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Diplomarbeit pdf - Sina

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Fachhochschule Brandenburg<br />

Fachbereich Technik<br />

Magdeburger Str. 50<br />

14770 Brandenburg<br />

<strong>Diplomarbeit</strong><br />

vorgelegt von<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera<br />

Geb. 25.10.1969<br />

aus Luckenwalde<br />

Strukturierung Strukturierung Strukturierung Strukturierung ausgewählter ausgewählter ausgewählter ausgewählter Materialien Materialien Materialien Materialien<br />

mit mit mit mit kleiner kleiner kleiner kleiner thermischer thermischer thermischer thermischer Ausdehnung<br />

Ausdehnung<br />

Ausdehnung<br />

Ausdehnung<br />

durch durch durch durch nassch nasscheeeemisches nassch nassch misches misches misches Ätzen Ätzen Ätzen Ätzen<br />

betreut durch:<br />

Prof. Dr. sc. nat. Klaus-Peter Möllmann<br />

Dr. rer. nat. Winfried Arens<br />

bereitgestellt durch:<br />

Berliner Glas KGaA<br />

Abt. Physikalisch-optische Entwicklung<br />

Waldkraiburger Straße 5<br />

12347 Berlin<br />

Berlin im August 2004


Erklärung<br />

Erklärung<br />

Ich versichere, dass ich diese <strong>Diplomarbeit</strong> mit dem Thema „Strukturierung ausgewählter Materialien<br />

mit kleiner thermischer Ausdehnung durch nasschemisches Ätzen“ selbständig verfasst<br />

habe. Die Arbeit ist nicht anderweitig für Prüfungszwecke vorgelegt. Es wurden keine<br />

weiteren als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt. Wörtliche und sinngemäße Zitate<br />

habe ich als solche gekennzeichnet.<br />

Berlin, den 25.08.2004<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 2


Danksagung<br />

Danksagung<br />

Ich bedanke mich bei Herrn Prof. Dr. Klaus-Peter Möllmann für die Erteilung der Aufgabenstellung<br />

und für die Betreuung von Seiten der Fachhochschule.<br />

Ich danke Herrn Volker Schmidt für die Vermittlung und Bereitstellung der Diplomaufgabe in<br />

der Berliner Glas KGaA.<br />

Besonderer Dank gilt Herrn Dr. Winfried Arens für die Einführung in das Unternehmen, für<br />

die Betreuung der Arbeit und für die Bereitschaft als zweiter Gutachter mitzuwirken. Herr Dr.<br />

Arens führte mich außerdem in die Bedienung diverser Messtechnik im Unternehmen ein.<br />

Besonders wertvoll waren seine vielen Hinweise und Anregungen, die die Arbeit immer wieder<br />

vorantrieben.<br />

Ich danke Frau Geserick für das unkomplizierte Bereitstellen des Versuchsarbeitsplatzes, für<br />

die begleitende Beratung und für das Vermitteln von Erfahrungen aus der laufenden Fertigung<br />

und aus vorausgegangenen Versuchen im Unternehmen. Mein Dank gilt auch Frau Berg und<br />

Frau Eifler für die wichtigen kleinen Hinweise zwischendurch.<br />

Ich bedanke mich bei den vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Berliner Glas KGaA,<br />

die mir durch ihre Erfahrungen und kleinen Hilfestellungen zur Seite standen. Dazu gehören<br />

Herr Illgen mit seinen Vorschlägen und Hinweisen zur Durchführung von Ätzreihen und Herr<br />

Paliwal für die Beratung im Ätzraum sowie Frau Sattler, Herr Trappmann, Herr Harnisch und<br />

Herr Reisberg, die die Messtechnik ihrer Abteilungen bereitstellten. Ich bedanke mich bei<br />

Herrn Buchelt und Herrn Trautner für das Zurichten der Materialproben und für das Verständnis<br />

für die damit einhergehenden Sonderwünsche.<br />

Außerdem bedanke ich mich bei Heiko, der mir für die Zeit der Arbeit familiär den Rücken<br />

freihielt und mit seinem routiniertem Blick für Satz und Gestaltung die schriftliche Ausarbeitung<br />

zum Abrunden brachte.<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 3


Inhaltsverzeichnis<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Einleitung ................................................................................................................................................................6<br />

1. Einführung ..........................................................................................................................................................7<br />

1.1 Strukturieren von Glasoberflächen ................................................................................................................7<br />

1.2 Glas................................................................................................................................................................8<br />

1.2.1 Definition: Was ist Glas? .......................................................................................................................8<br />

1.2.2 Ausgewählte Eigenschaften von Gläsern ...............................................................................................9<br />

1.2.3 Silikatgläser..........................................................................................................................................12<br />

1.3 Glaskeramik .................................................................................................................................................16<br />

1. 4 Zur Reaktionskinetik ...................................................................................................................................17<br />

1.5 Chemische Reaktion von Flusssäure mit SiO2 .............................................................................................20<br />

1.5.1 Fluorwasserstoff in wässriger Lösung..................................................................................................20<br />

1.5.2 Die chemische Reaktion von Flusssäure mit SiO2 ...............................................................................21<br />

1.5.3 Angriff der Glasoberfläche durch saure Lösungen...............................................................................22<br />

2. Die Wafertafel ...................................................................................................................................................24<br />

3. Fertigungsschritte für die Strukturierung der Wafertafel............................................................................25<br />

3.1. Herstellung der kleinen Noppen..................................................................................................................25<br />

3.2 Herstellung der Noppen und Stege...............................................................................................................27<br />

3.3 Reinigen und Vermessen ..............................................................................................................................28<br />

4. Werkstoffe - Versuchsmaterialien...................................................................................................................29<br />

4.1 Keramiken mit kleiner thermischer Ausdehnung allgemein.........................................................................29<br />

4.2 Zerodur ® ......................................................................................................................................................30<br />

4.3 ULE ® ............................................................................................................................................................31<br />

4.4 LE 102 ® ........................................................................................................................................................32<br />

4.5 Zusammenfassung der Materialparameter ..................................................................................................32<br />

5. Strukturieren ausgewählter Materialien ........................................................................................................34<br />

5. 1 Ablauf und Aufbau der Ätzversuche an Probekörpern................................................................................34<br />

5.1.1 Vorbereiten der Probekörper für das strukturierte Nassätzen..................................................................35<br />

5.1.2 Versuchsreihen zur Untersuchung der Ätzgeschwindigkeit in Abhängigkeit von der Ätzdauer................37<br />

5.1.3 Versuchsreihen zur Untersuchung der Ätzgeschwindigkeit in Abhängigkeit von der Temperatur im<br />

Ätzbad ................................................................................................................................................................39<br />

5.1.4 Versuchsreihen zur Untersuchung der Ätzgeschwindigkeit in Abhängigkeit von Säurekonzentration und –<br />

zusammensetzung...............................................................................................................................................40<br />

5.2 Ergebnisse............................................................................................... Fehler! Textmarke nicht definiert.<br />

5.2.1 Einfluss der Ätzdauer ........................................................................... Fehler! Textmarke nicht definiert.<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 4


Inhaltsverzeichnis<br />

5.2.2 Einfluss der Temperatur....................................................................... Fehler! Textmarke nicht definiert.<br />

5.2.3 Einfluss von Säurekonzentration und Säuremischverhältnis.....................................................................53<br />

5.2.4 Einfluss der Materialoberfläche auf das Ätzverhalten..............................................................................57<br />

5.2.5 Sonstige Einflüsse und Beobachtungen.....................................................................................................59<br />

5.2.5.1 Ablagerungen an Zerodur ® ................................................................................................................59<br />

5.2.5.2 Verhalten der Ätzmaske aus Vacrel 1840 .........................................................................................60<br />

6. Zusammenfassung und Vergleich der Ergebnisse beim Strukturieren der gewählten Materialien..........62<br />

6.1 ULE ® ............................................................................................................................................................62<br />

6.2 LE 102 ® ........................................................................................................................................................63<br />

7. Diskussion anderer Verfahren für die Strukturierung der gewählten Materialien....................................65<br />

8. Anhang...............................................................................................................................................................69<br />

Anlage 1 Messmittel..........................................................................................................................................69<br />

Anlage 2 Fehlerrechnung für die Herstellung der Standardsäurelösung ..........................................................70<br />

Anlage 3 Mischungsrechnen für Konzentrationsreihen .....................................................................................72<br />

9. Quellenverzeichnis............................................................................................................................................76<br />

10. Formelzeichen .................................................................................................................................................80<br />

11. Abkürzungen...................................................................................................................................................81<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 5


Einleitung<br />

Einleitung<br />

Der Trend zur fortschreitenden Miniaturisierung von Schaltkreisen führt zu steigenden Anforderungen<br />

an die Auflösung und Genauigkeit bei der Herstellung. Die Dimension der Schaltelemente<br />

und Leitbahnen auf den Mikrochips liegt im Nanometerbereich. Während die Halbleiterindustrie<br />

derzeit in der Produktion noch UV-Laser mit 248 nm und 193 nm Wellenlänge<br />

einsetzt, ist man bereits dabei, Lithografieanlagen für den Bereich des extremen Ultraviolett<br />

(EUV) mit einer Belichtungsstrahlung von 11 nm bis 14 nm Wellenlänge zu entwickeln. In<br />

derartigen Anlagen der neuen Generation werden deshalb hohe Forderungen an die Positionier-<br />

und Lagegenauigkeit während der Schaltkreisfertigung gestellt.<br />

Die Berliner Glas KGaA fertigt für einen Hersteller von Lithografieanlagen verschiedene Maschinenkomponenten,<br />

zu denen auch die Wafertafel gehört. Die Wafertafel ist die Auflagefläche<br />

für das Schaltkreissubstrat in Waferform. In Kapitel 2 wird die Wafertafel näher beschrieben.<br />

Mit der Verkleinerung der Schaltkreise steigt gleichzeitig die Größe der Wafer. Möglichst<br />

viele Schaltelemente sollen in rationalisierten Arbeitsgängen hergestellt werden können. Das<br />

bedeutet, dass nicht nur die Fertigungstoleranzen und damit Positionierstufen der Wafertafeln<br />

kleiner werden, sondern auch Maßhaltigkeit über eine größere Fläche gefordert ist.<br />

Diese Entwicklung führte dazu, dass nach neuen Materialien gesucht wurde, die ihre Geometrie<br />

unter Temperatureinfluss nicht ändern, durch ihre Festigkeit Vibrationen vermeiden und<br />

Emission von Staubpartikeln unterbinden. Nicht unwesentlich ist die Tatsache, dass viele<br />

Werkstoffe mit kleiner thermischer Ausdehnung zu elektrostatischer Aufladung neigen. Solche<br />

Eigenschaft hat zur Folge, dass ein Wafer auf einer Wafertafel anhaftet und Staubpartikel<br />

aus der Umgebung förmlich angezogen werden.<br />

Zerodur ® als Werkstoff konnte bisher den Ansprüchen für die Fertigung einer Wafertafel genügen.<br />

Wegen der genannten steigenden Materialanforderungen jedoch untersucht die Berliner<br />

Glas KGaA das Material ULE ® der Firma Corning Incorpuration für den Einsatz als neuen<br />

Werkstoff für die Herstellung der Wafertafeln. Weiterführend soll auch die Eignung des Keramikwerkstoffes<br />

LE 102 ® der Firma Sumikin Ceramics & Quartz Co., LTD geprüft werden.<br />

Beide Materialien besitzen einen extrem geringen thermischen Ausdehnungskoeffizienten. Sie<br />

werden in Kapitel 4 ausführlich beschrieben.<br />

Schwerpunkt der Untersuchungen sind Strukturierversuche an den gewählten Materialien<br />

durch nasschemisches Ätzen. Die Ergebnisse an ULE ® und LE 102 ® sollten verglichen werden<br />

mit den im Unternehmen vorhandenen Erfahrungen sowie eigenen Versuchen bei der<br />

Bearbeitung von Zerodur ® . Die Ergebnisse sind in Abschnitt 5.2 und Kapitel 6 nachzulesen.<br />

Für die Versuche wurden Probekörper aus den gewählten Materialien angefertigt. An ihnen<br />

wurden Ätzversuche durchgeführt, die ermöglichen sollten, Einflüsse aus der Fertigungsumgebung<br />

einzuschätzen. Die Durchführung der Ätzversuche ist in Abschnitt 5.1 beschrieben.<br />

Aus den Versuchen konnten erste Grenzbedingungen für die Anwendung des Nassätzverfahrens<br />

an den gewählten Materialien abgeleitet werden.<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 6


1. Einführung<br />

1. Einführung<br />

1.1 Strukturieren von Glasoberflächen<br />

Seit Jahrtausenden stellt der Mensch Glas her und noch heute arbeiten Wissenschaftler und<br />

Ingenieure daran, seine Eigenschaften zu optimieren bzw. ihm neue zuzuweisen. Die Entwicklung<br />

von Glaskeramiken im vergangenen Jahrhundert war ein weiterer Schritt und erweiterte<br />

die Anwendungsbereiche des Werkstoffs enorm. Ebenso vielfältig aber auch sehr spezifisch<br />

sind die Bearbeitungsmöglichkeiten von Glas und Glaskeramik.<br />

Das äußerst spröde Verhalten setzt Grenzen vor allem in mechanischer Formbarkeit und<br />

Feinbearbeitung. Will man auf bekannte und nützliche Eigenschaften von Glas und Keramik<br />

nicht verzichten, müssen Technologien und Verfahren gefunden werden, die die Nachteile<br />

mechanischer Einwirkung (z. B. Rissbildung, innere Spannung) nicht übernehmen. Nicht unwesendlich<br />

dabei ist, dass die Gesichtspunkte ausreichender Effektivität Berücksichtigung<br />

finden müssen.<br />

Prinzipiell gibt es zwei Wege, solche Technologien zu entwickeln. Entweder der Materialabtrag<br />

selbst wird durch ein anderes geeignetes Verfahren ersetzt oder das Glas wird in seiner<br />

Struktur und chemischen Zusammensetzung so verändert, dass es bekannte Abtragsverfahren<br />

optimiert anwenden lässt und nachteilige Eigenschaften mindert oder kompensiert. Letzteres<br />

führte zu der enormen Vielfalt an Glas- und Glaskeramiksorten.<br />

Zielsetzung einer Glasstrukturierung ist es, Strukturen vorgegebener Geometrie in eine Oberfläche<br />

einzuarbeiten, ohne dabei das Werkstück zu trennen. Nachfolgend soll eine kleine<br />

Auswahl an Verfahren, welche zur Strukturierung von Glaswerkstoffen geeignet sind, genannt<br />

und kurz erläutert werden.<br />

Im Ablauf mechanischen Abtrags- und Trennverfahren sehr ähnlich ist die Glasbearbeitung<br />

durch Laserstrahlung [32]. Der Abtrag selbst erfolgt jedoch durch thermische Prozesse, welche<br />

entstehen, wenn Licht durch einen Festkörper in hohem Maße absorbiert wird. Da Glas<br />

eine sehr hohe Schmelz- bzw. Verdampfungstemperatur besitzt, sind hohe Leistungsdichten<br />

des Laserstrahls notwendig. Außerdem sind viele Glaswerkstoffe über große Wellenlängenbereiche<br />

hindurch transparent. Dadurch ist zwar eine punktuelle 3D-Bearbeitung von Glas möglich<br />

(z. B. Innengravuren), für eine Oberflächenstrukturierung jedoch wird für einen effektiven<br />

Glasabtrag Laserstrahlung in einer Wellenlänge, die vom Glaswerkstoff absorbiert wird, zum<br />

Einsatz kommen (z. T. werden die Gläser vorbehandelt, um den Absorptionsbereich zu verschieben).<br />

Laserapplikationen sind bevorzugt für Schneidanwendungen geeignet. Ein gleichmäßiger<br />

Flächenabtrag in definierter Tiefe erfordert sehr gute Stabilität der Strahlintensität.<br />

Außerdem verdampft Glas in diesem Prozess nicht nur, es wird auch flüssige Phase verspritzt.<br />

Sandstrahlen von Glas ist ein bekanntes Verfahren sowohl in der Industrie als auch im Kunstgewerbe.<br />

Dieses Verfahren ist überwiegend maskengestützt, so dass verdeckte Oberflächen<br />

vom Abtrag verschont bleiben, während ungeschützte Glasoberflächen durch den Sandaufprall<br />

erodieren. Der Abtrag erfolgt punktweise durch jedes einzelne Sandkorn, dass ausreichend<br />

Energie mitführt, um Material herauszuschlagen. Je nach Härte des Glases bzw. der Glaskeramik<br />

liefert das Sandstrahlen einen schnellen und effektiven Abtrag. Dem Präzisionsabtrag<br />

sind jedoch Grenzen gesetzt, da äußerst feine Körnung – wie in [26] von Stephen W. Attaway<br />

ausgeführt – zu einer begrenzten Abtragsrate führt.<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 7


1. Einführung<br />

Der chemische Abtrag von Glas und Glaskeramik ist ein weiteres Verfahren. Je nach Zusammensetzung<br />

des Ätzmittels kann in guter Geschwindigkeit und Homogenität, aber auch in<br />

feinster Menge, der Abtrag einer Materialoberfläche stattfinden. Dass dies auch mit äußerster<br />

Präzision und Auflösung im Submikrometerbereich möglich ist, zeigen Anwendungen in der<br />

Mikrosystemtechnik.<br />

Ein strukturierender Oberflächenabtrag ist stets maskengestützt. Der chemische Abtrag von<br />

Silikaten erfolgt überwiegend durch in Verbindung vorliegende Fluoride. Diese Verbindungen<br />

werden in den Anwendungen durch ihren Aggregatzustand unterschieden. So werden gasförmige<br />

Fluoride (z. B. CF4) in Trockenätzverfahren wie das Plasmaätzen eingesetzt. Der Materialabtrag<br />

ist durch Gasstrom und elektromagnetische Felder sehr gut steuerbar. Besonderer<br />

Vorteil ist das spektroskopische Monitoring, das Real-Time-Informationen über den Verlauf<br />

des Ätzprozesses ausgibt. Das Trockenätzen setzt aufwendige Anlagen voraus. Unter hohen<br />

Sicherheitsvorkehrungen muss sichergestellt werden, dass die hoch giftigen Reaktionsstoffe<br />

nicht in die Atemluft gelangen und umweltgerecht entsorgt werden.<br />

Fluoride in flüssiger Lösung werden beim chemischen Nassätzen eingesetzt. Ätzmittel für<br />

Glas und Glaskeramik ist häufig Flusssäure (HF). Die zu strukturierende Oberfläche wird in<br />

die Lösung getaucht. Die Steuerung des Ätzprozesses erfolgt über Parameter wie Temperatur,<br />

Druck, Konvektion und Konzentration sowie Zusammensetzung der Ätzbäder. Die Ätzmittel<br />

sind Gefahrenstoffe, die einen äußerst umsichtigen Umgang mit der chemischen Lösung und<br />

dessen Reaktionsprodukte voraussetzen. Die Handhabung ist jedoch sehr viel einfacher als bei<br />

gasförmigen Ätzmitteln, sofern sich nicht giftige Dämpfe bilden.<br />

Ionenimplantation bzw. Diffusion gibt die Möglichkeit, Glas zu strukturieren, ohne dabei Material<br />

abzutragen. Dabei werden Zonen der Glasoberfläche unter Verwendung einer Maske mit<br />

Ionen beschossen oder es wird örtlich begrenzt ein Stoff auf die Oberfläche aufgetragen, dessen<br />

Ionen in das Glas diffundieren. Durch das Injizieren fremder Ionen werden Glaseigenschaften<br />

(z. B. Brechzahl, Absorptionsverhalten) örtlich gezielt verändert.<br />

1.2 Glas<br />

1.2.1 Definition: Was ist Glas?<br />

In [8] wird Glas folgendermaßen definiert: „… ein harter, spröder, meist lichtdurchlässiger<br />

Stoff aus einem Gemisch von hochschmelzenden Oxiden …, das aus dem Schmelzfluss<br />

amorph erstarrt ist. Glas hat keinen definierten Schmelzpunkt wie kristalline Stoffe, sondern<br />

geht mit steigender Erwärmung kontinuierlich vom festen in einen immer plastischeren Zustand<br />

über und wird schließlich flüssig. … Bei zu langsamer Abkühlung kann eine Kristallbildung<br />

eintreten, das Glas ‚entglast’. …“<br />

Zur Herstellung werden die zerkleinerten Rohstoffe:<br />

♦ Netzwerkbildner, z. B. SiO2, B2O3<br />

♦ Netzwerkwandler, z. B. Na2O, Li2O<br />

♦ Flussmittel, wie Alkalimetallkarbonate, -sulfate, -nitrate (z. B. Soda, Pottasche)<br />

♦ Stabilisatoren, z. B. Oxide von Erdalkalimetallen (wie MgO), Blei- oder Aluminiumoxid<br />

in gewählten Mengenverhältnissen gemischt. Netzwerkbildner bilden das Grundgerüst – eine<br />

unregelmäßige Netzstruktur. Für die Bildung gibt es Regeln, die von verschiedenen Wissenschaftlern<br />

erkannt wurden und im weiteren Abschnitt noch genannt werden.<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 8


1. Einführung<br />

Netzwerkwandler lockern das Netzwerk auf und erzeugen größere „Maschen“. Scholze [24]<br />

erläutert, dass sich dabei je nach Ladung eines eingelagerten Kations ein oder mehrere Sauerstoffatome<br />

aus der Sauerstoffbrückenbindung lösen. Dies führe zur Änderung von transportbezogenen<br />

Eigenschaften wie Diffusion, Viskosität, elektrische Leitfähigkeit und chemische<br />

Korrosion.<br />

Durch Zugabe der Flussmittel kann die Glasschmelze bei technisch erreichbaren Temperaturen<br />

durchgeführt werden. Glas ohne Stabilisatoren wäre chemisch nicht beständig.<br />

Die Rohstoffmasse wird unter Zusatz geringer Mengen an Läuterungs- und Entfärbungsmittel<br />

bei Temperaturen zwischen 1400 °C und 1600 °C geschmolzen. Danach steht sie zur Abkühlung<br />

ab bis sie die Entnahme- bzw. Verarbeitungstemperatur erreicht hat.<br />

Vogel erwähnt in [3] G. Tammann als ersten Forscher (1903), der sich mit der Konstitution<br />

der Gläser näher beschäftigte. Nach dessen Formulierungen müsse man Gläser als stark unterkühlte<br />

Flüssigkeiten ansehen. Die Glasschmelze wird zu schnell abgekühlt und nur bei sehr<br />

langsamem Erkalten würde Kristallisation einsetzen. Vogel [3] bezieht sich weiter auf V. M.<br />

Goldschmidt (1926), der erste Regeln für die Glasbildung aufstellte. Nach dessen Auffassung<br />

sollen die Größenverhältnisse der Ionen ausschlaggebend sein. Goldschmidt stellte fest, dass<br />

ein Oxid oder eine einfache Verbindung nur dann zu Glasbildung fähig ist, wenn das Radienverhältnis<br />

von Kation zu Anion im Bereich von 0,2 bis 0,4 liegt. Gläser müssen also entgegen<br />

[8] nicht zwingend Oxide sein. Als Glas bekannt sind Fluoride wie BeF2 und Sulfide wie<br />

As2S3.<br />

Weitere Wissenschaftler wie W. J. Zachariasen, B. E. Warren, A. Dietzel und A. A. Lebedew<br />

entwickelten Modelle für die Netzwerk- und Kristallitstruktur in Gläsern und verfeinerten die<br />

Theorie der Glasbildung. In Vogel [3] werden weitere Regeln für die Ausbildung von Glasnetzwerken<br />

genannt, die insbesondere durch W. J. Zachariasen manifestiert wurden:<br />

♦ Es besteht eine Neigung zur Glasbildung, wenn die kleinste Baueinheit des Oxids oder<br />

der Verbindung leicht polyedrische Baugruppen bildet.<br />

♦ Zwei der Polyeder dürfen nur eine Ecke gemeinsam haben.<br />

♦ Die Anionen (z. B. O 2- , S 2- oder F - ) dürfen maximal an 2 Zentralatome eines Polyeders<br />

gebunden sein. Die Polyeder sind über ein gemeinsames Anion verknüpft. Die Anionen<br />

bilden auf diese Weise Brücken zwischen je zwei Polyedern.<br />

♦ Mindestens 3 Ecken eines Polyeders müssen über Brückenanionen mit Nachbarpolyedern<br />

verknüpft sein.<br />

♦ Die Zahl der Ecken der Polyeder muss kleiner 6 sein.<br />

Die Entstehung einer Polyederform wird auf die Ionenradienverhältnisse der Bindungsatome<br />

zurückgeführt.<br />

Theorien zur Glasstruktur werden in Abschnitt 1.2.3 am Beispiel von Silikatglas fortsetzend<br />

beschrieben.<br />

1.2.2 Ausgewählte Eigenschaften von Gläsern<br />

In diesem Kapitel sollen zwei wichtige physikalische Eigenschaften genannt werden.<br />

Nach Themenstellung dieser Arbeit unterliegt das zu untersuchende Glas nicht der optischen<br />

Anwendung, sondern erhält in seinem Einsatz als Wafertafel mechanische Funktion in einer<br />

Lithografieanlage. Deshalb werden die zwei physikalischen Eigenschaften Wärmedehnung<br />

und mechanische Festigkeit gesondert erwähnt.<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 9


1. Einführung<br />

► Wärmedehnung<br />

Parameter der Wärmedehnung sind der Längenausdehnungskoeffizient (auch liniearer Wärmeausdehnungskoeffizient)<br />

und der Volumenausdehnungskoeffizient (auch kubischer Ausdehnungskoeffizient).<br />

Die Längenausdehnung ist definiert durch folgende Gleichung:<br />

αΔT =<br />

1 Δl<br />

⋅<br />

l ΔT<br />

0<br />

Dabei ist l0 die Anfangslänge des Körpers und Δl die Längenänderung nach einer Änderung<br />

der Temperatur um ΔT. α ist abhängig vom Temperaturbereich. Das bedeutet, dass der Wert α<br />

für die gleiche Temperaturdifferenz in tiefen Temperaturen anders ausfällt als in hohen Temperaturen.<br />

Die Volumenausdehnung ist definiert durch die Gleichung<br />

γΔT =<br />

1 ΔV<br />

⋅<br />

V ΔT<br />

0<br />

Sie berücksichtigt die mittlere dreidimensionale Ausdehnung eines Körpers durch Wärme.<br />

Hier ist V0 das Anfangsvolumen. ΔV ist die Volumenänderung nach einer Temperaturänderung<br />

um ΔT. Auch Δγ ist wie Δα abhängig vom Temperaturbereich.<br />

Die Ausdehnung eines Körpers durch Wärme entsteht durch Atomschwingungen. Die Amplituden<br />

der Schwingungen nehmen mit der Temperatur zu. Dabei kommt die interatomare<br />

Wechselwirkung zum Tragen, die bewirkt, dass die Schwingungen asymmetrisch verlaufen.<br />

Mit zunehmender Temperatur hat der Schwingungsmittelpunk eines Atoms einen größeren<br />

Abstand zum benachbarten Atom (damit es nicht mit ihm zusammenstößt). Die Stärke der<br />

Abb. 1.2 einfaches Modell für die Entstehung der negativen thermischen<br />

Ausdehnung. Dargestellt ist eine kubische Gitterstruktur aus<br />

Oktaedern.<br />

Bild links: vor der Wärmeinwirkung<br />

Bild rechts: nach der Wärmeeinwirkung<br />

Die Oktaeder schwingen rotierend. Die Kristallstrukturen sind jeweils<br />

mit einer Ecke des benachbarten Kristallbausteins verbunden.<br />

Dadurch drehen sich die benachbarten Bausteine in entgegen ge-<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 10


1. Einführung<br />

Schwingung ist abhängig von der Bindungsstärke zwischen den Atomen. Weil Kristalle eine<br />

geordnete, also keine isotrope, Anordnung von Atomen besitzen, ist in diesen Stoffen die<br />

Wärmeausdehnung anisotrop, also richtungsabhängig. Da die Bausteine (Polyeder) der Kristalle<br />

miteinander vernetzt sind, haben Schwingungen stets auch Einfluss auf benachbarte<br />

Strukturbausteine oder Atome. Es ist möglich, dass einzelne Bauteile eine Rotationsschwingung<br />

ausführen und sich Bindungswinkel ändern. Die Änderung des Bindungswinkels führt zu<br />

einer neuen Anordnung der Kristallbausteine, die in einzelnen Fällen dazu führen kann, dass<br />

der Längenausdehnungskoeffizient in eine Richtung negativ wird. In Abb. 1.2 ist das Prinzip<br />

stark vereinfacht dargestellt. Der Volumenausdehnungskoeffizient, der die Längenausdehnung<br />

