Ausgabe 03 / 2010 - BankPraktiker
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ein und dasselbe Darlehen für 20 Jahre gesichert<br />
(Doppeldarlehen).<br />
Zweck des § 489 BGB ist, dem Kreditnehmer<br />
seine wirtschaftliche Bewegungsfreiheit zu<br />
erhalten und ihn nicht übermäßig lange an Kreditverträge<br />
zu binden, um unter dem Druck des<br />
Kündigungsrechts marktgerechte Zinsen zu<br />
vereinbaren und Umschuldungen zu erleichtern.<br />
Die Kündigungsrechte des Darlehensnehmers<br />
dürfen nach § 489 Abs. 4 BGB durch<br />
Vertrag weder ausgeschlossen noch erschwert<br />
werden.<br />
Aus diesem Grund wird die durch obige Konstruktion<br />
des Doppeldarlehens erzielte, faktisch<br />
20-jährige Zinsbindung gegen § 489<br />
BGB verstoßen. Der Darlehensnehmer wäre<br />
20 Jahre wirtschaftlich an dieselbe Finanzierung<br />
gebunden. Dies würde z. B. im Falle der<br />
Nichtabnahme des Darlehens wenige Wochen<br />
nach Abschluss der beiden Darlehensverträge<br />
bedeuten, dass der Darlehensnehmer für das<br />
zuerst zur Auszahlung gelangende Darlehen<br />
für die rechtlich geschützte Zinserwartung der<br />
Bank Nichtabnahmeentschädigung bezahlen<br />
muss 4 . Die rechtlich geschützte Zinserwartung<br />
der Bank beträgt in diesem Fall 10 Jahre und<br />
6 Monate, d. h. der Darlehensnehmer kann das<br />
Darlehen frühestens 10 Jahre nach Auszahlung<br />
kündigen, muss aber eine Kündigungsfrist<br />
von 6 Monaten einhalten. Gleiches gilt für das<br />
Anschlussdarlehen, die Bank könnte nach dem<br />
Wortlaut des Gesetzes darauf vertrauen, dass<br />
dieses Darlehen nach Auszahlung in 10 Jahren<br />
nochmals für 10 Jahre Zinsfestschreibung läuft<br />
und insgesamt für über 20 Jahre Nichtabnahmeentschädigung<br />
für das zweite Darlehen<br />
verlangen. In der Gesamtbetrachtung würde<br />
die Bank grob betrachtet also für wirtschaftlich<br />
ein und dasselbe Darlehen für die ersten<br />
10 Jahre doppelt und außerdem für die Jahre<br />
10–20 eine Entschädigung für eine Nichtabnahme<br />
verlangen können. Weniger extrem<br />
aber prinzipiell ähnlich ist die Schadensbetrachtung,<br />
wenn der Kreditnehmer ein ihm<br />
zustehendes vorzeitiges Tilgungsrecht während<br />
der Laufzeit des ersten Darlehens ausübt<br />
und die Bank dann Vorfälligkeitsentschädigung<br />
für das erste Darlehen und Nichtabnahmeentschädigung<br />
für das zweite Darlehen verlangt.<br />
Aus diesem Grund wird eine überzogene<br />
Konstruktion des Forward-Darlehens insbesondere<br />
bei Doppeldarlehen als Umgehung des<br />
§ 489 BGB nicht möglich sein. Dem Darlehensnehmer<br />
wird dennoch ein Kündigungsrecht<br />
zustehen.<br />
Unter Abwägung des erheblichen Kundeninteresses<br />
am Produkt Forward-Darlehen, insbesondere<br />
in Zeiten einer Niedrigzinsphase<br />
wie derzeit, der normalen Auszahlungsfristen<br />
über Monate oder Jahre bei Baufinanzierungen<br />
(vgl. z. B. Ratenmodell nach § 3 MaBV) und des<br />
eindeutigen Gesetzeswortlauts erscheint es<br />
zulässig, eine Forward-Zeit bis zur Hälfte der<br />
gesetzlich zulässigen Bindung, also 5 Jahre, zu<br />
vereinbaren. Mit dieser Begrenzung dürften<br />
auch Anschlußdarlehen, die nach Ablauf der<br />
ersten 5 Jahre des bestehenden Darlehensvertrages<br />
bei Zinsfestschreibung von 10 Jahren<br />
geschlossen werden oder Doppeldarlehen mit<br />
gleichzeitigem Abschluß und einer Beschränkung<br />
auf 5 Jahre Zinsfestschreibung und<br />
5 Jahre Forward-Zeit, zulässig sein. Darüber<br />
hinaus dürfte eine weitere Ausdehnung der<br />
Forward-Zeit (auch unter besonderer Aufklärung<br />
des Kunden) rechtlich nicht möglich sein<br />
- vom wirtschaftlichen Aspekt der in Abhängigkeit<br />
von der Zinsstrukturkurve möglicherweise<br />
sehr hoch ausfallenden Forwardprämie ganz<br />
abgesehen. Im Ergebnis kann sich die Vorfälligkeitsentschädigung/Nichtabnahmeentschädigung<br />
im beschriebenen Fall des Doppeldarlehens<br />
(„2*10 Jahre“) maximal auf die Restlaufzeit<br />
des Erstdarlehens mit 5 Jahren, das ist zugleich<br />
der Vorlauf des Forwarddarlehens, und einer<br />
Nichtabnahmeentschädigung eines Forwarddarlehens<br />
mit einer Zinsbindung von 10 Jahren<br />
zusammensetzen.<br />
2. Neue Zinsvereinbarung<br />
Beispiel 2:<br />
Die Bank schließt mit einem Kunden bei einem<br />
bereits bestehenden Festzinskredit mit einer<br />
zehnjährigen Zinsbindung z. B. 2 Jahre vor<br />
Ablauf eine Prolongationsvereinbarung wiederum<br />
für 10 Jahre (ab Ablauf der alten Zinsbindung),<br />
da der Kunde sich schon jetzt das<br />
aktuelle Zinsniveau sichern will. Dabei stellt<br />
sich die Frage, ob der Wortlaut § 489 Abs. 1<br />
Ziffer 3 1. HS BGB greift, wonach die 10-Jahresfrist<br />
ab dem Zeitpunkt der Vereinbarung<br />
läuft (in der Abbildung unten also ab dem Jahr<br />
8) oder ob die 10-Jahresfrist erst ab Geltung<br />
der neuen Kondition läuft 5 . Für den Kunden<br />
<strong>03</strong> / <strong>2010</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />
Beitrag<br />
» Aus diesem Grund<br />
wird eine überzogene<br />
Konstruktion<br />
des ForwardDarlehens<br />
– insbesondere<br />
bei Doppeldarlehen<br />
– als Umgehung<br />
des § 489 BGB nicht<br />
möglich sein. «<br />
4 BGH WM 1991, 760, dazu WuB I E 4. – 7.91<br />
Beckers; Rösler/Wimmer, WM 2000, 164.<br />
5 So Bruchner/Krepold in: Schimansyk/Bunte/<br />
Lwowski, Bankrechtshandbuch, 3. Aufl., 2007,<br />
S. 2170, RdNr. 22b.<br />
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