen<br />
11. Abkürzungen<br />
Abb. Abbildung<br />
EUV extremes Ultraviolett – Strahlung im Wellenlängenbereich von 10 bis 16 nm<br />
i. W. im Wesentlichen<br />
IR Wellenlängenbereich des Infrarot<br />
Kap. Kapitel<br />
LE 102 ® Markenname für eine Cordierit-Keramik der Firma Sumikin Ceramics & Quartz<br />
Co. LTD<br />
Ra-Wert Parameter für die Rauheit einer Oberfläche, arithmetischer Mittelwert: über eine<br />
vorgegebene Strecke wird in definierten Abständen die Höhe zu einer gedachten<br />
Linie gemessen und der Mittelwert daraus gebildet<br />
ULE ® Ultra Low Expansion - Markenname für ein Glas mit kleiner thermischer Ausdehnung<br />
der Firma Cording Incorpuration, USA<br />
UV ultravioletter Wellenlängenbereich<br />
Vgl. Vergleich<br />
VIS VIS-Bereich, Wellenlängenbereich für sichtbares Licht (380 nm – 750 nm)<br />
z. T. zum Teil<br />
Zerodur ® Markenname für eine Glaskeramik mit kleiner thermischer Ausdehnung der<br />
Firma Schott Glas<br />
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"So eine Arbeit wird eigentlich nie fertig, man muss sie für fertig erklären, wenn<br />
man nach Zeit und Umständen das Möglichste getan hat."<br />
J. W. Goethe<br />
16.3.1787 auf der "Italienischen Reise"<br />
in Bezug auf sein Werk "Iphigenie"