über alle Raumrichtungen mittelt, bleibt jedoch fast immer positiv.<br />

Bestandteile polykristalliner Werkstoffe wie Glaskeramiken können in der Zusammensetzung<br />

so abgestimmt werden, dass der mittlere Ausdehnungskoeffizient gegen Null geht. Beispiele<br />

solcher Materialien sind in Kapitel 4 aufgeführt.<br />

Beispiele für Längenausdehnungskoeffizienten α, entnommen aus [33] und [12]:<br />

Aluminium: 23 * 10 -6 K -1 bei Raumtemperatur<br />

Holz (Eiche): 8 * 10 -6 K -1 bei Raumtemperatur<br />

Fensterglas: 7,6*10 -6 K -1 bei 20 °C<br />

ULE: ± 0,03 * 10 -6 K -1 über einen Temperaturbereich von 5 °C bis 35 °C<br />

► mechanische Festigkeit<br />

Die Festigkeit ist abhängig von der Stärke der chemischen Bindung. In Gläsern wirken vorrangig<br />

atomare Bindungen der Netzwerkbildner. Eine Ausnahme bilden Invertgläser, bei denen<br />

Bindungskräfte zwischen eingelagerten Metall-Kationen und Sauerstoff-Anionen für die<br />

Festigkeit des Materials sorgen.<br />

Glas verhält sich gegenüber mechanische Belastung sehr spröde. Es verfügt bis zu einer recht<br />

hohen Festigkeit über elastische Eigenschaften. Ihm fehlt jedoch genügende Zähigkeit, um<br />

Spannungsspitzen durch plastische Prozesse abzubauen.<br />

Vogel [3] zitiert M. Polany, der bei seinen Berechnungen der theoretischen Festigkeit davon<br />

ausging, dass jeder Bruch bzw. Riss von einer Oberflächenvergrößerung und somit von einer<br />

Vergrößerung der Oberflächenenergie begleitet wäre. Ein Objekt wäre nicht zu zerbrechen,<br />

wenn diese zusätzliche Energie nicht in Form der Energie der elastischen Verformung vorläge,<br />

und zwar in einer Schicht, deren Dicke gleich der des innermolekularen Abstandes a ist. Die<br />

Formel für seinen theoretischen Ansatz lautet:<br />

Festigkeittheoretisch =<br />

4σE<br />

a<br />

Hier betrüge das Elastizitätsmodul E eines gewählten Glases ca. 68650 MPa, die Oberflächenspannung<br />

σ bei Zimmertemperatur 10 -3 N/mm und der Molekülabstand a = 0,36 nm. Der resultierende<br />

Festigkeitswert läge dann bei etwa 29420 MPa – die theoretische Grenze, ab der<br />

der Körper unzerstörbar wäre.<br />

Dass theoretische Festigkeitswerte unter realen Bedingungen bei Gläsern selten erreicht werden,<br />

hängt mit der ungleichmäßigen Glasnetzstruktur, mit Fehl- und Störstellen sowie mit verschiedensten<br />

Verarbeitungs- und Belastungsvorgängen, die Oberflächenschäden verursachen,<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 11


1. Einführung<br />

zusammen. Vogel [3] merkt an, dass die Festigkeitswerte von Gläsern um ein Vielfaches ansteigen,<br />

wenn man die Dimension bzw. die Größe des Prüfkörpers verkleinere. Es würden für<br />

das spröde Verhalten weniger die Glasstruktur als vielmehr Vorschädigungen der Glasoberfläche,<br />

zu denen neben Mikrorissen auch feinste Entmischungszonen zählen, verantwortlich sein.<br />

Diese Oberflächendefekte konzentrieren die Oberflächenspannung und schwächen den Widerstand<br />

des Werkstoffs gegen mechanische Einwirkung. Sie entstehen häufig unmittelbar nach<br />

der Herstellung durch thermische Spannung beim Abkühlen, durch mechanische Beanspruchung<br />

z. B. bei Lagerung und Transport oder durch chemische Wechselwirkung mit Stoffen<br />

der Umgebung (Luft und Luftfeuchte). Nicht unwesentlich ist der Einfluss von Korngrenzen<br />

und Porosität in Glaskeramiken. Je kleiner die Kristallite des Werkstoffs sind, um so früher<br />

kommt ein Risswachstum an Korngrenzen zum stehen. Ebenso führen unterschiedliche Wärmeausdehnungskoeffizienten<br />

einzelner Stoffphasen der Keramik zu Spannungen an den Phasengrenzen.<br />

Für das Bearbeiten von Glas ergeben sich aus diesen Ursachen heraus spezifische Anforderungen,<br />

die durch Bearbeitungstechnologien berücksichtigt werden müssen.<br />

Bei Pavluškin ist in [2] zu erfahren, dass die Festigkeit eines Glases nach Oberflächenbearbeitung<br />

mit einem Schleifmittel nur 14 % des unbeschädigten Glases ausmacht. Dagegen betrage<br />

die Festigkeit einer Vitrokeramik nach dem Schleifen immer noch 80 % der Festigkeit eines<br />

unbearbeiteten Materials. (Vitrokeramik ist eine von vielen Bezeichnungen für polykristalline<br />

Materialien auf Glasbasis.) Ferner merkt Pavluškin an, dass ein Anätzen dieser Keramiken mit<br />

Flusssäure keinen Einfluss auf die Festigkeit hat. Dagegen führe das Anätzen einer Glasprobe<br />

nach anschließender Kristallisation zu einer wesentlichen Festigkeitssteigerung.<br />

1.2.3 Silikatgläser<br />

Das Grundbauelement aller Silikate ist das SiO4-Tetraeder. Es ist eine Struktureinheit, in dessen<br />

Zentrum ein Siliziumatom steht. Das Siliziumatom wir von vier Sauerstoffatomen umgeben.<br />

Alle vier Sauerstoffatome berühren gleichzeitig das Siliziumatom und die jeweiligen<br />

gleichen Koordinationspartner.<br />

Abb. 1.3 das SiO4-Tetraeder, dargestellt ist<br />

das Siliziumatom (rot), das von den eng<br />

gepackten Sauerstoffatomen (blau) umhüllt<br />

wird, Zeichnung nach [3]<br />

Abb. 1.4 das SiO4-Tetraeder mit Bindungswinkeln und<br />

Ionenabständen (Abb. nach Vogel [3])<br />

Die Punkte sind die Schwerpunkte der Ionen.<br />

Lt. Vogel [3] betragen die Bindungswinkel zwischen je 2 Sauerstoffatomen 109° 28’, der Bindungsabstand<br />

Siliziumatom-Sauerstoffatom 160 pm und die Kantenlänge des SiO4-Tetraeders<br />

262 pm.<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 12


1. Einführung<br />

Hinsichtlich der Elektronenverteilung beim Silizium ergibt sich folgendes Bild: 1s² 2s² 2p 6 3s²<br />

3p². Vogel [3] sagt aus, dass relativ geringe Energien ausreichen, um den Grundzustand 3s²<br />

3p² in den Valenzzustand 3s 1 3p 3 mit 4 ungepaarten Elektronen zu überführen. Hierbei findet<br />

eine Hybridisierung des kugelförmigen s-Orbitals und der drei gestreckten p-Orbitale statt. Die<br />

somit zustande kommenden gleichberechtigten vier Hybridorbitale weisen in die vier Ecken<br />

eines Tetraeders.<br />

Bei Sauerstoffatomen als Koordinationspartner würde unter diesen Umständen das SiO4-<br />

Grundbauelement als stabile Baueinheit gebildet. Hinsichtlich der Art der Bindung wird eine<br />

Mischbindung für wahrscheinlich gehalten. Bei Silikaten wurde ein Bindungswinkel für die Si<br />

– O – Si-Verknüpfung von 130° bis 140° bestimmt [3].<br />

Vogel [3] unterscheidet drei Grenzformen der Bindung im SiO4-Komplex:<br />

O 2-<br />

2- O Si 4+ O 2-<br />

O 2-<br />

O<br />

O Si O<br />

O<br />

O<br />

O Si O<br />

O<br />

a) polare Form<br />

b) kovalente Form<br />

c) Doppelbindungsform<br />

Unter Zugrundelegung dieser dargelegten Bindungszustände könnten sich an einen SiO4-<br />

Komplex Metalle, die Elektronen mitbringen, zu Neutralisation anlagern. Oder die Tetraeder<br />

verknüpfen sich untereinander über Brückensauerstoffatome unter Oktettbildung selbst.<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 13


1. Einführung<br />

In Bezug auf Vogel [3] werden folgende Grundformen für eine Komplexbildung unterschieden.<br />

Die Silikatgrundbausteine sind als Tetraeder abgebildet:<br />

Inselsilicate (auch Neso-Silicate genannt)<br />

Abb. 1.5<br />

Gruppensilicate (auch Soro-Silicate genannt)<br />

Abb. 1.6<br />

Ringsilicate (auch Cyclo-Silicate genannt)<br />

Beispiele:<br />

Abb. 1.7 Dreierring Abb. 1.8 Sechserring<br />

Kettensilicate (auch Ino-Silicate genannt) = eindimensionale Verknüpfung<br />

Beispiele:<br />

Abb. 1.9 Einfachkette Abb. 1.10 Doppelzweierkette<br />

Schichtsilicate (auch Phyllo-Silicate genannt) = zweidimensionale Verknüpfung<br />

Beispiel:<br />

Abb. 1.11<br />

Einfachschicht<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 14


1. Einführung<br />

Gerüstsilicate (auch Tekto-Silicate genannt) = dreidimensionale Verknüpfung<br />

Beispiel:<br />

Abb. 1.12 Gerüstsilikat in gerader<br />

Anordnung, als Verbindung zwischen<br />

den Ebenen stehen die Spitzen der<br />

Tetraeder aufeinander<br />

In weiteren Varianten können die<br />

Tetraeder zueinander verdreht sein und<br />

sowohl mit mehr als auch mit weniger<br />

als 6 Tetraederbausteinen einen Ring<br />

bilden.<br />

Bei den Schicht- und Gerüstsilikaten handelt es sich bereits um Strukturen höherer Ordnung.<br />

Nur Kristalle und Kristallite besitzen eine solche Fernordnung.<br />

In amorphem Glas sind SiO4-Bausteine ungeordnet miteinander vernetzt.<br />

Abb. 1.13 Netzstruktur von amorphem Glas nach [3]<br />

entsprechend der Theorie von W. J. Zachariasen und<br />

B. E. Warren. Die Strukturen weisen nur Nahordnung,<br />

keine Fernordnung auf. Kleinste Baugruppen des SiO2<br />

sind Tetraeder mit einem Siliziumatom (rot) im Zentrum.<br />

Mindestens ein Sauerstoffion (blau) eines Tetraeders<br />

bildet die Brücke zur Ebene darüber bzw. darunter.<br />

Lt. Theorie müssen mindestens drei Ecken der<br />

Baugruppe über Brückenanionen (hier O 2- ) mit benachbarten<br />

Tetraedern verbunden sein. Benachbarte<br />

Tetraeder dürfen nur über eine Ecke gekoppelt sein.<br />

Die Anionen dürfen mit maximal zwei Zentralatomen<br />

(hier Si) verbunden sein.<br />

Die Eigenschaften von Glas allgemein können durch Zusätze oder Dotierung entscheidend<br />

verändert werden. Wie anfangs beschrieben handelt es sich beim SiO4-Tetraeder um eine besonders<br />

dicht gepackte Struktur. Ein Fremdatom bzw. –ion muss also etwa den kleinen Radius<br />

des Siliziumions besitzen, um zwischen den Sauerstoffatomen Platz zu finden. In Alumosilikatgläsern<br />

ersetzen in definierter Häufung Aluminiumionen Al 3+ das Siliziumion Si 4+ , ihre<br />

Ionenradien sind nur geringfügig größer. Ein Alkaliion, z. B. das Lithiumion Li + , sorgt für den<br />

Ladungsausgleich (siehe Abb. 1.14).<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 15


1. Einführung<br />

│ │ │<br />

─ O ─ Si ─ O ─ Si ─ O ─ Si ─<br />

│ │ │<br />

O Li O O<br />

│ │ │ │<br />

─ O ─ Si ─ O ─ Al ─ O ─ Si ─<br />

│ │ │<br />

O O O<br />

│ │ │<br />

─ O ─ Si ─ O ─ Si ─ O ─ Si ─<br />

│ │ │<br />

Abb. 1.14 schematische Abbildung für ein Quarzgitter<br />

mit Einlagerungen von Aluminium und Lithium nach R. Rykart [4]<br />

Der Einbau von Titan mit den Ionen Ti 3+ oder Ti 4+ erweist sich nach Rykart [4] als schwierig<br />

und nur unter hohen Temperaturen möglich. Titanoxid in SiO2 führt bei Abkühlung zur Entmischung.<br />

Bei der Herstellung von Glaskeramiken jedoch wird genau diese Eigenschaft genutzt.<br />

Hier werden Keimbildner für die Bildung von Kristalliten benötigt.<br />

An dieser Stelle sollen noch einmal die in Abs. 1.2.1 genannten Begriffe Netzwerkbildner und<br />

Netzwerkwandler erwähnt werden. Netzwerkbildner bauen durch die Anordnung ihrer Polyeder<br />

(bei den Silikatgläsern also die SiO4-Tetraeder) Netzwerke auf. Dabei verbinden sie sich<br />

über Sauerstoffbrücken nach den von W. J. Zachariasen aufgestellten Regeln (siehe Abs.<br />

1.2.1). Netwerkwandler sprengen diese Sauerstoffbrücken auf. Ihre alkalischen oder erdalkalischen<br />

Kationen bilden den Ladungsausgleich zu den nicht in Brücken gebundenen Sauerstoffionen.<br />

Dabei binden Alkaliionen entsprechend ihrer Wertigkeit ein, Erdalkaliionen zwei Ionen<br />

des Sauerstoffs.<br />

Lt. Scholze [24] gibt es Oxide, die sowohl als Netzwerkbildner als auch als Netzwerkwandler<br />

auftreten können. Dazu gehört beispielsweise Al2O3. Das dreiwertige Kation Al 3+ des Oxids<br />

kann sich ebenso wie Si 4+ in ein Tetraeder einordnen. Für den Ladungsausgleich sorgen ein<br />

oder mehrere zusätzliche Kationen, die sich in unmittelbarer Nähe des Aluminiumions befinden.<br />

Sind solche Kationen nicht vorhanden, wirkt das Aluminiumion als Netzwerkwandler.<br />

1.3 Glaskeramik<br />

Nach Definition in [8] wird Glaskeramik „aus bestimmten Gläsern durch gesteuerte Kristallisation<br />

mittels einer Komponenten…, die bei einer bestimmten Temperatur als Keimbildner<br />

wirkt, hergestellt. Je nach Zusammensetzung, Temperatur der Wärmebehandlung und Technik<br />

der Herstellung entstehen homogene, mikrokristalline Werkstoffe mit speziellen Eigenschaften.<br />

…“ Die Kristallite sind in der Regel nicht größer als 1µm.<br />

Vogel [3] unterscheidet zwei Gruppen von Keimbildern. Durch die eine Stoffgruppe werden<br />

Entmischungserscheinungen und damit die Keimbildung begünstig. Zu ihr gehören Fluoride<br />

und Phosphate. Zur zweiten Gruppe gehören Verbindungen, welche sich bei hohen Temperaturen<br />

in der Glasschmelze zwar lösen, bei Abkühlen jedoch wegen Übersättigung in reiner<br />

Form ausgeschieden werden. Dazu gehört z. B. Titanoxid.<br />

Weiterführend sind in Kapitel 4 Keramiken mit kleiner thermischer Ausdehnung beschrieben.<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 16


1. Einführung<br />

1. 4 Zur Reaktionskinetik<br />

Die Umwandlung von Stoffarten wird allgemein als chemische Reaktion bezeichnet. Hierbei<br />

ändern sich Stoffeigenschaften wesentlich. Mit welcher Wahrscheinlichkeit eine Reaktion<br />

stattfindet, unter welchen Ausgangsbedingungen und unter welchen äußeren Einflüssen die<br />

chemische Reaktion zeitlich verläuft, beschreibt die Reaktionskinetik. Durch bekannte Gesetzmäßigkeiten<br />

der Reaktionskinetik ist es möglich, den Ablauf einer chemischen Reaktion<br />

und damit Reaktionsergebnisse vorauszusagen.<br />

Zu den Grundsatzgleichungen der Kinetik in der Chemie gehört die so genannte Arrhenius-<br />

Gleichung für die Reaktionsgeschwindigkeitskonstante.<br />

k = A ⋅ e<br />

mit:<br />

k = Reaktionsgeschwindigkeitskonstante<br />

A = Frequenzfaktor, Arrhenius-Faktor<br />

EA = Aktivierungsenergie [J/mol]<br />

R = allgemeine Gaskonstante = 8,314 J/(K mol)<br />

T = Temperatur [K]<br />

−<br />

RT<br />

Durch diesen Zusammenhang wird die Temperaturabhängigkeit der chemischen<br />

Reaktionsgeschwindigkeitskonstante k deutlich.<br />

Von der Reaktionsgeschwindigkeitskonstanten k kann die Reaktionsgeschwindigkeit r abgeleitet<br />

werden. Die Reaktionsgeschwindigkeit wird definiert als die Änderung der Stoffmenge<br />

eines Reaktionspartners oder -produktes über einen Zeitintervall:<br />

dn<br />

r =<br />

dt<br />

Für eine Reaktion A + B → C + D gilt:<br />

dnA dnB dnC dnD r = - =- = =<br />

dt dt dt dt<br />

Solange das Volumen V konstant gehalten wird, kann wegen n = c · V die Beziehung<br />

dc A dcB dcC dcD r = - =- = =<br />

dt dt dt dt<br />

zu den Konzentrationen c angenommen werden.<br />

Ein Zusammenhang zwischen Reaktionsgeschwindigkeit r und Reaktionsgeschwindigkeitskonstante<br />

besteht durch das Geschwindigkeitsgesetz:<br />

r = k · cA a dc A<br />

= -<br />

dt<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 17<br />

E A


1. Einführung<br />

Dabei werden die Konzentrationen mit der Reaktionsordnung a potenziert. Die Reaktionsordnung<br />

muss meist experimentell über Zeitverläufe der Konzentration der Reaktanden ermittelt<br />

werden.<br />

Mit dem Ziel, möglichst effizient ein bestimmtes Reaktionsprodukt zu erhalten, werden alle<br />

Faktoren untersucht, die Einfluss auf die Reaktionsgeschwindigkeit haben.<br />

In H.-G. Winkler [19] werden folgende Einflüsse aufgeführt und mit Beispielen chemischer<br />

Reaktionen unterlegt:<br />

- Einfluss der Stoffart<br />

- Einfluss des Aggregatzustandes<br />

- Einfluss der Bindungsart<br />

- Einfluss der Molekülgestalt<br />

- Einfluss der Temperatur<br />

- Einfluss des Druckes<br />

- Einfluss der Konzentration<br />

- Einfluss der Spannung<br />

- Einfluss der Lichtes<br />

- Einfluss des Lösungsmittels<br />

Dass die Stoffart Einfluss auf die chemische Reaktion hat, ist allgemein klar, denn nicht jeder<br />

Stoff reagiert chemisch überhaupt mit jedem anderen Stoff. Ursachen sind vor allem die spezifische<br />

Art der Bindung des jeweiligen Stoffs und die Beweglichkeit von Elektronen oder auch<br />

Ionen. Auch der Aggregatzustand spielt eine wesentliche Rolle. Die Beweglichkeit von<br />

Stoffteilchen ist in Gasen am höchsten, während sie in festen Stoffen äußerst gering ist. Die<br />

Wahrscheinlichkeit für den Ablauf einer chemischen Reaktion wird wesentlich von der Molekülgestalt<br />

beeinflusst. Nach Aussage in H.-G. Winkler [19] besteht bei Molekülen, die einen<br />

Dipolmoment ausbilden, eine höhere Wahrscheinlichkeit für ein Zusammentreffen von Teilchen<br />

und damit für das Stattfinden einer chemischen Reaktion. Ebenso beeinflussend ist die<br />

Richtung, aus der ein Reaktionspartner auf ein Molekül trifft.<br />

Die drei hier zuerst genannten Einflussfaktoren einer chemischen Reaktion werden in der Reaktionskinetik<br />

mit einer reaktionsspezifischen Konstanten beschrieben. Diese Konstante erhält<br />

in der Literatur vielerlei Bezeichnungen, z. B. Häufigkeitsfaktor, Frequenzfaktor, Stoßzahl<br />

oder Arrhenius-Faktor und entspricht dem Faktor A in der oben erwähnten Arrehnius-<br />

Gleichung. Lt. H.-G. Winkler [19] stellt dieser Parameter die maximale Geschwindigkeitskonstante<br />

dar. Er kann meist nur experimentell ermittelt werden.<br />

Die Art der Bindung hat Einfluss auf die Energie, die für den Start und die Geschwindigkeit<br />

einer chemischen Reaktion notwendig ist. In der o. g. Arrhenius-Gleichung wird sie durch die<br />

Aktivierungsenergie EA berücksichtigt.<br />

Als weiterer Einflussfaktor für die Reaktionsgeschwindigkeit wird von H.-G. Winkler [19] die<br />

Temperatur genannt. H.-G. Winkler bestätigt die allgemeine Regel, dass sich mit jedem Anstieg<br />

der Temperatur um 10 K die Reaktionsgeschwindigkeit verdoppelt bis verdreifacht. Daraus<br />

lässt sich schließen, dass die Temperatur einen sehr wesentlichen Einfluss auf den Reaktionsverlauf<br />

hat. Die Arrhenius-Gleichung gibt an, dass der Logarithmus der Reaktionsgeschwindigkeitskonstanten<br />

proportional zur reziproken Temperatur ist.<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 18


1. Einführung<br />

Erhöhter Druck beschleunigt Diffusionsprozesse, die an Grenzflächen zwischen zwei Stoffen<br />

unterschiedlicher Zusammensetzung auftreten, so dass ein Mischen zweier Reaktionspartner<br />

schneller fortschreitet. H.-G. Winkler weist in [19] darauf hin, dass durch Druckerhöhung bei<br />

kompressiblen Stoffarten das Volumen verkleinert wird und reaktionsfähige Teilchen näher<br />

zusammengebracht werden.<br />

Mit Erhöhung der Konzentration stehen in einem gegebenen Volumen mehr Reaktionsteilchen<br />

zur Verfügung, so dass die Wahrscheinlichkeit für das Zusammentreffen von Teilchen<br />

steigt. Da sich zu Beginn einer chemischen Reaktion die Konzentration der beteiligten Stoffe<br />

stetig ändert, ändert sich fortlaufend auch die Reaktionsgeschwindigkeit bis zu einem Zeitpunkt,<br />

an dem die Konzentration konstant bleibt. Der Zustand konstanter Konzentrationen ist<br />

das chemische Gleichgewicht.<br />

Eng in Zusammenhang mit der Konzentration der Reaktionspartner steht die Größe der<br />

Grenzfläche zwischen den Reaktanden. Eine nahezu unendlich große Grenzfläche haben lt.<br />

H.-G. Winkler [19] gasförmige und flüssige Reaktionsstoffe beim Vermischen. Ist einer der<br />

Reaktionspartner ein fester Stoff, stellen sich zusätzliche Effekte ein, die zu beachten sind. In<br />

Bezug auf den Oberflächenabtrag durch Nassätzen bedeutet eine große zu ätzende Oberfläche<br />

eine hohe Reaktionsgeschwindigkeit. Klar wird dieses Verhalten, wenn man sich verdeutlicht,<br />

dass eine chemische Reaktion an Feststoffen in Pulverform sehr viel schneller abläuft als an<br />

Feststoffen in kompakter Form. Die chemische Reaktion kommt zum Erliegen, wenn die Reaktionspartner<br />

unmittelbar an der Grenzfläche umgesetzt worden sind und die Diffusion weiterer<br />

reaktiver Teilchen an die Grenzfläche des festen Stoffes durch abgelagerte Reaktionsprodukte<br />

verhindert wird. Diese Beobachtung wird als Loading-Effekt bezeichnet. Den Effekt<br />

kann man umgehen, wenn Ätzlösung ständig neu nachgeführt wird und Reaktionsprodukte<br />

dabei weggespült werden. Meist reicht ein einfaches Rühren.<br />

Der Einflussfaktor Spannung findet Anwendung in Elektrolysereaktionen. Dieses Verfahren<br />

wird innerhalb der <strong>Diplomarbeit</strong> nicht zur Anwendung kommen. Auch der Einflussfaktor<br />

Licht soll nicht näher betrachtet werden. Er kommt bei Reaktionen zum Tragen, in denen<br />

Strahlungsenergie in chemische Energie umgewandelt wird.<br />

Beim Nassätzen wird weitestgehend mit Lösungen gearbeitet. Flüssige Lösungen lassen sich<br />

meist einfacher handhaben als z. B. Gase. Häufiges Lösungsmittel ist Wasser. Wasser hat<br />

nach H.-G. Winkler [19] wegen seines polaren Molekülaufbaus günstigen Einfluss auf Reaktionsabläufe.<br />

Es erleichtert z. B. das Annähern von Ionen. Stoffe mit ebenfalls polarem Molekülaufbau<br />

lassen sich gut darin lösen.<br />

Beim Angriff fester Oberflächen durch Säure treten weitere spezifische Effekte auf, die beispielsweise<br />

in [35] von M. S. Kulkarni und H. F. Erk beschrieben werden. Die beiden Wissenschaftler<br />

beschäftigten sich mit kinetischen Vorgängen beim Ätzen eines SiO2-Wafers durch<br />

Säure. Sie gehen davon aus, dass es an der Grenzschicht zwischen Ätzflüssigkeit und SiO2<br />

einen Film gibt, in dem sich Transportprozesse der Reaktionsstoffe und der Reaktionsprodukte<br />

abspielen. Die Dicke und Stabilität dieses Massetransportfilms hat Einfluss auf die Oberflächenrauheit<br />

des SiO2-Wafers nach dem Ätzprozess. So könne ein Massetransportfilm, der höher<br />

ist als die Rauheit der Oberfläche, die Oberflächenrauheit senken. (Der Wafer wird poliert.)<br />

Als Reaktionsprodukt entstehen Gasblasen, die sich bis zu einer bestimmten Größe an<br />

die SiO2-Oberfläche haften. Die Blasen schirmen die SiO2-Oberfläche vor einem weiteren<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 19


1. Einführung<br />

Angriff durch die Säure ab und wirken daher wie eine Maske. Durch die Bewegung der Ätzlösung<br />

kann dieses Anhaften minimiert werden. Ein Bewegen der Ätzflüssigkeit führt allerdings<br />

zu einem dünneren Massetransportfilm, so dass ein Optimum für die Rührgeschwindigkeit<br />

(oder Rotationsgeschwindigkeit des Wafers in der Ätzlösung) gefunden werden muss, wenn<br />

hohe Anforderungen an die Oberflächenbeschaffenheit bestehen.<br />

Viele chemische Reaktionen verlaufen unter Teilreaktionen. Davon musste auch beim Ätzen<br />

sehr komplexer Materialien, wie sie für diese <strong>Diplomarbeit</strong> zu untersuchen waren, ausgegangen<br />

werden. Ein einfaches Beispiel wird in Kapitel 1.5.2 „Die chemische Reaktion von<br />

Flusssäure mit SiO2 näher erläutert.<br />

Die Geschwindigkeit einer Gesamtreaktion wird immer von derjenigen Teilreaktion bestimmt,<br />

die am langsamsten abläuft. In der Reaktionskinetik werden Reaktionen in Ordnungen unterschieden,<br />

die sich aus der Anzahl der Reaktanden und der Reaktionsart ergeben.<br />

Innerhalb dieser Arbeit sollte die Variation der stoffabhängigen Einflussfaktoren Stoffart, Aggregatzustand,<br />

Bindungsart und Molekülgestalt nur begrenzt stattfinden. Sie ergab sich dadurch,<br />

dass bei den Versuchen verschiedene Materialien verglichen wurden bei einer chemischen<br />

Reaktion mit einem vorgegebenen Stoffsystem.<br />

Wesentlich war es zu untersuchen, welche Umgebungsbedingungen während der Fertigung<br />

Einfluss auf den Ätzprozess haben könnten. Dazu gehörte der Einfluss der Temperatur. In der<br />

Berliner Glas KGaA werden Ätzdauern der Fertigungsprozesse den Umgebungstemperaturen<br />

(Raumtemperatur oder Temperatur des Ätzmittels) angepasst.<br />

In der Fertigung der Berliner Glas KGaA wird für die verschiedenen Produkte mit sehr unterschiedlichen<br />

Ätzmittelgemischen gearbeitet. Das hängt mit den sehr unterschiedlichen Zielen<br />

der Ätzmethoden zusammen. Dabei soll das Ätzmittel im Überfluss vorliegen, denn der Ätzvorgang<br />

lässt sich leichter definieren, wenn die Konzentration des Ätzmittels annähernd konstant<br />

bleibt. Bekannt ist, dass eine hohe Säurekonzentration in kurzer Zeit eine hohe Ätztiefe<br />

erzielt. Allerdings kommt es durch hohe Reaktionsgeschwindigkeit auch zu hoher Fehlerabweichung.<br />

Die Reaktionen laufen an den verschiedenen Mikrostrukturen (z. B. Korn- und<br />

Kristallgrenzen, Rillen aus der Schleif- und Polierbearbeitung, unterschiedliche Stoffbindungen<br />

innerhalb des Glases bzw. der Glaskeramik) verschieden schnell ab. Die Differenz wird<br />

mit steigender Reaktionsgeschwindigkeit umso deutlicher. Es muss also ein Optimum zwischen<br />

Qualität der Ätzung und Ätzmittelkonzentration gefunden werden.<br />

1.5 Chemische Reaktion von Flusssäure mit SiO2<br />

1.5.1 Fluorwasserstoff in wässriger Lösung<br />

Christen definiert in [5] den Begriff Säuren: „Alle Teilchen, die imstande sind, Protonen<br />

(Wasserstoffionen) abzugeben, bezeichnet man als Säuren.“ Zur Klassifizierung wird auch der<br />

Begriff „Protonendonator“ verwendet.<br />

Diese Definition ist der Theorie des dänischen Chemikers Johannes N. Brønsted entlehnt.<br />

Fluorwasserstoff ist ein Gas. Im Molekül von Fluorwasserstoff ist ein Wasserstoffatom mit<br />

einem Fluoratom verbunden, indem das Elektronenorbital des Wasserstoffs mit dem einfach<br />

besetzten Elektronenorbital des Fluors eine Elektronenpaarbindung bildet. Diese Bindung wird<br />

Atombindung oder kovalente Bindung genannt.<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 20


1. Einführung<br />

Christen [5] gibt an, dass Fluor und Wasserstoff eine unterschiedliche Elektronegativität haben.<br />

Das führt dazu, dass sich beide Atome unterschiedlich stark anziehen und das HF-Molekül<br />

polar wird. Fluor hat die höchste Elektronegativität (= 4,0) von allen Elementen im Periodensystem.<br />

Da der Atomrumpf des Fluors sehr klein und stark geladen ist, werden Elektronen<br />

besonders stark gebunden. In einer Fluorverbindung werden also die Elektronen – auch jene<br />

des Bindungspartners – in Richtung des Fluors gezogen. Im Fluor-Wasserstoff-Molekül entstehen<br />

ein positiver und ein negativer Pol. Die Bindung des Fluorwasserstoffs ist polar.<br />

Bereits das Lösen von Fluorwasserstoff in Wasser ist eine chemische Reaktion. Da sowohl<br />

Fluorwasserstoff als auch Wasser polar gebundene Moleküle sind, lassen sich beide gut mischen.<br />

In Anlehnung der Aussagen von Christen in [5] findet keine Dissoziation statt, sondern<br />

Fluorwasserstoff in Wasser reagiert zu Hydroxoniumionen und Fluorionen:<br />

HF + H2O → F - + H3O +<br />

bzw.<br />

F +<br />

H<br />

O<br />

H<br />

→<br />

-<br />

F<br />

H +<br />

H O<br />

Dieser Vorgang wird Protolyse genannt, weil ein Proton auf das Wassermolekül übertragen<br />

wird. Weil Fluorwasserstoff in der Lage ist, ein Proton abzugeben, handelt es sich entsprechend<br />

der oben erwähnten Definition um eine Säure.<br />

Beim Zusammenstoß des Fluoratoms mit einem Wassermolekül löst sich die Bindung zwischen<br />

Wasserstoff und Fluor. Es verbleibt das Fluorion, das ein zusätzliches Elektron aufnimmt<br />

und Wasser, das durch das freie Elektronenpaar ein Proton (ein Wasserstoffion) an sich<br />

binden kann. Wegen der positiven Ladung kann das Hydroxoniumion kein weiteres Proton<br />

mehr aufnehmen, obwohl noch ein freies Elektronenpaar existiert. Die neue O-H-Bindung ist<br />

stärker polar als die vorherige H-F-Bindung und das Hydroxoniumion bildet mit den Wassermolekülen<br />

Wasserstoffbrücken (Man sagt auch, es hydratisiert, weil dieses Ion besonders gut<br />

von Wassermolekülen gebunden und umhüllt wird). Beides bewirkt, dass die Reaktion exotherm<br />

abläuft.<br />

In Wasser gelöster Fluorwasserstoff wird als Flusssäure bezeichnet. Konzentrierte Flusssäure<br />

besteht zu 45% aus Fluorwasserstoff und hat eine Dichte von 1,17 g/ml.<br />

1.5.2 Die chemische Reaktion von Flusssäure mit SiO2<br />

In [7] wird die Reaktion für das Zusammenführen von Flusssäure und SiO2 wie folgt dargestellt.<br />

Beim Ätzen von Quarz mit Flusssäure laufen demnach mehrere chemische Reaktionen<br />

ab.<br />

SiO2 + 4 HF → SiF4 + 2 H2O<br />

Quarz und Flusssäure reagieren zu Siliziumtetrafluorid und Wasser. Flusssäure als Ausgangsprodukt<br />

liegt dabei stets in Lösung vor. (siehe dazu auch im vorhergehenden Abschnitt<br />

1.5.1 „Fluorwasserstoff in wässriger Lösung“)<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 21<br />

H<br />

H<br />

+


1. Einführung<br />

Parallel dazu führt Siliziumtetrafluorid in Anwesenheit von Wasser zu einer weiteren<br />

Reaktion.<br />

SiF4 + 2 H2O → SiO2↓+ 4 HF<br />

Dieser chemische Ablauf ist eine Rückreaktion. Dabei wird das SiO2 nicht wieder<br />

angelagert, sondern es fällt in einem farblosen Niederschlag aus. Die Lösung wird<br />

trübe.<br />

Gleichzeitig läuft eine chemische Reaktion zwischen Flusssäure und Siliziumtetrafluorid<br />

ab.<br />

4 HF + SiF4 → H2SiF6<br />

Es entsteht Hexafluorokieselsäure, die nur als Lösung in Wasser existiert.<br />

H2SiF6 + 2 H2O → 2 [H3O] + + [SiF6] 2-<br />

Das Hydroxoniumion bildet mit den Wassermolekülen der Lösung Wasserstoffbrücken.<br />

Hexafluorokieselsäure greift das Quarz nicht wieder an.<br />

1.5.3 Angriff der Glasoberfläche durch saure Lösungen<br />

Prof. Dr. rer. nat. Armin Petzold beschreibt in [6] den Angriff durch Säuren (mit Ausnahme<br />

von Phosphor- und Flusssäure) auf silikatische Gläser als Austausch von Alkali-Ionen des<br />

Glasnetzwerks mit H-Ionen der Säure und gibt folgendes Beispiel für natriumhaltiges Glas an:<br />

│ │<br />

─ Si ─ O ─ Na + H3O + Na + + ─ Si ─ OH + H2O<br />

│ │<br />

Petzold sagt aus, dass der Austausch durch die Diffusionsfähigkeit der Kationen (Alkali-<br />

Ionen) und Protonen (H + ) möglich ist. Ionen der Erdalkalimetalle würden kaum teilnehmen, da<br />

ihre Diffusionsgeschwindigkeit nur etwa 1/10 von der der Alkalimetalle beträgt.<br />

Petzold beschreibt die Kinetik dieses Auslaugprozesses durch folgende Beziehung:<br />

Δ m = K ⋅<br />

mit der Zeit t und einer Konstante K<br />

t<br />

Durch den Ionenaustausch entstünde auf der Glasoberfläche eine alkaliarme, wasserhaltige<br />

Schicht (Kieselgelschicht), die den weiteren Angriff der sauren Lösung hemmt. Lt. Petzold<br />

nimmt die Auslaugung mit der Säurestärke und der Temperatur gemäß der folgenden arrheniusschen<br />

Gleichung zu:<br />

Δ<br />

m = K ⋅ e<br />

−<br />

E<br />

RT<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 22


1. Einführung<br />

Hierbei ist E die Aktivierungsenergie, R die allgemeine Gaskonstante und T die Temperatur.<br />

Besonders stark würde der Angriff bei ständiger Erneuerung der Flüssigkeit oder unter erhöhtem<br />

Druck.<br />

Werden die von der sauren Lösung aufgenommenen Alkalien nicht ausreichend abgeführt, ist<br />

es möglich, dass diese Alkalien wieder in das Glas diffundieren und in ihrer Funktion als<br />

Netzwerkwandler das Glasnetzwerk der Oberfläche aufspalten.<br />

Beim Angriff durch Flusssäure findet ein direkter Abtrag des SiO2-Netzwerkes statt. Dabei<br />

umhüllen vier Fluorionen der gelösten Flusssäure ein Siliziumion und bilden Siliziumtetrafluorid.<br />

Drei Protonen des Wasserstoffs binden sich mit Sauerstoff zu einem Hydroxoniumion.<br />

Wie in Abs. 1.5.2 aufgeführt, findet eine weitere Reaktion mit Flusssäure statt, bei der Hexafluorokieselsäure<br />

entsteht. Es bildet sich das Ion [SiF6] 2- , bei dem die Fluoratome das Siliziumatom<br />

völlig umhüllen und keine weitere Reaktion durch die Fluorionen stattfindet.<br />

Der Abbau des SiO2 durch Flusssäure ist der Hauptabtragsprozess. Dass Gläser unterschiedlich<br />

nach ihrer Zusammensetzung abgetragen werden können, zeigt, dass der zuvor genannte<br />

Prozess des Ionenaustauschs parallel ablaufen und den Abtrag einer Glasoberfläche forcieren<br />

kann.<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 23


2. Die Wafertafel<br />

2. Die Wafertafel<br />

Abb. 2.1 Wafertafel der Berliner Glas KGaA<br />

In den 90er Jahren stieg das Unternehmen Berliner<br />

Glas KGaA in die Fertigung von Maschinenteilen<br />

für Lithografieanlagen ein. Zu den Bestandteilen<br />

dieser Anlagen gehört die Wafertafel (bzw. Wafertable).<br />

Sie ist die Auflagefläche des Siliziumwafers<br />

im Waferstepper während des Bearbeitungsgangs<br />

der Lithografie.<br />

In der aktuellen Größe, wie sie für 8’’-Wafer benötigt<br />

wird, hat die Wafertafel einen Durchmesser<br />

von rund 21 cm.<br />

Zu belichtende Siliziumwafer werden auf die Tafel<br />

aufgelegt. Zwischen Wafer und Wafertafel wird<br />

Unterdruck erzeugt, so dass der Wafer auf der<br />

Tafel anhaftet. Auf diese Weise liegt er stabil und<br />

kann durch die Positioniermechanik der Lithografieanlage<br />

in Bearbeitungsposition gebracht werden.<br />

Die Wafertafel ist sowohl auf der Ober- als auch auf der Unterseite strukturiert. Ringe, Gräben<br />

und Bohrungen sind notwendig, um Vakuum zwischen Wafer und Wafertafel zu erzeugen und<br />

aufrecht erhalten zu können.<br />

Polierte Siliziumwafer neigen dazu, sich wegen Adhäsionskräften an glatte Flächen festzuhaften.<br />

Deshalb liegt der Wafer nicht auf der gesamten Tafelfläche auf, sondern es werden so<br />

genannte Noppen eingearbeitet. Sie sind jeweils etwa 0,15 mm hoch und haben einen Durchmesser<br />

von etwa 0,5 mm. Die eigentliche Auflagefläche für den Wafer ist dadurch extrem<br />

verkleinert. Die Noppen sind nahezu über die gesamte Fläche der Wafertafel verteilt. An deren<br />

Höhe werden hohe Anforderungen an Planparallelität über die gesamte Tafel hinweg gestellt.<br />

Der Siliziumwafer muss auf jeder Noppe aufliegen können, damit sich die Kräfte, die beim<br />

Aufliegen wirken, auf alle Noppen gleichmäßig verteilen und ein schonendes Halten und Entfernen<br />

des dünnen und äußerst empfindlichen Siliziumwafers möglich ist. Entsprechend hoch<br />

sind auch die Anforderungen an die Noppenoberfläche. Es ist eine Rauheit von einigen Nanometern<br />

vorgeschrieben. Eine noch geringere Rauigkeit allerdings würde dazu führen, dass<br />

sich der Siliziumwafer mit der Wafertafel verbindet und beide nicht mehr ohne Zerstörung<br />

trennbar wären. Dieses Verhalten wird auch ‚Ansprengen’ genannt.<br />

Ferner untersucht die Berliner Glas KGaA z. Z. verschiedene Modifikationen von Beschichtungen,<br />

die Einfluss auf die Funktionalität der Wafertafeln haben sollen.<br />

Weiterführend werden in Kapitel 3 „Fertigungsschritte für die Strukturierung der Wafertafel“<br />

einzelne Details der Wafertafel erwähnt.<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 24


3. Fertigungsschritte für die Strukturierung der Wafertafel<br />

3. Fertigungsschritte für die Strukturierung der Wafertafel<br />

Der Rohling für die Wafertafel ist eine Scheibe aus Zerodur ® . Das Werkstück wird im Unternehmen<br />

geschliffen und poliert, bekommt Bohrungen und Kerben und wird einseitig mit<br />

Chrom bedampft. Mit diesem Fertigungsstand erhält die Fertigungsgruppe der Strukturierung<br />

das Werkstück.<br />

Abb. 3.1 Modell einer Wafertafel<br />

Die Wafertafel wird vor Beginn der Strukturierung<br />

nach Fehlern untersucht.<br />

Die Vorgehensweise zum Einarbeiten der Oberflächenstruktur<br />

in die Wafertafel ist in den folgenden Abschnitten<br />

3.1 bis 3.4 beschrieben. Die lithografischen Schritte<br />

sind in Abs. 3.1 ausführlich erläutert.<br />

Die Wafertafel hat eine so genannte<br />

Vorderseite und eine Rückseite. Die<br />

Vorderseite ist die Auflagefläche eines<br />

Wafers, die Rückseite ist die Auflagefläche<br />

der Wafertafel auf dem<br />

Waferstage in der Lithografieanlage.<br />

Beide Seiten müssen bei der Fertigung<br />

unterschieden werden.<br />

Abb. 3.2 schematischer Querschnitt<br />

einer Noppe<br />

Die Anhebung in der Mitte der Noppe<br />

ist die so genannte kleine Noppe<br />

3.1 Herstellung der kleinen Noppen<br />

Das Werkstück erhält im ersten Schritt eine Ätzmaske im Lithografieverfahren. Die Ätzmaske<br />

ist eine 38 µm dicke Fotoresistfolie. Wegen der Lichtempfindlichkeit dieser Folie über einen<br />

Wellenlängenbereich von 320 bis 450 nm wird unter gelber Raumbeleuchtung gearbeitet. Da<br />

die Wafertafel bis zum Strukturierschritt bereits Bohrungen enthält, ist es nicht möglich flüssige<br />

bzw. viskose Fotolacke aufzuschleudern.<br />

Die mit Chrom beschichtete Vorderseite wird zunächst mit Ethanol und einem Tuch gereinigt.<br />

Der Fotoresist wird bei 100 °C bis 115 °C auf die Vorderseite der Wafertafel laminiert. Die<br />

Folie besitzt eine transparente Schutzfolie, die kurz vor dem Entwickeln entfernt wird.<br />

Die laminierte Wafertafel wird in der Belichtungsanlage mit UV-Licht bestrahlt. Dazu wird<br />

die Belichtungsmaske auf den Einschub des Belichters gelegt und durch Beschweren oder<br />

Ankleben mit Klebestreifen darauf befestigt. Obenauf wird die Wafertafel mit der Vorderseite<br />

(laminierte Seite) nach unten gelegt. Anhand der Bohrungen der Wafertafel wird das Werkstück<br />

durch Verschieben mit der Hand auf das Strukturiermuster der Belichtungsmaske ausgerichtet.<br />

Die Belichtungsmasken sind Filme, die zwar im Unternehmen entsprechend der Vorgaben<br />

durch technische Zeichnung des Auftraggebers entworfen werden, jedoch extern angefertigt<br />

werden.<br />

Die Belichtung erfolgt von unten. Der Belichter ist eine Anlage mit einer Quecksilberhochdrucklampe.<br />

Das Licht strahlt überwiegend im UV-A-Bereich. Für die Belichtungszeit gibt es<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 25


3. Fertigungsschritte für die Strukturierung der Wafertafel<br />

eine Arbeitsvorschrift. Ihr kann entnommen werden, wie lange in Abhängigkeit von Sorte und<br />

Dicke der lichtempfindlichen Folie optimal belichtet wird. Das Belichtungsverfahren ist ein<br />

Negativ-Verfahren. Fällt Licht mit einer Wellenlänge von 320 bis 450 nm auf das Polymer,<br />

ändert sich deren Mikrostruktur. Es bilden sich für das Entwicklungsbad und in gewissen<br />

Grenzen für Ätzlösungen schwer lösliche Polymere. Die Belichtungsmaske muss also die inverse<br />

Struktur enthalten.<br />

Belichtete und unbelichtete Bereiche können auf der Folie im visuellen Eindruck unterschieden<br />

werden.<br />

Die Wafertafel wird auf der Rückseite laminiert. Hier soll zunächst keine Oberflächenstruktur<br />

erzeugt werden. Deshalb erfolgt eine Belichtung mit UV-Licht über etwa 10 s ohne Belichtungsmaske.<br />

Die Laminierung dient als Schutz beim späteren ersten Ätzschritt.<br />

Die Wafertafel muss nach dem Belichtungsschritt entsprechend der Empfehlung des Fotoresist-Herstellers<br />

mindestens 30 Minuten lagern.<br />

Der nächste lithografische Schritt ist das Entwickeln der Ätzmaske. Dabei sollen sich unbelichtete<br />

Zonen im Entwicklungsbad ablösen. Das Entwicklungsbad ist eine 1 %ige Natriumcarbonatlösung.<br />

Natriumcarbonat ist auch unter dem Begriff Soda bekannt. Die Schutzfolie<br />

der Laminierung wird entfernt. Das Entwickeln erfolgt in einer Entwicklungsanlage. Über<br />

Rollentransport wird hier das Werkstück durch die Anlage hindurchgeführt. Die Sodalösung<br />

sprüht während dessen von oben und/oder unten unter einstellbarer Temperatur und einstellbarem<br />

Druck auf das Werkstück. Wann die Ätzmaske fertig entwickelt ist, kann durch Beobachten<br />

des Arbeitsganges beurteilt werden. Sind alle unbelichteten Bereiche der Ätzmaske vollständig<br />

entfernt, ist die Entwicklung abgeschlossen. Selbstverständlich verfügt hier das Fertigungspersonal<br />

über spezifische Erfahrungen. So soll die Entwicklung über die Dauer einer<br />

Durchlauflänge abgeschlossen sein. Die Durchlaufgeschwindigkeit kann variiert werden. Beginnend<br />

mit 0,45 m/min kann der Vorschub je nach Verbrauch des Sodas vermindert werden.<br />

Es existiert eine Arbeitsvorschrift, nach der empfohlen wird, das Entwicklungsbad zu erneuern,<br />

wenn das vollständige Ausentwickeln der Ätzmaske einen Durchlauf der Wafertafel bei<br />

0,20 m/min erfordert.<br />

Am Ende der Entwicklungsanlage wird das Werkstück mit deionisiertem Wasser abgespült<br />

und durch Luftdüsen getrocknet. Anhand des visuellen Eindrucks und stichprobenartig am<br />

Mikroskop wird anschließend kontrolliert, ob die Ätzmaske vollständig und gut entwickelt ist.<br />

Diese Ätzmaske enthält sehr kleine Kreisflächen, welche für das Herausarbeiten der kleinen<br />

Noppen notwendig sind.<br />

Fehlerhafte Ätzmasken könnten jetzt wieder entfernt und neu angefertigt werden.<br />

Der nächste Schritt ist das Chromätzen. In eine Wanne wird Chrom-Etch 18 gefüllt und die<br />

Wafertafel für einige Sekunden in die Lösung getaucht. Dabei kann man beobachten, wie die<br />

Chromschicht allmählich „verschwindet“. Nach dem Ätzbad wird die Ätzlösung mit deionisiertem<br />

Wasser abgespült. Die Ätzung der Chromschicht wird visuell beurteilt. Sind die Strukturen<br />

in der Chromschicht gut abgebildet, erfolgt das Ätzen der Glaskeramik. Es sollen Noppenstrukturen<br />

von 3 µm Höhe ausgearbeitet werden. Dafür wird eine Ätzlösung benötigt, die<br />

sich aus 73 %iger Flusssäure (HF), 37 %iger Salzsäure (HCl) und Wasser im Verhältnis 1,14 :<br />

1 : 3 zusammensetzt. Das Ätzen mit Flusssäure findet im Ätzraum unter einem Abzug statt.<br />

Zur Einschätzung der Ätzdauer wird die Temperatur des Ätzbades gemessen. Da mit steigender<br />

Temperatur auch die Ätzrate steigt, wird die sekundengenaue Ätzdauer bei höheren Raum-<br />

bzw. Lösungsbadtemperaturen leicht verkürzt. Für das Ätzen der Wafertafel gibt es eine Ring-<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 26


3. Fertigungsschritte für die Strukturierung der Wafertafel<br />

halterung mit Henkel. Das Tauchen in die Säurelösung lässt sich dadurch leicht handhaben,<br />

ohne dass mit Handschuhen in die Wanne mit dem Ätzbad gegriffen werden muss.<br />

Nach dem Ätzbad wird die Wafertafel in Soda-Lösung gespült. Soda ist alkalisch und neutralisiert<br />

die noch auf der Wafertafel befindliche Ätzlösung. Dann erfolgt Spülen mit deionisiertem<br />

Wasser. Mit einem Tauchbad von etwa einer Stunde in Kalilauge (KOH) wird die Ätzmaske<br />

vom Werkstück gelöst. Es folgt erneut ein Spülen mit deionisiertem Wasser. Die Wafertafel<br />

mit den kleinen Noppen auf der Vorderseite muss nun trocknen.<br />

3.2 Herstellung der Noppen und Stege<br />

Die Wafertafel wird mit Ethanol gereinigt und ihre Rückseite mit einem 100 µm dicken Trockenfilmresist<br />

bei etwa 85 °C bis 95 °C laminiert. Eine Belichtungsmaske wird auf den Einschub<br />

des Belichters gelegt und mit Klebefolie befestigt. Darauf wird die Wafertafel mit der<br />

laminierten Rückseite nach unten gelegt. Das Werkstück wird anhand der Bohrungen und der<br />

Noppen auf die Belichtungsmaske justiert. Das Justieren erfolgt durch vorsichtiges Schieben<br />

der Wafertafel mit der Hand. Dann wird der Einschub in den Belichter geschoben und der Fotoresist<br />

30 s lang von unten belichtet.<br />

Jetzt wird die Vorderseite der Wafertafel mit Ethanol gereinigt und doppelt laminiert. Dabei<br />

muss die Schutzfolie der ersten Laminierschicht abgezogen werden. Diese Fotoresistschicht ist<br />

die Schablone für das Sandstrahlen und muss deshalb sehr dick und robust sein.<br />

Die Wafertafel wird mit der Vorderseite nach oben auf den Einschub des Belichters gelegt. Da<br />

das Belichten von oben erfolgen wird, wird die Belichtungsmaske obenauf gelegt. Diese Umkehrung<br />

ist notwendig, weil die Laminierung der Rückseite nicht ausreichend transparent ist,<br />

um die Belichtungsmaske durch die Wafertafel hindurch an den Bohrungen ausrichten zu<br />

können. Die bereits erzeugten kleinen Noppen der Wafertafel müssen mittig zur Noppenstruktur<br />

der Maske ausgerichtet sein. Die Belichtungsmaske wird beschwert, damit sie beim Einschieben<br />

in den Belichter nicht verrutscht. Das Belichten erfolgt von oben über eine Zeit von<br />

50 s.<br />

Nach zweistündigen Lagern der Wafertafel wird die Sandstrahlmaske in der Entwicklungsanlage<br />

durch Soda-Lösung auf Vorder- und Rückseite entwickelt. Das Werkstück wird im Anschluss<br />

in der Anlage mit deionisiertem Wasser gespült und getrocknet. Mit bloßem Auge<br />

wird anschließend die Vollständigkeit der Sandstrahlmaske geprüft. Im Gegenlicht kann die<br />

Haftung der Folie auf dem Werkstück visuell beurteilt werden. Mit Hilfe des Mikroskops wird<br />

stichprobenartig Lage und Entwicklungszustand der Maske bewertet. Die Maskenstrukturen<br />

müssen zum Glas hin breiter werden und die Kreisstrukturen für die Noppen müssen mittig<br />

über den kleinen Noppen liegen.<br />

Die Wafertafel wird in die Sandstrahlanlage eingespannt. Das Sandstrahlen erfolgt mit einem<br />

Druck von 4,9 bar. Durch das Erodieren sollen 165 µm der Oberfläche abgetragen werden.<br />

Der Sand des Strahls besteht aus Korund, einem natürlich vorkommenden Aluminiumoxid<br />

(Al2O3).<br />

Das Abtragen der Oberfläche erfolgt für die Vorder- und Rückseite der Wafertafel in getrennten<br />

Arbeitsschritten.<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 27


3. Fertigungsschritte für die Strukturierung der Wafertafel<br />

3.3 Reinigen und Vermessen<br />

Um die Sandstrahlmaske zu entfernen, wird die fertig strukturierte Wafertafel für etwa eine<br />

Stunde in Kalilauge gelegt. Das Werkstück wird mit deionisiertem Wasser gespült und danach<br />

in ein Ätzbad aus Chrom-Etch 18 gelegt. Auf diese Weise werden Reste der Chrommaske aus<br />

der Fertigung der kleinen Noppen entfernt. Die Wafertafel wird mit deionisiertem Wasser gespült.<br />

Als weiterer Reinigungsschritt folgt ein Säurebad in 18,5 %iger Salzsäurelösung. Auch<br />

danach wird das Werkstück erneut mit deionisiertem Wasser gespült. Es folgt eine Sichtkontrolle<br />

der durch das Sandstrahlen erzeugten Strukturen. Die Wafertafel wird anschließend<br />

gründlich von Sandstrahlresten befreit, indem sie in Handarbeit unter Leitungswasser gebürstet<br />

wird. Die Wafertafel darf keine Schmutzteilchen enthalten, die sich nach Einbau in einen<br />

Waferstepper im Vakuum lösen oder den Wafer beschädigen könnten. Sandstrahlreste führen<br />

außerdem zu Messfehlern in der anschließenden Qualitätskontrolle.<br />

In der Video-Präzisionsmessanlage Smart Scope wird die Toleranzlage der Strukturgeometrien<br />

überprüft. Dafür ist ein Messprogramm eingerichtet worden, dass stichprobenartige Messergebnisse<br />

liefert.<br />

Die Planität der Wafertafel wird an einem Fizeau-Interferometer gemessen. Für diesen Parameter<br />

gibt es hohe Anforderung an die Maßhaltigkeit. Vor dem Messen wird die Wafertafel<br />

mit Stickstoff-Druckluft und einem Reinigungsstein gesäubert. Als Referenzfläche wird ein<br />

mit Chrom beschichteter hochplanarer Zerodur ® -Wafer auf die Wafertafel aufgelegt und angesaugt.<br />

Der Ansaugdruck wird gemessen. Über ihn kann die Tiefe der Absaugkanäle, die in die<br />

Wafertafel eingearbeitet wurden, abgeschätzt werden.<br />

Durch das Ansaugen gleicht sich der Zerodur ® -Wafer der Oberfläche der Wafertafel an. Jede<br />

Unebenheit und Verschmutzung der Wafertafel führt zu einer Verformung des Wafers aus der<br />

planaren Ebene heraus. Vertiefungen können Hinweise auf fehlende Strukturen sein, kleinere<br />

Anhebungen sind beispielsweise auf Verschmutzungen auf der Vorderseite der Wafertafel<br />

zurückzuführen, breitere Anhebungen auf Verschmutzungen der Rückseite. Verschmutzungen<br />

(meist Staub) sind während des Messens häufig zu beobachten. Sie führen dazu, dass Messungen<br />

am Interferometer mehrmals wiederholt werden müssen. Sie sind zu erkennen an ihrer<br />

örtlichen Verschiebung bei unterschiedlichen Messaufnahmen.<br />

Liegen alle gemessenen Parameter innerhalb der Toleranz, wird die Wafertafel zur Beschichtung<br />

in die nächste Fertigungsabteilung weitergegeben.<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 28


4. Werkstoffe - Versuchsmaterialien<br />

4.1 Keramiken mit kleiner thermischer Ausdehnung allgemein<br />

In [16] wird ausgeführt, dass Werkstoffe mit kleiner thermischer Ausdehnung zu 60 % bis<br />

99,9 % aus Cordierit (Mg2Al4Si5O18), Eukryptit (LiAl[SiO4]), Spodumen (LiAl[Si2O6]) oder<br />

einer Kombination daraus bestehen. Bei kleinerem Mengenanteil würde der thermische Ausdehnungskoeffizient<br />

steigen. Eukryptit hat einen negativen Ausdehnungskoeffizienten, Spodumen<br />

einen schwach positiven. Die restliche Glasphase dehnt sich bei Temperaturerhöhung,<br />

insbesondere mit steigendem SiO2-Gehalt, ebenfalls positiv aus.<br />

Um höhere Werkstoff- und Verschleißfestigkeit zu erhalten, werden Zusatzstoffe aus Karbid,<br />

Nitrid, Borid oder Silikat der Titangruppe, Vanadiumgruppe bzw. der Chromgruppe sowie<br />

Borkarbid gewählt. Speziell Wolframkarbid wird bevorzugt verwendet wegen der hohen Härte<br />

und Festigkeit, wegen der erwünschten elektrischen Leitfähigkeit und auch für eine schwarze<br />

Färbung. Alle Zusatzstoffe sollten nicht mehr als 40% im Werkstoff ausmachen und dürfen<br />

0,1 % nicht unterschreiten, wenn gewünschte Eigenschaften erhalten bleiben sollen. Insbesondere<br />

wenn gute elektrische Leitfähigkeit gefordert ist, sollte der Anteil des Zusatzstoffs nicht<br />

kleiner als 5 % sein. Um die Menge an Zusatzstoffen zu verringern wird Kohlenstoff zugesetzt.<br />

Das hat den Vorteil, die elektrische Leitfähigkeit zusätzlich zu erhöhen. So könne der<br />

spezifische Widerstand auf 10 8 Ωcm und weit darunter gesenkt werden. Dadurch würde verhindert,<br />

dass sich der Werkstoff elektrostatisch auflädt. Der Kohlenstoffanteil sollte 0,1 % bis<br />

3% betragen. Liegt der Anteil darunter kann der geringe elektrische Widerstand nicht erreicht<br />

werden, liegt er darüber, verschlechtert sich die Festigkeit und das Material wird porös.<br />

Abb. 4.1 Sinterstruktur eines Materials mit kleiner thermischer<br />

Ausdehnung aus [16]<br />

Mit 1 sind Kristallkörner aus Cordierit, Eukryptit bzw. Spodumen<br />

bezeichnet, in 2 sind Kristallkörner der Zusatzstoffe dargestellt.<br />

In elektrisch gut leitenden Werkstoffen sollten die Kristallitdurchmesser<br />

d1 3 µm bis 20 µm und d2 0,1 µm bis 0,5 µm betragen.<br />

Das Verhältnis d1 zu d2 sollte 15 bis maximal 200 betragen.<br />

Für die Herstellung der Keramik liegen alle Rohstoffe als Pulver vor. Sie werden miteinander<br />

vermischt, unter Zufuhr von Alkohol oder Wasser gemahlen und anschließend getrocknet. Das<br />

Pulver wird unter hoher Temperatur gepresst. Cordierit beispielsweise wird lt. [16] in einer<br />

Stickstoff- oder Argonatmosphäre bei 1300 °C bis 1450 °C und einem Druck von 490 Pa bis<br />

4900 Pa erzeugt. Je nach gewünschten Materialeigenschaften sind auch andere Sintermethoden<br />

möglich. Für Glaskeramiken gibt es lt. Vogel [3] andere Vorgehensweisen zum Erzeugen<br />

der Kristallitstruktur. Nach dem Abkühlen und Erstarren der Glasschmelze erfolgt ein erneutes<br />

Aufheizen bis zur so genannten Keimbildungstemperatur. Diese liegt unterhalb der Kristallisationstemperatur<br />

(ca. 800 °C), so dass das Glas zunächst blank und durchsichtig bleibt. Erst bei<br />

einer weiteren Temperung bis zur Kristallisationstemperatur (1100 °C bis 1200 °C) wandelt


4. Werkstoffe - Versuchsmaterialien<br />

sich das Glas in die mikrokristalline Keramik um. In Abb. 4.2 ist der zeitliche Ablauf grafisch<br />

verdeutlicht. Jedoch gibt es auch viele weitere Möglichkeiten der Herstellung von Glaskeramiken.<br />

Abb. 4.2 schematische Darstellung<br />

der Entstehung einer Glaskeramik in<br />

Abhängigkeit von Zeit und Temperatur<br />

in den Etappen I bis IV nach<br />

Vogel [3] mit Bezug auf Stookey<br />

[3a]<br />

I Verarbeitung des Glases<br />

II Keimbildung<br />

III Kristallisation<br />

IV Abkühlung des Endproduktes<br />

Glaskeramiken sind häufig dann transparent, wenn zwischen ausgeschiedenen Kristallen und<br />

Restglasphase geringer Brechzahlunterschied besteht.<br />

Werkstoffe mit kleiner thermischer Ausdehnung werden überall dort eingesetzt wo über gewisse<br />

Temperaturbereiche hinweg hohe Anforderungen an die Beständigkeit der Werkstückgeometrie<br />

gestellt werden oder hohe Temperaturunterschiede innerhalb eines Werkstücks auftreten<br />

und zu keinen irreparablen Schäden führen dürfen. Klassische Beispiele sind der Einsatz<br />

als Spiegelträger und die Verwendung in Kochfeldern.<br />

4.2 Zerodur ®<br />

Zerodur ® ist eine bernsteinfarbene, durchsichtige Glaskeramik. Ziel bei der Entwicklung von<br />

Zerodur ® war es, den Wärmeausdehnungskoeffizient bis an den Wert nahe Null heranzubringen.<br />

Zerodur ® besteht lt. [11] zu 70 bis 78 Gewichtsprozent aus kristalliner Phase mit Hochquarzstruktur.<br />

Diese hat eine negative thermische Längenausdehnung, während sich die Glasphase<br />

unter Erwärmen ausdehnt.<br />

Für die Herstellung von Zerodur ® werden als Basis-Rohstoffe SiO2 (55 % – 66 %), Al2O3 (19<br />

% bis 27 %) und Li2O (3 % bis 5,5 %) verwendet. Die restlichen Bestandteile sind Na2O, K2O<br />

SrO, BaO, B2O3, TiO2, ZrO2, P2O5 und Fe2O3 in geringen Mengen [9]. Entsprechend den üblichen<br />

Methoden der Glastechnologie werden die Rohstoffe geschmolzen, geläutert (dabei werden<br />

Blasen ausgetrieben), homogenisiert und heiß geformt. Nach dem Abkühlen und Entspannen<br />

des Glasrohlings folgt eine Temperaturbehandlung, bei der das Glas durch kontrollierte<br />

Kristallisation in eine Glaskeramik überführt wird. Hier bilden sich im Inneren des Glases<br />

Keime, auf denen Kristalle aufwachsen. Kristall- und Glasphase gemeinsam ergeben die Glaskeramik<br />

Zerodur ® . Hersteller und Lieferant der Glaskeramik ist die Firma Schott Glas.<br />

Zerodur ® ist in seinen mechanischen und thermischen Eigenschaften weitestgehend homogen.<br />

Die sehr kleinen Kristalle und der geringe Brechzahlunterschied zwischen Kristall- und Glasphase<br />

ermöglichen eine hohe Transmission. Für ein Werkstück mit der Dicke von 5 mm liegt<br />

lt. [11] die Transmission im Wellenlängenbereich von etwa 600 nm bis 2100 nm über 90 %.<br />

Vom Hersteller [10] werden gute Bearbeitbarkeit und Polierbarkeit, Eignung für Beschichtun-<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 30


4. Werkstoffe - Versuchsmaterialien<br />

gen, Porenfreiheit und gute chemische Beständigkeit als weitere gute Eigenschaften genannt.<br />

Spezielle Materialparameter werden in Abschnitt 4.5 Zusammenfassung der Materialparameter“<br />

aufgeführt.<br />

Typische Einsatzbeispiele für Zerodur ® als Werkstoff sind lt. Hersteller [10] die Anwendung<br />

als<br />

• Spiegelträger, sowohl für erdgebundene als auch für orbitale Anwendungen wie z. B. bei<br />

Großteleskopen der Klasse 20 m bis 100 m und Röntgensatelliten<br />

• als bewegliches Element in Wafer-Steppern und –Scannern sowie als Substratmaterial<br />

für reflektierende Optiken in Anlagen der Lithografie im extremen Ultraviolett (EUV)<br />

• Maßverkörperung in Messgeräten<br />

• Werkstücke mit sehr komplexen Geometrien<br />

Da der Hersteller bei der Beschreibung des Zerodur ® von Hochquarzstruktur spricht, soll dieser<br />

Begriff etwas erläutert werden. In Kapitel 1.2.3 “Silikatgläser“ ist die Struktur und Anordnung<br />

im SiO4 beschrieben und in Abb. 1.3 anschaulich dargestellt. Quarz in seiner kristallinen<br />

Form hat eine regelmäßige Struktur. Dabei ist die Bindung Si-O-Si nicht geradlinig. Die Sauerstoffatome<br />

sind in einem bestimmten Winkel angeordnet, der sich aus der Größe der Atomradien<br />

und den Wechselwirkungen zwischen den Bindungsatomen ergibt. R. Rykart [4] gibt<br />

für so genannten Tiefquarz (auch α-Quarz genannt) einen Si-O-Si-Winkel von 152,8° an,<br />

während er für Hochquarz (auch β-Quarz genannt) 143,52° betragen soll. Aus diesem Grund<br />

gibt es eine verschieden starke Drehung bei der Anordnung der SiO4-Tetraeder im Quarzkristall.<br />

Die Bindungsabstände sind bei Hochquarz (= 0,161 nm) kleiner als bei Tiefquarz (= 0,172<br />

nm).<br />

4.3 ULE ®<br />

ULE ® ist die Abkürzung für Ultra Low Expansion. Das Glas transparent und besteht lt. [18] zu<br />

92,5 % aus amorphem SiO2 und zu 7,5 % aus TiO2. Bei diesem Mengenverhältnis tritt die<br />

namensgebende äußerst geringe Wärmeausdehnung auf. ULE ® ist vollständig amorph. Dabei<br />

ist das TiO2 vollständig in das Siliziumoxidgefüge gebunden, ohne konzentrierte Inseln darin<br />

zu bilden.<br />

Hersteller des ULE ® ist die Corning Incorpuration mit Hauptsitz in New York. 1943 veröffentlichte<br />

Corning Glass Works ein Patent für die Herstellung von Glas mit kleinerer thermischer<br />

Ausdehnung als man es von Quarz kannte. Man stellte ein Verfahren vor, bei dem SiO2 mit 5<br />

% bis 11 % TiO2 und einigen Spuren von Al2O3, B2O3 und ZrO2 dotiert wird. Das Material<br />

wurde in den Jahren darauf mit der Motivation optimiert, ein Trägersubstrat für riesige Spiegel<br />

zu finden. 1988 wurde das Patent zur Herstellung des ULE ® veröffentlicht [28].<br />

In der Patentschrift wird die Herstellung von ULE ® durch ein sogenanntes Sol-Gel-Verfahren<br />

beschrieben. Als Ausgangsstoff dient eine homogene wässrige Alkalikieselsäurelösung. Sie<br />

wird hergestellt aus Kalium (3/4 am Gesamtanteil), einem SiO2-haltigen Kolloid, Wasser und<br />

Formamid (eine organische Verbindung mit Aminogruppe). Dieser Lösung wird unter gleichmäßigem<br />

Rühren kolloides TiO2 zugeführt. Die Masse wird in zwei Portionen geteilt. Die eine<br />

lagert über Nacht, die andere wird unter Zugabe von Ethylformiat gelatiert. Dieses Gel kondensiert<br />

über Nacht. Bei einer Wärmbehandlung von 80 °C über zwei Stunden findet für beide<br />

Portionen eine Polymerisation statt. Das Gel wird in Ammoniumnitrat, Salzsäure und schließ-<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 31


4. Werkstoffe - Versuchsmaterialien<br />

lich in heißem Wasser gespült. Um anschließend Wasserbestandteile und organische Verbindungen<br />

auszutreiben, wird es auf weit über 1000 °C erhitzt. Das Glas wird auf Raumtemperatur<br />

abgekühlt und mit einer Rate von 20 K je Minute auf 1450 °C erhitzt. Danach wird es unter<br />

Heliumathmosphare bei 1625°C 10 Minuten lang gesintert und wieder auf Raumtemperatur<br />

abgekühlt.<br />

Das Glas hat neben der geringen Wärmeausdehnung eine hohe Festigkeit bei kleinem Gewicht<br />

[12]. ULE ® ist in fast allen modernen Spiegelteleskopen der Welt zu finden. Zunehmende Bedeutung<br />

jedoch erhält dieser Werkstoff in der Halbleiterindustrie als Maskenwerkstoff und als<br />

Trägermaterial für Präzisionsoptiken der EUV-Lithografie.<br />

4.4 LE 102 ®<br />

LE 102 ® ist der Markenname für ein Cordierit der Firma Sumikin Ceramics & Quartz Co.,<br />

LTD. Cordierit ist ein Aluminium-Magnesium-Silikat. Die chemische Zusammensetzung wird<br />

mit der Formel Mg2Al5Si5O18 angegeben.<br />

Der japanische Hersteller wirbt in [13] für sein Produkt, indem er mit Al2O3-Keramik vergleicht.<br />

Demnach zeichnet sich LE 102 ® aus durch:<br />

- eine niedrige thermische Ausdehnung<br />

- extrem feine mikroskopische Struktur<br />

- Porenfreiheit<br />

- geringe statische Elektrizität<br />

Der japansche Hersteller Kyocera Corp. beschreibt in [15] die Herstellung einer Sinterkeramik<br />

aus Cordierit. In zur Bildung von Cordierit geeigneten Mengen wird hier Magnesiumoxid<br />

(MgO), Aluminiumoxid (Al2O3) und Siliziumoxid (SiO2) gemischt und mit einem Sinterhilfsmittel,<br />

z. B. einem Oxid eines Seltenerdeelements, SiO2, CaO (Kalziumoxid) oder MgO<br />

versetzt. Das Gemisch wird in vorgegebener Gestalt geformt und in dieser Form bei 1000 °C<br />

bis 1400 °C gebrannt bzw. gesintert. Erst während des Sinterprozesses findet die chemische<br />

Reaktion zwischen MgO, Al2O3 und SiO2 zur Bildung von Cordierit statt.<br />

Cordierit besitzt siliziumhaltige Tetraeder (siehe Kapitel 1.2.3), die zu Sechserringen formatiert<br />

sind. Diese Sechserringe sind über aluminiumreiche Tetraeder und Magnesium-Oktaeder<br />

miteinander verbunden. Bei Temperaturerhöhung kommt es zu einer Verzerrung innerhalb der<br />

Kristallstrukturen, nicht jedoch zu einer Kontraktion des Kristalls, da sich positive und negative<br />

Wärmeausdehnungen im Mittel gegen Null aufheben.<br />

4.5 Zusammenfassung der Materialparameter<br />

In der Berliner Glas KGaA bestehen langjährige Erfahrungen in der Bearbeitung von Zerodur<br />

® . Auch ULE ® wird bereits seit einiger Zeit als Werkstoff eingesetzt. Das Verwenden von<br />

nicht transparenter Cordierit-Keramik, insbesondere für die Fertigung von Wafertafeln, ist<br />

noch in der Testphase. In der nachfolgenden Tabelle wird eine Auswahl an Materialparametern<br />

der drei Werkstoffe gegenübergestellt.<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 32


Eigenschaft Einheit<br />

ZERODUR ®<br />

[11]<br />

ULE ®<br />

[12]<br />

LE 102 ®<br />

[13]<br />

Dichte<br />

g/cm 3<br />

bei Raumtemperatur<br />

2,53 2,21 2,53<br />

thermischer Ausdehnungskoeffizient<br />

(CTE)<br />

in 10 -6 /K 0,02<br />

≥ 0,015<br />

(von 5 bis 30°C)<br />

- 0,025 bis +<br />

0,027<br />

spezifischer Widerstand bei<br />

20°C<br />

Ω cm nicht angegeben 10 11,6 10 4 bis 10 7<br />

Wärmeleitfähigkeit W/(m*K)<br />

1,46<br />

(bei 20°C)<br />

1,31<br />

(bei 25°C)<br />

4,1<br />

(bei 25°C)<br />

Temperaturleitzahl bei 20°C m 2 /s 0,72*10 -6 nicht angegeben nicht angegeben<br />

Wärmekapazität J/(g*K) 0,8 0,767 nicht angegeben<br />

Elastizitätsmodul GPa<br />

90,3<br />

(bei 20°C)<br />

67,6<br />

(bei 25°C)<br />

138<br />

Poissonzahl 0,243<br />

0,17<br />

(bei 25°C)<br />

nicht angegeben<br />

Knoophärte 0,1/20 kg/mm² 620 460 nicht angegeben<br />

Vickershärte GPa 4,8 nicht angegeben 9,8 – 10,8<br />

Tabelle 4.1<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 33


5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />

5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />

Für das Untersuchen des Ätzverhaltens am Material ULE ® und LE 102 ® wurden zunächst<br />

Richtwerte gesucht. Dazu bot es sich an, auf Erfahrungswerte für das Ätzen von Zerodur ®<br />

zurückzugreifen. Das Ätzen von Zerodur ® gehört bereits seit langem zu den in der Berliner<br />

Glas KGaA eingesetzten Fertigungstechnologien. Fertigungsvorschriften und Arbeitsanweisungen<br />

zum Nassätzen liegen für die einzelnen zu bearbeitenden Produkte vor, nicht jedoch<br />

allgemeingültige Tabellen, von denen sich das Ätzverhalten unter bestimmten Umgebungsbedingungen<br />

und für bestimmte Ätzmittelzusammensetzungen ableiten ließe. Der Hersteller von<br />

Zerodur ® , das Unternehmen Schott Glas, gibt keine Ätzparameter für das Behandeln von Zerodur<br />

® vor, sondern vergibt lediglich Empfehlungen, die auf wenigen Versuchsreihen für das<br />

Ätzverhalten an Zerodur ® beruhen.<br />

Es bot sich an, eigene Versuchsreihen durchzuführen. Zu diesem Zweck wurde die Anfertigung<br />

von Probeteilen aus Zerodur ® im Unternehmen in Auftrag gegeben. Die Probeteile wurden<br />

in der gleichen Geometrie und Größe angefertigt wie sie auch für die Versuchsreihen an<br />

ULE ® verwendet werden sollten. Dadurch sollte ein besserer Vergleich zwischen den Versuchsergebnisse<br />

an Zerodur ® und den Ergebnissen an ULE ® möglich sein. Für Versuche an<br />

LE 102 ® stand Material in geringerer Menge zur Verfügung, so dass die Probekörper kleiner<br />

angefertigt wurden. Die Strukturen, die auf der Oberfläche der Materialien erzeugt wurden,<br />

waren jedoch für alle Versuchskörper gleich.<br />

Standardätzmittel war eine Säurelösung, welche auch bei der Fertigung von Wafertafeln eingesetzt<br />

wird. Sie bestand zu 16 % aus Flusssäure (HF) und 7% aus Salzsäure (HCl). Während<br />

durch Flusssäure das SiO2 und weitere Oxidbestandteile aufgelöst werden, sorgt HCl für einen<br />

notwendigen Glanz der Oberfläche des geätzten Materials, indem sie die Bildung störender<br />

Salzablagerungen mindert. Die durch die Reaktion entstandenen Chloride sind besser löslich<br />

als Fluoride und können zusammen mit der Ätzflüssigkeit entfernt werden.Salzsäure verursacht<br />

auf der Haut ein brennendes Gefühl, so dass ein Kontakt mit der Ätzlösung sofort bemerkt<br />

werden kann. Dieser Effekt ist für den Arbeitsschutz relevant, denn ein Hautkontakt mit<br />

kleinen Mengen an reiner Flusssäurelösung wird zunächst häufig kaum bemerkt.<br />

Die eingesetzten Messmittel sind in den nachfolgenden Ablaufbeschreibungen genannt. Sie<br />

sind im Anhang in Anlage 1 kurz beschrieben.<br />

Die Zusammenfassung der Ergebnisse zum Ätzen an den einzelnen Keramiken kann in Kap. 6<br />

nachgelesen werden.<br />

5. 1 Ablauf und Aufbau der Ätzversuche an Probekörpern<br />

Im Unternehmen wurden Probekörper aus Zerodur ® , ULE ® und LE 102 ® angefertigt. Sie hatten<br />

eine Höhe von etwa 5 mm und eine polierte Fläche von 35 x 35 mm bei Zerodur ® und<br />

ULE ® bzw. unterschiedliche Flächen mit ca. 20 x 20 mm und kleiner bei LE 102 ® . Für die<br />

polierte Fläche wurde für alle Teile eine Rauheit Ra von ca. 6 nm gemessen.<br />

Die einzelnen Strukturierungsschritte aus der Fertigung wurden innerhalb der Versuchsreihen<br />

modellhaft nachvollzogen. Durch die Probekörper konnten zunächst Verhaltenstendenzen des<br />

Nassätzens festgestellt werden, nicht jedoch spezielle Fertigungsparameter für die Strukturierung<br />

einer Wafertafel.<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 34


5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />

5.1.1 Vorbereiten der Probekörper für das strukturierte Nassätzen<br />

Um definierte Strukturen auf der Körperoberfläche zu erhalten,<br />

müssen entsprechend des gewünschten Musters Zonen<br />

der Oberfläche abgedeckt werden, um sie vor dem Angriff<br />

durch das Ätzmittel zu schützen. Der Höhenunterschied, der<br />

sich aus geschützter und ungeschützter Oberfläche nach dem<br />

Ätzen ergibt, gibt Auskunft über die Ätzrate. Wie auch in<br />

der Fertigung von Wafertafeln wurde dafür ein Lithografieverfahren<br />

eingesetzt. Als Strukturierungsmaske (Belichtungsmaske)<br />

wurde eine Folienmaske verwendet (siehe Abb.<br />

5.5 und 5.6). Die Strukturen enthielten breite Linien und<br />

Kreise. Sie sollten die Strukturen einer Wafertafel nachempfinden.<br />

Die Kreise hatten einen Durchmesser von etwa 0,93<br />

mm, die Breite der Linien betrug etwa 0,62 mm lt. Messung<br />

am Smart Scope (ein Video-Messmikroskop).<br />

Die Probeteile wurden zunächst mit Ethanol-Lösung und<br />

einem Tuch gereinigt und im Anschluss mit der Folie Vacrel<br />

1840 bei 30 °C laminiert. Vacrel ist eine Fotoresist-<br />

Negativfolie mit einer Dicke von 100 µm. Sie ist im unbelichteten<br />

Zustand grün und leicht transparent. Die Folie verändert<br />

ihre Mikrostruktur bei einer Belichtung im Wellenlängenbereich<br />

von 320 nm bis 450 nm. Dabei ändert sich<br />

das Polymer in ein schwerer lösliches langkettiges Polymer.<br />

Auf der Folie befindet sich zunächst eine weitere transparente<br />

Schutzfolie, die nach dem Belichten und vor dem<br />

Entwickeln entfernt wird. Vacrel 1840 hat sich für die Fertigung<br />

von Wafertafeln aus Zerodur ® als ausreichend stabil,<br />

säureresistent, gut haftend und leicht handhabbar erwiesen<br />

und wurde deshalb auch für die Strukturierung der Versuchsproben<br />

verwendet.<br />

Die Belichtungsmaske wurde auf den Einschubtisch der<br />

Belichtungsanlage gelegt und mit Klebefolie befestigt, damit<br />

sie beim Hineinschieben in den Belichter nicht verrutscht.<br />

Auf die Maske wurde der Probekörper mit der laminierten<br />

Seite nach unten gelegt. Er wurde von 30 s von unten mit<br />

UV-Licht belichtet. Die belichteten Bereiche sind durch ein<br />

leicht verblasstes Grün (siehe Abb. 5.7) und durch kleine<br />

Dellen an der Laminatoberfläche zu erkennen.<br />

Die belichteten Probeteile mussten nun für mindestens 30<br />

Minuten ruhen. Erst unmittelbar vor dem Entwickeln wurde<br />

die transparente Schutzfolie entfernt. In die Entwicklungsanlage<br />

wurde ein Korb auf die Transportrollen gelegt. Darin<br />

wurden anschließend die Probeteile gelegt und zwar in Reihenfolge<br />

der Nummerierung für den Fall, dass sich die Be-<br />

Abb. 5.1 laminierte Probe<br />

Abb. 5.2 laminierte Probe mit<br />

Belichtungsmaske<br />

Die Probe wird mit UV-Licht<br />

belichtet.<br />

Abb. 5.3 Entwickeln der Folienmaske<br />

mit Soda<br />

Abb. 5.4 fertige Ätzmaske<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 35


5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />

schriftung der Proben im Entwicklungsbad löst.<br />

Der Entwickler ist eine 1 %ige Natriumcarbonat-Lösung.<br />

Natriumcarbonat ist auch unter dem Begriff ‚Soda’ bekannt.<br />

Das Entwicklerbad wurde auf 28 °C geheizt. Die Probeteile<br />

wurden in der Entwicklungsanlage bei einer Vorschubgeschwindigkeit<br />

von rund 30 m/min mit dem Entwickler unter<br />

einem Druck von 2 bar von oben besprüht. Das Entwickeln<br />

war beendet, wenn sich der gesamte unbelichtete Fotoresist<br />

abgelöst hatte. Das dauerte bei einer einfachen Laminierschicht<br />

aus Vacrel 1840 etwa 3 bis 4 min.<br />

Nach dem Entwickeln wurde die Soda-Lösung mit Leitungswasser<br />

abgespült. Die Probeteile wurden zum Trocknen<br />

abgestellt.<br />

1 mm<br />

Abb. 5.5 Mikroskopaufnahme der<br />

Folienmaske<br />

Für die Strukturierung wurden<br />

Kreise, die den Noppen einer<br />

Wafertafel entsprechen sollen,<br />

und Linien, die den Stegen der<br />

Wafertafel entsprechen sollen,<br />

verwendet.<br />

0,5 mm<br />

Abb. 5.6 Mikroskopaufnahme der<br />

Folienmaske mit einer Kreisstruktur<br />

Gut erkennbar sind die Stufen des<br />

Kreisumfangs. Die Aufnahme<br />

erfolgte mit Durchlicht. Die<br />

schwarze Zone lässt kein Mikroskoplicht<br />

hindurch. Es wurden<br />

keine Fehler der Maske gefunden.<br />

Abb. 5.7 Foto eines belichteten<br />

Folienresists, hier Vacrel 1840<br />

Die Aufnahme erfolgte bei Weißlicht<br />

am SmartScope. Die Kreisform,<br />

die nach dem Entwickeln<br />

stehen bleiben wird, ist schwach zu<br />

erkennen.<br />

Die Rückseite der Probeteile wurde mit weißer Klebefolie überklebt, um zu verhindern, dass<br />

diese Seite vom Ätzmittel angegriffen wird.<br />

Auf den meisten Proben sollten mehrere Ätztiefen erzeugt werden können. Deshalb wurden<br />

für die Versuche Zonen mit Klebefolie abgeklebt, um das Ätzen in diesen Bereichen zunächst<br />

zu verhindern. Auf die Klebefläche wurde ein Stückchen Seidenpapier geklebt, damit die<br />

Ätzmaske nach dem Entfernen der Klebefolie nicht an der weißen Folie kleben bleibt. Dadurch<br />

blieb für die Abdeckfolie lediglich ein Kleberand übrig. Nach jedem Ätzen wurde die<br />

Klebefolie abgezogen und eine neue kleinere Folie aufgeklebt. Diese kleineren Folien wurden<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 36


5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />

für die Ätzversuche im Voraus vorbereitet. Außerdem wurde jedes Probeteil mittig auf einen<br />

etwa 30 cm langen Klebestreifen geklebt. Dieser Klebestreifen war zum Hantieren der Proben<br />

beim Tauchen in die Ätzbäder gedacht.<br />

Ätzmaske<br />

Abb. 5.8 präpariertes Probeteil<br />

Erst in den Versuchen an LE 102 ® wurde die Fotoresistfolie eine Stunde lang bei 150 °C<br />

wärmebehandelt. Das Tempern der Folie wurde bisher in der Berliner Glas KGaA nicht praktiziert<br />

und deshalb in den Versuchen zunächst nicht ausgeführt. Es stellte sich aber heraus,<br />

dass dieser Arbeitsschritt notwendig war, wenn die Folie über mehrere Minuten dem Ätzbad<br />

ausgesetzt werden sollte. Abb. 5.9 zeigt eine Ätzmaskenstruktur auf ULE ® nach der Temperung.<br />

5.1.2 Versuchsreihen zur Untersuchung der Ätzgeschwindigkeit in Abhängigkeit von der<br />

Ätzdauer<br />

Für das Ätzen von Zerodur ® , ULE ® und LE 102 ® wurden Probeteile mit einer Oberflächenrauheit<br />

von ca. 6 nm verwendet. Für jeden Messpunkt wurden bis zu drei Proben unter den<br />

gleichen Bedingungen geätzt.<br />

Diese Versuchsreihen beschränkten sich darauf, das aktuelle Fertigungsverfahren abzubilden.<br />

Deshalb wurde als Ätzmittel die Standardlösung lt. Arbeitsanweisung eingesetzt. Sie wird<br />

zusammengesetzt aus:<br />

1,14 Teile 73 %-ige Flusssäurelösung (HF)<br />

entspricht ca. 16 % HF in der Gesamtlösung<br />

1 Teil 37%-ige Salzsäurelösung (HCl)<br />

entspricht ca 7 % HCl in der Gesamtlösung<br />

3 Teile entionisiertes Wasser<br />

Klebefolie<br />

Abb. 5.9 getemperte Trockenfilmfolie<br />

Vacrel 1840, Durchmesser<br />

ca. 930 µm<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 37


5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />

Für den Versuchsaufbau wurden benötigt:<br />

- Metallbehälter für das Ätzbad<br />

- 2 Plastikwannen für Spülbäder<br />

- Stoppuhr<br />

- 73 %-ige Flusssäure<br />

- 37%-ige Salzsäure<br />

- entionisiertes Wasser<br />

- Messbecher<br />

- Leitungswasser<br />

- Natriumcarbonat<br />

- Tücher<br />

- Klebefolie<br />

- säureresistentes Thermometer<br />

Die Plastikwannen für die Spülbäder wurden mit Leitungswasser gefüllt. In eine der Wannen<br />

wurde etwas Natriumcarbonat gegeben, so dass eine Soda-Lösung entstand, die die Säure,<br />

welche nach dem Ätzbad an den Proben haftete, leicht neutralisierte.<br />

Die Versuche und die Herstellung der Ätzlösung<br />

erfolgten unter einem Abzug. Die Ätzlösung wurde<br />

für die Versuche frisch angefertigt. Je nach benötigter<br />

Menge an Gesamtätzlösung (150 bis 250 ml) wurde<br />

die nötige Menge der Lösungskomponenten in den<br />

Messbecher gefüllt und anschließend über einen<br />

Trichter in einen verschließbaren Plastikbehälter<br />

gegossen. Beim Vermischen der einzelnen<br />

Flüssigkeiten entsteht Wärme, so dass der Plastikbehälter<br />

mit der Ätzlösung zunächst in ein<br />

Wasserbad gestellt wurde bis die Ätzlösung Zimmertemperatur<br />

(ca. 24 °C) erreicht hat. Die Ätzlösung<br />

wurde in einen Metallbehälter gefüllt.<br />

Die Stoppuhr wurde gestartet und das Probeteil in die<br />

Ätzlösung getaucht. Während des Tauchens wurde das<br />

Testteil leicht bewegt. Nach vorgegebener Zeit wurde<br />

die Probe herausgenommen und wenige Male durch die<br />

schwache Sodalösung gezogen und im Wasserbad<br />

gespült. Mit einem Tuch wurde die Probe vorsichtig<br />

getrocknet. Bevor die Probe weiterverwendet werden<br />

konnte, musste die Klebefolie auf der Oberseite entfernt<br />

und die Probe erneut gespült werden. Nach dem<br />

Trocknen wurde eine neue kleinere Folie, die bereits<br />

zurechtgeschnitten bereit lag, aufgeklebt. Im letzten<br />

Schritt wurde die Ätzmaske durch ein mindestens einstündiges<br />

Bad in Kalilauge (KOH) entfernt und die<br />

Proben unter Leitungswasser gespült.<br />

Angemerkt werden muss, dass durch das Ausnutzen<br />

eines Probekörper für mehrere Messpunkte zwar Mate-<br />

Abb. 5.10 Versuchsarbeitsschritte für<br />

das Strukturieren durch Nassätzen<br />

Als Ausgangspunkt dient eine Materialprobe<br />

mit einer Ätzmaske, welche<br />

alle Oberflächenbereiche abdeckt, die<br />

nicht bearbeitet werden sollen (a).<br />

Es erfolgt der Abtrag der Oberfläche<br />

durch eine Säure. (b)<br />

Die Ätzmaske wird durch Kalilauge<br />

entfernt. (c)<br />

Bild (d) zeigt das Probestück mit fertiger<br />

Struktur.<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 38<br />

(c)<br />

(a)<br />

(b)<br />

(d)


5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />

rial gespart werden konnte; die Messversuche zeigten aber, dass die Folie nicht immer ausreichend<br />

dicht hält. Das führte dazu, dass die Unsicherheit für die Messergebnisse stark anstieg,<br />

und zwar immer auf den Zonen der Probekörper, die am längsten mit Klebefolie abgedeckt<br />

wurden. Beim Material mit schnellerer Reaktion wie Zerodur ® waren außerdem Unebenheiten<br />

auf der Oberfläche zu sehen, die darauf schließen ließen, dass Säure in diese Zonen eingedrungen<br />

sein muss. Einzelmessungen aus den Zonen, die während allen Ätzschritten gar nicht<br />

abgedeckt wurden, waren weitestgehend übereinstimmend und in der Aussage zuverlässiger.<br />

5.1.3 Versuchsreihen zur Untersuchung der Ätzgeschwindigkeit in Abhängigkeit von der<br />

Temperatur im Ätzbad<br />

Eine einfache Regel der Reaktionskinetik, die so genannte Reaktionsgeschwindigkeit-<br />

Temperatur-Regel, sagt aus, dass sich die Reaktionsgeschwindigkeit um das 2- bis 3-fache<br />

erhöht, wenn sich die Temperatur für eine chemische Reaktion um 10 K erhöht.<br />

Der Umgang mit heißen Ätzbädern erfordert erhöhten Arbeitsschutz. Aus Gründen der Arbeitssicherheit<br />

und den im Unternehmen vorhandenen instrumentellen Voraussetzungen im<br />

Ätzlabor wurden Ätzmitteltemperaturen bis 40°C untersucht. Die Dämpfe sind giftig und dürfen<br />

nicht eingeatmet werden. Das Hantieren mit der Säure erfolgte unter dem Abzug.<br />

Für den Versuchsaufbau wurden benötigt:<br />

- Metallbehälter für das Ätzbad<br />

- 1 Plastikwanne für das Spülbad<br />

- 1 Plastikwanne für das Wasserbad zum Temperieren des Ätzbades<br />

- Stoppuhr<br />

- 73 %-ige Flusssäure<br />

- 37%-ige Salzsäure<br />

- entionisiertes Wasser<br />

- Messbecher<br />

- Leitungswasser, heiß und kalt<br />

- säurebeständiges Thermometer<br />

- Tücher<br />

- Klebefolie<br />

Als Ätzmittel wurde 150 ml der Standardätzlösung mit 16 % Flusssäure hergestellt. Die Temperierung<br />

erfolgte in einem Bad aus kühlem bzw. heißem Wasser aus der Leitungsversorgung.<br />

Es wurden Wassertemperaturen von 18 °C aus der Kaltwasserleitung und 60 °C aus der<br />

Warmwasserleitung gemessen. Wegen des Ausgleichs der Wasserbad- bzw. Ätzbadtemperatur<br />

mit der Umgebungstemperatur war es außerhalb der aktuellen Raumtemperatur nur bedingt<br />

möglich, die Versuche bei völlig konstanten Temperaturbedingungen durchzuführen. Die Proben<br />

wurden unmittelbar vor dem Ätzen in das Wasser getaucht, damit sie annähernd mit der<br />

Ätzbadtemperatur vortemperiert waren. Vor dem Eintauchen in das Ätzbad wurden sie kurz<br />

mit einem Tuch getrocknet. Es wurde eine Ätzdauer von einer Minute gewählt.<br />

Die Probeteile aus Zerodur ® und ULE ® waren in vier Sektoren geteilt, die bei unterschiedlichen<br />

Temperaturen geätzt wurden. Die übrigen Bereiche wurden mit Klebefolie verklebt. Für<br />

jeden Temperaturmesspunkt wurden je 3 Proben aus ULE ® und 3 Proben aus Zerodur ® verwendet.<br />

Auf jeder Probe wurde zunächst eine Zone geätzt. Dann wurde die Abdeckfolie entfernt<br />

und das Teil noch einmal im Wasserbad gespült. Mit einem Holzstäbchen wurde die<br />

Ätzmaske entfernt und die Oberfläche mit einem Tuch gesäubert. Vor weiteren Ätzversuchen<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 39


5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />

in den anderen Oberflächenzonen wurde die Ätztiefe am Weißlichtinterferometer gemessen<br />

und die Ergebnisse notiert. Mindestens fünf Noppenstrukturen wurden je Probteil ausgemessen.<br />

Danach wurde das Probeteil wieder mit Folie verklebt, so dass ein neuer Bereich der Oberfläche<br />

geätzt werden konnte. Die Versuchsreihen für beide Materialien erstreckten sich über vier<br />

Tage.<br />

Für die Messungen an LE 102 ® standen nur je eine Probe für jeden Temperaturpunkt zur Verfügung.<br />

Die Probeteile wurden für eine stabilere Ätzmaske getempert. Sie wurden für nur ein<br />

Ätzbad verwendet; es erfolgte keine Unterteilung der Oberfläche für eine Mehrfachnutzung<br />

der Probe. Dadurch sollte die Zuverlässigkeit der Messungen gewährleistet sein. Nach dem<br />

Ätzbad wurden die Teile unter Druckluft getrocknet. Durch 3%ige NaOH-Lösung wurde die<br />

Ätzmaske entfernt. Für das Strippen war etwa eine Stunde notwendig. Nach einem weiteren<br />

Spülgang unter Leitungswasser wurden die Proben mit Druckluft getrocknet. Die Messung der<br />

Ätztiefe erfolgte am Weißlichtinterferometer. Diese Versuchsreihe erstreckte sich über zwei<br />

Tage.<br />

Für die ersten Testreihen an Zerodur ® und ULE ® wurde mit der höheren Temperatur zuerst<br />

begonnen. Das hatte den Vorteil, dass sich tiefere Temperaturen durch den Ausgleich mit der<br />

Umgebungstemperatur von selbst einstellten und die Versuchsabfolge relativ zügig durchgeführt<br />

werden konnte. Verhängnisvoll jedoch war die Tatsache, dass sowohl die weiße Abdeckfolie,<br />

die die Probeteile in Sektoren untergliederte, als auch die Folie der Ätzmaske bei den<br />

höheren Temperaturen nicht mehr zuverlässig abdeckten. Dies führte zum Verlust von für die<br />

Auswertung brauchbaren Ätzstrukturen. Bei den Versuchen an LE 102 ® wurden diese Erfahrungen<br />

berücksichtigt. Die Ätzmaske wurde getempert und die Messreihe startete mit 20 °C.<br />

Die Messreihe für ULE ® wurde parallel dazu ein zweites Mal durchgeführt.<br />

5.1.4 Versuchsreihen zur Untersuchung der Ätzgeschwindigkeit in Abhängigkeit von<br />

Säurekonzentration und –zusammensetzung<br />

Da ULE ® sehr viel langsamer in der Standardätzlösung reagiert als Zerodur ® , war es notwendig<br />

zu untersuchen, ob eine geforderte Strukturhöhe bzw. Ätztiefe auf ULE ® unter höher konzentrierter<br />

Flusssäurelösung erreicht würde. Bei den Versuchen zum Einfluss der Ätzdauer<br />

(siehe 5.2.1) hatte sich herausgestellt, dass sich die Ätzmaske noch vor Erreichen der Zieltiefe<br />

von 3 µm ablöst. Zu untersuchen war also, ob Flusssäure selektiv auf das Material der Ätzmaske<br />

reagiert. Da ULE ® zum größten Teil aus SiO2 besteht, beschränkten sich die Untersuchungen<br />

zunächst auf das Ätzverhalten durch Flusssäure. Für jeden Messpunkt standen zwei<br />

ULE ® -Proben zur Verfügung.<br />

Bei der Zusammensetzung des Ätzmittels wurde der Salzsäureanteil annähernd konstant<br />

gehalten und der Flusssäureanteil variiert.<br />

Folgende Lösungen wurden angefertigt:<br />

a) 2 Teile 73 %-ige Flusssäurelösung (HF)<br />

entspricht ca. 36 % HF in der Gesamtlösung<br />

1 Teil 37%-ige Salzsäurelösung (HCl)<br />

entspricht 9 % HCl in der Gesamtlösung<br />

1 Teil entionisiertes Wasser<br />

b) 6 Teile 73 %-ige Flusssäurelösung (HF)<br />

entspricht ca. 50 % HF in der Gesamtlösung<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 40


5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />

1,7 Teile 37%-ige Salzsäurelösung (HCl)<br />

entspricht ca. 7 % HCl in der Gesamtlösung<br />

1 Teil entionisiertes Wasser<br />

c) 1 Teil 73 %-ige Flusssäurelösung (HF)<br />

entspricht ca. 8 % HF in der Gesamtlösung<br />

1,75 Teile 37%-ige Salzsäurelösung (HCl)<br />

entspricht ca. 7 % HCl in der Gesamtlösung<br />

6,6 Teile entionisiertes Wasser<br />

d) 1 Teil 73 %-ige Flusssäurelösung (HF)<br />

entspricht ca. 2 % HF in der Gesamtlösung<br />

7 Teile 37%-ige Salzsäurelösung (HCl)<br />

entspricht ca. 7 % HCl in der Gesamtlösung<br />

29,25 Teile entionisiertes Wasser<br />

Die Konzentration der Flusssäure, die zum Zusammenstellen der Lösungen verwendet wird,<br />

ist vom Hersteller mit 71% bis 75% angegeben.<br />

Für den Versuchsaufbau wurden benötigt:<br />

- Behälter für das Ätzbad<br />

- 2 Plastikwannen für Spülbäder<br />

- Stoppuhr<br />

- 73 %-ige Flusssäure<br />

- 37%-ige Salzsäure<br />

- entionisiertes Wasser<br />

- 50 ml Messbecher<br />

- Trichter<br />

- Leitungswasser<br />

- Tücher<br />

- Klebefolie<br />

Die Plastikwannen für die Spülbäder wurden mit Leitungswasser gefüllt. Die Versuche und<br />

die Herstellung der Ätzlösung erfolgten unter dem Abzug. Flusssäure hoher Konzentration ist<br />

rauchend.<br />

Für Gesamtätzlösung (150 ml) wurde die nötige Menge der Lösungskomponenten in den<br />

Messbecher gefüllt und jeweils über einen Trichter in einen verschließbaren Plastikbehälter<br />

gegossen. Das Gemisch im Plastikbehälter wurde im Wasserbad gekühlt bis es Zimmertemperatur<br />

erreicht hatte.<br />

Die Ätzlösung wurde in den Metallbehälter gefüllt. Die Stoppuhr wurde gestartet und ein Probeteil<br />

in die Ätzlösung getaucht. Dabei wurde die Ätzmaske beobachtet, denn es sollte vermieden<br />

werden, dass sie sich während der Versuche ablöst. Die Proben wurden nach gegebener<br />

Zeit herausgenommen und in den Wasserbädern gespült. Die Klebefolie zur Trennung von<br />

zwei Bearbeitungszonen auf dem Probestück wurde entfernt. Die Proben wurden erneut gespült<br />

und mit dem Tuch vorsichtig getrocknet. Der Ätzvorgang wurde wiederholt.<br />

In Anbetracht der Ergebnisse aus den Versuchen an ULE ® mit variierter Flusssäurekonzentration<br />

(siehe Abs. 5.2.3) wurde überlegt, ob es möglich ist, die Komponente Salzsäure durch<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 41


5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />

eine andere Säure zu ersetzen. Salzsäure wird in der Fertigung aus Gründen des Arbeitsschutzes<br />

und zum Erzielen eines gewünschten Glanzeffekts auf der Materialoberfläche verwendet.<br />

Es wurde recherchiert, dass TiO2 sich sowohl in HNO3 als auch H2SO4 auflösen lässt. Folgende<br />

Ätzlösungen wurden angefertigt:<br />

e) 3 Teile 73 %-ige Flusssäurelösung (HF)<br />

entspricht ca. 16 % HF in der Gesamtlösung<br />

1,4 Teile 65%-ige Salpetersäurelösung (HNO3)<br />

entspricht ca. 7 % HNO3 in der Gesamtlösung<br />

9 Teile entionisiertes Wasser<br />

f) 2,2 Teile 73 %-ige Flusssäurelösung (HF)<br />

entspricht ca. 15 % HF in der Gesamtlösung<br />

1 Teil 97%-ige Schwefelsäure (H2SO4)<br />

entspricht ca. 9 % H2SO4 in der Gesamtlösung<br />

7,7 Teile entionisiertes Wasser<br />

Die Konzentration der Salpetersäure wird vom Hersteller mit 95 % bis 98% angegeben.<br />

Die Versuche wurden wie zuvor beschrieben durchgeführt. Die Proben wurden in zwei verschiedenen<br />

Ätzdauern der Ätzlösung ausgesetzt. Zusätzlich wurde beobachtet, ab welcher Zeit<br />

sich die Ätzmaske vom Substrat löst.<br />

Für die Versuche an LE 102 ® mit getemperter Ätzmaske wurden drei verschiedene Ätzlösungen<br />

angefertigt:<br />

g) 3 Teile Standardätzlösung<br />

1,17 Teile 73%ige Flusssäurelösung (HF)<br />

0,28 Teile 37%-ige Salzsäurelösung (HCl)<br />

entspricht ca. 30 % HF, 7 % HCl<br />

h) 4 Teile der Ätzlösung aus g)<br />

7,04 Teile 73%ige Flusssäurelösung (HF)<br />

1,68 Teile 37%-ige Salzsäurelösung (HCl)<br />

entspricht ca. 50% HF, 7% HCl<br />

i) 4 Teile 20%ige Flusssäurelösung (HF)<br />

entspricht ca. 8% HF<br />

1,9 Teile 37%ige Salzsäurelösung (HCl)<br />

entspricht ca. 7% HCl<br />

4,1 Teile entionisiertes Wasser<br />

Die verschiedenen Säurelösungen wurden bereits am Tag zuvor hergestellt. Dadurch kühlten<br />

sie ausreichend ab und hatten in den Ätzversuchen die gleiche Temperatur.<br />

Für die Strukturierung bei gleicher Säurezusammensetzung standen jeweils drei Proben aus<br />

LE 102 ® zur Verfügung. Es wurde der gleiche Versuchsaufbau wie für die ULE ® -Proben eingesetzt.<br />

Die Ätzdauer betrug für alle Proben 60 s. Nach dem Ätzen und Spülen wurden die<br />

Teile mit Druckluft getrocknet. Die Ätzmaske wurde durch ein einstündiges Bad in KOH-<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 42


5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />

Lösung entfernt. Die Proben wurden erneut unter Leitungswasser gespült und mit Druckluft<br />

getrocknet.<br />

Beim Berechnen der Ätzbadzusammensetzung wurde das Mischungsrechnen eingesetzt. Beispiele<br />

dazu können im Anhang in Anlage 3 nachgelesen werden.<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 43


5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />

5.2 Ergebnisse<br />

5.2.1 Einfluss der Ätzdauer<br />

Die erste Messreihe an Zerodur ® enthielt wenige Messpunkte, die zunächst zur Orientierung<br />

für den Entwurf weiterer Versuchsreihen dienen sollten. Die Probekörper wurden von 1 min<br />

bis 75 min in das Ätzbad gelegt. Die Ätzbadtemperatur wurde während dieser Zeitsequenz<br />

stichprobenartig gemessen. Sie blieb während der Versuche konstant. Die Ätzlösung wurde<br />

nicht gerührt, die Probekörper wurden aber im Abstand von einigen Minuten innerhalb der<br />

Lösung leicht bewegt.<br />

Die Noppen dieser ersten Proben wurden mit dem TESA-µhite (ein Höhenmesstaster) zum<br />

Ermitteln der Noppenhöhe und mit dem Smart Scope (ein Video-Messmikroskop) zum Ermitteln<br />

des Noppendurchmessers vermessen.<br />

Bereits diese ersten Messungen an Zerodur ® ergaben, dass die Ätzrate mit zunehmender Verweildauer<br />

der Proben im Ätzbad abnimmt. Dieses Ergebnis stimmt mit vorangegangenen Untersuchungen<br />

im Unternehmen, nach denen die Ätzgeschwindigkeit annähernd konstant sein<br />

soll, nicht überein. Auch nach 75 min Ätzzeit ist die Tendenz der Ätzgeschwindigkeit immer<br />

noch fallend.<br />

Die Messungen an Zerodur ® und ULE ® ergaben einen potentiellen Abfall der Ätzrate mit<br />

steigender Ätzdauer (siehe Abb. 5.12). In früheren Versuchen im Unternehmen wurde erklärt,<br />

dass die Ätztiefe linear mit der Ätzdauer zunimmt. Durch die Ergebnisse der Ätzversuche zu<br />

dieser Arbeit muss jedoch diese Aussage eingegrenzt werden (siehe Abb. 5.11). Nur für bestimmte<br />

Zeitsequenzen kann für Abschätzungen einer zu erzielenden Ätztiefe die Linearität<br />

angenommen werden, z. B. für die Ätzdauern zwischen 60 s und 30 min (siehe dazu auch<br />

Diagramm im Anhang Anlage 4).<br />

Die Ätzrate wurde ermittelt, indem die gemessene Ätztiefe durch die Ätzdauer dividiert wird<br />

(Ätzgeschwindigkeit). Die Angabe erfolgt in nm je s. Die Ätzrate ist stets gemittelt über den<br />

vorgegebenen Zeitraum angegeben. (Die Momentangeschwindigkeit bzw. –rate müsste sich<br />

durch Differenzieren der Gleichung für den Verlauf der Ätztiefe ergeben, sie ist aber für die<br />

Fertigung nicht relevant.) Aus dem Verlauf der Kurve kann aber abgeleitet werden, dass die<br />

Geschwindigkeit zu Beginn der Ätzreaktion höher sein muss als am Ende des Ätzvorgangs.<br />

Die Abnahme der Ätzrate kann durch Diffusionsvorgänge an Festkörperoberflächen begründet<br />

werden. Diffusion beruht auf einen Teilchenstrom, der zu einem Konzentrationsausgleich zwischen<br />

zwei Stoffen führt. Da der Konzentrationsgradient durch diesen Ausgleich über die Zeit<br />

abnimmt, verringert sich auch der Teilchenstrom über diesen Zeitintervall. Die Wahrscheinlichkeit,<br />

dass ein Teilchen bis in tiefere Zonen diffundiert, nimmt mit der Tiefe der Festkörperschicht<br />

ab. Diffusion vollzieht sich entsprechend Petzold [6] an Oberflächen am leichtesten,<br />

weil dort die Zahl von Fehlstellen durch Strukturfehler besonders hoch ist. Ist eine fehlstellenreiche<br />

Oberflächenschicht z. B. durch eine Säure abgebaut, findet die weitere Diffusion<br />

der Säure also langsamer statt. (Im Übrigen erfolgt auf diese Weise keine Glättung der Oberfläche.<br />

Die schnellere Diffusion an Fehlstellen führt zu größeren Diffusionsschwankungen<br />

verteilt über die Oberfläche. Die dadurch entstandenen Unebenheiten setzen sich bei weiterem<br />

Kontakt mit der Ätzflüssigkeit fort.)<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 44


5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />

Durch das Diagramm in Abb. 5.12 ist ersichtlich, dass ULE ® sehr viel langsamer als Zerodur ®<br />

durch Flusssäure abgetragen wird. Die Versuchsreihen an ULE ® ergaben, dass das Ätzen hier<br />

im Mittel um das 11-fache langsamer verläuft als an Zerodur ® .<br />

Ätztiefe in nm<br />

6000<br />

5000<br />

4000<br />

3000<br />

2000<br />

1000<br />

Ätztiefe als Funktion der Ätzdauer<br />

für Zerodur ® und ULE ®<br />

Zerodur<br />

Erfahrungswert<br />

aus Fertigung WT<br />

Zerodur<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 45<br />

ULE<br />

0<br />

0 20 40 60 80 100<br />

Ätzdauer in s<br />

Abb. 5.11 Diagramm der Ätztiefe über verschiedene Ätzdauern aufgetragen für Zerodur ®<br />

und ULE ® mit polierter Oberfläche<br />

Beim Ätzen von ULE ® und Zerodur ® in Standardätzlösung gibt es deutliche Unterschiede in<br />

der Geschwindigkeit. Der steile Anstieg des Graphen von Zerodur ® deutet auf eine sehr viel<br />

schnellere Abtragsgeschwindigkeit als an ULE ® . Durch den schnelleren Abtrag kam es an<br />

Zerodur ® auch zu größeren Messwertschwankungen. Der Erfahrungswert zum 3-µm-Ätzen<br />

auf der Zerodur ® -Wafertafel liegt im Bereich des Graphen aus den eigenen Messreihen.


5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />

Ätzrate in nm/s<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

Ätzrate als Funktion der Ätzdauer<br />

Zerodur<br />

Erfahrungswert<br />

aus Fertigung WT<br />

Zerodur<br />

ULE<br />

0<br />

0 20 40 60 80 100<br />

Ätzdauer in s<br />

Abb. 5.12 Diagramm der Ätzrate nach Ätzdauer aufgetragen für Zerodur ® und ULE ® mit<br />

polierter Oberfläche<br />

Beim Ätzen von ULE ® und Zerodur ® in Standardätzlösung gibt es deutliche Unterschiede in<br />

der Ätzrate. Bei beiden jedoch wird der Materialabtrag mit zunehmender Ätzzeit langsamer.<br />

Die stellenweise hohen Fehlerangaben sind vermutlich durch unzulängliches Abdichten zu<br />

verdeckender Probenzonen verursacht. Jede Probe wurde in vier Zonen geteilt, die zunächst<br />

verklebt werden mussten. Sie wurden für die einzelnen Ätzzeiten nacheinander aufgedeckt.<br />

Die Zonen, die am längsten abgedeckt werden mussten, haben die höchste Unsicherheit<br />

(also von rechts jeder vierte Messpunkt im Diagramm), weil vermutlich Ätzlösung die abgeklebten<br />

Zonen durchdrungen hat.<br />

Der Erfahrungswert zum 3-µm-Ätzen auf der Wafertafel aus Zerodur ® weicht nur geringfügig<br />

ab.<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 46


5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />

Ätzrate v in nm/s<br />

17<br />

16<br />

15<br />

14<br />

13<br />

12<br />

11<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

ULE ® - Ätzrate<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 47<br />

ULE<br />

5<br />

0 20 40 60 80 100<br />

Ätzdauer t in s<br />

Abb. 5.13 Auftrag der Ätzrate als Funktion der der Ätzdauer für poliertes ULE ®<br />

Die Raten-Achse wurde im Vergleich zu Abb. 5.12 gespreizt. Der Verlauf der<br />

Messpunkte wird dadurch dem Zerodur ® sehr ähnlich. Hier werden auch die Messwertschwankungen<br />

deutlich, die vermutlich durch das unzulängliche Abkleben von<br />

Probenzonen verursacht sind.<br />

Innerhalb der Versuchsreihe an ULE ® mit einer Ätzdauer von maximal 1,5 Minuten wurde die<br />

erforderliche Ätztiefe von 3 µm – wie sie bei einer Fertigung einzelner Strukturen auf der Wafertafel<br />

(siehe Kap. 3) notwendig ist – an ULE ® nicht erreicht. Deshalb wurden neue Versuche<br />

mit einer Ätzdauer von 9 bis 12 Minuten durchgeführt. Geht man davon aus, dass der zeitliche<br />

Verlauf der Ätztiefe linear ist, wurde eine Ätzdauer von ca. 9 min prognostiziert. Bei einem<br />

linearen Verlauf gäbe es jedoch für den Beginn des Ätzprozesses einen Offset von ca. 30 nm -<br />

ein Hinweis, dass der Materialabtrag nur über einen begrenzten Zeitraum als annähernd linear<br />

betrachtet werden kann. Es war damit zu rechnen, dass die Zunahme der Ätztiefe mit der Zeit<br />

leicht abnimmt, so dass für die Zieltiefe von 3 µm eine längere Ätzzeit als berechnet zu erwarten<br />

war. Im Ergebnis dieser Versuche wurde die Zieltiefe bei etwas unter 10 min erreicht. Leider<br />

löste sich die Ätzmaske aus Vacrel 1840 während der Versuche, so dass die Ausbeute an<br />

messbaren Strukturen gering ausfiel.<br />

LE 102 ® hat im Vergleich zu Zerodur ® und ULE ® ein völlig entgegengesetztes Abtragsverhalten<br />

durch Flusssäure (siehe Abb. 5.14). Bis etwa 40 s Ätzzeit steigt die Zunahme der Ätz-


5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />

tiefe an. Erst danach ist das Abtragsverhalten bis 2 min Ätzdauer annähernd linear. Weitere<br />

Versuche hatten gezeigt, dass ab zwei Minuten der Anstieg beständig kleiner wird, die Ätzrate<br />

also abnimmt.<br />

Die Ätzrate (siehe Abb. 5.15) nimmt bis ca. 15 bis 20 s ab. Dabei verliert die Oberfläche ab<br />

spätestens 10 s Ätzdauer völlig ihren Glanz. Bei höherer Ätzdauer steigt die Ätzrate rapide an.<br />

Der Anstieg flacht jedoch ab ca. einer Minute wieder ab.<br />

Bei Ätzzeiten über zwei Minuten verlangsamt sich die Ätzrate und fällt bei weiterer Säureeinwirkung<br />

ab.<br />

Ätztiefe in nm<br />

14000<br />

12000<br />

10000<br />

8000<br />

6000<br />

4000<br />

2000<br />

Ätzdauer für Zerodur ® und LE 102 ®<br />

Zerodur<br />

LE102<br />

0<br />

0 20 40 60 80 100 120<br />

Ätzdauer in s<br />

Abb. 5.14 Auftrag der Ätztiefe als Funktion der Ätzdauer für poliertes LE 102 ® . Im Gegensatz<br />

zu Zerodur ® steigt die Zunahme der Ätztiefe mit der Zeit leicht an.<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 48


5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />

Ätzrate in nm/s<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

Messreihe Ätzdauer<br />

für Zerodur ® und LE 102 ®<br />

Zerodur<br />

LE102<br />

0<br />

0 20 40 60 80 100 120<br />

Ätzdauer in s<br />

Abb. 5.15 Auftrag der Ätzrate als Funktion der Ätzdauer für poliertes LE 102 ®<br />

Bis ca. 15 s bis 20 s Ätzzeit nimmt die Ätzrate ab. Danach nimmt sie deutlich zu, wobei der<br />

Anstieg mit der Zeit leicht abnimmt. Ab ca. 50 s Ätzdauer ist die Ätzrate des LE 102 ®<br />

schneller als bei Zerodur ® .<br />

Für alle drei Versuchsmaterialien wurde die Oberflächenrauheit nach dem Ätzen mit dem<br />

Perthometer (ein Rauhigkeitsmessgerät) vermessen. Der Ra-Wert an polierten Oberflächen<br />

verschlechterte sich nach dem Ätzen bei allen drei Materialien wesentlich. Nach wenigen Sekunden<br />

trat bei Zerodur ® und ULE ® die Polier- bzw. Schleifrichtung hervor. Schon mit bloßem<br />

Auge sind ab etwa 10 Sekunden Ätzzeit Streifen sichtbar. Unter starker Vergrößerung<br />

sind an dieser Stelle viele kleine Kerben bzw. Risse zu sehen (siehe Abb. 5.16). Dadurch stieg<br />

der Ra-Wert bei ULE ® nach z. B. einminütigem Ätzen um das rund 1,5-fache.<br />

Abb. 5.16 Noppenstruktur auf ULE ® nach 12-minütigem Ätzen<br />

Zu erkennen sind viele kleine Risse. Sie haben sich an Schleifrillen, die in<br />

vorangegangenen Prozessen der Oberflächenbearbeitung entstanden waren,<br />

angeordnet. Vor dem Ätzen sind solche Risse unter gleicher Vergrößerung<br />

nicht erkennbar. Vermutlich wurden Beschädigungen, die durch<br />

Schleifprozesse entstanden, sind nicht völlig auspoliert, so dass die saure<br />

Lösung in die schadhaften Stellen eingedrungen ist und von dort aus ein<br />

annähernd isotroper Abtragprozess stattfinden konnte.<br />

Die Oberfläche der Noppe wurde ebenfalls angegriffen, zu erkennen an<br />

den durchgehenden Rissen über die Noppe hinweg. Die Ätzmaske war<br />

während des Ätzens abgefallen.<br />

Der Durchmesser der Noppe beträgt etwa 930 µm.<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 49


5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />

Beim Vermessen der Oberflächenrauheit an Zerodur ® wurde auffällig, dass nach langem Ätzbad<br />

die Profilspitzen in der Oberflächenstruktur gerundet erscheinen. Feine Rillen verschwinden<br />

und nur die grobe Oberflächenlandschaft bildet sich nach dem Ätzen noch ab (siehe auch<br />

Abb. 5.17)<br />

Abb. 5.17 Noppenstruktur auf Zerodur ® nach 15-minütigem<br />

Ätzen der unpolierten Oberfläche (Ra = 1,1 µm) in Standardsäurelösung<br />

Nach dem Ätzen entstanden die hier sichtbaren konkaven<br />

Ausbuchtungen auf der Oberfläche.<br />

Am Smart Scope wurde für diese Struktur ein Durchmesser<br />

von 817 µm gemessen.<br />

5.2.2 Einfluss der Temperatur<br />

Ein Anstieg der Ätzrate mit der Ätzbadtemperatur wurde durch die Versuche an allen drei<br />

Versuchsmaterialien bestätigt. In Abb. 5.18 sind die Ergebnisse für Zerodur ® , ULE ® und LE<br />

102 ® aufgetragen. Untersucht wurde der Temperaturbereich von 20 °C bis 40 °C im Abstand<br />

von 2 °C.<br />

Im Diagramm ist ersichtlich, dass der Anstieg der Ätzrate mit steigender Temperatur zunimmt.<br />

Diese Zunahme ist für alle drei untersuchten Materialien ähnlich. Die Ätzrate stieg alle 10<br />

Kelvin um das:<br />

- 1,8-fache bei Zerodur ®<br />

- 1,5-fache bei ULE ®<br />

- 1,7-fache bei LE 102 ®<br />

Die Steigungstendenz jedoch ist vergleichbar mit dem Versuchsergebnis an Zerodur ® . Bei<br />

den Messungen an Zerodur ® ergaben sich hohe Fehlerabweichungen. Sie sind darauf zurückzuführen,<br />

dass die weiße Abdeckfolie nur unzulänglich dem Säureangriff und dem Wärmeeinfluss<br />

standgehalten hat, so dass es zu ungewolltem Materialabtrag in Oberflächenbereichen<br />

kam, die für andere Messpunkte vorgesehen waren. Bei den Messungen an ULE ® und LE<br />

102 ® konnte dieser Einfluss durch zusätzliche Verstärkung der Abdeckfolie durch Klebeband<br />

verhindert werden.<br />

Außergewöhnlich ist das Ätzverhalten an LE 102 ® über 36 °C. Der Ätzabtrag ist bei 38 °C<br />

und 40 °C annähernd konstant geblieben, es fand kein weiterer Materialabtrag mehr statt (die<br />

momentane Ätzrate ist Null). Möglicherweise ist hier ein Optimum erreicht und der Säureangriff<br />

wird von Effekten überlagert, die den Temperatureinfluss kompensieren. Für die Messpunkte<br />

bei 20 °C, 30 °C und 40 °C wurde das Oberflächenätzen ein zweites Mal wiederholt.<br />

Auch hier lag die Ätztiefe bzw. die Ätzrate in der gleichen Größenordnung.<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 50


5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />

Ätzrate in nm/s<br />

220<br />

200<br />

180<br />

160<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

Ätzrate als Funktion der Temperatur<br />

bei einer Ätzdauer von 60 s<br />

0<br />

280 290 300 310 320<br />

Temperatur in K<br />

Zerodur<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 51<br />

ULE<br />

LE 102<br />

Abb. 5.18 Auftrag der Ätzrate an Zerodur ® , ULE ® und LE 102 ® in Abhängigkeit von der Ätzbadtemperatur<br />

Unter Verwendung der Temperatur-Reaktionsgeschwindigkeit-Regel würde folgende Aussage gelten: Die Ätzrate<br />

steigt je 10 K bei<br />

Zerodur ® um das 1,8-fache<br />

ULE ® um das 1,5-fache<br />

LE 102 ® um das 1,7-fache


5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />

Durch das Ätzen an LE 102 ® entstand schwarzer Staub auf der Oberfläche, der sich durch<br />

Druckluft z. T. entfernen ließ. Bei den Proben mit hoher Ätzrate, also bei höheren Temperaturen<br />

nahe 40 °C, lösten sich unter Druckluft sogar feine Splitter.<br />

Da damit zu rechnen war, dass sich noch lose Schichten auf der strukturierten Cordieritoberfläche<br />

befanden, wurde die Oberfläche unter warmem Leitungswasser ca. eine Minute<br />

lang gebürstet. Infolge dessen stiegen die Messwerte der Ätztiefe leicht, der Verlauf in Abhängigkeit<br />

von der Temperatur änderte sich jedoch unwesentlich.<br />

Die Ätzrate ist nicht unmittelbar gleichzusetzen mit der Reaktionsgeschwindigkeit, jedoch soll<br />

einmal versucht werden, das Verhalten beim Oberflächenätzen mit den Gesetzen der Reaktionskinetik<br />

zu vergleichen. Aus der Arrhenius-Gleichung und dem Geschwindigkeitsgesetz<br />

(siehe Abs. 1.4) lässt sich folgende Gleichung aufstellen:<br />

c<br />

r<br />

a<br />

E A<br />

−<br />

RT<br />

A<br />

= A ⋅ e bzw. Reaktionsgeschwindigkeit r = ⋅ e a<br />

c<br />

Es gibt also eine Proportionalität zwischen ln(r) und 1/T. Diese Abhängigkeit ist auch von<br />

Diffusionsprozessen bekannt. In Diagramm Abb. 5.19 ist die Ätzrate logarithmisch gegen die<br />

reziproke Temperatur aufgetragen. Für alle Materialien ergibt sich in dieser Aufstellung eine<br />

Gerade mit einem Abstieg in ähnlicher Größenordnung. Möglicherweise jedoch ist eine verbindliche<br />

Aussage über diesen geringen Temperaturbereich noch nicht möglich.<br />

LN der Ätzrate<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0,0031 0,0032 0,0033 0,0034 0,0035<br />

Temperatur in 1/K<br />

Zerodur<br />

E A<br />

−<br />

RT<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 52<br />

ULE<br />

LE 102<br />

Abb. 5.19 logarithmischer Auftrag<br />

der Ätzrate über die reziproke<br />

Temperatur


5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />

5.2.3 Einfluss von Säurekonzentration und Säuremischverhältnis<br />

Zwischen Strukturhöhe und Flusssäurekonzentration gibt es einen quadratischen Zusammenhang.<br />

Im Diagramm Abb. 5.20 ist die Abhängigkeit der Ätztiefe von der Flusssäurekonzentration<br />

für ULE ® abgebildet. Hier wurde der Zusammenhang beispielhaft für eine Ätzdauer von<br />

einer Minute dargestellt. Aus der Anordnung der Messwerte ließ sich eine Gleichung der Form<br />

h = k * [c%HF]²<br />

ableiten. Dabei ist h die Strukturhöhe bzw. die Ätztiefe und c%HF die Konzentration der Flusssäure<br />

im Ätzbad in Prozent. Der Faktor k gibt einen Wert an, der bei konstanter Temperatur<br />

und Abtragsfläche abhängig von der Ätzdauer ist. Er steigt mit längerer Ätzzeit linear an.<br />

Ätztiefe in nm<br />

5000<br />

4000<br />

3000<br />

2000<br />

1000<br />

Ätztiefe an ULE ® über HF-Konzentration<br />

h = 1,35 [c%HF]²<br />

0<br />

0 10 20 30 40 50 60<br />

HF-Konzentration in %<br />

5.20 Diagramm zur Abhängigkeit der Ätztiefe von der Flusssäurekonzentration für<br />

das Beispiel einer einminütigen Ätzung einer ULE-Probe<br />

1 min Ätzdauer<br />

Trend<br />

Die Versuche haben deutlich gemacht, dass Flusssäure wenig selektiv zwischen der Ätzmaske<br />

und dem zu ätzenden Glaswerkstoff wirkt. Zwar wird die Ätzmaske in der Ätzlösung nicht<br />

aufgelöst, die Ätzmaske dehnt sich jedoch während des Tauchens in der Lösung aus, insbesondere<br />

bei höherer Flusssäurekonzentration. Auf der Folie entstehen Blasen (siehe Abb. 5.30<br />

in Abschnitt 5.2.5.2). Die Ätzmaske blasst aus und fällt bald darauf ab.<br />

Die Folie löste sich mit steigender Konzentration potentiell schneller ab. Die Zeit, nach der<br />

sich die Folie vom ULE ® -Substrat ablöste, ließ sich in Abhängigkeit von der Flusssäurekonzentration<br />

in einem Diagramm darstellen. (siehe Abb. 5.21)<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 53<br />

Abb.


5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />

Ätzdauer in s<br />

3500<br />

3000<br />

2500<br />

2000<br />

1500<br />

1000<br />

500<br />

t Ä = 12000 c%[HF] -3/2<br />

ULE ®<br />

Ätzdauer bis zum<br />

Ablösen der Ätzmaske<br />

0<br />

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90<br />

HF-Konzentration in %<br />

Abb. 5.21 Auftrag der Zeit bis zum Ablösen der Ätzmaske aus Vacrel 1840<br />

als Funktion der Flusssäurekonzentration<br />

Wegen des Ablösens der Ätzmaske aus Vacrel 1840 war es nicht möglich, eine Ätztiefe von 3<br />

µm in ULE ® sicher zu erreichen. Das wird deutlich, wenn die Ätzdauern, die unter bestimmten<br />

Flusssäurekonzentrationen notwendig waren, im Diagramm Abb. 5.21 einträgt. Siehe dazu<br />

Diagramm Abb. 5.22. Das Problem des Ablösens der Ätzmaske stellt sich an Zerodur ® nicht.<br />

Die Ätzmaske haftet hier wesentlich besser bei höherer Ätzgeschwindigkeit als an ULE ® .<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 54


5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />

Ätzdauer t Ä in s<br />

5000<br />

4000<br />

3000<br />

2000<br />

1000<br />

.<br />

ULE<br />

Ätzdauer bis zum<br />

Ablösen der Ätzmaske<br />

Ätzdauer für 3 µm<br />

Ätztiefe<br />

0<br />

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90<br />

HF-Konzentration in %<br />

t Ä für 3µm = 125000 c%[HF] -2<br />

t Ä = 12000 c%[HF] -3/2<br />

Abb. 5.22 Vergleich der Verläufe für das Ablösen der Ätzmaske aus Vacrel 1840 und für die Strukturhöhe<br />

von 3 µm an ULE ® . Aufgetragen ist die Ätzdauer als Funktion der Flusssäurekonzentration. Innerhalb der<br />

Flusssäurekonzentration von 0 % bis 100 % kreuzen sich die Hyperbeln nicht. Der Graph der Ätzung auf 3<br />

µm Strukturhöhe liegt stets über dem Verlauf der Ablösezeitpunkte der Ätzmaske. Das bedeutet, dass die<br />

Ätzmaske schon abgefallen ist, bevor 3 µm erreicht wurden. Die Daten für 3µm Strukturhöhe wurden z. T.<br />

extrapoliert aus den Messdaten mit kleinerer Strukturhöhe, z. T. blieben in den Versuchen vereinzelt Teile<br />

der Ätzmaske auch bis zum Erreichen von 3 µm stehen<br />

In weiteren Versuchsreihen wurde untersucht, ob die Kombination mit anderen Säuren günstigere<br />

Ätzergebnisse bringt. Bisher wurde in der Ätzlösung außer Flusssäure Salzsäure verwendet.<br />

Sie sorgt für einen notwendigen Glanz der Oberfläche des zu ätzenden Materials. Für den<br />

Arbeitsschutz lässt sich der Effekt ausnutzen, dass Salzsäure auf der Haut ein brennendes Gefühl<br />

verursacht, so dass ein Kontakt mit der Ätzlösung sofort bemerkt werden kann.<br />

Es wurde recherchiert, dass TiO2, welches in ULE ® zu ca. 9 % enthalten ist, auf Salpetersäure<br />

(HNO3) bzw. Schwefelsäure (H2SO4) geringfügig reagiert (verwendet werden meist heiße<br />

Suspensionen). Für die Versuche wurde der Anteil an Salzsäure in der Standardlösung durch<br />

die genannten Säuren ersetzt.<br />

Die Ergebnisse brachten jedoch keine wesentliche Änderung der Ätzrate (siehe Abb. 5.23) an<br />

ULE ® . Ein Versuch, bei dem Probeteile in Königswasser getaucht wurden, zeigten sich sowohl<br />

ULE ® als auch Zerodur ® über einen Zeitraum bis zu drei Minuten als sehr beständig. Es<br />

konnte keine Struktur auf der Oberfläche nachgewiesen werden. Königswasser ist ein Gemisch<br />

aus Salz- und Salpetersäure im Verhältnis 3:1.<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 55


5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />

Dieses Ergebnis bestätigt, dass ein nennenswerter Materialabtrag an Zerodur ® und ULE ® einzig<br />

durch das Vorhandensein von Fluoridionen verursacht wird.<br />

Ätzgeschwindig<br />

keit in nm/s<br />

8,0<br />

6,0<br />

4,0<br />

2,0<br />

Ätzdauer<br />

6,2<br />

Ätzgeschwindigkeit auf ULE®<br />

mit unterschiedlichen Säuregemischen<br />

5 min 2 min<br />

Abb. 5.23 Vergleich von Strukturierungsergebnissen an ULE ® beim Ätzen mit Säuregemischen aus<br />

der Hauptkomponente Flusssäure und einer gewählten zweiten Säure in geringerer Konzentration<br />

Die Abweichungen sind unwesentlich und vermutlich durch schwankende Versuchsbedingungen wie<br />

Raumtemperatur und leicht unterschiedliche Flusssäurekonzentration verursacht.<br />

In unterschiedlichen Quellen werden weitere flüssige Ätzlösungen zum Ätzen von Keramik<br />

allgemein vorgeschlagen. Dazu gehört z. B. das Ätzen mit Natronlauge (NaOH), Kalilauge<br />

(KOH) oder Phosphorsäure (H3PO4). In diesen Lösungen wird die Korrosionsbeständigkeit<br />

der Keramiken erst in siedenden Ätzbädern und unter hoher Konzentration aufgehoben. Für<br />

das Hantieren mit solchen Bädern sind im Unternehmen keine geeigneten Versuchsarbeitsplätze<br />

vorhanden. Außerdem ist unter solchen Ätzbadbedingungen davon auszugehen, dass<br />

auch hier die Ätzmaske aus Vacrel 1840 nicht beständig bleiben wird. Die Folie löste sich<br />

bereits bei einer Temperatur von über 38 °C vom Substrat. Die Resistfolie lässt sich außerdem<br />

durch NaOH- und KOH-Lösungen entfernen (strippen).<br />

In Abb. 5.24 ist die Ätzrate in Abhängigkeit von der Flusssäurekonzentration für LE 102 ® und<br />

ULE ® aufgetragen. Der quadratische Zusammenhang des ULE ® ergibt sich für LE 102 ® nicht.<br />

Oberhalb 30 % HF wird der Anstieg der Ätzrate kleiner. Dieses Abflachen trat auch beim Ätzen<br />

in Standardlösung (16 % HF) bei Ätzdauern größer 60 s auf. Offensichtlich treffen Effekte,<br />

die den Abtrag durch Flusssäure hemmen, bei höherer Flusssäurekonzentration schneller<br />

auf. Dieser Effekt muss mit der Ätzrate zusammenhängen.<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 56<br />

5,6<br />

5,3 5 5,6<br />

0,0<br />

HCl HNO3 H2SO4<br />

HF wurde gemischt mit ...<br />

Konzentration HF: ca. 15 - 16 %<br />

Konzentration zweite Säure: 7 - 9<br />

5,9


5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />

Ätzrate in nm/s<br />

400<br />

300<br />

200<br />

100<br />

Ätzrate in Abhängigkeit von der HF-Konzentration bei einer<br />

Ätzdauer von 60 s<br />

0<br />

0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6<br />

HF-Anteil in der Ätzlösung<br />

LE102<br />

Abb. 5.24 Abhängigkeit der Ätzrate für ULE ® und LE 102 ® vom Anteil an Flusssäure in<br />

der Ätzbadlösung<br />

Die Ätzrate bezieht sich Ätztiefen bei 60 s Ätzdauer.<br />

Zu den Ergebnissen sei angemerkt, dass durch das Herstellen kleiner Mengen an Säure jeweils<br />

Fehlerabweichungen der Konzentration entstehen, die sich z. T. erheblich auf die erreichte<br />

Ätztiefe auswirken. In Anlage 2 im Anhang ist eine Berechnung des Fehlers, der durch das<br />

Herstellen der Ätzlösung entsteht, aufgeführt.<br />

5.2.4 Einfluss der Materialoberfläche auf das Ätzverhalten<br />

Aus der Reaktionskinetik war zu erwarten, dass Reaktionen an rauen Oberflächen schneller<br />

verlaufen als an glatten Flächen. Der Grund dafür ist die vergrößerte Oberfläche bei hoher<br />

Rauheit. Außerdem führen Materialsenken bzw. –spitzen zu einem schnelleren Abtrag durch<br />

nasschemischen Ätzen, weil der Abtrag von allen Richtungen gleichermaßen - isotrop – erfolgt,<br />

also auch seitlich. Einmal vorhandene Oberflächenfehler werden durch Nassätzen nicht<br />

korrigiert, sondern eher verstärkt. Für alle Versuche an den Materialien Zerodur ® , ULE ® und<br />

LE 102 ® wurde vor und nach der Säurebehandlung der Oberflächenrauheit am Perthometer<br />

gemessen. Nach allen Versuchen stieg der Ra-Wert durch das Ätzen an.<br />

Bei den Proben aus Zerodur ® und ULE ® mit einem Ra von ca. 6 nm wurde beobachtet, dass<br />

die Schleifrichtung aus vorausgegangenen Fertigungsschritten wieder sichtbar wird. Die vergrößerte<br />

Abbildung einer Noppenstruktur in Abb. 5.25 kann das verdeutlichen. Die vor dem<br />

Säureangriff geschützte Oberfläche zeigt bei einer vergrößerten Aufnahme durch das Smart<br />

Scope keinerlei Oberflächenschäden. Dagegen sind rings um die Struktur viele kleine Risse<br />

und Kerben zu sehen, die sich in Schleif- bzw. Polierrichtung anordneten.<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 57<br />

ULE


5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />

Durch eine Versuchsreihe an Zerodur ® -Probekörpern mit verschiedenen Oberflächenbeschaffenheiten<br />

konnte der Nachweis erbracht werden, dass höhere Oberflächenrauheit höhere Ätzraten<br />

zur Folge hat. Zur Verfügung standen Proben mit polierter Oberfläche (Ra ≈ 6 nm) und<br />

Proben mit geschliffener Oberfläche (Ra ≈ 1,1 µm). In Diagramm Abb. 5.26 ist ein Auszug aus<br />

den Ergebnissen dargestellt. Darin wird deutlich, dass ein Abtrag von polierten Oberflächen<br />

wesentlich langsamer verläuft.<br />

Ätzrate in nm/s<br />

150<br />

100<br />

50<br />

Zerodur Ra = 0,0065 µm<br />

Abb. 5.25 Noppenstruktur auf ULE ® , Aufnahme<br />

mit dem Smart Scope, Durchmesser der Kreisfläche:<br />

ca. 900 µm<br />

Die Noppenfläche zeigt unter Vergrößerung<br />

keinerlei Oberflächenschäden. Sie wurde während<br />

des Ätzbades durch die Ätzmaske vor dem<br />

Säureangriff geschützt. Die umgebende Oberfläche<br />

dagegen zeigt zahlreiche Risse und Kerben,<br />

die nach 15-minütigem Ätzen entstanden und<br />

vor der Säurebehandlung unter gleicher Vergrößerung<br />

nicht zu erkennen waren.<br />

Zerodur® - Ätzraten im Vergleich bei<br />

unterschiedlicher Oberflächenrauheit<br />

Zerodur Ra = 1,1 µm<br />

0<br />

1 10 100 1000 10000<br />

Ätzdauer in s<br />

Abb. 5.26 Auftrag der Ergebnisse zweier Messreihen für die Abhängigkeit der Ätzrate von<br />

der Ätzdauer<br />

Dem Ätzbad in Standardsäurelösung wurden Zerodur ® -Proben mit polierter und geschliffener<br />

Oberfläche ausgesetzt<br />

In einer weiteren kleinen Versuchsreihe wurde untersucht, ob die Größe der Probekörper Einfluss<br />

auf die Ätzrate hat. Dafür standen polierte Proben aus Zerodur ® in drei verschiedenen<br />

Flächengrößen (12,25 cm², 28,00 cm² und 51,84 cm²) zur Verfügung. Da die größeren Proben<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 58


5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />

in den Metallbecher der vorangegangenen Versuche nicht hineinpassten, erfolgte das Ätzbad<br />

in einer Wanne. Sie wurde während des Ätzens leicht bewegt. Die Zerodur ® -Proben wurden<br />

eine Minute in Standardätzlösung getaucht, dabei wurden Ätztiefen von 3,8 µm erreicht.<br />

Im Ergebnis wurde keine flächenabhängige Tendenz der Ätzrate festgestellt (siehe Abb.<br />

5.27). Beim Vermessen der Ätzstrukturen am Weisslichtinterferometer konnten jedoch geringfügige<br />

Tendenzen der Ätztiefe über die Oberfläche einer Probe hinweg festgestellt werden. So<br />

fiel die Ätztiefe bei den beiden größeren Proben zur Mitte hin um 1,5 % bis 3 %. Vermutlich<br />

resultieren die Abweichungen aus einer ungleichmäßigen Bewegung der Säurelösung.<br />

Ätzrate in nm/s<br />

60,0<br />

40,0<br />

20,0<br />

0,0<br />

1225<br />

Fläche in mm²<br />

2800<br />

5.2.5 Sonstige Einflüsse und Beobachtungen<br />

5184<br />

Zerodur<br />

Abb. 5.27 Ätzraten bei<br />

unterschiedlichen Flächengrößen<br />

Die Versuchsreihe wurde<br />

an Zerodur ® durchgeführt.<br />

Es gibt keine flächenabhängige<br />

Tendenz der<br />

Ätzrate.<br />

5.2.5.1 Ablagerungen an Zerodur ®<br />

Mit bloßem Auge war zu erkennen, dass es nach Ätzbädern über viele Minuten stellenweise<br />

und vor allem an den Strukturkanten weiße Ablagerungen gab. Die Ablagerungen ließen sich<br />

durch einfaches Abspülen nicht entfernen. In Abb. 5.28 sind sie in einer Smart-Scope-<br />

Fotografie an einer Noppe vergrößert zu sehen.<br />

Abb. 5.28 Fotografie einer<br />

Noppe nach 15-minütiger<br />

Ätzung in Zerodur®<br />

Die Noppe hat einen Durchmesser<br />

von etwa 770 µm.<br />

Gut zu erkennen sind die weißen<br />

Ablagerungen, die als<br />

Reaktionsprodukt der chemischen<br />

Reaktion zwischen Zerodur®<br />

und dem Ätzmittel zu<br />

verstehen sind.<br />

Bei Betrachtung der Reaktionspartner ist davon auszugehen, dass es sich bei den Ablagerungen<br />

um Salze wie Chloride oder Fluoride handeln muss. Für Zerodur ® kommen dabei die beiden<br />

Metalle Lithium bzw. Aluminium, deren Oxide in Zerodur ® enthalten sind, für die Bil-<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 59


5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />

dung der Ablagerungen in Betracht. SiCl4 dagegen ist in Normalumgebung flüssig und das<br />

gasförmige SiF4 wird in Wasser gelöst (und reagiert in HF zu Hexafluorokieselsäure) – beide<br />

Reaktionsprodukte könnten aus SiO2 bei der Reaktion mit Salz- bzw. Flusssäure entstehen.<br />

Nach dem Spülen der Zerodur ® -Proben in Leitungswasser im Anschluss an das Ätzen bilden<br />

sich während des Trocknens an Luft schillernde Farben auf der Oberfläche. Sie sind ein Hinweis<br />

auf das Ablagern einer dünnen Schicht, die möglicherweise erst an der Luft oder durch<br />

das Wasser (z. B. durch Reaktion mit in Leitungswasser enthaltenem Kalk) entsteht. Die<br />

Schicht lässt sich weder durch Reinigen mit Alkohol noch mit leichtem Kratzen mit dem Fingernagel<br />

entfernen. Auf den ULE ® -Proben wurde diese Beobachtung nicht gemacht, auch das<br />

Messen am Spektrometer ergab bei den ULE ® -Flächen keinen Hinweis auf eine solche<br />

Schicht.<br />

5.2.5.2 Verhalten der Ätzmaske aus Vacrel 1840<br />

Während des Nassätzprozesses vergrößert sich die Ätzmaske. Schon nach kurzer Zeit insbesondere<br />

bei erhöhter Säurekonzentration bilden sich Blasen auf der gesamten Oberfläche der<br />

Ätzmaske. Die Ränder der grünen Folienmaske verfärben sich mit zunehmender Ätzzeit gelblich<br />

grün.<br />

Dieses Ausdehnen kann vorteilhaft sein, denn nach den Versuchen an ULE ® stellte sich heraus,<br />

dass Noppenstrukturen in etwa die Größenordnung der Maskenstruktur vor dem Ätzen<br />

hatten, so dass hier Unterätzvorgänge durch das Ausdehnen der Masken kompensiert werden.<br />

Vermutlich jedoch ist dem Aufschwämmen der Ätzmaske zu verschulden, dass sie sich nach<br />

gewisser Ätzdauer und je nach Säurekonzentration völlig ablöst. Kurz vor dem Ablösen verfärbt<br />

sich die Maske in ein helles Grün, löst sich jedoch nicht im Ätzbad auf. (siehe Abb. 5.29<br />

und 5.30) Die Beobachtungen wurden durch ein kleines Experiment gestützt, bei dem ein<br />

Stück Trockenfilmfolie UV-belichtet und nach Entfernen der Schutzfolien 10 Minuten lang in<br />

Abb. 5.29 Fotografie der Ätzmaske für eine<br />

Noppe, Durchmesser der Struktur ist ca. 920 µm<br />

Der helle Rand ist auf die Seitenbeleuchtung bei<br />

der Aufnahme des Fotos am Smart Scope zurückzuführen.<br />

Beim Entwickeln der Ätzmaske<br />

entstehen keine scharfen Ränder, sondern nach<br />

innen gewölbte Strukturkanten.<br />

Abb. 5.30 Fotografie der Ätzmaske nach 15minütigem<br />

Ätzen einer Noppe, Durchmesser der<br />

Struktur ist ca. 960 µm<br />

Zu erkennen sind die schwache Aufhellung am<br />

Strukturrand und die Bläschen an der Oberfläche.<br />

Die Maskenstruktur vor der Ätzung (siehe<br />

links – es handelt sich jedoch nicht um die selbe<br />

Noppe) war etwas kleiner. Die durch die Maske<br />

geschützten Strukturen hatten bei dieser Ätzdauer<br />

einen Durchmesser von etwa 750 µm.<br />

Standardsäurelösung getaucht wurde. Nach 2 Minuten im Ätzbad rollte sich die Folie zusammen.<br />

Der getauchte Bereich verfärbte sich hellgrün. Außerdem dehnte sich die Folie aus und<br />

zwar um etwas über 1 mm je cm Folie (gemessen mit einem Lineal). Die Oberflächenstruktur<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 60


5. Strukturieren ausgewählter Materialien<br />

der behandelten und unbehandelten Folie kann in den Abbildungen 5.31 und 5.32 verglichen<br />

werden.<br />

Das ungewollte Ablösen der Ätzmaske ist verfahrenstechnisch beim Bearbeiten von Zerodur ®<br />

nicht problematisch, da hier Ätztiefen von einigen Mikrometern in kurzer Zeit erreicht werden.<br />

Außerdem hat sich während der Versuche herausgestellt, dass die Ätzmaske aus Vacrel<br />

1840 wesentlich länger auf Zerodur ® haftet als auf ULE ® . Für ULE ® war es nicht mehr möglich,<br />

die erforderliche Ätztiefe von 3 µm ohne Verlust der Ätzmaske zu erreichen, weil neben<br />

der Folienhaftung auch die Ätzrate wesentlich geringer ist als bei Zerodur ® .<br />

Abb. 5. 31 Trockenfilmresist<br />

Vacrel 1840 nach 30 s Belichtung<br />

200 µm 200 µm<br />

Abb. 5. 32 Trockenfilmresist<br />

Vacrel 1840 nach 30 s Belichtung<br />

und 10-minütgem Tauchen<br />

in Flusssäurelösung (Standardsäurelösung)<br />

Dieses Ergebnis bot Anlass, über den Einsatz anderer Ätzmasken oder Strukturierungsmethoden<br />

nachzudenken. In kleinen Versuchen wurde das Tempern des Folienresists und Kerzenwachs<br />

als Ätzmaske getestet. Beide Methoden führten zu einer ausreichend säureresistenten<br />

Ätzmaske. Für alle darauf folgenden Versuche – dazu zählten alle Ätzversuche an LE 102 ® -<br />

wurde die Ätzmaske aus Vacrel 1840 vor jeder Ätzbehandlung bei 150 °C bis 200 °C eine<br />

Stunde lang im Temperofen ausgehärtet.<br />

In einem Einzelversuch wurde eine ULE ® -Probe einem Ätzbad mit Standardsäurelösung ausgesetzt<br />

bis sich die Ätzmaske löste. Die Ätzbadtemperatur betrug 27°C. Nach 20 Minuten<br />

löste sich die Maske ab. In dieser Zeit wurde eine Ätztiefe von 9 µm erreicht.<br />

Theoretische Überlegungen zu anderen Strukturierungsmethoden sind in Kap. 8 diskutiert.<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 61


6. Zusammenfassung und Vergleich der Ergebnisse beim Strukturieren der gewählten<br />

Materialien<br />

6. Zusammenfassung und Vergleich der Ergebnisse beim Strukturieren der<br />

gewählten Materialien<br />

Für das Ätzen von Zerodur ® bestehen im Unternehmen bereits langjährige Erfahrungen. Viele<br />

Ätzschritte durch korrodierende Flüssigkeiten sind bereits für die speziellen Fertigungsvarianten<br />

optimiert. Das Ätzverhalten an Zerodur ® soll i. W. als Referenz dienen. Das Strukturieren<br />

durch chemisches Nassätzen an den beiden Materialien ULE ® und LE 102 ® soll mit dem<br />

Strukturieren an Zerodur ® aus eigenen Versuchen verglichen werden. Sofern es möglich war,<br />

wird in den folgenden Absätzen versucht, Ursachen für bestimmte Ätzverhalten der Materialien<br />

aufzuzeigen.<br />

6.1 ULE ®<br />

ULE ® hat im Vergleich zu Zerodur ® eine sehr geringe Ätzrate, die auch durch erhöhte Flusssäurekonzentration<br />

oder Temperaturerhöhung nicht die Größenordnung der Ätzraten an Zerodur<br />

® erreicht. Die Ätzrate war in Standardlösung etwa 11mal langsamer als bei Zerodur ® . Die<br />

Zieltiefe von 3 µm wurde nicht erreicht, ohne die Ätzmaske aus Vacrel 1840 zu verlieren.<br />

Deshalb ist es notwendig, die Ätzmaske vor jedem Ätzprozess bei 150 °C bis 200 °C auszuhärten.<br />

Dieser zusätzliche Prozessschritt erfordert ohne Abkühlen etwa eine Stunde. Sollte das<br />

nasschemische Ätzverfahren für die Strukturierung einer ULE ® -Oberfläche für zukünftige<br />

Fertigungsprozesse geplant sein, sollte dieser Prozessschritt speziell für dieses Material und<br />

für den spezifischen Einsatz des geplanten Produktes weiter untersucht und optimiert werden.<br />

Es sei erwähnt, dass der Hersteller des Trockenfilmresists eine weitere Aushärtung durch intensive<br />

UV-Bestrahlung empfiehlt.<br />

Durch den langsamen Materialabtrag des ULE ® können Zieltiefen bzw. –höhen von Strukturen<br />

feiner eingestellt werden. Aus den Versuchen war zu ersehen, dass die absoluten Toleranzen<br />

der Messergebnisse wesentlich kleiner ausfielen. Dadurch haben schwankende Umgebungs-<br />

bzw. Fertigungsbedingungen schwächeren Einfluss auf das Ätzergebnis.<br />

Es stellt sich die Frage nach dem Grund für die unterschiedliche Reaktion von Zerodur ® und<br />

ULE ® auf den Säureangriff. Die beiden Materialien unterscheiden sich durch zwei wesentliche<br />

Fakten. Beide sind zwar i. W. Silikate, haben aber eine unterschiedliche chemische Zusammensetzung.<br />

Des Weiteren ist ULE ® rein amorph, während Zerodur ® als Glaskeramik in über<br />

70 % aus kristalliner Phase besteht.<br />

Aus einem Informationsblatt der Firma Schott Glas zu chemischen Eigenschaften optischer<br />

Gläser [21] ist zu erfahren, dass Gläser, die SiO2, Al2O3, TiO2 oder Oxide der Seltenerden<br />

(Lanthanoide) enthalten, sehr korrosionsbeständig sind. Dagegen sorgen Oxide der Alkali- und<br />

Erdalkalimetalle für einen leichteren chemischen Angriff. Da ULE ® besteht überwiegend aus<br />

SiO2 und TiO2, Zerodur ® neben SiO2 und Al2O3 auch aus Li2O. Die unterschiedliche chemische<br />

Zusammensetzung könnte also ein Grund für das verschiedene Verhalten sein. Alkalimetalle<br />

in Gläsern bzw. Glaskeramiken verhalten sich im Glasnetzwerk als Netzwerkwandler<br />

(siehe Abs. 1.2.3). In Abs. 1.5.3 wurde erklärt, wie die Reaktion von Glas mit Säuren abläuft.<br />

Dabei kommt es zusätzlich zum Abtrag des Glasmaterials durch Fluoride zu einer Auslaugung<br />

durch Ionenaustausch. Sind im säurebehandelten Glasmaterial hohe Anteile an alkalischen<br />

oder erdalkalischen Ionen vorhanden, erhöht sich durch den Ionenaustausch der Anteil von<br />

Alkali- und Erdalkali-Ionen in der sauren Lösung. Diese aufgenommenen Kationen sind wie-<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 62


6. Zusammenfassung und Vergleich der Ergebnisse beim Strukturieren der gewählten<br />

Materialien<br />

derum in der Lage, das Glasnetz aufzulösen (Netzwerkwandler). Auf diese Weise wird der<br />

Abtrag von Glas forciert. Bei ULE ® ist der Anteil an Netzwerkwandlern nur in Spuren vorhanden.<br />

Der Säureabtrag wird durch materialeigene Netzwerkwandler kaum unterstützt.<br />

6.2 LE 102 ®<br />

Beim Strukturieren von LE 102 ® durch saure Lösung kann der Materialabtrag nur über kleine<br />

Zeitintervalle als linear angenommen werden. Deshalb ist es schwierig, genaue Ätztiefen unter<br />

gegebenen Ätzbedingungen zu prognostizieren bzw. das Ätzverhalten mathematisch zu beschreiben.<br />

Die Ätzrate nimmt unter Standardätzlösung (16 % HF) bei Ätzdauern über wenige<br />

Sekunden ab. Sie ist in diesem Zeitbereich etwa halb so groß wie die Ätzrate des Zerodurs. Ab<br />

etwa 20 s Ätzdauer nahm in den Versuchen die Ätzrate rapide zu. Sie erreichte bei etwa 50 s<br />

die Größenordnung des Zerodurs, steigt jedoch mit zunehmender Ätzdauer weiter an. Bei einer<br />

Ätzdauer von ca. 2 min gibt es ein Ätzratenmaximum. Danach fällt die Ätzrate ab, ist jedoch<br />

bis mindestens 18 min immer noch höher als bei Zerodur ® . LE 102 ® lässt sich also durch<br />

die Flusssäurelösung sehr schnell abtragen. Das Material bedarf aber intensiver Versuche,<br />

wenn spezielle Zieltiefen beim Strukturieren durch nasschemisches Ätzen erreicht werden<br />

sollen. Auch bei den Untersuchungen zu temperatur- und säurekonzentrationsabhängigem<br />

Abtragsverhalten wurden nichtlineare Zusammenhänge festgestellt. Beispielsweise stagnierte<br />

der Ätzabtrag bei einer Säurelösung mit 16 % Flusssäure ab einer Ätzbadtemperatur von 38<br />

°C. (Temperaturen über 40 °C wurden nicht untersucht.)<br />

Als bedeutsam für das Abtragverhalten des LE 102 ® wird die sich durch Säureeinwirkung<br />

ändernde Oberflächenrauheit befunden. Durch vorausgegangene Versuche an Zerodur ® (siehe<br />

Abs. 5.2.4) wurde festgestellt, dass sich raue Oberflächen schneller abtragen lassen als polierte.<br />

Die Abhängigkeit der Oberflächenrauheit von der Ätzdauer in Standardätzlösung ist in<br />

Abb. 6.1 dargestellt. Auch hier ist kein lineares Verhalten festzustellen. Bereits nach 10 s Säureeinwirkung<br />

verloren die polierten Proben ihren Glanz. Die Rauheit nimmt durch weiteres<br />

Ätzbad rapide zu bis sie ab ca. einer Minute stagniert und nur noch langsam zunimmt.<br />

Rauheit R a in nm<br />

1000<br />

800<br />

600<br />

400<br />

200<br />

0<br />

LE 102 ®<br />

0 50 100 150 200 250 300 350<br />

Ätzdauer in s<br />

Abb. 6.1 Abhängigkeit der Oberflächenrauheit der LE 102 ® -Proben von der Dauer des<br />

Ätzens bei Standardätzlösung (16 % HF).<br />

Ausgangsmaterial war eine Probe mit polierter Oberfläche.<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 63


6. Zusammenfassung und Vergleich der Ergebnisse beim Strukturieren der gewählten<br />

Materialien<br />

Vermutlich hat nach dieser Zeit die Rauheit die Größenordnung der Materialkörnung angenommen.<br />

Cordierit enthält Kristallite, die von feinkörnigen Zuschlagstoffen umgeben sind.<br />

Die Materialphasen um die Kristallite lassen sich häufig sehr viel schneller ätzen als die<br />

Kristallite selbst. Sie enthalten einen hohen Anteil an Ladungsträgern in Form von ungebundenen<br />

Ionen und ermöglichen schnelle Diffusion wegen der kleinen Körnung und großen Anzahl<br />

von Strukturfehlern. Die Diffusion und chemische Reaktion einer sauren Lösung ist in<br />

diesen Bereichen deshalb sehr viel leichter möglich. Es entsteht der Eindruck, dass sich das<br />

Material mit der Säure wie ein Schwamm aufsaugt. Beim Ätzen von LE 102 ® entsteht ein<br />

feinkörniger schwarzer Staub bzw. Schlamm. Dieses Material wurde von der Säurelösung<br />

nicht umgesetzt, sondern löste sich durch Unterätzung der feinen Kornstruktur.<br />

Dieses Verhalten ist ein nicht unwesentlicher Nachteil des Keramikwerkstoffs LE 102 ®.<br />

Wird das Material durch Säure strukturiert, wird ein anschließender intensiver Reinigungsprozess<br />

notwendig sein, um lose Körnung des Materials zu entfernen. Dadurch geht ein Vorteil<br />

gegenüber dem Sandstrahlen verloren. Außerdem ist mit starker Unterätzung der Ätzmaske zu<br />

rechnen. In den Versuchen lösten sich erste Teile der Ätzmaske nach 20minütigem Einwirken<br />

der Standardätzlösung trotz vorheriger Temperaturaushärtung der Ätzmaske. Aufgrund der<br />

günstigen Ätzrate könnten jedoch Strukturen mit wenigen Mikrometern Tiefe innerhalb einiger<br />

Sekunden erreicht werden. Beispielsweise werden 3 µm Tiefe in etwa der gleichen Zeit<br />

wie bei Zerodur ® erreicht.<br />

Die relativ hohe und nichtlineare Ätzrate macht es schwierig, Fertigungstoleranzen im nasschemischen<br />

Abtragsverfahren einzuhalten. Temperatur und Flusssäurekonzentration sollten<br />

für eine hohe Prozesssicherheit möglichst konstant gehalten werden.<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 64


7. Diskussion anderer Verfahren für die Strukturierung der gewählten Materialien<br />

7. Diskussion anderer Verfahren für die Strukturierung der gewählten Materialien<br />

In den Versuchen zur <strong>Diplomarbeit</strong> wurde klar, dass die z. Z. verwendete Ätzmaske aus einer<br />

Polymerfolie ohne Temperaturbehandlung für längeres Ätzen mit Flusssäurelösungen ungeeignet<br />

ist. Für das Ätzen von ULE ® sollten deshalb zwei Lösungsansätze verfolgt werden.<br />

Entweder ist die Ätzmaske durch ein anderes Material zu ersetzen oder eine andere Ätzlösung<br />

sorgt für schnelleren Materialabtrag. In den Versuchen wurde festgestellt, dass sowohl die<br />

Erhöhung der Säurekonzentration als auch die Erhöhung der Ätzbadtemperatur keinen Einfluss<br />

auf die Selektivität der Maske zum abzutragenden Material hat. Die Gefahr, die Ätzmaske<br />

aus Folienresist noch vor Erreichen der Zieltiefe zu verlieren, stieg mit beiden Einflussparametern.<br />

Vom Hersteller der Trockenfilmfolie wird eine Temperung mit anschließender Aushärtung<br />

unter ultraviolettem Licht empfohlen. Allein die Wärmebehandlung führte bereits zu einer<br />

besseren Resistenz der Folie gegen Flusssäure. Sollte es jedoch notwendig sein, eine komplette<br />

Noppe mit der Höhe von 150 µm durch Nassätzen herzustellen, wird es voraussichtlich erforderlich,<br />

die Ätzmaske immer wieder aufzufrischen, die Struktur also stufenweise herzustellen.<br />

Eine solch hohe Zieltiefe wurde durch die Versuche innerhalb dieser <strong>Diplomarbeit</strong> nicht<br />

abgedeckt. Voraussichtlich würden rationellere Methoden als die bisher bei Berliner Glas eingesetzte<br />

wenig automatisierte Lithografie gefunden werden müssen.<br />

Nachfolgend sollen Verfahren der Oberflächenstrukturierung diskutiert werden. Sie können<br />

als Anregung dienen für weitere Überlegungen oder technologische Entwicklungen. Einsatzmöglichkeiten<br />

dieser Verfahren wurden in Bezug auf die Fertigung einer Wafertafel diskutiert.<br />

Ihre Größe, der Fertigungsstand vor der Strukturierung und die Strukturgeometrien geben<br />

Grenzen für die Anwendbarkeit vor.<br />

■ Grund, weshalb bei der Strukturierung der Wafertafel keine flüssigen Fotoresiste verwendet<br />

werden können, ist, dass mit dem Fertigungsstand bei Wareneingang in die Strukturierabteilung<br />

bereits Bohrungen auf der Scheibe vorhanden sind. Diese Bohrungen könnten vor der<br />

Strukturierung, vielleicht noch vor dem Polieren, mit einer Paste ausgefüllt werden, so dass<br />

die Oberfläche planar ist. Das Aufschleudern einer gleichmäßigen Fotoresistschicht wäre dann<br />

möglich. Zusätzlich zu diesem Lackauftrag ist ein Aushärten des Lackes in einem Temperofen<br />

notwendig. Dieser Arbeitsschritt wird auch für das Auftragen eines Trockenfilmresists vom<br />

Hersteller empfohlen, in der Berliner Glas KGaA jedoch nicht ausgeführt. Auch eine andere<br />

Entwicklerlösung als Soda wäre voraussichtlich notwendig. Anstelle von polymerisierenden<br />

Negativlacken könnten jedoch auch Positivlacke zum Einsatz kommen. Die Belichtung würde<br />

durch positive Belichtungsmasken durchgeführt; auf ihnen sind alle Strukturen, die nicht abgetragen<br />

werden sollen, schwarz eingezeichnet. Leichtere Justierung der Belichtungsmaske auf<br />

das Werkstück wäre bei der Herstellung von Wafertafelstrukturen vorstellbar. Positivlacke<br />

sind häufig geeigneter zum Erzeugen sehr feiner Strukturen, weil hier durch die Belichtung<br />

Moleküle des Lacks gespalten und nicht verkettet werden.<br />

Da die Oberfläche der Wafertafel vor dem Strukturieren planar ist, ist es vorstellbar, dass anstelle<br />

lichtempfindlicher Lacke auch Abdeckschichten in Flachfilm- oder Schablonendruck,<br />

vielleicht sogar in direktem Aufdruck durch Plotter aufgetragen werden. Alle Lithografieschritte<br />

würden dadurch gespart.<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 65


7. Diskussion anderer Verfahren für die Strukturierung der gewählten Materialien<br />

Ebenso wie eine Chromschicht zur Maskierung bei der Erzeugung der kleinen Wafertafelnoppen<br />

zum Einsatz kommt, ist auch eine metallische Maskierung beim Flusssäureätzen möglich.<br />

Beständig gegen Flusssäure sind z. B. Nickel, Platin und Gold. Da die zu erzeugenden Strukturen<br />

jedoch mehrere Mikrometer hoch sein sollen, wird eine relativ dicke und über die Fläche<br />

sehr homogene Schicht notwendig. Das Bedampfen ist deshalb sehr aufwendig. Außerdem<br />

sind für eine Haftung auf Glas häufig Haftvermittlerschichten notwendig, die möglicherweise<br />

durch Flusssäure angegriffen werden. Eine Haftfähigkeit auf ULE ® wäre zu untersuchen.<br />

Auch die metallische Maske muss zunächst über lithografische Schritte strukturiert werden,<br />

deshalb wäre der Strukturierungsgang um einige Arbeitsschritte erweitert.<br />

■ Für hohe Ätzraten ist ein Verfahren patentiert [30] worden, bei dem zum Ätzen von Glas<br />

neben Flusssäurelösung das Pentafluorbutan HFC-365mfc als Ätzmittel eingesetzt wird. Die<br />

Ätzraten würden noch gesteigert, wenn statt des Wassers Aceton als Lösungsmittel verwendet<br />

wird. Prinzipiell ist zu überlegen, ob das bei der Berliner Glas KGaA verwendete Ätzmittel für<br />

die Strukturierung von Wafertafeln in seiner chemischen Zusammensetzung weiter optimiert<br />

werden kann. Dazu bisher durchgeführte Versuche waren weitestgehend empirisch, chemische<br />

Abläufe und Ursachen für material- und ätzmittelspezifisches Abtragsverhalten durch Nassätzen<br />

sind kaum bekannt. Anhand der Ergebnisse der vorliegenden <strong>Diplomarbeit</strong> und nach Recherchen<br />

zu den Mechanismen beim chemischen Abtrag von Glas gab es Überlegungen, den<br />

Ätzablauf durch gepufferte Flusssäure (in vielen Quellen wird die Zugabe von NH4F vorgeschlagen)<br />

oder alkalische Salze zu steuern, insbesondere wenn hohe Ätztiefen in ULE ® gesucht<br />

sind. Zu berücksichtigen sei jedoch, dass Säurekonzentrationen – wie in dieser Arbeit<br />

festgestellt – die Beständigkeit der Folienätzmaske erheblich beeinflussen. Es ist möglich,<br />

dass diese Folie nur begrenzt gegen bestimmte Radikale (eben z. B. aus Fluoridverbindungen)<br />

resistent ist.<br />

■ Sehr viel sicherer wäre der Umgang mit Ätzmitteln, die nicht flüssig sind, und deshalb z. B.<br />

nicht spritzen, und die sich nicht verflüchtigen wie Gase. Im Patent [29] wird eine Ätzpaste<br />

vorgestellt, die auch für das Ätzen von Glas geeignet sein soll. Die Pasten lassen sich mit<br />

Drucktechniken aufbringen, so dass der Auftrag relativ homogen erfolgen kann. Ätzraten sind<br />

nicht erwähnt. Stellt man sich vor, eine solche Ätzpaste über eine Schablone auf das Glas aufzutragen,<br />

wird klar, dass man als Schablone eine Positiv-Maske benötigt. Alle Zonen, die<br />

durch die Maske verdeckt bleiben, würden nicht geätzt. Für die Noppenstruktur der Wafertafeln<br />

würde für jede Noppe eine freistehende Struktur notwendig sein. Das ist mit einer Schablone<br />

nicht möglich. Würde man wiederum diese Maske mit einer Folienmaske herstellen wollen,<br />

treten vermutlich die gleichen Probleme auf, die während der Versuche bezüglich dieser<br />

Arbeit deutlich wurden. Die Ätzradikale wirken wenig selektiv zwischen Glas und Folie. Ein<br />

direktes Aufdrucken der Ätzpaste in hoher Auflösung wäre eine Lösung.<br />

■ Eine Kombination aus mechanischem und chemischem Abtrag ist die Erosionslithografie.<br />

In einer Patentschrift [34] wird ein Strukturierverfahren beschrieben, bei dem hohe Aspektverhältnisse<br />

durch einen Gasstrahl, der Flüssigkeitströpfchen enthält, erzielt werden. Gas und<br />

Flüssigkeit liegen getrennt voneinander im Volumenverhältnis 1000 : 1 bis 500 000 : 1 vor.<br />

Der Strahl hat eine Geschwindigkeit von 100 m/s und eine Öffnungswinkel von höchstens 2°,<br />

damit möglichst senkrechte Seitenwände eingearbeitet werden können. Es wird erläutert, dass<br />

das zunächst unverbrauchte Lösungsmittel direkt auf den Boden der Strukturgräben einwirkt<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 66


7. Diskussion anderer Verfahren für die Strukturierung der gewählten Materialien<br />

und die gebildete Lösung an den Seitenwänden als Film nach außen strömt. Das Lösungsmittel<br />

ist leicht flüchtig, so dass die Lösung nur noch wenig von den Seitenwänden ablösen kann.<br />

Als Maske kann ein Trockenfilmresist verwendet werden. Das Verfahren ist auf keramische<br />

und metallische Werkstoffe anwendbar. In der Patentschrift wird erwähnt, dass durch das Erosionsverfahren<br />

das Erzeugen von Mikrostrukturen in Glas mit Flusssäure möglich ist.<br />

■ Der Materialabtrag durch Ionenstrahlen wurde im Unternehmen der Berliner Glas KGaA an<br />

Zerodur ® getestet. Problematisch ist der Abtrag über eine große Fläche, die für die Fertigung<br />

einer Wafertafel notwendig wäre. Die Abtragsrate war zu langsam und nicht ausreichend homogen<br />

über die gesamte Wafertafel, so dass sich das Verfahren nicht rentiere. Durch den rein<br />

physikalischen Abtrag ist außerdem eine Maskenschicht notwendig, die eine Dicke in der<br />

Größenordnung der abzutragenden Höhe hat.<br />

■ In der Vorschriftensammlung aus [14] von Dr. Michael Köhler werden Parameter für verschiedene<br />

Trockenätzverfahren aufgeführt. Beim Ätzen unter Hochdruckplasma aus CF4 wird<br />

eine Ätzrate von 38 nm/s für SiO2 angegeben. In Plasmaätzverfahren entstehen Radikale erst<br />

durch das Erzeugen eines Plasmas in einem hochfrequenten elektromagnetischen Feld. Der<br />

Materialabtrag ist chemisch gestützt, so dass es möglich ist, zur Maskierung ein Material einzusetzen,<br />

das resistent gegenüber den Angriff durch das spezielle Ätzplasma ist. Da das Plasma<br />

entsprechend seiner Zusammensetzung in bestimmten Wellenlängenbereichen leuchtet,<br />

kann der Reaktionsverlauf über spektroskopische Echtzeit-Messungen beobachtet werden.<br />

Chemische Abtragsprozesse verlaufen stets isotrop. Deshalb ist bei hohen Abtragsmengen<br />

bzw. -tiefen mit einer starken Unterätzung der Maske zu rechnen.<br />

Das Plasmaätzverfahren lässt sich mit einem physikalischen Schichtabtrag durch Teilchenstrahlen<br />

kombinieren (Reaktives Ionenstrahlätzen – RIE). Dadurch erhält der Abtrag eine gerichtete<br />

(anisotrope) Komponente. Bei solchen Verfahren fallen lt. Köhler [14] die Ätzraten<br />

geringer aus als beim Plasmaätzen. Außerdem würde durch den physikalischen Abtrag, der<br />

sich wenig selektiv gegenüber das Maskenmaterial verhält, eine Maskenschichtdicke in der<br />

Größenordnung (oder geringfügig kleiner) der abzutragenden Höhe notwendig.<br />

■ Die Bearbeitung von Glas durch Laserstrahlung wird häufig als schwierig bewertet. Glas ist<br />

für Strahlung im VIS-Bereich transparent und absorbiert Licht je nach Zusammensetzung nur<br />

im UV- und IR-Bereich. Kristina Schmidt erläutert in [32] ihre Ergebnisse beim Strukturieren<br />

von Glas eines Li2O-B2O3-SiO2-Systems. Dort wird erklärt, dass Excimerlaser, die Licht im<br />

UV-Bereich emittieren, wegen hoher Impulsenergien und kleiner erreichbarer Fokusdurchmesser<br />

sehr gut für die Mikrostrukturierung von Glas geeignet sind. Durch geringe Abtragsraten<br />

je Puls (3 µm/Puls) würde das Glas ohne Entstehung von Mikrorissen abgetragen. Infolge<br />

dessen wird jedoch steigt die Bearbeitungszeit großer Flächen.<br />

Ein von Schmidt [32] analysiertes Verfahren ist der Einsatz eines Nd:YAG-Lasers (λ = 1,06<br />

µm) auf dotiertem Glas. Es wird eine Dotierung des Glases mit FeO und TiO2 vorgeschlagen.<br />

Auf diese Weise nimmt die Absorption im Wellenlängenbereich des Lasers zu. Im genannten<br />

Verfahren würden nicht nur die bestrahlten Oberflächenbereiche aufgeschmolzen und verdampft<br />

(wie bei Metallwerkstoffen), sondern es werden auch umliegende Zonen erwärmt und<br />

geschmolzen. Deshalb wird beim Auftreffen des energiereichen Lichtimpulses flüssiges Glas<br />

aus der Bearbeitungszone herausgeschleudert. Es empfiehlt sich eine Spülgasvorrichtung, die<br />

dieses Glasmaterial durch einen gerichteten Gasstrom von der Bearbeitungszone wegtransportiert.<br />

Ein Vorwärmen des Glases könne Schäden durch Temperaturspannungen zwischen be-<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 67


7. Diskussion anderer Verfahren für die Strukturierung der gewählten Materialien<br />

arbeiteter und umgebender Materialzone minimieren. Für einen Flächenabtrag sei es außerdem<br />

wichtig, Intensitätsschwankungen der Laserstrahlung auszuschließen.<br />

■ In einem dieser <strong>Diplomarbeit</strong> vorausgegangenen Praktikum sollte recherchiert werden, ob<br />

der Abtrag durch Funkenerosion möglich ist. Die Recherche bezog sich auf Keramiken wie<br />

SiC. Voraussetzung für den elektroerosiven Abtrag ist eine elektrische Leitfähigkeit von mindestens<br />

0,01 S/m. Bei den Gesprächen mit Mitarbeitern zweier Institute in Berlin-Adlershof<br />

kristallisierten sich jedoch Bedenken gegenüber dieses Verfahren heraus. Als bedeutender<br />

Nachteil wurde der notwendige große Flächenabtrag für die Herstellung einer Wafertafel genannt.<br />

Zum Beispiel könne das Dielektrikum zwischen Elektrode und Werkstück bei solch<br />

großer Fläche das abgetragene Material in dem kleinen Spalt nicht mehr ausreichend abtransportieren,<br />

es wäre damit zu rechnen, dass sich abgetragenes Material im Zentrum ansammelt<br />

und dort zu einer erhöhten Leitfähigkeit führt. Dadurch würde der erosive Abtrag im<br />

Wafertafelzentrum schneller erfolgen als in den Randbereichen. Alternativ könnten kleinere<br />

Elektroden eingesetzt werden, so dass die Wafertafel in wenigen Fertigungsschritten herausgearbeitet<br />

würde. Es ist jedoch fraglich, ob auf diese Weise die hohen Anforderungen an die<br />

Planität der Wafertafel erfüllt werden können, denn die einzelnen Elektroden müssten nach<br />

jedem Wechsel exakt die Position der vorausgehenden Elektrode einnehmen.<br />

■ Interessant sind die Forschungsarbeiten der Technischen Universität Ilmenau [31]. Dort<br />

werden fotostrukturierbare Glasmaterialien aus dem Grundglassystem Li2O-Al2O3-SiO2 entwickelt.<br />

Durch UV-Belichtung und thermische Behandlung werden im Glas partiell Zonen mit<br />

Kristallphase aus Lithiummetasilikat erzeugt. Diese Kristallphase ist in verdünnter Flusssäure<br />

höher löslich als die umgebende Glasmatrix. Auch die Ätztiefe kann gesteuert werden, indem<br />

die Belichtungsmasken Licht in definierter Transmission passieren lassen. Die Forschungsarbeit<br />

ist jedoch gerichtet auf Gläser mit erhöhter thermischer Ausdehnung, so dass unklar<br />

bleibt, ob es ebensolche Gläser mit geringer thermischer Ausdehnung geben könnte.<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 68


8. Anhang<br />

8. Anhang<br />

Anlage 1 Messmittel<br />

Folgende Messmittel kamen beim Vermessen der Ätzstrukturen zum Einsatz:<br />

A. Smart Scope<br />

Das Smart-Scope ist ein Video-Messmikroskop. Seine Software ermöglicht berührungsfreies<br />

zweidimensionales Vermessen von Werkstückgeometrien. Durch die Zoom-Optik ist das<br />

Mikroskop bis zur 200fachen Vergrößerung stufenlos einstellbar. Das Werkstück wird über<br />

einen x-y-Tisch unter der Optik durchgefahren. Für ständig wiederkehrende Messaufgaben<br />

können automatische Messroutinen aufgenommen und ausgeführt werden.<br />

Mit diesem Gerät wurden Ätzstrukturen unter Vergrößerung fotografiert und Strukturmaße mit<br />

einer Genauigkeit auf einige Mikrometer ermittelt.<br />

B. New View<br />

Das New View der Fa. Zygo ist ein kameragestütztes Weißlichtinterferometer. Es wird i. W.<br />

zur Oberflächeninspektion eingesetzt. Durch den Höhenscan ist es möglich, 3D-<br />

Vermessungen vom Mikro- bis Nanometerbereich durchzuführen.<br />

Der Aufbau des Weißlichtinterferometers entspricht wahlweise dem Michelson- oder Mirau-<br />

Prinzip. Bei der Michelson-Anordnung wird das weiße Licht über einen Strahlteiler auf zwei<br />

Lichtwege verteilt, ein Lichtstrahl strahlt auf das Objekt, der zweite auf eine Referenzebene.<br />

Beide Lichtstrahlen werden auf eine Kamera zurückgelenkt und kommen dort zur Überlagerung.<br />

Bei der Mirau-Anordnung ist die Referenzebene ein teildurchlässiger Spiegel. Während<br />

ein Teil des eingestrahlten Lichts von der Referenzfläche zur Kamera reflektiert wird, durchdringt<br />

ein weiterer Teil des Lichts diese Fläche und wird erst durch die Objektebene reflektiert.<br />

Der Rückweg verläuft durch den teildurchlässigen Spiegel hindurch zur Kamera. Auch<br />

bei diesem Aufbau kommen beide Lichtstrahlen zur Überlagerung. Ist der Lichtweg über das<br />

Objekt und über die Referenzebene gleich, entstehen Interferenzen. Die auftretenden Interferenzlinien<br />

werden durch bildverarbeitende Software zu einer Profil- bzw. Höheninformation<br />

verarbeitet. Durch das Scannen in z-Richtung, bei dem mehrere Ebenen gemessen werden,<br />

entsteht eine dreidimensionale Profildarstellung.<br />

Mit dem New View wurden alle Ätztiefen der Versuchsproben gemessen.<br />

C. Perthometer<br />

Das Perthometer ist ein tragbares Oberflächen-Tastschnitt- bzw. Rauhigkeitsmessgerät. Die<br />

Oberfläche eines Werkstücks wird in definierter Länge mit einer Spitze abgetastet. Das Gerät<br />

gibt die Ra- und Rz-Werte sowie deren Maxima aus. Es besteht die Option, ein Diagramm vom<br />

Messweg auszudrucken.<br />

D. TESA µ-hite<br />

Das TESA µ-hite ist ein Höhenmesstaster. Durch Wahl einer Referenzhöhe werden Höhenunterschiede<br />

zwischen zwei Punkten auf einem Werkstück mit einer Messspitze abgetastet.<br />

Der Messtaster kam beim Vermessen von hohen Strukturen durch Langzeitätzungen oder von<br />

Strukturen mit Oberflächenrauheiten Ra > 1 µm zum Einsatz.<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 69


8. Anhang<br />

Anlage 2<br />

Fehlerrechnung für die Herstellung der Standardsäurelösung<br />

Die Standardsäurelösung enthält 16 % Flusssäure (HF) und 7 % Salzsäure (HCl).<br />

In den Versuchen an ULE ® hat sich folgender Zusammenhang ergeben:<br />

h = k * [c%HF]²<br />

h = Ätztiefe<br />

k = von der Ätzdauer abhängiger Faktor<br />

[c%HF] = Konzentration an Flusssäure (HF) in der Ätzlösung<br />

Die Skalierung auf den Messbechern beim Abmessen der benötigten Lösungsmengen hat eine<br />

1-ml-Einteilung. Die abgemessene Lösungsmenge lässt sich nie vollständig in die Flasche, die<br />

zum Mischen verwendet wird, einfüllen. Es bleiben stets Tropfen im Messbecher und am<br />

Trichter zurück. Die Genauigkeit beim Abmessen der Lösungsmengen wird deshalb auf ± 1<br />

ml abgeschätzt. Entsprechend der Arbeitsanweisung werden für 200 ml Gesamtlösung 44,5 ml<br />

HF, 39 ml HCl und 117 ml destilliertes Wasser abgemessen. (Die vorhandenen Messbecher<br />

lassen kein Abmessen auf 1/10 ml zu, deshalb wird gerundet.)<br />

Die Konzentration von HF in der Gesamtlösung wird berechnet mit:<br />

c%HF =<br />

p ⋅ m<br />

mges<br />

p = Anteil HF in der gegebenen Flusssäurelösung<br />

m = Menge der zuzuführenden Flusssäurelösung<br />

m = Gesamtlösungsmenge<br />

Der Hersteller der Flusssäurelösung gibt einen Konzentrationsbereich von 71 % bis 75 % an.<br />

c%HF =<br />

0, 73⋅<br />

44,<br />

5ml<br />

200ml<br />

Δp = ± 2 %<br />

Δm = ± 1 ml<br />

= 16,2%<br />

Δmges = ± 3 ml (Fehler beim Vermessen aller drei Lösungskomponenten)<br />

Δc<br />

Δp<br />

Δm<br />

Δm<br />

= + +<br />

c p m m<br />

ges<br />

ges<br />

c%HF = 16,2 % ± 1,1 %<br />

=<br />

2%<br />

73%<br />

Fehler der Ätztiefe:<br />

Δh<br />

Δc<br />

= 2 = 2 ⋅ 0,<br />

065 = 0,13 = 13 %<br />

h c<br />

1ml<br />

3ml<br />

+ + = 0,065 = 6,5%<br />

44,<br />

5ml<br />

200ml<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 70


8. Anhang<br />

Ein absoluter Fehler von ±1% der Säurekonzentration führt also zu einem recht hohen Fehler<br />

in der Ätztiefe. Dieser Fehler kann zwischen Messreihen auftreten, die jeweils mit neu angesetzten<br />

Ätzlösungen durchgeführt wurden.<br />

Der absolute Fehler für die Ätztiefe wird kleiner, wenn die Ätzrate gering ist. Die Tiefenstrukturierung<br />

unterliegt dann kleineren Schwankungen, vorgegebene Fertigungstoleranzen lassen<br />

sich leichter einhalten.<br />

Anzumerken ist, dass Ätzlösungen für die Fertigung in größeren Mengen zusammengestellt<br />

werden. Dadurch wirkt sich die Ungenauigkeit beim Abmessen der Flüssigkeiten mit den<br />

Messbechern weniger aus.<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 71


8. Anhang<br />

Anlage 3<br />

Mischungsrechnen für Konzentrationsreihen<br />

Aufgabenstellung Beispiel 1<br />

Es soll eine Lösung hergestellt werden, die 8 % Flusssäure (HF) und 7 % Salzsäure (HCl) enthält.<br />

Lösungsmittel ist Wasser. Zum Mischen stehen 20%ige Flusssäurelösung und 37%ige<br />

Salzsäurelösung zur Verfügung.<br />

Übersicht der Anteile in den gegebenen<br />

und gesuchten Lösungen:<br />

Lösung x y z Soll<br />

HF 0,2 0,0 0,0 0,08<br />

HCl 0,0 0,37 0,0 0,07<br />

H2O 0,8 0,63 1,0 0,85<br />

Es wird ein Gleichungssystem aufgestellt:<br />

0,2x + 0,0y + 0,0z = 0,08<br />

0,0x + 0,37y + 0,0z = 0,07<br />

0,8x + 0,63y + 1,0z = 0,85<br />

vereinfacht :<br />

I 0,2x = 0,08<br />

II 0,37y = 0,07<br />

III 0,8x + 0,63y + z = 0,85<br />

aus I folgt: x = 0,4<br />

aus II folgt: y = 0,19<br />

x und y aus I und II werden in III eingesetzt:<br />

0,4*0,8 + 0,19*0,63 + z = 0,85<br />

z = 0,41<br />

Die Variablen ergeben die Anteile, die auf die gewünschte Gesamtmenge der Lösung anzurechnen<br />

ist.<br />

Beispiel für 250 ml Gesamtlösung<br />

Lösung x (20%ige HF) Y (37%ige HCl) z (H2O)<br />

Anteil 0,40 0,19 0,41<br />

Menge 100 ml 47,5 ml 102,5 ml<br />

100 ml 20%ige HF-Lösung, 47,5 ml 37%ige HCl-Lösung und 102,5 ml destilliertes Wasser<br />

müssen vermischt werden, um 250 ml einer 8%igen HF-Lösung mit 7% HCl zu erhalten.<br />

(Beim Herstellen der Lösung ist natürlich mit Wasser zu beginnen!)<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 72


8. Anhang<br />

Aufgabenstellung Beispiel 2<br />

Es soll eine Lösung hergestellt werden, die 30 % Flusssäure (HF) und 7 % Salzsäure (HCl)<br />

enthält. Lösungsmittel ist Wasser. Zum Mischen stehen die Standardsäurelösung (16%ige HF,<br />

7%ige HCl in H2O), 73%ige Flusssäurelösung und 37%ige Salzsäurelösung zur Verfügung.<br />

Übersicht der Anteile in den gegebenen<br />

und gesuchten Lösungen:<br />

Lösung x y z Soll<br />

HF 0,16 0,73 0,00 0,30<br />

HCl 0,07 0,00 0,37 0,07<br />

Es wird ein Gleichungssystem aufgestellt:<br />

I 0,16x + 0,73y + 0,00z = 0,30<br />

II 0,07x + 0,00y + 0,37z = 0,07<br />

III x + y + z = 1,00<br />

nach Erweitern von Gleichung I mit 7 und Gleichung II mit 16:<br />

I 1,12x + 5,11y = 2,1<br />

II 1,12x + 5,92z = 1,12<br />

Subtraktion<br />

I* 5,11y – 5,92z = 0,98<br />

I 0,16x + 0,73y = 0,30<br />

III 0,16x + 0,16y + 0,16z = 0,16<br />

Subtraktion<br />

II* 0,57y – 0,16z = 0,14<br />

Gleichung II* wird mit 9 erweitert :<br />

II* 5,13y – 1,44z = 1,26<br />

I* 5,11y – 5,92z = 0,98<br />

Subtraktion<br />

4,48z = 0,28<br />

z = 0,0625<br />

z eingesetzt in II*<br />

0,57y – 0,01 = 0,14<br />

y = 0,263<br />

z und y eingesetzt in III:<br />

x + 0,263 + 0,0625 = 1<br />

x = 0,6745<br />

Die Variablen ergeben die Anteile, die auf die gewünschte Menge einer der Ausgangslösungen<br />

anzurechnen ist.<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 73


8. Anhang<br />

Beispiel für 150 ml der Standardsäurelösung als Ausgang:<br />

Lösung x (Standardsäure) y (73%ige HF) z (37%ige HCl)<br />

Anteil 0,6745 0,263 0,0625<br />

Menge 150 ml 58,5 ml 14 ml<br />

Bei 150 ml Standardsäurelösung müssen 58,5 ml 73%ige HF-Lösung und 14 ml 37%ige HCl-<br />

Lösung zugefügt werden, um eine 30%ige HF-Lösung mit 7% HCl zu erhalten.<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 74


Anlage 4<br />

Ätztiefe in nm<br />

40000<br />

35000<br />

30000<br />

25000<br />

20000<br />

15000<br />

10000<br />

5000<br />

0<br />

Zerodur 13.05.04<br />

ULE 13.05.04<br />

Zunahme der Ätztiefe bei Zerodur ® und ULE ®<br />

Zerodur 25.05.04<br />

ULE 25.05.04<br />

0 100 200 300 400 500 600 700 800<br />

Ätzdauer in s<br />

Das Diagramm zeigt den Verlauf der Ätztiefen bei Ätzversuchen über 5 bis 90 s und über 9 bis 12 min an Zerodur ® und ULE ® . Über den Bereich von 1<br />

min bis 15 min kann die Zunahme der Ätztiefe als linear angenommen werden. Für Zerodur ® beträgt der Anstieg 45 nm/s, bei ULE ® beträgt er 5 nm/s. Bei<br />

kürzeren Ätzdauern nimmt die Ätztiefe schneller zu.


9. Quellenverzeichnis<br />

[1] Klaus Stierstadt,<br />

Physik der Materie, Kap. 8, 13, 15, 16<br />

VCH Verlagsgesellschaft mbH, Weinheim 1989<br />

[2] Prof. Dr. sc. techn. N. M. Pavluškin,<br />

Vitrokeramik<br />

Übersetzung aus dem Russischen: Dr.-Ing. Ralf Bruntsch<br />

VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig 1986, 1. Auflage<br />

[3] Werner Vogel,<br />

Glaschemie<br />

VEB Deutscher Verlag für die Grundstoffindustrie, Leipzig 1983, 2. Auflage<br />

[3a] S. D. Stookey<br />

Glastechn. Ber. 32 K<br />

(1959) 1 – 8<br />

[4] Rudolf Rykart,<br />

Quarz-Monographie,<br />

Ott Verlag Thun/Schweiz, 1. Auflage 1989<br />

[5] Hans Rudolf Christen,<br />

Struktur, Stoff, Reaktion<br />

Verlag Moritz Diesterweg GmbH & Co., Frankfurt/M. und Verlag Sauerländer<br />

AG, Aarau, Ausgabe E, 1987<br />

[6] Prof. Dr. rer. nat. Armin Petzold<br />

Physikalische Chemie der Silicate und nichtoxidischen Siliciumverbindungen<br />

Deutscher Verlag für die Grundstoffindustrie, Leipzig 1991<br />

[7] B. Frese<br />

Der Trennungsgang – Identifizierung von Elementen,<br />

Kapitel „Nachweis von Silikat-Ionen (SiO3) 2- ) – Wassertropfenprobe“<br />

Justus-Liebig-Universität Gießen, Juni 2001,<br />

www.uni-giessen.de/~ge1016/skripte/ac2/ac2_kapitel1.<strong>pdf</strong><br />

[8] Brockhaus ABC Naturwissenschaft und Technik<br />

VEB F. A. Brockhaus Verlag Leipzig DDR, 1980<br />

13. überarbeitete Auflage


9. Quellenverzeichnis<br />

[9] „Glaskeramik“,<br />

DE 10110225 A1,<br />

Offenlegungsschrift des Deutschen Patent- und Markenamts<br />

Anmelder: Schott Glas, Mainz<br />

Offenlegungstag: 26.09.2002<br />

[10] Internetpräsenz des Zerodur ® -Herstellers Schott Glas,<br />

www.schott.com/optics_devices/german/products/zerodur/<br />

Stand April 2004<br />

[11] Produktinformationsscript „Zerodur ® -Präzision aus Glaskeramik“ des Herstellers<br />

Schott Glas<br />

[12] Produktinformationsscript “ULE ® ” des Herstellers Corning, Stand 2000<br />

[13] Script zum Vortrag<br />

„Colloboration with Berliner Glas for Deep Sub Micron Lithography“,<br />

Stand 2002<br />

[14] Dr. Michael Köhler<br />

„Ätzverfahren für die Mikrotechnik“<br />

Viley-VCH-Verlag, Weinheim, 1998<br />

[15] „Keramisches Sinterprodukt und Verfahren zu seiner Herstellung“,<br />

DE 19849340 A1,<br />

Offenlegungsschrift des Deutschen Patentamts,<br />

Anmelder: Kyocera corp, Kyoto, Japan,<br />

Offenlegungstag: 29.04.1999<br />

[16] „Low Thermal Expansion Ceramic And Member For Exposure System“,<br />

EP 1323684 A1,<br />

European Patent Applicaton, Europäisches Patentamt,<br />

Anmelder: Sumitomo Metal Industries. LTD., Osaka, Japan,<br />

Offenlegungstag: 28.03.2002<br />

[17] IB Mineral Sciences<br />

Theory Of Thermal Expansion<br />

[18] Christine Heckle, Kenneth Hrdina, Bradford Ackerman, David Navan<br />

Development of Mask Materials for EUVL<br />

Corning Incorporated, Corning NY 14831<br />

22 nd Annual BACUS Symposium on Photomask Technology, Proceedings of<br />

SPIE Vol. 4889 (2002)<br />

[19] Hans-G. Winkler,<br />

Reaktionskinetik, eine experimentelle Einführung in Reaktionsgeschwindigkeit und<br />

Massenwirkungsgesetz<br />

Aulis Verlag Deubner & Co KG, Köln, 1979<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 77


9. Quellenverzeichnis<br />

[20] L. Holland,<br />

The properties of Glass Surfaces,<br />

Verlag Chapman and Hall London, 1964<br />

[21] Chemical properties of optical glass, Abs. 1.3<br />

Informationsblatt der Fa. Schott Glas, 2004<br />

[22] TI-18, Technische Information Optisches Glas<br />

Chemische Korrosion ausgewählter optischer Gläser durch handelsübliche Reinigungsmittel<br />

Schott Glaswerke, Mainz 1985<br />

[23] Helmut Mayer<br />

Keramische Werkstoffe<br />

Kap. „Beständigkeit oxidkeramischer Produkte in korrosiven Flüssigkeiten“<br />

Fachartikel der Fa. Friatec AG, Mannheim, März 1999<br />

http://www.friatec.de/content/Germany/friatec_neu/Frialit-<br />

Degussit/fachartikel/13.<strong>pdf</strong><br />

[24] Horst Scholze<br />

Glas – Natur, Struktur und Eigenschaften<br />

3. Auflage, Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg 1988<br />

[25] Niels Friede<br />

Untersuchungen an Gläsern des Systems CaF2-Al2O3-SiO2 und daraus hergestellten<br />

Glasionomerzementen<br />

Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades Doktoringenieur (Dr.-Ing.),<br />

Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle, Feb. 2002<br />

[26] Stephen W. Ataway<br />

The Mystery of Gemstone Polish Part 1<br />

New Mexico, Mai 1999<br />

[27] Donald Golini, Stephen D. Jacobs<br />

Physics Of Loose Abrasive Microgrinding<br />

Applied Optics Vol. 30, No. 19, Juli 1991<br />

[28] Sol-Gel Method for Making Ultra-Low Expansion Glass<br />

US 4-786-618<br />

United States Patent<br />

Anmelder: Corning Glass Works, corning, N. Y.<br />

Patentdatum: 22. Nov. 1988<br />

[29] „Ätzpasten für anorganische Oberflächen“,<br />

DE 10101926 A1,<br />

Offenlegungsschrift des Deutschen Patent- und Markenamts,<br />

Anmelder: Merck Patent GmbH, 64293 Darmstadt,<br />

Offenlegungstag: 31.10.2001<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 78


[30] „Ätzverfahren“,<br />

DE 10026030 A1,<br />

Offenlegungsschrift des Deutschen Patent- und Markenamts<br />

Anmelder: Solvay Fluor und Drivate GmbH, Hannover<br />

Offenlegungstag: 02.05.2002<br />

[31] A. Harnisch, A. Ehrhardt, T. Leutbecher, H. Baumgart, D. Hülsenberg<br />

Mikrostrukturierbare Glaswerkstoffe und deren mechanische Eigenschaften<br />

und<br />

H. Baumgart / A. Ehrhardt / A. Harnisch / D. Hülsenberg<br />

Mikrostrukturierbarer Glaswerkstoff auf der Basis von Diffusionsprozessen<br />

43th International Scientific Colloquium,<br />

Technische Universität Illmenau, 1998<br />

[32] Kristina Schmidt<br />

Spezielle Verfahren der Mikrostrukturierung von Glas<br />

Dissertation, TU Illmenau, Institut für Glas/Keramik-Technik, Jena 1994<br />

[33] Tabellen und Formeln<br />

[34] „Verfahren zur Herstellung von Mikrostrukturen mit hohem Aspektverhältnis<br />

durch Erosionslithographie“<br />

DE 40 19 380 C1<br />

Patentschrift vom Deutschen Patentamt<br />

Patentinhaber: Du Pont de Nemours, Bad Homburg<br />

Veröffentlichungstag: 5.12.1991<br />

[35] Milind S. Kulkarni, Henry F. Erk<br />

MEMC Electronic Materials, Incorporated, Saint Peters, USA<br />

Acid-Based Etching of Silicon Wafers: Mass-Transfer and Kinetic Effects<br />

Journal of The Electrochemical Society, 147 (1), S. 176-188; 2000<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 79


10. Formelzeichen<br />

10. Formelzeichen<br />

a Atomabstand / Reaktionsordnung<br />

A Konstante, Arrheniusfaktor<br />

c Konzentration<br />

c%[HF] Konzentration der Flusssäure in Prozent<br />

E Energie / Elastizitätsmodul<br />

EA Aktivierungsenergie<br />

k Konstante, Reaktionsgeschwindigkeitskonstante<br />

l0<br />

Anfangslänge eines Körpers<br />

n Stoffmenge<br />

R allgemeine Gaskonstante<br />

Ra mittlere Rauheit einer Oberfläche<br />

r Reaktionsgeschwindigkeit<br />

T Temperatur [K]<br />

t Zeit<br />

V0 Anfangsvolumen<br />

Δl Längenänderung<br />

ΔT Temperaturintervall / Temperaturänderung<br />

ΔV Volumenänderung<br />

α Längenausdehnungskoeffizient<br />

αΔT Längenausdehnungskoeffizient im gegebenen Temperaturintervall<br />

γ Volumenausdehnungskoeffizient<br />

γΔT Volumenausdehnungskoeffizient im gegebenen Temperaturintervall<br />

λ Wellenlänge des Lichts<br />

σ<br />

Oberflächenspannung<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 80


11. Abkürzungen<br />

11. Abkürzungen<br />

Abb. Abbildung<br />

EUV extremes Ultraviolett – Strahlung im Wellenlängenbereich von 10 bis 16 nm<br />

i. W. im Wesentlichen<br />

IR Wellenlängenbereich des Infrarot<br />

Kap. Kapitel<br />

LE 102 ® Markenname für eine Cordierit-Keramik der Firma Sumikin Ceramics & Quartz<br />

Co. LTD<br />

Ra-Wert Parameter für die Rauheit einer Oberfläche, arithmetischer Mittelwert: über eine<br />

vorgegebene Strecke wird in definierten Abständen die Höhe zu einer gedachten<br />

Linie gemessen und der Mittelwert daraus gebildet<br />

ULE ® Ultra Low Expansion - Markenname für ein Glas mit kleiner thermischer Ausdehnung<br />

der Firma Cording Incorpuration, USA<br />

UV ultravioletter Wellenlängenbereich<br />

Vgl. Vergleich<br />

VIS VIS-Bereich, Wellenlängenbereich für sichtbares Licht (380 nm – 750 nm)<br />

z. T. zum Teil<br />

Zerodur ® Markenname für eine Glaskeramik mit kleiner thermischer Ausdehnung der<br />

Firma Schott Glas<br />

<strong>Sina</strong> Kutschera Seite 81


"So eine Arbeit wird eigentlich nie fertig, man muss sie für fertig erklären, wenn<br />

man nach Zeit und Umständen das Möglichste getan hat."<br />

J. W. Goethe<br />

16.3.1787 auf der "Italienischen Reise"<br />

in Bezug auf sein Werk "Iphigenie"

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